<p class="article-intro">Sarkome sind mit etwa drei Neuerkrankungen pro Jahr pro 100 000 Einwohnern seltene Neoplasien. In etwa 70 % der Fälle sind sie an den Extremitäten lokalisiert<sup>1</sup> und hier wiederum an den Knochen (z.B. Osteo-, Ewing- und Chondrosarkome) und den Weichgeweben (z.B. Leiomyo-, Lipo-, Fibro- und pleomorphe Sarkome). Wichtigstes Therapieziel, um eine Heilung zu erreichen, ist eine langfristige lokale Kontrolle.<sup>2, 3</sup><br> Kombiniert mit einer Strahlenbehandlung bringen bei den Weichteilsarkomen funktionserhaltende Operationen mit einer Amputation gleichwertige Überlebensraten.<sup>4–7</sup> Somit kann bei subfaszialen Weichteilsarkomen der Extremitäten die Kombination von extremitätenerhaltender radikaler Resektion und Strahlentherapie als Standard angesehen werden.</p>
<p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Die Therapie der Extremitätensarkome muss in einer engen interdisziplinären Absprache der behandelnden Kollegen erfolgen.</li> <li>Die Planung eines multimodalen Therapieregimes erfordert die Expertise aller beteiligten Disziplinen sowie die Berücksichtigung der Interessen des Patienten von der Diagnostik bis zur Rehabilitation und ggf. beruflichen Wiedereingliederung.</li> <li>Eine präoperative Bestrahlung sollte in die Diskussion des Therapiekonzepts einbezogen werden. Nur unter dieser Voraussetzung kann den uns anvertrauten Patienten die bestmögliche Betreuung angeboten und das beste Behandlungsergebnis gewährleistet werden.</li> </ul> </div> <h2>Stellenwert der Strahlentherapie</h2> <p><br /><strong>Perioperativ</strong><br /> Neben retrospektiven Analysen konnten auch randomisierte Studien die Effektivität der postoperativen Bestrahlung belegen<sup>4–6</sup> und zeigen, dass die extremitätenerhaltende Resektion mit Bestrahlung onkologisch sicher und funktionserhaltend ist. Eine adjuvante Bestrahlung kann die Raten der postoperativen lokalen Kontrolle von etwa 70 % auf über 95 % anheben. Dies trifft auf Sarkome aller Differenzierungsgrade zu. In einer dieser Studien<sup>6</sup> wurden Patienten mit Weichteilsarkomen der Extremitäten nach R0-Resektion entweder nur beobachtet oder für eine adjuvante Radiotherapie (45Gy + 18Gy Boost, jeweils 5x 1,8Gy pro Woche) randomisiert. Für alle Patienten mit «Highgrade »-Tumoren waren ausserdem 5 Zyklen einer adjuvanten Chemotherapie mit Adriamycin und Cyclophosphamid vorgesehen. Bei insgesamt 141 randomisierten Patienten mit einer medianen Nachbeobachtungszeit von 9,6 Jahren lag die Lokalrezidivrate nach 10 Jahren im Arm ohne adjuvante Radiotherapie bei 28 % im Vergleich zu 2 % im Arm mit Strahlentherapie (p=0,0001). 10- und 20-Jahres-Überlebensraten von 82 bzw. 71 % sind hierdurch erreichbar.<sup>6, 8</sup> Als benötigte Gesamtdosis wird von den meisten Autoren 60–66Gy angesehen.<br /> Im Falle einer R1- oder R2-Resektion müssen jeweils die Notwendigkeit und die Möglichkeit einer Nachresektion geprüft werden.<sup>9</sup> Andernfalls sinkt die lokale Kontrolle deutlich, und diese stellt ihrerseits die wichtigste Voraussetzung für eine Heilung dar.<sup>2, 10</sup> Zudem werden zur Tumorvernichtung höhere Strahlendosen (66– 70Gy) benötigt. Immerhin lassen sich damit nach inkompletter Resektion noch 55–85 % Lokalkontrolle erreichen.<br /><br /> <strong>Prä- oder postoperativ?</strong><br /> Die Gruppe vom Princess Margaret Hospital in Toronto initiierte eine prospektiv randomisierte Studie<sup>11</sup> zur Frage, ob eine prä- oder postoperative Bestrahlung besser sei. Die präoperative Radiotherapie mit moderater Dosis von 50Gy (5x 2,0Gy pro Woche) und kleineren Zielvolumina wurde mit der postoperativen höheren Dosis von 66–70Gy (5x 2,0Gy pro Woche) und ausgedehnteren Zielvolumina verglichen. Beide Arme zeigten dieselbe lokale Tumorkontrolle und dasselbe krankheitsfreie Überleben. Das Gesamtüberleben nach präoperativer Bestrahlung war trotz niedrigerer Strahlendosis etwas länger.<br /> Postoperative Wundinfektionen traten nach der präoperativen Radiotherapie häufiger, aber Spättoxizitäten wie Fibrosen, Gelenksteife oder Ödeme traten nach präoperativer Bestrahlung aufgrund der niedrigeren Dosis und des kleineren bestrahlten Volumens seltener auf.<sup>11–15</sup> Langfristig gesehen geht die präoperative Bestrahlung mit einem besseren funktionellen Ergebnis einher.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Leading Opinions_Onko_1807_Weblinks_s14_tab1.jpg" alt="" width="1419" height="1186" /><br /><br /> <strong>Intraoperativ</strong><br /> Zur besseren lokalen Kontrolle und zur Schonung des Normalgewebes ist eine lokalisierte Dosiserhöhung in der Hochrisikoregion sinnvoll. Sie kann in Form einer intraoperativen Radiotherapie (Brachytherapie oder intraoperativ applizierter Elektronenboost) mit einer einmaligen Dosis von 12,5–15Gy erfolgen und wird mit einer perkutanen Radiotherapie kombiniert. Aber auch hier spielt für die permanente Rezidivfreiheit das Erreichen einer R0-Resektion eine wesentliche Rolle. <sup>16</sup> Eine hoch dosierte Bestrahlung kann eine inkomplette Tumorresektion nicht völlig kompensieren.<br /> Eine spezielle Form der intraoperativen Strahlentherapie stellt die extrakorporale Bestrahlung dar. Grundsätzlich können hiermit alle malignen Knochen- und dem Knochen anliegenden Weichteiltumoren an Rumpf und Extremitäten behandelt werden. Erforderlich ist präoperativ jedoch ausreichend biomechanisch belastbarer Knochen.<sup>17</sup> Nach der weiten Resektion wird das entnommene Knochensegment extrakorporal mit einer Einzeldosis von 50Gy bestrahlt und anschliessend reimplantiert. Die Methode ist onkologisch sicher und hat mit funktionell guten bis exzellenten Resultaten den Vorteil der exakten Passgenauigkeit des Implantats.</p> <h2>Technik der Strahlentherapie</h2> <p>Eine CT- und MRT-gestützte dreidimensionale Bestrahlungsplanung ist heute Standard. Die Verwendung intensitätsmodulierter Strahlentherapietechniken ermöglicht deutlich günstigere Dosisverteilungen als die konventionelle dreidimensionale Radiotherapie (Abb. 1a, b). Somit ist es möglich, irregulär geformte Zielvolumina in direkter Nähe von strahlensensiblen Organen zu bestrahlen und letztere bestmöglich zu schonen.<sup>18, 19</sup> Es ist zu erwarten, dass durch die modulierte Bestrahlungstechnik die Langzeittoxizität noch weiter reduziert werden kann.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Leading Opinions_Onko_1807_Weblinks_s14_abb1.jpg" alt="" width="2150" height="794" /></p></p>
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<a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a>
<div class="collapse" id="collapseLiteratur">
<p><strong>1</strong> Zagars GK et al.: Prognostic factors for patients with localized soft-tissue sarcoma treated with conservation surgery and radiation therapy. An analysis of 1225 patients. Cancer 2003; 97: 2530-43 <strong>2</strong> Delaney TF et al.: Radiation therapy for control of soft-tissue sarcomas resected with positive margins. Int J Radiat Oncol Biol Phys 2007; 67: 1460-9 <strong>3</strong> Novais EN et al.: Do surgical margin and local recurrence influence survival in soft tissue sarcomas? Clin Orthop Relat Res 2010; 468: 3003-11 <strong>4</strong> Rosenberg SA et al.: Treatment of soft-tissue sarcomas of the extremities. Ann Surg 1982; 196: 305-15 <strong>5</strong> Pisters PWT et al.: Longterm results of a prospective randomized trial of adjuvant brachytherapy in soft tissue sarcoma. J Clin Oncol 1996; 14: 859-68 <strong>6</strong> Yang JC et al.: Randomised prospective study of the benefit of adjuvant radiation therapy in the treatment of soft tissue sarcomas of the extremity. J Clin Oncol 1998; 16: 197-203 <strong>7</strong> Alamanda VK et al.: Amputation for extremity soft tissue sarcoma does not increase overall survival: a retrospective cohort study. Eur J Surg Oncol 2012; 38: 1178-83 <strong>8</strong> Beane JD et al.: Efficacy of adjuvant radiation therapy in the treatment of soft tissue sarcoma of the extremity: 20-year follow-up of a randomized prospective trial. Ann Surg Oncol 2014; 21: 2484-9 <strong>9</strong> O’Donnell PW et al.: The effect of the setting of a positive surgical margin in soft tissue sarcoma. Cancer 2014; 120: 2866-75 <strong>10</strong> Fein DA et al.: Management of extremity soft tissue sarcomas with limb-sparing surgery and postoperative irradiation: Do total dose, overall treatment time and the surgery-radiotherapy interval impact on local control? Int J Radiat Oncol Biol Phys 1995; 32: 969-76 <strong>11</strong> O’Sullivan B et al.: Preoperative versus postoperative radiotherapy in soft-tissue sarcoma of the limbs: a randomised trial. Lancet 2002; 359: 2235-41 <strong>12</strong> Davis AM et al.: Late radiation morbidity following randomization to preoperative versus postoperative radiotherapy in extremity soft tissue sarcoma. Radiother Oncol 2005; 75: 48-53 <strong>13</strong> Cannon CP et al.: Complications of combined modality treatment of primary lower extremity soft-tissue sarcomas. Cancer 2006; 107: 2455-61 <strong>14</strong> Dickie CI et al.: Bone fractures following external beam radiotherapy and limb-preservation surgery for lower extremity soft tissue sarcoma: relationship to irradiated bone length, volume, tumor location and dose. Int J Radiat Oncol Biol Phys 2009; 75: 1119-24 <strong>15</strong> Sampath S et al.: Preoperative versus postoperative radiotherapy in soft-tissue sarcoma: multi-institutional analysis of 821 patients. Int J Radiat Oncol Biol Phys 2011; 81: 498-505 <strong>16</strong> Calvo FA et al.: Limb-sparing management with surgical resection, external-beam and intraoperative electron-beam radiation therapy boost for patients with primary soft tissue sarcoma of the extremity - a multicentric pooled analysis of long-term outcomes. Strahlenther Onkol 2014; 190: 891-8 <strong>17</strong> Krieg AH: Die extrakorporale Bestrahlung – Replantation von Knochensegmenten bei malignen Knochentumoren. Orthopäde 2017; 46: 681-7 <strong>18</strong> Stewart AJ et al.: Comparison of conventional radiotherapy and intensity-modulated radiotherapy for postoperative radiotherapy for primary extremity soft tissue sarcoma. Radiother Oncol 2009; 93: 125-30 <strong>19</strong> O’Sullivan B et al.: Phase 2 study of preoperative image-guided intensity- modulated radiation therapy to reduce wound and combined modality morbidities in lower extremity soft tissue sarcoma. Cancer 2013; 119: 1878-84</p>
</div>
</p>