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UEGW 2018

„Small molecules“ und Stuhltransplantation in der Behandlung von CED

<p class="article-intro">Anti-Tumor-Nekrose-Faktor(TNF)-Biologika haben die therapeutischen Optionen bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED) maßgeblich erweitert. Doch sie sind nicht die Lösung aller Probleme. Weitere immunmodulierende Strategien werden intensiv beforscht und sind zum Teil auch bereits in der Klinik angekommen.</p> <hr /> <p class="article-content"><p>Die Anti-TNF-Biologika sind Antik&ouml;rper, die an l&ouml;slichen TNF-a, aber vor allem an membrangebundenen TNF auf antigenpr&auml;sentierenden Zellen binden. Dies f&uuml;hrt zur Unterdr&uuml;ckung der Immunzellaktivit&auml;t und zum Tod aktivierter Immunzellen&ldquo;, erkl&auml;rt Prof. Dr. Markus Neurath von der Universit&auml;t Erlangen-N&uuml;rnberg. Seit Kurzem sind auch Antik&ouml;rper gegen die Interleukine 12 und 23 (IL-12/IL-23) im Einsatz, die diese beiden bei CED erh&ouml;hten Zytokine blockieren. Eine weitere Option in der Therapie von Morbus Crohn (MC) und Colitis ulcerosa (CU) stellen Integrin- Inhibitoren dar, die selektiv a4&szlig;7-Integrin blockieren, das vor allem auf der Oberfl&auml;che von aktivierten Lymphozyten exprimiert wird. In der Folge sind diese nicht mehr in der Lage, an MAdCAM-Rezeptoren anzudocken und ins Gewebe zu penetrieren. Weitere Antik&ouml;rper befinden sich, so Neurath, in der Phase der klinischen Erprobung.</p> <h2>Zahlreiche Resistenzmechanismen gegen Biologika</h2> <p>Bedarf an neuen Therapieoptionen besteht, so Neurath, da auch im Biologikazeitalter die therapeutischen Erfolge bei den chronisch entz&uuml;ndlichen Darmerkrankungen nicht als optimal bezeichnet werden k&ouml;nnen. Nicht-Ansprechen kann sowohl prim&auml;r als auch sekund&auml;r als Wirkverlust unter initial erfolgreicher Therapie auftreten. Mehrere Mechanismen sind bekannt. Neurath nennt unter anderem pharmakologische Faktoren wie niedrige Talspiegel oder niedrige Gewebespiegel der Antik&ouml;rper, Anti-Drug-Antik&ouml;rper etc. Dar&uuml;ber hinaus kann auch der klinische Ph&auml;notyp f&uuml;r das Therapieversagen verantwortlich sein. Auch k&ouml;nne es sein, dass sich die Therapie im individuellen Fall einfach gegen das falsche Ziel richte. Beispielsweise konnte mittlerweile gezeigt werden, dass es CED-Patienten mit geringer Expression von membranst&auml;ndigem TNF und folglich prim&auml;rer Resistenz gegen Anti-TNF-Therapien gibt. In diesem Zusammenhang sei zu beachten, dass die meisten Biologika gegen lediglich ein Ziel gerichtet sind, statt generell die Aktivit&auml;t von Immunzellen zu beeinflussen, sagte Neurath.<sup>1</sup> Dar&uuml;ber hinaus kann es auch zum Ausweichen des Immunsystems im Sinne einer Resistenzbildung kommen. So konnte k&uuml;rzlich gezeigt werden, dass unter Anti-TNF-Therapie Lymphozyten, die TNF-a exprimieren, in die Apoptose geschickt werden, es in der Folge jedoch zu einer verst&auml;rkten Selektion in Richtung von T-Lymphozyten kommt, die den IL- 23-Rezeptor exprimieren, und damit zur Expansion dieser Zellen. Ergebnis ist ein neuer Ph&auml;notyp, der nicht mehr auf Anti- TNF-Therapie anspricht.<sup>2</sup></p> <h2>Breite Immunmodulation mit &bdquo;small molecules&ldquo;</h2> <p>Daher seien, laut Neurath, Therapien mit einem breiteren Ansatz eine w&uuml;nschenswerte Erg&auml;nzung und Alternative zu den Biologika. Von den verschiedenen beforschten Optionen ist die Entwicklung der Januskinase-Inhibitoren am weitesten fortgeschritten. Aus dieser Gruppe hat es der Inhibitor der Januskinasen 1 und 3 Tofacitinib in der Indikation Colitis ulcerosa bereits in die Klinik geschafft. Weitere JAK-Inhibitoren bef&auml;nden sich in klinischen Studien und es sei damit zu rechnen, dass mehrere Substanzen in absehbarer Zeit f&uuml;r die Behandlung von CED verf&uuml;gbar sein werden. Durch die JAK1/3- Blockade greift Tofacitinib in die Pathways von mehr als 20 verschiedenen Zytokinen ein. Darunter befinden sich auch antiinflammatorische Zytokine, erkl&auml;rte Neurath. Dies k&ouml;nne ein Grund daf&uuml;r sein, dass JAK-Inhibitoren trotz dieses breiten Eingriffs in das Immunsystem die Immunantwort nicht zu sehr beeintr&auml;chtigen, sagte er.<br /> Die JAK-Inhibitoren sind allerdings nicht einzigen &bdquo;small molecules&ldquo;, die als potenzielle Therapien f&uuml;r chronisch-entz&uuml;ndliche Darmerkrankungen erforscht werden. Neurath nennt unter anderem die Gruppe der S1P1-Modulatoren, die die Translokation aktivierter Lymphozyten aus dem Lymphknoten in die Blutbahn &ndash; f&uuml;r die das Chemokin S1P (Sphingosin- 1-Phosphat) ben&ouml;tigt wird &ndash; behindern sollen. Beispiele f&uuml;r S1P1-Modulatoren sind etwa das in der Therapie der multiplen Sklerose zugelassene Fingolimod oder das in klinischen Studien befindliche Ozanimod. Eine weitere Substanz mit einem deutlich unterschiedlichen Wirkmechanismus ist der TLR9-Agonist Cobitolimod. Es handelt sich dabei um ein Molek&uuml;l auf DNA-Basis (&bdquo;DNA-based immunomodulatory sequence&ldquo;, DIMS), das im Darm lokal an den Toll-like-Rezeptor 9 (TLR9) bindet und damit die Produktion antiinflammatorischer Zytokine anregen soll. Daten aus der Phase IIa sind ermutigend, die Ergebnisse einer gr&ouml;&szlig;eren klinischen Studie werden im kommenden Jahr erwartet. Ein weiterer innovativer Ansatz nimmt den bei Colitis ulcerosa &uuml;berexprimierten Transkriptionsfaktor GATA3 ins Visier. Versuche, GATA3 mittels eines DNAzyms zu inhibieren, zeigen im CED-Mausmodell gute Erfolge.<sup>3</sup> Das DNAzym bindet an die f&uuml;r die Synthese von GATA3 erforderliche Messenger-RNA und unterbindet so die Proteinsynthese, was in weiterer Folge eine Down-Regulation der Zytokine IL-4, IL-5 und IL-13 bewirkt. In einer kleinen Studie mit Colitis-ulcerosa-Patienten f&uuml;hrte die topische Applikation zu einer Verbesserung der von den Patienten berichteten Ergebnisse (&bdquo;patient-reported outcomes&ldquo;, PRO). Neurath: &bdquo;Wir fanden Hinweise auf eine deutliche Suppression der Entz&uuml;ndung.&ldquo;</p> <h2>Den entz&uuml;ndeten Darm &uuml;ber das Mikrobiom beeinflussen</h2> <p>Versuche, chronisch-entz&uuml;ndliche Darmerkrankungen durch Modifikation des Darmmikrobioms zu behandeln, gibt es bereits sehr lange, wie Dr. Cyriel Y. Ponsioen vom Amsterdam Medical College ausf&uuml;hrt. So riet der chinesische Arzt Ge Hong im 4. Jahrhundert, bei chronischen Durchf&auml;llen den Stuhl eines gesunden Nachbarn einzunehmen. Dieser Ansatz wurde in sp&auml;teren Jahrhunderten nicht weiterverfolgt. Erst in den letzten Jahren stie&szlig;en der Einsatz von Probiotika sowie die F&auml;kaltransplantation als radikaler Versuch, das Mikrobiom zu ver&auml;ndern, auf wachsendes wissenschaftliches und klinisches Interesse.<br /> Die mit Probiotika erreichten Ergebnisse sind allerdings eher bescheiden. Eine Metaanalyse randomisierter, kontrollierter Studien aus dem Jahr 2014 fand keine Wirksamkeit beim Morbus Crohn und bei der Colitis ulcerosa einen kleinen, aber einen signifikanten Vorteil hinsichtlich der Erhaltung einer Remission, wenn Probiotika zus&auml;tzlich zu anderen Therapien eingesetzt wurden.<sup>4</sup> Die Daten waren aber insgesamt von unzureichender Qualit&auml;t, so Ponsioen. Als Grund f&uuml;r die mangelnde Wirksamkeit wird unter anderem das Problem der Dosierung vermutet. Angesichts der gro&szlig;en Mengen im Darm befindlicher Bakterien sei es schlicht unwahrscheinlich, dass man mit den relativ kleinen Mengen zugef&uuml;hrter Probiotika nachhaltige Effekte erzielen k&ouml;nne.</p> <h2>Stuhltransplantation: Metabolische Ver&auml;nderung z&auml;hlt</h2> <p>Im Fall der Stuhltransplantation sind die Verh&auml;ltnisse anders, zumal hier Darmbakterien in gro&szlig;er Menge direkt an den Ort ihrer erhofften Wirkung gebracht werden. Dieser Ansatz wurde in mehreren placebokontrollierten Studien untersucht. Mit gemischten Erfolgen. Eine Metaanalyse fand insgesamt f&uuml;r die Stuhltransplantation im Vergleich zu Placebo einen signifikanten Vorteil.<sup>5</sup> Allerdings war dieser Vorteil bei unselektierten Patienten, die Stuhl von unselektierten Spendern erhielten, nicht gegeben. Analysen der einzelnen Populationen zeigten, dass es &bdquo;Superspender&ldquo; gibt, von deren Stuhl mehr als 50 % der Empf&auml;nger profitieren. Bei diesen Spendern werden vermehrt bestimmte Clostridium-Cluster gefunden.<br /> Unklar ist allerdings, wie es zu diesen Effekten kommt. Ponsioen: &bdquo;Liegt es daran, dass wir g&uuml;nstige Bakterien einbringen? Oder daran, dass wir sch&auml;dliche Bakterien entfernen? Oder ver&auml;ndern wir die &Ouml;kologie so, dass g&uuml;nstige Komponenten produziert werden?&ldquo; Aktuelle Evidenz unterst&uuml;tzt die letztgenannte Hypothese. Letztlich sei es wichtig, so Ponsioen, dass das beim Gesunden sehr variable Darmmikrobiom einen stabilen und zwischen gesunden Menschen durchaus vergleichbaren metabolischen Output hat. Von besonderer Bedeutung d&uuml;rfte dabei Butyrat sein, das im Darm von Colitis-ulcerosa- Patienten in deutlich geringerem Ma&szlig; produziert wird als bei Gesunden. In den Studien zur F&auml;kaltransplantation habe sich gezeigt, dass jene Patienten langfristig ansprechen, bei denen es nach der Intervention zu einer Normalisierung der Produktion von Butyrat kommt. Ponsioen: &bdquo;Butyrat k&ouml;nnte ein wichtiger Modulator des Crosstalks zwischen dem Darmmikrobiom und der Mukosa sein.&ldquo;<br /> Mit einer Verbesserung der aktuell d&uuml;nnen Datenlage ist jedenfalls in n&auml;chster Zeit zu rechnen. Aktuell laufen laut Ponsioen alleine in der Indikation Colitis ulcerosa 15 kontrollierte Studien mit Erwachsenen und f&uuml;nf mit p&auml;diatrischen Patienten. Das Ziel w&auml;re die Entwicklung eines &bdquo;Minimal-Mikrobioms&ldquo;, das in Tablettenform sicher verabreicht werden kann.</p></p> <p class="article-quelle">Quelle: „Future therapies in IBD“, wissenschaftliche Session im Rahmen der United European Gastroenterology (UEG) Week 2018, 20.–24. Oktober 2018, Wien </p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Atreya R, Neurath MF: Mechanisms of molecular resistance and predictors of response to biological therapy in inflammatory bowel disease. Lancet Gastroenterol Hepatol 2018; 3: 790-802 <strong>2</strong> Schmitt H et al.: Expansion of IL-23 receptor bearing TNFR2+ T cells is associated with molecular resistance to anti-TNF therapy in Crohn&lsquo;s disease. Gut 2018; pii: gutjnl-2017-315671 <strong>3</strong> Popp V et al.: Rectal delivery of a DNAzyme that specifically blocks the transcription factor GATA3 and reduces colitis in mice. Gastroenterology 2017; 152: 176-92.e5 <strong>4</strong> Shen J et al.: Effect of probiotics on inducing remission and maintaining therapy in ulcerative colitis, Crohn&lsquo;s disease, and pouchitis: meta-analysis of randomized controlled trials. Inflamm Bowel Dis 2014; 20: 21-35 <strong>5</strong> Costello SP et al.: Systematic review with meta-analysis: faecal microbiota transplantation for the induction of remission for active ulcerative colitis. Aliment Pharmacol Ther 2017; 46: 213-24</p> </div> </p>
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