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Neue Therapieansätze für NAFLD und jede Menge Real-World-Daten

<p class="article-intro">Beim größten amerikanischen Leberkongress trafen sich heuer wieder Tausende Hepatologen in San Francisco zum wissenschaftlichen Austausch. In der Therapie der nicht alkoholischen Fettlebererkrankung (NAFLD) gibt es Hoffnung auf neue Medikamente, die sowohl Leberfett als auch Inflammation und Fibrose bessern. Zudem wurden viele Real-World-Daten zu viralen Hepatitiden und cholestatischen Lebererkrankungen vorgestellt.</p> <hr /> <p class="article-content"><h2>NAFLD: Lebensstilmodifikation nach wie vor First Line</h2> <p>&bdquo;Neue vielversprechende Medikamente f&uuml;r die NAFLD zeigen gute Erfolge, die Lebensstilmodifikation steht jedoch nach wie vor an erster Stelle&ldquo;, betonte Prof. Dr. Sidney Barritt, University of North Carolina at Chapel Hill. So konnte etwa eine Analyse der Daten von 2701 Fettleberpatienten aus der Kohorte des National Health and Nutrition Examination Survey (NHANES III) eine klare Mortalit&auml;tsreduktion belegen, wenn diese den Bewegungsempfehlungen entsprechend den WHO-Vorgaben nachkamen.<sup>1</sup> Diese empfehlen 150&ndash;300 Minuten moderates oder 75&ndash;150 Minuten anstrengendes aerobes Ausdauertraining und Krafttraining von gro&szlig;en Muskelgruppen zweimal oder mehrmals pro Woche.<sup>2</sup> &bdquo;Neben der Risikoreduktion hepataler Komplikationen gilt es das metabolische Risikoprofil der Patienten hinsichtlich Diabetes und kardiovaskul&auml;rer Faktoren zu senken, um die spezifische sowie die Gesamtmorbidit&auml;t und -mortalit&auml;t zu reduzieren&ldquo;, f&uuml;hrte Barritt weiter aus.</p> <h2>Antidiabetika reduzieren Leberfett</h2> <p>Inwiefern bereits zugelassene antidiabetische Medikamente einen Vorteil in der Therapie der NAFLD haben, wird aktuell intensiv untersucht. So konnte Novo Nordisk f&uuml;r den langwirksamen GLP-1-Rezeptor- Agonisten Semaglutid signifikante und dosisabh&auml;ngige ALT-Senkungen und -Normalisierung bei bis zu 46 % der Patienten nach 52 Wochen Behandlung zeigen.<sup>3</sup> Eine Phase-III-Studie mit dem kurzwirksamen Liraglutid ist aktuell noch am Laufen. Auch der SGLT2-Hemmer Dapagliflozin f&uuml;hrte bei Diabetikern mit NAFLD zu vermindertem Leber- und viszeralem Fettgehalt, zu einer Gewichtsreduktion und einer Verbesserung der Leberwerte.</p> <h2>Neue Medikamente bringen Hoffnung in der Therapie der NAFLD/NASH</h2> <p>Gallens&auml;uren wie die Obetichols&auml;ure (Ocaliva<sup>&reg;</sup>, OCA) aktivieren den Farnesoid- X-Rezeptor (FXR). Dieser f&uuml;hrt zur Exprimierung des Fibroblast Growth Factor 19 (FGF19), der als Hormon metabolische und antifibrotische Effekte hat. Die aktuelle Zulassung von OCA besteht als Zweitlinientherapie in der Behandlung der prim&auml;r bili&auml;ren Cholangitis (PBC). In der FLINT-Studie konnte f&uuml;r OCA zudem initial die Reduktion von Fibrose bei fortgeschrittener nicht alkoholischer Steatohepatitis (NASH) gezeigt werden. Als relevanteste Nebenwirkungen wurden Pruritus, aber auch eine Erh&ouml;hung der Insulinresistenz und der Blut-LDL-C-Werte beobachtet. Mit der CONTROL-Studie konnte nun letztere Nebenwirkung durch gleichzeitige Verabreichung von Atorvastatin bei guter Vertr&auml;glichkeit kontrolliert werden.<sup>4</sup> Weitere Phase-III-Studien wurden f&uuml;r Patienten in den Fibrosegraden F2, F3 und f&uuml;r kompensierte Zirrhose bereits initiiert, womit der Weg zur Zulassung in der Indikation NASH bereits vorangeschritten ist.<br /> Als therapeutische Alternative konnten f&uuml;r das synthetische FGF19-Analogon NGM282 bereits nach 12 Wochen Therapiedauer eine Verbesserung des histologischen NASH-Activitiy-Scores (NAS) sowie eine Reduktion der Fibrose, des Leberfettgehaltes und der ALT ohne vergleichbare Nebenwirkungen nachgewiesen werden.<sup>5</sup></p> <h2>Innovative Therapieans&auml;tze bei der NAFLD</h2> <p>Aktuell befinden sich zahlreiche neue Therapeutika zur Behandlung der NAFLD in Entwicklung (Tab. 1).<br /> Aramchol&trade;, ein SCD1-Modulator, zeigte in der ARREST-Studie &uuml;ber 12 Monate bei guter Vertr&auml;glichkeit eine signifikante Reduktion des Leberfettes, des NAS, von Leberwerten (ALT, AST) und des HbA<sub>1c</sub>.<sup>6</sup><br /><br /> Einen v&ouml;llig neuen Ansatz verfolgt die Firma Madrigal mit MGL-3196 als einem leberspezifischen und selektiven Thyroid-&szlig;-Rezeptor-Agonisten, welcher vornehmlich in der Leber exprimiert wird und dessen Aktivierung nach 36 Monaten zu metabolischen Effekten, einer Reduktion des Leberfettes und der Verbesserung von Fibrosebiomarkern (ELF, CK-18) sowie der Leberhistologie, von Blutfett- und Leberenzymwerten f&uuml;hrte.<sup>7</sup> Nebenwirkungen einer Aktivierung von Thyroid-a-Rezeptoren (in der Schilddr&uuml;se) wie Tachykardie k&ouml;nnen dabei vermieden werden. Vergleichbare Erfolge hinsichtlich Leberfettgehalt und LDL-C konnten mit dem ebenfalls in Entwicklung befindlichen Thyroid-&szlig;-Rezeptor- Agonisten VK2809 bereits nach 12 Wochen erzielt werden.<sup>8</sup><br /><br /> Aufgrund der leider wenig &uuml;berzeugenden Daten aus der CENTAUR-Studie zu Cenicriviroc musste der Entwicklungsansatz noch einmal grundlegend &uuml;berdacht werden. Daher wurde nun in Kooperation von Allergan und Novartis die Kombination von Cenicriviroc mit dem nichtsteroidalen FXR-Agonisten Tropifexor hinsichtlich Sicherheit und Pharmakokinetik erfolgreich untersucht und das Studiendesign einer Phase-IIb-Studie vorgestellt.<sup>9</sup> Mit Pfizer ist Novartis ebenfalls eine &auml;hnliche Kooperation eingegangen. Einen vergleichbaren Ansatz verfolgt auch Gilead im ATLAS-Trial, bei dem ein FXRAgonist (GS-9674), ein ASK1-Inhibitor (GS4997) und ein Acetyl-CoA-Carboxylase- Inhibitor (ACCi, GS-0976) einzeln und in Kombination getestet werden. &bdquo;Damit wird immer klarer, dass Kombinationsstrategien der n&auml;chste Schritt f&uuml;r die Unternehmen auf diesem Zukunftsmarkt sind&ldquo;, sagte Prof. Rinella McCarthy, Northwestern University, Chicago, im NAFLD-Debrief. Das Jahr 2019 wird f&uuml;r die NAFLD jedenfalls spannend, da viele Phase-III-Studiendaten erwartet werden.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Jatros_Infekt_1804_Weblinks_s24_tab1.jpg" alt="" width="2151" height="1349" /></p> <h2>Fortschritte bei den cholestatischen Erkrankungen</h2> <p>F&uuml;r die cholestatischen Lebererkrankungen konnten neue Real-World-Daten die Wirksamkeit von Obetichols&auml;ure (OCA) in der Behandlung der PBC weiter best&auml;tigen.<sup>10</sup> Alkalische Phosphatase und Gamma-GT wurden bei stabilen Bilirubin- Werten wirksam gesenkt. Bei etwa einem Drittel der Patienten trat als relevanteste Nebenwirkung Pruritus auf. Eine Verminderung der HDL-Werte f&uuml;hrte auch hier zur &Uuml;berlegung einer erg&auml;nzenden Komedikation neben Ursodeoxychols&auml;ure (UDCA) mit Fibraten, die bislang allerdings Off-Label-Stellenwert in der PBC haben. In der Open-Label-Verl&auml;ngerung der Phase-III-Studie POISE war das Sicherheitsprofil &uuml;ber 36 Monate gut, mit einer geringen hepatischen Dekompensationsrate unter OCA-Therapie.<br /><br /> Zum Einsatz des selektiven PPAR-d- Agonisten Seladelpar nach inad&auml;quatem Ansprechen auf bzw. bei Unvertr&auml;glichkeit von UDCA wurden 52-Wochen-Daten einer laufenden Phase-IIb-Studie vorgestellt.<sup>11</sup> Es konnten gute Erfolge hinsichtlich ALT (Median &ndash;31 % ) und Cholestaseparametern (AP Median &ndash;46 % ) pr&auml;sentiert werden. Juckreiz wurde seitens der Patienten unter dieser Therapie nicht berichtet.<br /><br /> Gilead hat mit GS-9674 einen nichtsteroidalen FXR-Agonisten ins Rennen gegen die prim&auml;r sklerosierende Cholangitis (PSC) geschickt und konnte gute anticholestatische Effekte und eine Reduktion der Leberwerte erzielen, ohne dabei Pruritus zu verursachen. Sowohl GS-9674 als auch OCA werden aufgrund ihrer antifibrotischen Wirksamkeit aktuell auch in Zulassungsstudien zur Behandlung der NASH untersucht, um fortgeschrittene Fibrosestadien beider Erkrankungen potenziell reversibel behandeln zu k&ouml;nnen. F&uuml;r die PBC wurde im Allgemeinen gezeigt, dass selbst Bilirubinwerte im Normbereich, unabh&auml;ngig davon, ob mit UDCA behandelt wurde oder nicht, mit erh&ouml;hter Mortalit&auml;t verbunden sind.</p> <h2>Virale Hepatitis im Griff?</h2> <p>Zum Themenkomplex der viralen Hepatitiden wurde einerseits ein solider Erfolg f&uuml;r den Entry-Inhibitor Myrcludex B bei der chronischen Hepatitis-B/D-Koin- fektion hinsichtlich Hepatitis-D-RNA-Suppression und -Reduktion des HBs- Antigens gezeigt.<sup>12</sup><br /> Andererseits pr&auml;sentierte AbbVie in der Therapie der Hepatitis C (Genotypen 1, 2, 4&ndash;6) mit Glecaprevir/Pibrentasvir (Maviret<sup>&reg;</sup>) hohe Heilungsraten f&uuml;r Patienten mit kompensierter Child-B-Zirrhose bei vergleichbarem Nebenwirkungsprofil wie bei Child-A-Patienten (Expedition- 8, Phase IIIb).<sup>13</sup> Real-World-Daten f&uuml;r Sofosbuvir/Velpatasvir/Voxilaprevir (Vosevi<sup>&reg;</sup>) best&auml;tigten Heilungsraten von &gt;93 % bei der Behandlung von bereits vortherapierten Patienten.<sup>14</sup> Aktuelle Therapieregime finden sich in Tabelle 2 zusammengefasst.<br /> Die Ausrottung der Hepatitis C ist der angestrebte n&auml;chste Schritt. &bdquo;Derzeit hat &Auml;gypten eine f&uuml;hrende Rolle mit einem sehr ambitionierten Programm &uuml;bernommen&ldquo;, betont Prof. Jordan Feld, Toronto General Hospital Research Institute.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Jatros_Infekt_1804_Weblinks_s24_tab2.jpg" alt="" width="1418" height="985" /></p> <h2>Erfolge beim hepatozellul&auml;ren Karzinom (HCC)</h2> <p>Am Ende der gemeinsamen Verlaufsstrecke aller fortgeschrittenen Lebererkrankungen steht vielfach das hepatozellul&auml;re Karzinom (HCC). Zum Thema HCCPr&auml;vention wurde beim AASLD-Kongress eine signifikante Risikoreduktion durch Acetylsalicyls&auml;ure (ASS) abh&auml;ngig von Einnahmedauer und Dosis in einer prospektiven Analyse zweier gro&szlig;er Kohorten (Nurses&rsquo; Health Study und Health Professionals Follow-up Study) pr&auml;sentiert.<sup>15</sup><br /> Therapeutisch wurden die Daten der Child-B-Kohorte aus der CheckMate- 040-Studie vorgestellt.<sup>16&reg;</sup>)-naive als auch -vorbehandelte Patienten mit fortgeschrittenem HCC den Checkpoint-Inhibitor Nivolumab (Opdivio<sup>&reg;</sup>). Dieser bindet an den PD-1-Rezeptor auf T-Zellen und verhindert dadurch die immunsuppressive Wirkung von PD-L1 und PD-L2, welche auch von Tumorzellen exprimiert werden. Die Folge ist ein indirekt antitumoraler Effekt durch Immunstimulation. Das mediane &Uuml;berleben betrug 7,6 Monate. Die &bdquo;objective response rate&ldquo; lag bei 10,2 % , die &bdquo;disease control rate&ldquo; betrug 55,1 % und die &bdquo;duration of response&ldquo; umfasste 9,9 Monate. Das Nebenwirkungs- bzw. Sicherheitsprofil war mit dem der Child-A-Kohorte vergleichbar. F&uuml;r klinische Entscheidungen und Patienten mit fortgeschrittener Zirrhose sind das wichtige Ergebnisse, da Child-B-Patienten oft von onkologischen Studien ausgeschlossen werden.</p></p> <p class="article-quelle">Quelle: AASLD, 9.–11. November 2018, San Francisco </p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Elsaid M et al.: Hepatology 2018; 68(S1): 43A; AASLD 2018, oral abstract #67 <strong>2</strong> www.who.int/dietphysicalactivity/ factsheet_adults/en/ <strong>3</strong> Newsome PN et al.: Hepatology 2018; 68(S1): 67A; AASLD 2018, oral abstract #105, <strong>4</strong> Halegoua-De Marzio D et al.: Hepatology 2018; 68(S1): 45A; AASLD 2018, oral abstract #71 <strong>5</strong> Harrison SA et al.: Hepatology 2018; 68(S1): 66A; AASLD 2018, oral abstract #104 <strong>6</strong> Ratziu V et al.: AASLD 2018, oral late-breaking abstract #LB-5 <strong>7</strong> Harrison SA et al.: Hepatology 2018; 68(S1): 9A; AASLD 2018, oral abstract #14, <strong>8</strong> Loomba R et al.: VK2809, AASLD 2018, oral late-breaking abstract #LB-4 <strong>9</strong> Stringer R et al.: Hepatology 2018; 68(S1): 991A; AASLD 2018, poster abstract #1739 <strong>10</strong> Yimam KK et al.: Hepatology 2018; 68(S1): 1094A; AASLD 2018, poster abstract #1923 <strong>11</strong> Bowlus CL et al.: AASLD 2018, oral late-breaking abstract #LB-3 <strong>12</strong> Wedemeyer H et al.: Hepatology 2018; 68(S1): 10A; AASLD 2018, oral abstract #16 <strong>13</strong> Brown RS Jr. et al.: Hepatology 2018; 68(S1): 425A; AASLD 2018, poster abstract #715A <strong>14</strong> Pearlman BL et al.: Hepatology 2018; 68(S1): 361A; AASLD 2018, poster abstract #607 <strong>15</strong> Simon TG et al.: Hepatology 2018; 68(S1): 57A; AASLD 2018, oral abstract #91 <strong>16</strong> Kudo M et al.: AASLD 2018, oral late-breaking abstract #LB-2</p> </div> </p>
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