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ÖGP 2018

Allergien und Asthma bronchiale bei älteren Menschen

<p class="article-intro">Allergien und Asthma bronchiale sind klassische Erkrankungen von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Dass auch ältere Menschen an Asthma oder Allergien leiden können oder sogar erst im Alter zu Allergikern werden können, ist weniger bekannt.</p> <hr /> <p class="article-content"><p>Subjektiv betrachtet sehen wir immer mehr &auml;ltere Patienten im Floridsdorfer Allergieambulatorium, objektiv stieg die Anzahl der &uuml;ber 65-j&auml;hrigen Patienten mit allergischer Sensibilisierung im Zeitraum von 1997 bis 2007 stetig von 1,7 % auf 3,5 %. Die Sensibilisierungsmuster der Senioren (n=370) sind weitgehend identisch mit denen der 7- bis 64-j&auml;hrigen Atopiker (n=12 684), allerdings sind die Sensibilisierungen prozentuell geringer (Abb. 1). Bei den Zuweisungsdiagnosen dominiert die Rhinokonjunktivitis mit fast 60 %, gefolgt von Urtikaria/Angio&ouml;dem mit 29 % und Dyspnoe mit 26 % (Abb. 2).</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Jatros_Pneumo_1806_Weblinks_jatros_pneumo_1806_s6_abb1+2.jpg" alt="" width="2150" height="769" /></p> <h2>H&auml;ufigkeit von Allergien bei Senioren</h2> <p>Die Lebenszeitpr&auml;valenz von allergischen Erkrankungen liegt laut deutschen Statistiken bei Senioren jenseits der 70 Jahre zwischen 22 % (weiblich) und 16 % (m&auml;nnlich). Die h&ouml;chsten Pr&auml;valenzen finden sich bei Frauen zwischen 30 und 39 Jahren (Abb. 3). Typisch ist die Geschlechtsverteilung, wobei Frauen stets mehr Allergien zeigen als M&auml;nner. Dies hat unter anderem hormonelle Gr&uuml;nde.<br /> Da Allergien generell im Zunehmen sind, ist auch zu erwarten, dass in der Kindheit oder Jugend erworbene Allergien bei &auml;lteren Menschen weiterbestehen. Allerdings gibt es offenbar auch Neusensibilisierungen, da &auml;ltere Patienten vermehrt &uuml;ber bisher nicht gekannte allergische Symptome klagen. Dass es sich dabei tats&auml;chlich um Neusensibilisierungen handelt, konnte im Rahmen einer Sensibilisierungsstudie in Ost&ouml;sterreich gezeigt werden. Vorwiegend dort hat sich Ragweed, ein aggressives Allergen, angesiedelt. Da es Ragweed in &Ouml;sterreich fr&uuml;her nicht gegeben hat, handelt es sich bei Allergien dagegen daher haupts&auml;chlich um Neusensibilisierungen. Ein &auml;hnliches Muster konnte auch in italienischen Untersuchungen bei Ragweed-Sensibilisierungen gesehen werden.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Jatros_Pneumo_1806_Weblinks_jatros_pneumo_1806_s7_abb3+4.jpg" alt="" width="2150" height="710" /></p> <h2>Typ-1-Diagnostik</h2> <p>Die Allergiediagnostik unterscheidet sich bei &auml;lteren Menschen nicht von der bei jungen Patienten. Allerdings ist zu bedenken, dass etwa bei ausgepr&auml;gter altersbedingter Hautatrophie die Pricktestung unzuverl&auml;ssig ist; &Auml;hnliches gilt f&uuml;r die Medikation mit Neuroleptika.<br /> Die Therapie der allergischen Rhinokonjunktivitis unterscheidet sich nicht von der bei jungen Menschen, allerdings sollten keine &bdquo;alten&ldquo;, sedierenden Antihistaminika gegeben werden. Zu bedenken ist auch, dass hoch dosierte topische Steroide bei &auml;lteren Menschen das Risiko f&uuml;r Katarakt oder Glaukom leicht erh&ouml;hen k&ouml;nnen.</p> <h2>Asthma bronchiale</h2> <p>Zum Asthma bronchiale bei &auml;lteren Menschen sind die Daten eher d&uuml;nn. Zumeist liest man, dass &bdquo;unser Wissen limitiert&ldquo; ist, aber auch, dass Asthma bei &auml;lteren Menschen &bdquo;unterdiagnostiziert und unterbehandelt&ldquo; sei. Zus&auml;tzlich sei in den n&auml;chsten Jahren mit einer Zunahme der Zahl an betagten Asthmapatienten zu rechnen. Derzeit sind zumindest zwei Ph&auml;notypen bekannt: das &bdquo;long-standing&ldquo; Asthma, das aus der Kindheit oder Jugend &bdquo;mitgenommen&ldquo; wird, und das neu erworbene &bdquo;late-onset&ldquo; Asthma.</p> <h2>Diagnose des Asthma bronchiale</h2> <p>Asthma bronchiale pr&auml;sentiert sich bei &auml;lteren Menschen anders (Tab. 1), wobei als Kardinalsymptome Ruhedyspnoe, morgendliche Thoraxenge und Erwachen durch n&auml;chtlichen Husten angegeben werden (Bellia et al., Chest 2003). Beim Symptom Dyspnoe ist differenzialdiagnostisch die Abgrenzung von COPD oder Herzerkrankungen zu beachten, was jedoch im Einzelfall nicht ganz einfach ist. Auch ist es m&ouml;glich, dass Asthma und COPD &uuml;berlappend vorkommen.<br /> &Auml;ltere Menschen empfinden Atemnot als weniger schwer als junge Patienten. Das f&uuml;hrt dazu, dass Senioren mit Asthma bronchiale sp&auml;ter zum Arzt gehen, die Diagnose verz&ouml;gert gestellt wird und damit die Therapie versp&auml;tet eingeleitet wird. Des Weiteren ist die Sterblichkeit an Asthma bei Senioren deutlich erh&ouml;ht (Abb. 4).</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Jatros_Pneumo_1806_Weblinks_jatros_pneumo_1806_s7_tab1.jpg" alt="" width="350" height="478" /></p> <h2>Hormonersatztherapie und Asthma</h2> <p>Auch die Etablierung einer postmenopausalen Hormontherapie kann Einfluss auf die Entwicklung von Asthma bronchiale haben. So zeigte eine Untersuchung &uuml;ber Hormonersatztherapie aus dem Jahr 2004, dass sowohl eine Progesteron/&Ouml;strogentherapie als auch eine alleinige &Ouml;strogentherapie zu einem erh&ouml;hten Asthmarisiko f&uuml;hren kann. Im Gegensatz dazu konnten Romieu et al. in einer franz&ouml;sischen Studie an 57 664 Frauen im Alter von 60 bis 85 Jahren zwar eine erh&ouml;hte Asthmarate bei Patientinnen unter &Ouml;strogentherapie finden, nicht aber unter einer kombinierten Progesteron/&Ouml;strogentherapie. Interessanterweise sind Nichtraucherinnen neben Atopikerinnen st&auml;rker gef&auml;hrdet, unter einer &Ouml;strogentherapie Asthma zu entwickeln.</p> <h2>Therapieans&auml;tze f&uuml;r Asthma bronchiale</h2> <p>Die Therapie des Asthma bronchiale richtet sich auch im Alter nach den GINAGuidelines und unterscheidet sich nicht wesentlich von jener bei j&uuml;ngeren Asthmatikern. Ein ganz essenzieller Punkt bei der Behandlung mit inhalativen Medikamenten ist die Inhalationstechnik. &Auml;ltere Menschen haben naturgem&auml;&szlig; mehr Schwierigkeiten als j&uuml;ngere Patienten, da sie meist sowohl in Bezug auf die Sehkraft als auch auf taktile und koordinative F&auml;higkeiten mehr oder weniger eingeschr&auml;nkt sind. Au&szlig;erdem d&uuml;rfen die regelm&auml;&szlig;ige Bewegung und die pneumologische Rehabilitation nicht vergessen werden.</p> <h2>Spezifische Immuntherapie bei Senioren</h2> <p>Die spezifische Immuntherapie wurde fr&uuml;her f&uuml;r Patienten jenseits der 50 Jahre nicht empfohlen; heutzutage kann man nach Ermessen auch bei &auml;lteren Menschen eine Immuntherapie durchf&uuml;hren. Unsere bisherigen Beobachtungen zeigen sowohl eine gute Vertr&auml;glichkeit als auch eine gute Wirksamkeit.<br /> Generell besteht bei Patienten mit schweren anaphylaktischen Reaktionen nach Insektenstichen (M&uuml;ller Grad 3 und 4) die Indikation zur spezifischen Immuntherapie. Gerade in diesem Fall ist die Therapie bei alten Menschen besonders wichtig, da die meisten Todesf&auml;lle durch anaphylaktische Reaktionen nach Insektenstichen bei 60- bis 70-J&auml;hrigen auftreten. Ursachen sind hier sicherlich die kardialen und eventuell pulmonalen Komorbidit&auml;ten. Eine Medikation mit Betablockern oder ACE-Hemmern scheint nach heutigem Wissen nicht mit erh&ouml;hten Nebenwirkungen verbunden zu sein und stellt somit auch keine Kontraindikation gegen die Immuntherapie mehr dar.</p> <div id="fazit"> <h2>Fazit</h2> <p>Allergien und Neusensibilisierungen sind auch bei Senioren m&ouml;glich. Neben der Verschlechterung der Lebensqualit&auml;t ist insbesondere bei Asthma bronchiale mit einer erh&ouml;hten Mortalit&auml;t zu rechnen. Daher sollte auch bei alten Menschen an eine Allergie beziehungsweise an Asthma bronchiale als Ausl&ouml;ser der Symptomatik gedacht werden und es sollten auch bei Senioren ein Allergietest und eine Lungenfunktion durchgef&uuml;hrt werden.</p> </div></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p>beim Verfasser</p> </div> </p>
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