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Neue EULAR-Leitlinie Handarthrose

5 Prinzipien und 10 Empfehlungen für eine bessere Lebensqualität

<p class="article-intro">Die europäische Rheumatologen-Vereinigung EULAR hat neue Empfehlungen zur Behandlung der Handarthrose herausgegeben.<sup>1</sup> Die Therapie sollte individuell geplant und mit dem Patienten abgestimmt werden, seine Symptome lindern und die Lebensqualität verbessern. Der Betroffene sollte gut über die Krankheit und die Behandlungsoptionen aufgeklärt werden. Das hört sich banal an, doch offenbar hapert es im Alltag an der Umsetzung, weshalb die EULAR diese Aspekte extra als übergreifende Prinzipien erwähnte.</p> <hr /> <p class="article-content"><p>Die Hand schmerzt, f&uuml;hlt sich steif an, man kann sie nicht mehr gut bewegen und nicht richtig zugreifen &ndash; eine Handarthrose schr&auml;nkt die Lebensqualit&auml;t ziemlich ein. Zwar erkranken viele Menschen daran, vor allem &auml;ltere, aber lange Zeit galt die Handarthrose als &bdquo;vergessene&ldquo; Krankheit. &bdquo;Es wurde und wird zu wenig geforscht auf dem Gebiet&ldquo;, sagt Prof. Dr. Klaus Kr&uuml;ger, Rheumatologe in M&uuml;nchen. &bdquo;Vielleicht liegt das daran, dass die Handarthrose l&auml;stig, aber nicht gef&auml;hrlich ist.&ldquo; Deshalb begr&uuml;sse er es auch, dass die EULAR jetzt eine neue Leitlinie herausgebracht habe. &bdquo;Sie bringt die vergessene Krankheit mehr ins Bewusstsein und macht klar, dass therapeutischer Nihilismus fehl am Platze ist. Insbesondere nicht medikament&ouml;se Ma&szlig;nahmen sind sehr sinnvoll und sollten jedem Patienten zugutekommen.&ldquo;<br /> 2007 ver&ouml;ffentlichte die EULAR erstmals eine Leitlinie zur Behandlung der Handarthrose, 2012 die amerikanische Rheumatologen-Vereinigung ACR eine f&uuml;r Arthrose von Hand, H&uuml;fte und Knie gemeinsam. Seitdem sind einige neue Daten hinzugekommen, weshalb es Zeit wurde, die Leitlinie zu aktualisieren. Die Erstellung erfolgte nach den EULAR-Standards von 2014. Die neue Leitlinie beruht auf einem systematischen Review und einer Umfrage durch eine Expertengruppe. Diese erfragte, wie eine Handarthrose derzeit behandelt wird und was nach Meinung von Experten und Patienten in der neuen Leitlinie erw&auml;hnt werden sollte. Die Expertengruppe repr&auml;sentierte 10 europ&auml;ische L&auml;nder und setzte sich aus 10 Rheumatologen, einem plastischen Chirurgen, 3 Physio- beziehungsweise Ergotherapeuten und 2 Patientenvertretern zusammen. Anhand von Review und Umfrage erarbeitete die Arbeitsgruppe die neue Leitlinie. Anders als in der Leitlinie von 2007 sind nun 5 &uuml;bergreifende Prinzipien erw&auml;hnt, dazu 10 Empfehlungen (Tab. 1). Zu jeder Empfehlung wurden anhand der Daten aus dem Review der Evidenzgrad (&bdquo;level of evidence&ldquo;, LoE) und der Grad der Empfehlung (&bdquo;grade of recommendation&ldquo;, GoR) angegeben. Zum Schluss sollten die Experten der Arbeitsgruppe bei jeder Empfehlung und jedem Prinzip angeben, wie sehr sie zustimmten. Dies wurde angegeben als Grad der &Uuml;bereinstimmung (&bdquo;level of agreement&ldquo;, LoA) auf einer Skala von 0 bis 10.<br /> Die &uuml;bergreifenden Prinzipien m&ouml;gen einem auf den ersten Blick etwas banal vorkommen, sagt Kr&uuml;ger. &bdquo;Sie sind aber heute in allen EULAR-Empfehlungen Standard und als grunds&auml;tzliche Aussagen wichtig.&ldquo; Bei den 5 &uuml;bergreifenden Prinzipien geht es darum, dass das prim&auml;re Ziel sein sollte, die Symptome des Patienten zu lindern und seine Lebensqualit&auml;t zu bessern, wie wichtig die Patientenedukation ist, dass die Behandlung individualisiert und an die W&uuml;nsche des Patienten angepasst werden sollte und dass es f&uuml;r die Behandlung eines multidisziplin&auml;ren Ansatzes bedarf. &bdquo;Im Praxisalltag sind diese Aspekte oft schwer umsetzbar&ldquo;, sagt Kr&uuml;ger. &bdquo;Die Zeit ist knapp und man ben&ouml;tigt die wenige Zeit m&ouml;glicherweise eher f&uuml;r Patienten mit schwereren Erkrankungen.&ldquo; Trotzdem solle man sich die Prinzipien immer wieder vor Augen halten, so der Rheumatologe, vor allem finde er das erste Prinzip am wichtigsten: dass Schmerzen und Steifheitsgef&uuml;hl des Patienten gelindert werden, die Funktion seiner Hand verbessert und seine Lebensqualit&auml;t erh&ouml;ht wird. Eigentlich sollte dieses Therapieziel selbstverst&auml;ndlich sein, ebenso das zweite Prinzip: Alle Patienten sollte man &uuml;ber die Natur der Krankheit und ihren Verlauf aufkl&auml;ren und ihnen vermitteln, was f&uuml;r Behandlungsoptionen es gibt und was sie selbst tun k&ouml;nnen. &bdquo;Leider ist das im hektischen Praxisalltag nicht immer selbstverst&auml;ndlich&ldquo;, sagt Kr&uuml;ger. &bdquo;Helfen w&uuml;rde hier eine Brosch&uuml;re f&uuml;r Patienten, mit der sich die Betroffenen informieren k&ouml;nnen. Leider gibt es die im deutschsprachigen Raum bisher noch nicht.&ldquo;<br /> Viele der Empfehlungen von 2007 wurden modifiziert, weil inzwischen neue Evidenz hinzugekommen ist. Die Aussagen wurden nun als Empfehlungen formuliert und weniger als Feststellungen, um dem Status der Evidenz oder der Expertenmeinung besser gerecht zu werden. Zwei Empfehlungen sind neu (8 und 10), eine wurde in zwei aufgeteilt (die alte 3 in die neuen 1 und 2), zwei wurden zu einer kombiniert (die alten 7 und 8 in die neue 5) und eine wurde gestrichen (die alte 4). Diese betraf Hitze und Ultraschallbehandlung, bezog sich auf eine Expertenmeinung und wurde von Studien von der H&uuml;fte oder vom Knie extrapoliert.<br /> Bei den Empfehlungen 1&ndash;3 geht es um verschiedene nicht pharmakologische Behandlungsoptionen wie Patientenedukation, Hilfsmittel, &Uuml;bungen und Orthesen. Die Empfehlungen 4&ndash;8 beschreiben die Rolle der verschiedenen pharmakologischen M&ouml;glichkeiten. So sollte man zum Beispiel topische Behandlungen den systemischen vorziehen, und topische nichtsteroidale Antiphlogistika (NSAR) sind hier die erste Wahl (Empfehlung 4). Orale Analgetika, insbesondere NSAR, und Chondroitinsulfat k&ouml;nnen zur Linderung der Symptome eingesetzt werden (Empfehlungen 5 und 6), wobei NSAR zeitlich limitiert verschrieben werden sollten.<br /> Zur Empfehlung von Chondroitinsulfat &auml;u&szlig;ert sich Prof. Kr&uuml;ger aber kritisch: &bdquo;Die Empfehlung suggeriert gute Evidenz, die bei kritischer Betrachtung der Daten fragw&uuml;rdig bleibt&ldquo;, sagt er. &bdquo;Patienten geben f&uuml;r diese nicht erstattungsf&auml;hige, aber im Internet viel beworbene Therapie jahrelang viel Geld aus, ohne eine sichere Wirkung zu sp&uuml;ren.&ldquo; Nicht umsonst waren sich die Experten bei dieser Empfehlung auch am wenigsten einig, was sich im geringsten Grad von &Uuml;bereinstimmung zeigte, n&auml;mlich LoA 7,3.<br /> Von intraartikul&auml;ren Steroidinjektionen wird abgeraten, eine Ausnahme k&ouml;nnte sein, wenn der Patient unter Schmerzen im Interphalangealgelenk leidet (Empfehlung 7). Auch wenn es in der Praxis immer wieder vorkommt: Patienten mit Handarthrose sollten weder mit konventionellen noch mit biologischen krankheitsmodifizierenden Medikamenten behandelt werden (Empfehlung 8). &bdquo;Die Empfehlung ist goldrichtig&ldquo;, sagt Kr&uuml;ger. &bdquo;Bisher gibt es n&auml;mlich keine Belege daf&uuml;r, dass eine solche Behandlung wirksam ist.&ldquo; Werden strukturelle Ver&auml;nderungen nachgewiesen und wirken die bisherigen Behandlungen nicht ausreichend gegen die Schmerzen, sollte eine Operation erwogen werden. Bei Patienten mit Daumensattelgelenksarthrose bietet sich eine Trapezektomie an, bei Patienten mit Interphalangealarthrose eine Arthrodese oder eine Arthroplastie (Empfehlung 9).<br /> Die letzte Empfehlung (10) bezieht sich auf das Follow-up. Was eigentlich auch selbstverst&auml;ndlich sein sollte: Das Langzeit- Follow-up sollte an die individuellen Bed&uuml;rfnisse des Patienten angepasst werden. Hierbei spielt zum Beispiel die Schwere der Symptome eine Rolle, ob der Patient Medikamente bekommt, die man regelm&auml;ssig pr&uuml;fen sollte, und was der Betroffene w&uuml;nscht und erwartet.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Jatros_Ortho_1806_Weblinks_jatros_ortho_1806_s64_tab1.jpg" alt="" width="2151" height="2124" /></p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Kloppenburg M et al.: 2018 update of the EULAR recommendations for the management of hand osteoarthritis. Ann Rheum Dis 2018; doi: 10.1136/ annrheumdis- 2018-213826</p> </div> </p>
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