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Urologische Komplikationen bei urogynäkologischen Eingriffen

<p class="article-intro">Urologische Komplikationen gehören zu den häufigsten schweren Komplikationen bei gynäkologischen und speziell bei urogynäkologischen Operationen. Diese betreffen bei Hysterektomien und Deszensusoperationen typischerweise sowohl Blase als auch Ureteren, bei Inkontinenzoperationen mit miturethalen Schlingen typischerweise Blase und Urethra.</p> <hr /> <p class="article-content"><p>Patientinnen m&uuml;ssen eingehend &uuml;ber m&ouml;gliche Komplikationen aufgekl&auml;rt werden. Dar&uuml;ber hinaus muss man sich als Operateur im Vorfeld damit auseinandersetzen, ob und wie man diese Komplikationen managen kann. Das kann einerseits durch das Heranziehen eines Urologen (v.a. bei komplexeren Verletzungen) oder auch selbstst&auml;ndig geschehen.<br /> Dabei gilt es zu beachten, dass man die Behebung von Komplikationen nur unzureichend in einem Trainingssetting erlernen kann. Insofern ist es wichtig, &uuml;ber Komplikationen offen zu sprechen und auch zu diskutieren, wie damit umzugehen ist. Es existiert mittlerweile eine Vielzahl an Lehrvideos f&uuml;r klassische laparoskopische Operationstechniken, jedoch sind Videos &uuml;ber Komplikationen sehr rar.</p> <h2>H&auml;ufigkeit urologischer Komplikationen</h2> <p>Die H&auml;ufigkeit f&uuml;r eine iatrogene Blasenverletzung wird bei Schlingenoperationen in Abh&auml;ngigkeit vom Operationsverfahren mit 0,4 % beim transobturatorischen Zugang und 2,7 % bei retropubischen B&auml;ndern angegeben.<sup>1, 2</sup> Es ist deshalb bei den retropubischen Schlingenverfahren eine Zystoskopie zum sicheren Ausschluss w&auml;hrend der Operation empfohlen. Bei Minischlingen ist das Risiko deutlich geringer.<br /> F&uuml;r eine Urethraverletzung betr&auml;gt die Wahrscheinlichkeit unabh&auml;ngig vom Operationsverfahren etwa 0,1&ndash;0,5 % .<sup>2, 3</sup><br /> Kommt es im Rahmen einer TVT-Operation zu einer Blasenperforation, ist es in den meisten F&auml;llen ausreichend, dies durch eine Zystoskopie zu best&auml;tigen und das Band wieder zu entfernen. Man kann das Band entweder unter zystoskopischer Sicht oder auch mittels klassischer Technik erneut positionieren. Somit gibt es keine Notwendigkeit f&uuml;r ein vom &uuml;blichen Protokoll abweichendes Prozedere, vorausgesetzt, es kommt extravesikal zu liegen.<br /> Bei Deszensusoperationen m&uuml;ssen wir uns dessen bewusst sein, dass ein Risiko f&uuml;r eine iatrogene Blasenverletzung sowie &ndash; deutlich seltener &ndash; f&uuml;r eine Ureterverletzung besteht. Bei Letzterer handelt es sich h&auml;ufiger um eine sekund&auml;re Verletzung, z.B. bedingt durch thermische L&auml;sionen oder auch durch Kinking im Rahmen der anatomischen Deszensuskorrektur oder Narbenbildung. Sehr selten kann es auch zu einer Ureterdurchtrennung kommen.<br /> Im angloamerikanischen Raum wird sehr h&auml;ufig eine routinem&auml;ssige Zystoskopie durchgef&uuml;hrt, um eine Ureterverletzung auszuschliessen.<sup>4</sup><br /> Dabei gilt es zu beachten, dass nicht alle Ureterverletzungen (z.B. thermische L&auml;sionen) damit erfasst werden und der Eingriff erst ab einer Komplikationsrate von 1,5 % kosteneffektiv ist.<sup>5</sup> Somit sollte eine Zystoskopie jenen F&auml;llen vorbehalten werden, bei denen ein h&ouml;heres Risiko f&uuml;r eine Ureterverletzung besteht, wie z.B. bei einer hohen uterosakralen Ligamentfixation<sup>6</sup> oder wenn intraoperativ der Verdacht auf eine Verletzung besteht.<br /> Eine routinem&auml;ssige Zystoskopie ist bei urogyn&auml;kologischen Eingriffen nicht indiziert.<br /> Das Risiko f&uuml;r eine Blasenverletzung bei laparoskopischen Deszensusoperationen steigt abh&auml;ngig von der Anzahl und der Art der Voroperationen.<br /> Die Inzidenz betr&auml;gt zwischen 0,4 und 3,3 % , wobei das Risiko bei roboterassistierten Eingriffen gegen&uuml;ber den konventionell laparoskopischen Operationen etwas h&ouml;her zu sein scheint.<sup>7</sup><br /> Ein ganz wesentlicher Risikofaktor ist v.a. bei abdominalen laparoskopischen oder robotischen Sakrokolpopexien die zur&uuml;ckliegende Hysterektomie. So ist bei uteruserhaltender Operation oder totaler bzw. suprazervikaler Hysterektomie im Rahmen des Eingriffs das Risiko deutlich geringer als bei voroperierten Patientinnen.<br /> Dabei ist eine Verletzung im Bereich des Blasendoms deutlich harmloser als eine L&auml;sion im Blasenhalsbereich.<br /> Bei Letzterer muss man darauf achten, dass es nicht zu einer Einbeziehung der Ureteren in die Naht kommt. Dabei ist es meist indiziert, die Ureteren intraoperativ zu schienen.</p> <h2>Pr&auml;vention bei laparoskopischen Eingriffen</h2> <p>Durch die Verwendung von vaginalen Manipulatoren k&ouml;nnen urologische Komplikationen bei laparoskopischen Deszensuseingriffen deutlich gesenkt werden.<br /> Dies k&ouml;nnen spezielle Manipulatoren sein oder auch konventionelle Operationsinstrumente, z.B. Breisky-Spekula, Stieltupfer etc.<br /> Die Verwendung von vaginalen Manipulatoren f&uuml;hrt durch das Hochschieben von Scheide bzw. Uterus zu einer Distension von Uterus/Vagina und Blase sowie zu einer Verdr&auml;ngung der Ureteren zur Seite.<br /> Weiters ist es hilfreich, bei der Blasenpr&auml;paration die Blase zu fassen und zu elevieren. Wird nur das Peritoneum eleviert, ist der Zugang zum Spatium vesicovaginale erschwert darzustellen.<br /> Besondere Vorsicht ist bei voroperierten Patientinnen geboten, weil am Scheidenapex meist narbige Verh&auml;ltnisse herrschen und somit das Spatium vesicovaginale oft schwierig darzustellen ist und weder die Scheide noch die Blase er&ouml;ffnet werden sollte.<br /> In speziellen Situationen kann es hilfreich sein, die Blase aufzuf&uuml;llen, um die Grenze zur Scheide besser zu erkennen.</p> <h2>Praktisches Vorgehen bei iatrogener Blasenl&auml;sion</h2> <p>Entscheidend ist, dass die L&auml;sion intraoperativ erkannt wird, da eine nicht erkannte L&auml;sion zwangsl&auml;ufig zu einer Fistelbildung f&uuml;hrt. Im Zweifelsfall ist es sinnvoll, eine Blasenf&uuml;llung durchzuf&uuml;hren.<br /> Liegt eine Blasenl&auml;sion (Abb. 1) vor, gilt es, in einem ersten Schritt die Orientierung herzustellen und die Blasenwand darzustellen. Dies ist insbesondere erforderlich, weil die Blase so weit mobilisiert werden muss, dass eine spannungsfreie Adaptation m&ouml;glich wird (Abb. 2). &Uuml;blicherweise ist es ohnehin erforderlich, die Pr&auml;paration so weit fortzuf&uuml;hren, dass die urspr&uuml;nglich geplante Operation fortgesetzt werden kann. Dies bedingt in den meisten F&auml;llen eine entsprechende Mobilisierung, sodass die Versorgung der L&auml;sion spannungsfrei m&ouml;glich wird.<br /> Dabei ist besonders darauf zu achten, dass nicht weitere L&auml;sionen gesetzt werden bzw. dass die Blasenwand nicht zu sehr ausged&uuml;nnt wird.<br /> Als N&auml;chstes erfolgt die Versorgung der Verletzung, wobei der Zeitpunkt so gew&auml;hlt werden sollte, dass im Anschluss keine Traktion auf die Blasennaht mehr erfolgt.<br /> Die Versorgung kann einschichtig oder zweischichtig erfolgen, wobei &uuml;blicherweise ein zweischichtiger Verschluss erfolgt (Abb. 3).<br /> Dabei wird die Schleimhaut meist mit einem rasch resorbierbaren monofilen Nahtmaterial Fadenst&auml;rke 4/0 gen&auml;ht. Diese Naht erfolgt meist fortlaufend und wird bei laparoskopischem Zugang endokorporal gekn&uuml;pft, um nicht zu viel Zug beim Kn&uuml;pfen aufzubringen zu m&uuml;ssen. Ist die Mukosa gut adaptiert, wird im n&auml;chsten Schritt der M. detrusor vesicae gen&auml;ht. Wir verwenden dazu resorbierbares multifiles Nahtmaterial der Fadenst&auml;rke 2/0. Auch diese Nahtreihe wird fortlaufend gen&auml;ht und endokorporal gekn&uuml;pft.<br /> Ist die Blasenl&auml;sion versorgt, erfolgt eine F&uuml;llung der Blase mit 300ml, um die Dichtheit zu &uuml;berpr&uuml;fen und zu dokumentieren.<br /> Ein transurethraler Dauerkatheter wird je nach Gr&ouml;sse der L&auml;sion und etwaigen Zusatzfaktoren f&uuml;r mindestens 1 Woche in situ belassen, um die Blase zu entlasten.<br /> Vor Entfernung des Blasenkatheters wird ein Zystogramm durchgef&uuml;hrt, um ein Leakage auszuschliessen.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Leading Opinions_Gyn_1803_Weblinks_lo_gyn_1803_s49_abb1-3.jpg" alt="" width="1421" height="2628" /></p> <div id="fazit"> <h2>Fazit</h2> <p>Urologische Komplikationen sind bei urogyn&auml;kologischen Eingriffen nicht selten. Ein Grossteil der Komplikationen kann intraoperativ erkannt und einfach behandelt werden.</p> </div></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Tamussino K et al.: Tension-free vaginal tape operation: results of the Austrian registry. Obstet Gynecol 2001; 98(5 Pt 1): 732-6 <strong>2</strong> Tamussino K et al.: Transobturator tapes for stress urinary incontinence: results of the Austrian registry. Am J Obstet Gynecol 2007; 197(6): 634.e1-5 <strong>3</strong> Mortin HC, Hilton P: Urethral injury associated with minimally invasive mid-urethral sling procedures for the treatment of stress urinary incontinence: a case series and systematic literature search. BJOG 2009; 116(8): 1120-6 <strong>4</strong> Findley AD, Solnik MJ: Prevention and management of urologic injury during gynecologic laparoscopy. Curr Opin Obstet Gynecol 2016; 28(4): 323-8 <strong>5</strong> Visco AG et al.: Cost-effectiveness of universal cystoscopy to identify ureteral injury at hysterectomy. Obstet Gynecol 2001; 97(5 Pt 1): 685-92 <strong>6</strong> Jackson E et al.: Risk factors for ureteral occlusion during transvaginal uterosacral ligament suspension. Int Urogynecol J 2015; 26(12): 1809-14 <strong>7</strong> Unger CA et al.: Perioperative adverse events after minimally invasive abdominal sacrocolpopexy. Am J Obstet Gynecol 2014; 211(5): 547. e1.8</p> </div> </p>
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