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ERS 2018

Was bei der Diagnose der IPF zu beachten ist

<p class="article-intro">Im Rahmen des ERS-Kongresses in Paris wurden neue, gemeinsame Leitlinien der Fachgesellschaften ATS, ERS, JRS und ALAT zur Diagnostik der idiopathischen Lungenfibrose (IPF) vorgestellt.<sup>1</sup> Die Leitlinie beantwortet viele Frage – und wirft neue auf.</p> <hr /> <p class="article-content"><p>Die Diagnose IPF wird grunds&auml;tzlich anhand der hochaufl&ouml;senden Computertomografie und/oder Histopathologie gestellt. Eine IPF kann diagnostiziert werden, wenn die Lunge das Bild einer &bdquo;usual interstitial pneumonia&ldquo; (UIP) zeigt, f&uuml;r die unter anderem ein Honigwabenmuster (&bdquo;honeycombing&ldquo;) charakteristisch ist, und es keine alternative Erkl&auml;rung f&uuml;r diesen Zustand der Lunge gibt. Allerdings stellen sich die Dinge im klinischen Alltag oft recht kompliziert dar, weshalb eine neue Leitlinie mit detaillierten Anweisungen f&uuml;r die IPF-Diagnose erarbeitet wurde. Die Task Force ging dabei nach einem PICO- Verfahren vor. Mit anderen Worten: Es wurden relevante Fragen rund um die IPFDiagnostik gestellt und anhand der verf&uuml;gbaren Evidenz abgearbeitet.</p> <h2>CT und Biopsie erm&ouml;glichen die Diagnose</h2> <p>Letztlich gelangte man damit zu folgendem Algorithmus f&uuml;r die Diagnose einer IPF: Voraussetzung f&uuml;r die Diagnose einer idiopathischen Lungenfibrose ist der Ausschluss bekannter Ursachen einer interstitiellen Lungenerkrankung wie z.B. rheumatischer Erkrankungen oder Sch&auml;digungen durch Umweltnoxen bzw. Medikamente. Dar&uuml;ber hinaus muss entweder ein eindeutiges UIP-Muster in der HRCT vorhanden sein oder nach der Lungenbiopsie eine spezifische Kombination von Hinweisen auf UIP in Histopathologie und HRCT vorliegen. Ein langer Katalog von Merkmalen, die f&uuml;r eine &bdquo;wahrscheinliche UIP&ldquo; sprechen oder &bdquo;unklar hinsichtlich UIP&ldquo; sind, wird in der Leitlinie gelistet. Hier gibt es einige Neuerungen im Vergleich zur Vorg&auml;ngerleitlinie aus dem Jahr 2011: Das f&uuml;r die definitive UIP-Diagnose erforderliche Honigwabenmuster kann nun auch periphere Traktions-Bronchiektasen oder Bronchioloektasen inkludieren. Ein retikul&auml;res Muster mit peripheren Traktions-Bronchiektasen oder Bronchioloektasen spricht alleine schon f&uuml;r eine wahrscheinliche UIP. Die Evidenz dazu stammt aus den beiden INPULSIS-Studien, in die auch nicht biopsierte Patienten eingeschlossen waren, die in der HRCT eine m&ouml;gliche UIP mit Traktions-Bronchiektasen zeigten und die &bdquo;Arbeitsdiagnose&ldquo; einer IPF erhalten hatten. Das Outcome dieser Patienten unterschied sich weder in der Placebo- noch in der Verumgruppe von jenem der Patienten mit best&auml;tigter IPF (Abb. 1).<sup>2</sup><br /><br /> Auch die Klinik sollte im Sinne eines &bdquo;appropriate clinical setting&ldquo; beachtet werden. Typischerweise sind IPF-Patienten M&auml;nner im Alter jenseits der 60 Jahre und Exraucher, die schleichend Husten und Belastungsdyspnoe entwickeln. In der Auskultation ist ein bibasil&auml;res Knisterrasseln zu h&ouml;ren. Die Exposition gegen&uuml;ber St&auml;uben ist auszuschlie&szlig;en und bis zu 35 % der Betroffenen zeigen eine positive Familienanamnese. Bei zumindest einigerma&szlig;en passender Klinik kann die Diagnose anhand des Schemas in Tabelle 1 gestellt werden. Die Leitlinie hebt jedoch hervor, dass im Falle einer klaren UIPDiagnose in der HRCT keine Biopsie durchgef&uuml;hrt werden soll, da eine IPF alleine anhand der Bildgebung diagnostiziert werden kann.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Jatros_Pneumo_1805_Weblinks_s13_abb1.jpg" alt="" width="1417" height="962" /></p> <p>&nbsp;</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Jatros_Pneumo_1805_Weblinks_s13_tab1.jpg" alt="" width="1418" height="616" /></p> <h2>Diagnose zwecks Indikationsstellung der Therapie</h2> <p>In seinem State-of-the-Art-Vortrag zur Diagnose der IPF unterstrich Prof. Dr. Athol Wells vom Imperial College London die praktische Bedeutung der neuen Leitlinie. Da es nun, im Gegensatz zum Zeitpunkt der Ver&ouml;ffentlichung der Vorg&auml;ngerleitlinie, zugelassene Therapien f&uuml;r die IPF gibt, dient die Guideline nicht mehr nur vorwiegend akademischen Zwecken, sondern wird f&uuml;r reale therapeutische Fragestellungen, konkret die Indikationsstellung der antifibrotischen Therapie herangezogen. Wells: &bdquo;Der klinische Vorteil einer Diagnose liegt darin, dass sie uns Informationen dar&uuml;ber liefert, wie die Krankheit wahrscheinlich unbehandelt bzw. unter Therapie verlaufen wird. Eine IPF-Diagnose rechtfertigt damit eine antifibrotische Therapie. Stellt man rigorose Kriterien f&uuml;r die Diagnose auf, stellt sich damit die Frage, ob man nicht einen entscheidenden Aspekt aus den Augen verliert. N&auml;mlich die Frage, ab welcher Wahrscheinlichkeit einer korrekten IPF-Diagnose der Einsatz antifibrotischer Medikamente gerechtfertigt ist.&ldquo; Dies sei das Problem der &auml;lteren IPF-Diagnoseleitlinie aus dem Jahr 2011 gewesen. Diese Leitlinie ging nicht auf das Management wahrscheinlicher/ m&ouml;glicher IPF ein und verfehlte damit eine relativ gro&szlig;e Gruppe von Patienten mit nicht ganz so klarem Bild in der HRCT.<br /><br /> Dieses Problem wurde mit der aktuellen Leitlinie angegangen, so Wells. Von einem &bdquo;UIP pattern&ldquo; wird nun gesprochen, wenn zu mehr als 90 % davon auszugehen ist, dass eine UIP vorliegt. Bei einer Diagnosesicherheit zwischen 70 und 89 % handelt es sich um eine &bdquo;probable UIP&ldquo; und &bdquo;indeterminate for UIP&ldquo; bedeutet immer noch ein Vertrauen in eine UIP-Diagnose von mindestens 51 % . Dabei habe man sich an einem 2017 publizierten Schema orientiert, das bei einer Wahrscheinlichkeit von &uuml;ber 90 % von einer &bdquo;established&ldquo; Diagnose ausgeht und unter 50 % von &bdquo;unclassifiable&ldquo; spricht. Dazwischen liegt der Bereich der provisorischen Diagnosen mit &bdquo;high confidence&ldquo; oder &bdquo;low confidence&ldquo;.<sup>3</sup> Kompliziert wurde die Lage noch durch ein rezentes Dokument der Fleischner Society.<sup>4</sup> Die darin publizierten Empfehlungen weichen zum Teil von jenen der ERS ab, was innerhalb der kleinen Community der IPF-Experten bereits zu gewissen Verwerfungen gef&uuml;hrt hat. Wells weist beispielsweise darauf hin, dass die Fleischner Society eine IPF-Diagnose alleine aufgrund eines wahrscheinlichen UIP-Musters in der HRCT erlaubt, wenn die Klinik zu einer IPF passt. Im Gegensatz dazu besteht laut ERS bei wahrscheinlicher UIP in der Bildgebung eine eingeschr&auml;nkte (&bdquo;conditional positive&ldquo;) Empfehlung f&uuml;r die chirurgische Biopsie, was letztlich mit einer &bdquo;Kann&ldquo;-Empfehlung &uuml;bersetzt werden kann. &Uuml;bersetze man die Empfehlung der Fleischner Society in &bdquo;GRADE speak&ldquo;, so erhalte man, so Wells, eine &bdquo;conditional negative&ldquo; Empfehlung &ndash; die damit nicht so weit von der internationalen Leitlinien- Empfehlung entfernt sei.</p> <h2>Biopsieren oder nicht biopsieren?</h2> <p>Allerdings &auml;u&szlig;ert Wells gewisse Sorgen, dass &bdquo;conditional positive&ldquo; Empfehlungen im klinischen Alltag als &bdquo;strong positive&ldquo; interpretiert werden k&ouml;nnten. Das betrifft speziell die Indikationsstellung der Biopsie, die in der klinischen Realit&auml;t oft gar nicht m&ouml;glich sei, beispielsweise weil Komorbidit&auml;ten oder ein rascher Verlust an Lungenfunktion bei vielen Patienten eine Biopsie ausschlie&szlig;en. In diesem Sinne sollen &bdquo;conditional&ldquo; Empfehlungen als Hintert&uuml;re zur Individualisierung verstanden werden, die im GRADE- System der Leitlinien nicht explizit empfohlen werden kann. In diesem Sinne hat es die Fleischner Society leichter und empfiehlt individuelle Entscheidungen zur Biopsie, die auf einer Bewertung der Risikofaktoren und einer Diskussion mit dem Patienten basieren. Wells: &bdquo;In GRADE kann man keine Empfehlungen f&uuml;r bestimmte Personengruppen geben. Man kann nur auf die Empfehlung verzichten oder sich mit ,conditional&lsquo; Empfehlungen behelfen.&ldquo;<br /><br /> Generell unterstreicht Wells die Bedeutung des Patientenwunsches im Hinblick auf eine m&ouml;gliche Biopsie &ndash; und zwar in beide Richtungen: &bdquo;In der klinischen Realit&auml;t wird der Patient entscheiden, ob er biopsiert wird oder nicht.&ldquo; Dazu bedarf es allerdings sorgf&auml;ltiger Aufkl&auml;rung hinsichtlich der Risiken, insbesondere einer nicht zu untersch&auml;tzenden Mortalit&auml;t, die insgesamt bei 1,7 % liegt, in Risikopopulationen jedoch deutlich h&ouml;her sein kann.<sup>5</sup> Wells: &bdquo;Wir haben keine genauen Zahlen, aber ich w&uuml;rde sch&auml;tzen, dass das Mortalit&auml;tsrisiko eines 70-j&auml;hrigen IPF-Patienten bei einer offenen Lungenbiopsie in der Gr&ouml;&szlig;enordnung von 5 % liegt. Man muss dem Patienten also auch sagen, ob das Ergebnis einer Biopsie &uuml;berhaupt Einfluss auf seine Therapie h&auml;tte. Ich bezweifle, dass viele Patienten dieses Risiko auf sich nehmen werden, wenn man sie informiert, dass das Ergebnis nichts an ihrer Therapie ver&auml;ndern wird.&ldquo;</p></p> <p class="article-quelle">Quelle: ERS 2018, „Guidelines session: Idiopathic pulmonary fibrosis diagnosis: new guidelines. Results of the ATS-ERS guidelines on idiopathic pulmonary fibrosis“, 17. September, und „State of the art session: interstitial lung diseases“, 18. September, Paris </p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Raghu G et al.: Diagnosis of idiopathic pulmonary fibrosis. An official ATS/ERS/JRS/ALAT clinical practice guideline. Am J Respir Crit Care Med 2018; 198(5): e44-e68 <strong>2</strong> Raghu G et al.: Effect of nintedanib in subgroups of idiopathic pulmonary fibrosis by diagnostic criteria. Am J Respir Crit Care Med 2017; 195(1): 78-85 <strong>3</strong> Ryerson CJ et al.: A standardized diagnostic ontology for fibrotic interstitial lung disease. An international working group perspective. Am J Respir Crit Care Med 2017; 196(10): 1249-54 <strong>4</strong> Lynch DA et al.: Diagnostic criteria for idiopathic pulmonary fibrosis: a Fleischner Society White Paper. Lancet Respir Med 2018; 6(2): 138-53 <strong>5</strong> Hutchinson JP et al.: In-hospital mortality after surgical lung biopsy for Interstitial lung disease in the United States. 2000 to 2011. Am J Respir Crit Care Med 2016; 193(10): 1161-7</p> </div> </p>
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