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20 Jahre Forschung, Fortbildung und Kommunikation
Jatros
30
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13.09.2018
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<p class="article-intro">Der World Congress on Gastrointestinal Cancer feierte in diesem Jahr seinen 20. Geburtstag. Die Kongresspräsidenten Mario Dicato (Luxemburg), Eric Van Cutsem (Belgien) und Josep Tabernero (Spanien) versprachen ein herausragendes Fortbildungsereignis, das alle Aspekte zur Diagnose und Behandlung von Patienten mit gastrointestinalen Tumoren anspricht. Mehr als 60 Experten waren dazu eingeladen, Vorträge in Vorlesungen, Debatten, Keynote- Lectures und Abstract-Sitzungen zu halten. Im Folgenden eine kleine Auswahl der neuesten klinischen Ergebnisse aus den Abstract-Sitzungen.</p>
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<p class="article-content"><h2>Ramucirumab effektiv bei Leberzellkarzinom und erhöhtem AFP</h2> <p>Ramucirumab verlängert als Zweitlinientherapie nach Sorafenib das Gesamtüberleben (OS) von Patienten mit fortgeschrittenem Leberzellkarzinom (HCC) und erhöhten Spiegeln des Tumormarkers Alpha-Fetoprotein (AFP).<sup>1</sup> In einer gepoolten Analyse der Phase-III-Studien REACH-2 und REACH wurden die Daten von insgesamt 542 Patienten mit einem AFP ≥400ng/ml ausgewertet. Die Studien REACH-2 und REACH sind globale, randomisierte, placebokontrollierte Phase- III-Studien, die mit einem vergleichbaren Design und Patientenkollektiv die Effektivität und Sicherheit von Ramucirumab als Zweitlinientherapie nach Sorafenib bei Patienten mit fortgeschrittenem HCC prüften. Die gepoolte Analyse wurde durchgeführt, um eine präzisere Aussage zur Population der Patienten mit erhöhtem AFP machen zu können. Die Analyse wurde auf Basis der individuellen Patientendaten durchgeführt. Die REACH-2-Studie schloss 292 Patienten mit AFP ≥400ng/ml (Einschlusskriterium) ein. In der REACH-Studie wurden 565 Patienten behandelt, von denen 250 ein AFP ≥400ng/ml aufwiesen.<br /> Die Patienten der gepoolten Analyse waren im Median 63 Jahre alt und hatten in 54 % der Fälle einen sehr guten Allgemeinzustand (ECOG PS 0). 86 % der Patienten befanden sich bei Studienbeginn im BCLC-Stadium C und 60 % wiesen einen Child Pugh A auf. Der mediane AFPSpiegel betrug in der gepoolten Analyse 4081mg/ml. In der REACH-2-Studie wurde ein signifikanter Vorteil der Ramucirumab- Therapie gegenüber Placebo gezeigt (HR: 0,71; p=0,019).<sup>2</sup> Dieser wurde mit der gepoolten Analyse bestätigt: Mit der Ramucirumab-Therapie wurde das mediane Gesamtüberleben (OS) von 5,0 auf 8,1 Monate signifikant verlängert (HR: 0,69; 95 % CI: 0,57–0,84; p=0,0002) (Abb. 1).<sup>1</sup> Damit stellt Ramucirumab eine wichtige Therapieoption für diese Patienten mit schlechter Prognose und aggressiver Erkrankung dar.</p> <h2>Lange Remissionen beim fortgeschrittenen Magenkarzinom</h2> <p>In der randomisierten Phase-III-Studie KEYNOTE-061 erhielten insgesamt 592 vorbehandelte Patienten den PD-1-Inhibitor Pembrolizumab oder eine Standardtherapie mit Paclitaxel zur Behandlung des fortgeschrittenen Magenkarzinoms und des gastroösophagealen Übergangs.<sup>3</sup> Primäre Endpunkte waren das Gesamtüberleben und das progressionsfreie Überleben (PFS) bei PD-L1-positiven (CPS ≥1) Patienten. Beide Endpunkte wurden nicht erreicht.<br /> Die Studienteilnehmer waren im Median 61 Jahre alt und mehrheitlich männlich. Bei nahezu 70 % der Patienten war der Primärtumor im Magen lokalisiert. Zwei Drittel der Patienten hatten einen positiven PD-L1-Status (CPS ≥1).<br /> Im Ergebnis betrug das mediane PFS bei PD-L1-positiven Patienten unter Pembrolizumab 1,5 Monate (vs. 4,1 Monate; HR: 1,27) und das mediane OS 9,1 Monate (vs. 8,3 Monate; HR: 0,82). Ein Ansprechen wurde bei 15,8 % der PD-L1-positiven Patienten im Pembrolizumab-Arm versus 13,6 % der Patienten im Paclitaxel-Arm berichtet. Die Remissionen hielten unter Pembrolizumab länger an als unter Paclitaxel (mediane DOR: 18,0 Monate vs. 5,2 Monate), was möglicherweise den späten positiven Effekt auf das Gesamtüberleben erklärt. Nach 12 Monaten zeigten noch 59,5 % der ansprechenden Patienten unter Pembrolizumab eine anhaltende Remission versus 29,5 % der Patienten unter Paclitaxel. Die 12-Monats-OS-Rate betrug innerhalb der PD-L1-positiven Population 39,8 % vs. 27,1 % und die 18-Monats-OSRate 25,7 % vs. 14,8 % (Abb. 2).<br /> Patienten mit höherer PD-L1-Expression profitierten stärker von Pembrolizumab. Bei Patienten mit einem PD-L1- CPS <1 betrug das mediane OS 4,8 Monate unter Pembrolizumab versus 8,2 Monate unter Paclitaxel (HR: 1,20; 95 % CI: 0,89–1,63), bei Patienten mit einem PDL1- CPS ≥1 waren es 9,1 versus 8,3 Monate (HR: 0,82; 95 % CI: 0,66–1,03) und bei einem PD-L1-CPS ≥10 wurden 10,4 versus 8,0 Monate beobachtet (HR: 0,64; 95 % CI: 0,41–1,02). Eine Subgruppenanalyse bezüglich des MSI-H-Status gab Hinweise auf erhöhte Ansprechraten sowie ein verlängertes PFS und OS für Patienten mit Mikrosatelliten-instabilen Tumoren unter der Therapie mit Pembrolizumab.</p> <h2>Intensivierte Therapie steigert Chance auf sekundäre Resektion beim mCRC</h2> <p>Dass die Hinzunahme von Panitumumab zu einem modifizierten FOLFOXIRI- Regime bei Patienten mit metastasiertem Kolorektalkarzinom (mCRC) eine wirksame Option für die Erstlinientherapie sein kann, zeigen die Ergebnisse der Phase-II-Studie VOLFI (AIO-KRK-0109).<sup>4</sup> Die AIO-Studie verglich FOLFOXIRI versus mFOLFOXIRI plus monoklonalen Antikörper, im Fall der präsentierten Daten plus den EGFR-Antikörper Panitumumab.<br /> Insgesamt 96 Patienten erhielten mFOLFOXIRI plus Panitumumab oder alleiniges FOLFOXIRI. Die Patienten waren median 57 Jahre alt und hatten in etwa zwei Dritteln der Fälle einen ECOG PS 0. 13,5 % der Patienten wiesen eine auf die Leber begrenzte Erkrankung auf. Der primäre Endpunkt, eine Überlegenheit der Panitumumab-haltigen Therapie bezüglich des Ansprechens (33,3 % vs. 12,1 % ), wurde erreicht. Das Ansprechen dauerte im Median in beiden Studienarmen 5,4 Monate an.<br /> Zudem konnten hohe sekundäre Resektionsraten mit der erweiterten Therapie erzielt werden. Innerhalb der Subgruppe der Studienteilnehmer mit potenziell resektablen Metastasen zeigten 75,0 % vs. 36,3 % der Patienten ein Ansprechen, von denen im Panitumumab-Arm 60 % eine R0- und 27 % eine R1-Resektion erhalten konnten. Das PFS war nicht verschieden, im Median lebten die Patienten 9,7 versus 10,1 Monate progressionsfrei (HR: 0,92; p=0,72).<br /> Aufgrund der Nebenwirkungen – wenn auch in der Studie gut kontrollierbar – sollten nur Patienten mit einem ECOG PS 0–1 mit FOLFOXIRI plus Panitumumab behandelt werden, bemerkten die Autoren. Aufgrund der hohen Ansprechraten ist die Kombinationstherapie insbesondere für Patienten mit einer Chance auf eine sekundäre Resektion, sowohl bei rechtsseitigen als auch linksseitigen Tumoren sowie bei <em>BRAF</em>-mutierten Tumoren, in Erwägung zu ziehen.</p> <h2>TAS-120 in Prüfung beim <em>FGFR</em>-alterierten Cholangiokarzinom</h2> <p>TAS-120 ist ein hoch selektiver, irreversibler Pan-FGFR-Inhibitor, der bei Cholangiokarzinompatienten mit FGFR-Alterationen eine effektive Therapieoption darstellen könnte, wie Funda Meric-Berstam vom MD Anderson Cancer Center in Houston (USA) zeigte.<sup>5</sup> In einer Phase-I-Studie wurden 132 Patienten eingeschlossen, von denen 45 mit den effektiven Dosierungen 16, 20 und 24mg (qd) behandelt wurden. 28 der Patienten wiesen eine <em>FGFR2</em>-Fusion und 17 Patienten eine andere <em>FGF/FGFR</em>-Aberration auf. Im Median waren die Patienten 54 Jahre alt und mehrheitlich weiblich. In 91 % der Fälle handelte es sich um einen intrahepatischen primären Tumor. Jeweils 28,9 % der Patienten hatten ein oder zwei vorherige Therapielinien und 42,2 % ≥3 Therapielinien erhalten.<br /> Von den 28 Patienten mit <em>FGFR2</em>-Genfusionen waren 24 Patienten in Bezug auf die Wirksamkeit von TAS-120 auswertbar. 20 Patienten zeigten eine Tumorschrumpfung, 7 eine partielle Remission (25 % ). 15 Patienten zeigten zudem eine stabile Erkrankung, sodass eine Krankheitskontrollrate von 78,6 % resultierte. Die mediane Dauer der Behandlung betrug 7,4 Monate mit 15 der 28 Patienten noch unter laufender Therapie.<br /> Von den 17 Patienten mit anderen <em>FGF/FGFR</em>-Aberrationen waren 14 Patienten auswertbar. 11 Patienten zeigten eine Tumorschrumpfung, 3 hatten eine partielle Remission (17,6 % ) und 10 eine stabile Erkrankung. Therapieassoziierte Nebenwirkungen von Grad 3 traten insgesamt bei 51 % der Patienten auf, am häufigsten Hyperphosphatämie (22,2 % ) und ALTErhöhungen (6,7 % ). Auch Patienten, die bereits mit einem <em>FGFR</em>-Inhibitor behandelt wurden, profitierten von TAS-120. Aufgrund der vielversprechenden Ergebnisse wurde eine globale Phase-II-Studie mit Cholangiokarzinompatienten und <em>FGFR2</em>-Genfusionen gestartet.</p> <h2>BRAF-, MEK- und EGFR-Inhibitor- Kombination beim mCRC</h2> <p>Beim WCGC wurden erste Sicherheitsund Wirksamkeitsdaten der BEACON-CRCStudie, die Patienten mit metastasiertem Kolorektalkarzinom (mCRC) und BRAF<sup>V600E</sup>- Mutation einschloss, präsentiert.<sup>6</sup> Das Vorliegen einer BRAF<sup>V600E</sup>-Mutation wird bei etwa 10–15 % der mCRC-Patienten nachgewiesen und geht mit einer schlechten Prognose einher. Da beim Einsatz von BRAF-Inhibitoren durch den Umweg über CRAF und MEK dennoch eine Aktivierung des EGFR-Signalwegs stattfinden kann, wurden in der Phase-III-Studie BEACON CRC Inhibitoren für BRAF, MEK und EGFR als Tripletkombination gegeben. Im Studiendesign war für die ersten 30 Patienten ein „safety lead-in“ mit den drei Wirksubstanzen (Encorafenib, Binimetinib, Cetuximab) vorgesehen, dem sich im Phase-IIITeil die Randomisierung (je 205 Patienten pro Studienarm) in einen Triplettherapie- Arm, einen Doublettherapie-Arm (Encorafenib plus Cetuximab) und einen Kontrollarm (Cetuximab plus FOLFIRI oder Irinotecan) anschloss.<br /> Bei den Patienten der „Lead-in“-Phase wurden ein Ansprechen in 48 % der Fälle, mit Komplettremissionen bei 10 % der Patienten, sowie eine Stabilisierung der Erkrankung bei 45 % der Patienten festgestellt. Die mediane Dauer des Ansprechens betrug 5,5 Monate. Die Patienten lebten im Median 8,0 Monate progressionsfrei, unabhängig von der Anzahl der Vortherapien. Das mediane OS war noch nicht erreicht. Nach 12 Monaten lebten noch 62 % der Patienten. Es traten bei 70 % der Patienten Nebenwirkungen von Grad 3/4 auf und 20 % der Patienten brachen die Therapie aufgrund von Nebenwirkungen ab. Die Tripletkombination zeigt vielversprechende Sicherheits- und Effektivitätsergebnisse, folgerten die Autoren. Der dreiarmige Phase-III-Teil der Studie wurde begonnen und ist nun am Rekrutieren.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Jatros_Onko_1805_Weblinks_jatros_onko_1805_s46_abb1.jpg" alt="" width="1458" height="834" /></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Jatros_Onko_1805_Weblinks_jatros_onko_1805_s47_abb2.jpg" alt="" width="1457" height="835" /></p></p>
<p class="article-quelle">Quelle: 20<sup>th</sup> World Congress on Gastrointestinal Cancer (WCGC),
20.–23. Juni 2018, Barcelona
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<p class="article-footer">
<a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a>
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<p><strong>1</strong> Zhu AX et al.: Ramucirumab as second-line treatment in patients with advanced hepatocellular carcinoma (HCC) and elevated alpha-fetoprotein (AFP) following first-line sorafenib: pooled efficacy and safety across two global randomized phase 3 studies (REACH-2 and REACH). WCGC 2018, Abstr. #LBA-001 <strong>2</strong> Zhu AX et al.: REACH-2: a randomized, double-blind, placebo-controlled phase 3 study of ramucirumab versus placebo as second-line treatment in patients with advanced hepatocellular carcinoma (HCC) and elevated baseline alpha-fetoprotein (AFP) following first-line sorafenib. ASCO 2018, Abstr. #4003 <strong>3</strong> Shitara K et al.: KEYNOTE-061: phase 3 study of pembrolizumab vs paclitaxel for previously treated advanced gastric or gastroesophageal junction cancer. WCGC 2018, Abstr. #LBA-005 <strong>4</strong> Geissler M et al.: VOLFI: mFOLFOXIRI + panitumumab versus FOLFOXIRI as firstline treatment in patients with RAS wild-type metastatic colorectal cancer (mCRC): a randomized phase II trial of the AIO (AIO-KRK-0109). WCGC 2018, Abstr. #O-024 <strong>5</strong> Meric-Bernstam F et al.: Efficacy of TAS-120, an irreversible fibroblast growth factor receptor (FGFR) inhibitor, in cholangiocarcinoma patients with FGFR pathway alterations who were previously treated with chemotherapy and other FGFR inhibitors. WCGC 2018, Abstr. #O-001 <strong>6</strong> Van Cutsem E et al.: BEACON CRC study safety lead-in: assessment of the BRAF inhibitor encorafenib + MEK inhibitor binimetinib + anti-epidermal growth factor receptor antibody cetuximab for BRAFV600E metastatic colorectal cancer. WCGC 2018, Abstr. #O-027</p>
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