<p class="article-intro">Die neuen Wirkstoffe der „targeted therapies“ haben die Behandlung der CLL verändert. Den Patienten können immer früher Therapieregime ohne Chemotherapie angeboten werden und die Stammzelltransplantation rückt zunehmend in den Hintergrund. Dennoch bleiben Herausforderungen, die es zu bewältigen gilt, etwa die Behandlung junger, fitter Patienten zu optimieren.</p>
<p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Obinutuzumab plus Chlorambucil in der Erstlinie bietet einen klinisch relevanten Überlebensvorteil für CLLPatienten mit Komorbiditäten.</li> <li>Der Vorteil der Erstlinientherapie überträgt sich auf weitere Therapielinien.</li> <li>Laufende klinische Studien zielen v.a. auf jüngere, fitte CLL-Patienten in der Erstlinie, für die derzeit noch die Immunchemotherapie Standard ist.</li> </ul> </div> <h2>Ältere Patienten mit Komorbiditäten gut versorgt</h2> <p>Grundsätzlich hat sich in der Behandlung gerade der älteren CLL-Patienten mit Komorbiditäten einiges getan und wir haben mehrere Möglichkeiten zur Verfügung. In Stockholm wurden die finalen Daten der CLL11-Studie zu Obinutuzumab präsentiert. Zur Erinnerung: Obinutuzumab (GA101; G) ist ein monoklonaler Anti-CD20-Antikörper, der für die CLLTherapie entwickelt wurde. In der ersten Stufe der Phase-III-Studie CLL11 wurden die Effektivität und Sicherheit von Obinutuzumab plus Chlorambucil (Clb; G-Clb) und Rituximab (R) plus Clb (R-Clb) vs. Clb alleine untersucht. In der zweiten Stufe wurden G-Clb und R-Clb bei Patienten mit unbehandelter CLL und Komorbiditäten (Cumulative Illness Rating Scale von >6 und/oder eine Kreatininclearance von &tl;70ml/min) miteinander verglichen. Primärer Endpunkt war das progressionsfreie Überleben (PFS). Sekundäre Endpunkte schlossen Gesamtüberleben (OS), Zeit bis zur erneuten Therapie (TTNT) und Sicherheit ein.<br /> Im direkten Vergleich der beiden Kombinationen führte G-Clb zu einem besseren Ergebnis als R-Clb (Abb. 1a–c). Nach 59,4 Monaten lag das PFS unter G-Clb bei 28,9 Monaten (vs. 15,7 Mon., p<0,0001), die TTNT bei 56,4 Monaten (vs. 34,9 Mon., p<0,0001). G-Clb erzielte auch die besseren OS-Raten. So betrug die Zweijahres- OS-Rate im G-Clb-Arm 91 % (vs. 84 % ), die Fünfjahres-Rate 66 % (vs. 57 % ).<sup>1</sup> Damit bestätigte sich, dass die Zugabe von Obinutuzumab einen klinisch relevanten Vorteil für CLL-Patienten mit Komorbiditäten bietet. Dieser Überlebensvorteil ist auch deshalb beeindruckend, weil diese Patienten nach der Erstlinientherapie einige weitere sehr effektive Therapielinien erhalten und trotzdem das Gesamtüberleben insgesamt steigt.<br /> Als Alternative zur G-Clb-Kombination kann eine Ibrutinib-Monotherapie eingesetzt werden.<sup>2</sup> Der Unterschied zu G-Clb ist, dass Ibrutinib eine Dauertherapie ist, während G-Clb bis zu fünf Jahre ausgesetzt werden kann.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Jatros_Onko_1805_Weblinks_jatros_onko_1805_s35_abb1a+b+c.jpg" alt="" width="2191" height="830" /></p> <h2>Therapie für junge Patienten benötigt</h2> <p>Während die älteren CLL-Patienten relativ gut versorgt sind, bleibt die Therapie der jungen, fitten Patienten eine Herausforderung, denn sie profitieren noch in geringerem Maß von den neuen Medikamenten. Auf diesem Gebiet gibt es daher Anstrengungen zahlreicher Studiengruppen, zum Beispiel die CLL13-Studie (NCT02950051) der deutschen CLL-Studiengruppe, an der auch viele österreichische Zentren mitarbeiten. Dabei handelt es sich um eine große Studie, in die mehr als 900 fitte (Kreatininclearance ≥70ml/ min.) nicht vorbehandelte CLL-Patienten inkludiert werden. Sie werden in vier Arme randomisiert. Als Kontrolle dient die Chemotherapie mit FCR (Fludarabin, Cyclophosphamid, Rituximab) für Patienten unter 65 Jahren und BR (Bendamustin, Rituximab) für Patienten über 65 Jahre. Die Patienten in den Studienarmen erhalten RVe (Rituximab, Venetoclax), GVe (Obinutuzumab, Venetoclax) oder GIVe (Obinutuzumab, Ibrutinib, Venetoclax). Alle diese Substanzen haben bereits hohe Ansprechraten gezeigt, am Beispiel der refraktären CLL. Man darf nun gespannt sein, welche Kombination für fitte Patienten in der Erstlinie die erfolgreichste sein wird.</p> <h2>Entscheidend ist die Auswahl der geeigneten Patienten</h2> <p>Die neuen Substanzen bieten aufgrund unterschiedlicher Wirkmechanismen und Angriffspunkte zahlreiche Therapieoptionen. So wird der Bruton-Tyrosinkinase- Inhibitor Ibrutinib beispielsweise schon in der Erstlinie bei älteren komorbiden Patienten eingesetzt. Für Patienten, die auf Ibrutinib nicht ansprechen oder es nicht vertragen, steht der Bcl-2-Hemmer Venetoclax zur Verfügung. Diese Substanz könnte bald schon in Kombination mit dem Anti-CD20-Antikörper Rituximab in der Zweitlinie zur Anwendung kommen, wie die MURANO-Studie gezeigt hat.<sup>3</sup> Damit können den Patienten schon früh chemotherapiefreie Schemata angeboten werden.<br /> Daneben gibt es eine sehr effektive Therapie mit dem PI3K-Delta-Inhibitor Idelalisib, der allerdings aufgrund des Nebenwirkungsprofils erst in der dritten Linie anzuwenden ist. Denn ab der dritten Linie werden die autoimmunologischen Nebenwirkungen dieses Wirkstoffs nahezu nicht mehr beobachtet.<br /> Die vielfältigen Therapieregime haben zur Folge, dass die allogene Stammzelltransplantation in der Therapiesequenz immer weiter nach hinten rückt. Sie ist ohnehin nur für junge, fitte Patienten geeignet. Vor allem wenn diese Patienten einen unmutierten IgVH-Status aufweisen, sprechen sie in der Regel schlechter auf die Immunchemotherapie an und rezidivieren schneller als Patienten mit mutiertem IgVH-Status. Daher werden sie meist spätestens nach dem ersten Rezidiv HLA-typisiert, um einen geeigneten Stammzellspender zu suchen. Auch bei Patienten mit Nachweis einer del(17p13)- oder TP53-Mutation ist die Immunchemotherapie kontraindiziert. Beim Vorliegen dieser Mutationen sollten auch jüngere Patienten in der Erstlinie mit Ibrutinib behandelt werden.<br /> Viele der zielgerichteten Therapien wirken in frühen Erkrankungsstadien besonders gut. Dennoch ändert sich an der Indikation für die Therapie derzeit nichts (Tab. 1).<sup>4</sup> Es wurden allerdings Studien initiiert, die der Frage nach einem frühen Therapiebeginn nachgehen. Diese sind jedoch sehr langwierig, da man eine lange Nachbeobachtungszeit benötigt, um zu sehen, ob die Patienten langfristig von einer frühzeitigen Therapie profitieren.</p> <h2>Interessante innovative Substanzen</h2> <p>Interessant waren auch zwei innovative Substanzen. Einerseits der hochspezifische PI3K-Delta-Inhibitor Umbralisib für CLL-Patienten, die Ibrutinib oder Idelalisib nicht vertragen haben. Dieser Wirkstoff ist so spezifisch, dass er auch gegen die Casein-Kinase-1ε wirkt. Sein Nebenwirkungsprofil ist im Vergleich zu anderen PI3K-Delta-Inhibitoren sehr günstig. Vorgestellt wurden Daten von 40 Patienten, die Substanzen wie Ibrutinib oder Idelalisib nicht vertragen hatten. Unter Umbralisib traten weniger Nebenwirkungen auf bei vergleichbar gutem Ansprechen.<sup>5</sup><br /> Die andere Substanz ist der Anti-CD19- Antikörper MOR208. Er hat in präklinischen Studien synergistische Effekte mit Idelalisib und Ibrutinib gezeigt. In einer noch andauernden Phase-II-Studie wurde der Antikörper mit Idelalisib (Arm A) und mit Venetoclax (Arm B) kombiniert. Eingeschlossen waren mit Ibrutinib vorbehandelte Patienten mit r/r CLL. Primäre Endpunkte waren das Auftreten und die Schwere von Nebenwirkungen. Zu den sekundären Endpunkten zählte die Gesamtansprechrate (ORR). Die Daten der B-Kohorte werden voraussichtlich beim ASH präsentiert. Am EHA wurden die Daten der A-Kohorte gezeigt. Elf Patienten beendeten mindestens einen Therapiezyklus. Von diesen erlitten 5 (45 % ) insgesamt 10 schwere Nebenwirkungen, von denen sie sich jedoch wieder erholten. Die ORR lag bei 83 % , wobei es auch bereits tiefere Remissionen gab.<sup>6</sup> Das ist bei dieser stark vortherapierten Patientengruppe ein vielversprechendes Ergebnis.</p></p>
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<a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a>
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<p><strong>1</strong> Goede V et al.: Overall survival benefit of obinutuzumab over rituximab when combined with chlorambucil in patients with chronic lymphocytic leukemia and comorbidities: final survival analysis of the CLL11 study. 23<sup>rd</sup> Congress of the European Hematology Association, June 14- 17, 2018, Stockholm/Sweden, Abstract S151 <strong>2</strong> Burger JA et al.: Ibrutinib as initial therapy for patients with chronic lymphocytic leukemia. N Engl J Med 2015; 373: 2425-37 <strong>3</strong> Seymour JF et al.: Venetoclax-rituximab in relapsed or refractory chronic lymphocytic leukemia. N Engl J Med 2018; 378: 1107-20 <strong>4</strong> Onkopedia-Leitlinie „Chronische Lymphatische Leukämie (CLL)“, Stand Jänner 2017; (www. onkopedia.com) <strong>5</strong> Mato A et al.: A phase 2 study to assess the safety and efficacy of umbralisib (TGR-1202) in patients with chronic lymphocytic leukemia (CLL) who are intolerant to prior BTK or PI3K delta inhibitor therapy. 23<sup>rd</sup> Congress of the European Hematology Association, June 14-17, 2018, Stockholm/Sweden, Abstract S808 <strong>6</strong> Jurczak W et al.: Two-cohort, phase II study in R/R CLL (COSMOS): first preliminary safety and efficacy results of MOR208 treatment in combination with idelalisib in patients who discontinued prior ibrutinib therapy. 23<sup>rd</sup> Congress of the European Hematology Association, June 14-17, 2018, Stockholm/Sweden, Abstract PF350</p>
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