© skynesher E+

Myelodysplastisches Syndrom

Neue Wirkstoffe werden dringend benötigt

<p class="article-intro">Es hat schon lange keine Neuzulassungen von Medikamenten für das myelodysplastische Syndrom (MDS) mehr gegeben. Beim Kongress der European Hematology Association (EHA) in Stockholm wurden frühe Phase-I/II-Daten zu neuen Substanzen präsentiert, die recht vielversprechend sind, aber durch große Phase-III-Studien bestätigt werden müssen. Es gab aber auch Updates von Phase-II/III-Studien, die auf neue Therapieoptionen hoffen lassen.</p> <p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Patienten mit Niedrigrisiko- MDS, die auf Erythropoesestimulierende Agenzien refrakt&auml;r sind oder rezidivieren, zeigten ein gutes Ansprechen auf Imetelstat. Weitere Studien, auch zur Sicherheit, sind notwendig.</li> <li>Guadecitabin, ein hypomethylisierendes Agens der n&auml;chsten Generation, zeigte bei Hochrisiko-MDS in einer Phase-II-Studie gute Ansprechraten. Nun sind Vergleichsstudien mit dem derzeitigen Therapiestandard n&ouml;tig.</li> <li>Die Zugabe von Lenalidomid zur Standardtherapie mit Azacitidin brachte keine Vorteile gegen&uuml;ber der Azacitidin- Monotherapie.</li> <li>Eine zielgerichtete Therapie bei p53-mutierten MDSErkrankungen erscheint m&ouml;glich: APR-246.</li> <li>Eine intensive Chemotherapie kann bei bestimmten, ausgew&auml;hlten MDS-Patienten Vorteile bringen. Eine generelle Empfehlung daf&uuml;r gibt es nicht.</li> </ul> </div> <h2>MDS mit niedrigem oder Intermediate-1-Risiko</h2> <p>F&uuml;r Patienten mit einem Niedrigrisiko- MDS, die auf Erythropoese-stimulierende Agenzien (ESA) refrakt&auml;r sind oder rezidivieren, gibt es nur wenige Therapieoptionen. Die hier am weitesten entwickelte Substanz ist Luspatercept mit guten Phase-II-Daten; die zulassungsrelevante laufende Phase-III-Studie wird am ASH 2018 pr&auml;sentiert werden. F&uuml;r eine neue Substanz wurden beim EHA-Kongress aktuelle Daten der IMerge-Studie zur Wirksamkeit und Sicherheit des Telomeraseinhibitors Imetelstat pr&auml;sentiert. Die Substanz zielt auf Zellen mit kurzen Telomeren und aktiver Telomerase. IMerge ist eine noch laufende globale Studie mit transfusionsabh&auml;ngigen MDS-Patienten mit niedrigem Krankheitsrisiko (IPSS Low oder Intermediate-1). Eingeschlossen sind sowohl ESA-r/r-Patienten als auch ESA-naive Patienten. Alle Patienten wurden im einarmigen Open-label-Teil der Studie alle vier Wochen mit 7,5mg/kg Imetelstat i.v. behandelt. Der prim&auml;re Endpunkt war die Rate von Patienten, die mindestens acht Wochen transfusionsunabh&auml;ngig waren. Sekund&auml;re Endpunkte umfassten unter anderem die Sicherheit und die Rate der h&auml;matologischen Verbesserung.<sup>1</sup><br /> Insgesamt waren 38 % der Patienten f&uuml;r l&auml;nger als acht Wochen transfusionsunabh&auml;ngig. Eine Verbesserung der H&auml;moglobinwerte trat bei 63 % der Patienten ein. Die h&auml;ufigsten Nebenwirkungen waren Neutro- und Thrombozytopenien.<sup>1</sup> Imetelstat ist eine interessante Substanz, wobei das Sicherheitsprofil aufgrund der H&auml;matotoxizit&auml;t weiter untersucht werden sollte.</p> <h2>Optionen f&uuml;r Hochrisiko-MDS</h2> <p>F&uuml;r Patienten mit Hochrisiko-MDS sind derzeit hypomethylisierende Substanzen (HMA) Standardtherapie: Azacitidin (AZA), die einzige in Europa zugelassene Substanz, und Decitabin (DAC) (nur FDAZulassung). Ein Dinukleotid-HMA der n&auml;chsten Generation ist Guadecitabin (SGI-110), das bereits seine Wirksamkeit bei AML und r/r-MDS gezeigt hat. Aktuell wurden nun Daten einer prospektiven Phase-II-Studie mit Guadecitabin bei nicht mit Chemotherapie vorbehandelten MDSPatienten pr&auml;sentiert. Eingeschlossen waren Patienten mit Int-2 oder Hochrisiko- MDS. Prim&auml;rer Endpunkt war die komplette Remission (CR), definiert als &lt;5 % Blasten mit vollst&auml;ndiger Erholung des peripheren Blutes.<br /> Insgesamt wurden 83 Patienten behandelt, sie erhielten im Durchschnitt f&uuml;nf Zyklen. Die mittlere Nachbeobachtungszeit lag bei 8,6 Monaten. Eine CR wurde bei 23 % der Patienten dokumentiert, CRp bei 3 % und eine h&auml;matologische Besserung bei 37 % . Die h&auml;ufigsten Nebenwirkungen waren Infektionen. Das mediane OS lag bei 14 Monaten und entsprach damit weitgehend dem OS unter AZA.<sup>2</sup> Allerdings waren in diese Studie Patienten mit einer Hochrisiko-Zytogenetik wie p53- Mutationen eingeschlossen. Bevor man die Substanz endg&uuml;ltig beurteilen kann, sind jedoch randomisierte Vergleichsstudien mit dem derzeitigen Therapiestandard notwendig.<br /> Eine zweite Phase-II-Studie, die Hochrisiko- MDS-Patienten einschloss, verglich den derzeitigen Standard, die AZA-Monotherapie, mit einer Kombination aus AZA plus Lenalidomid (LEN) bei MDS-Patienten mit 5q-Deletion (del(5q)). LEN hat bei del(5q)-MDS mit geringerem Risiko bereits Antitumoreffekte gezeigt und hoch dosiert auch bei myeloischen Krankheiten mit del(5q). In die beim EHA pr&auml;sentierte Untersuchung wurden 72 Patienten mit Hochrisiko-MDS (mindestens IPSS Int-2) und mit AML mit multiline&auml;rer Dysplasie und 20&ndash;29 % Blasten sowie del(5q) eingeschlossen. Sie erhielten entweder die Standarddosis AZA oder AZA/LEN. Prim&auml;rer Endpunkt war die Ansprechrate (ORR) nach IWG-2006-Kriterien.<br /> Die Zugabe von LEN konnte weder die Ansprechrate verbessern noch das OS verl&auml;ngern.<sup>3</sup> &Uuml;berraschend ist dieses Ergebnis nicht, denn es best&auml;tigt die einarmigen Phase-II-Studien in diesem Setting. Es gibt zwar immer wieder Patienten, die gut auf diese Kombination ansprechen, sie ist aber auch mit einer h&ouml;heren Toxizit&auml;t verbunden. Zudem sprechen Hochrisiko- MDS-Patienten mit p53-Mutationen oder einem komplexen Karyotyp generell schlechter an. Es gab bisher noch keine Kombination, die besser gewesen w&auml;re als die Einzelsubstanz.<br /> Ein bedeutendes Problem stellen p53- mutierte HR-MDS-Patienten dar. Zwar k&ouml;nnen mit HMA bessere Ergebnisse erzielt werden, die Gesamtaussichten sind allerdings schlecht. Ein neuer Therapieansatz stellt eine Substanz dar, die bei mutierten p53-Proteinen die urspr&uuml;ngliche Konformation wiederherstellt. APR-246 (PRIMAmet) bindet Cysteinreste im mutierten p53, stabilisiert das Protein und stellt die f&uuml;r die DNA-Bindung erforderliche Konformation wieder her. In einer am EHA pr&auml;sentierten Phase-I-Studie wurden 12 HMA-naive p53-mutierte Patienten mit dieser Substanz in Kombination mit Azacitidin behandelt. Eine hohe CR-Rate (80 % ) mit molekularen Remissionen bei Ansprechen wurde erzielt, eine gute Vertr&auml;glichkeit berichtet. Diese pr&auml;limin&auml;ren Ergebnisse lassen Folgedaten mit Spannung erwarten.<sup>4</sup></p> <h2>Chemotherapie bei MDS</h2> <p>In den aktuellen Leitlinien gibt es keine Empfehlung mehr f&uuml;r eine Chemotherapie bei MDS. Beim EHA-Kongress wurde ein Poster zur Chemotherapie bei j&uuml;ngeren MDS-Patienten (&lt;60 Jahre) pr&auml;sentiert. In dieser Subgruppe wird h&auml;ufiger noch eine intensivierte Chemotherapie eingesetzt. In der retrospektiven Analyse wurden Charakteristik und Outcomes von 106 MDSPatienten unter 60 Jahren mit &ge;10 % Blasten im Knochenmark untersucht, von denen 57 mit HMA und 49 mit einer Anthrazyklin- Cytarabin-basierten Chemotherapie behandelt wurden. Die Patienten in der Chemotherapiegruppe waren allerdings signifikant j&uuml;nger als jene in der HMA-Gruppe (45 vs. 55 Jahre; p=0,03) und hatten einen h&ouml;heren Anteil an Knochenmarkblasten (15 % vs. 13 % ; p&lt;0,001). Au&szlig;erdem war die Wahrscheinlichkeit, dass sie eine prognostisch ung&uuml;nstige Zytogenetik aufweisen, geringer (27 % vs. 46 % ; p=0,05). Bei diesen Patienten war die Dauer bis zum Therapieansprechen k&uuml;rzer (1 Monat vs. 2 Monate; p&lt;0,001) und die ORR h&ouml;her (82 % vs. 60 % ; p=0,02) (Abb. 1a/b).<sup>5</sup> Das bedeutet, dass die Chemotherapie bei einzelnen ausgew&auml;hlten Patienten durchaus in Erw&auml;gung gezogen werden kann. Eine generelle Empfehlung, alle MDS-Patienten unter 60 Jahren mit einer Chemotherapie zu behandeln, kann jedoch nicht gegeben werden, da die Auswahl der Patienten f&uuml;r diese Therapiemodalit&auml;t unklar bleibt. Sinnvoll kann Chemotherapie nur dann sein, wenn anschlie&szlig;end eine Transplantation geplant ist. Ob eine Transplantation upfront ohne jegliche Vorbehandlung m&ouml;glich und sinnvoll ist, ist Gegenstand aktueller Studien.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Jatros_Onko_1805_Weblinks_jatros_onko_1805_s22_abb1a+b.jpg" alt="" width="2270" height="890" /></p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Fenaux P et al.: Imetelstat in rbc transfusion-dependent (td) lower risk MDS relapsed/refractory to erythropoiesis stimulating agents (ESA) (IMerge): updated efficacy and safety. 23&lt;sup&gt;rd&lt;/sup&gt; Congress of the European Hematology Association, June 14&ndash;17, 2018, Stockholm/Sweden; Abstract S1557 <strong>2</strong> Garcia-Manero G et al.: A phase II clinical trial of guadecitabine (SGI-110) for patients with previously untreated myelodysplastic syndrome. 23&lt;sup&gt;rd&lt;/sup&gt; Congress of the EHA; Abstract S1555 <strong>3</strong> Rasmussen B et al.: A randomized phase II study of standard dose azacitidine alone or in combination with lenalidomide in highrisk MDS with a karyotype including del(5q). 23&lt;sup&gt;rd&lt;/sup&gt; Congress of the EHA; Abstract S1556 <strong>4</strong> Sallman D et al.: Phase 1B/2 combination study of APR-246 and azacytidine (AZA) in patients with TP53 mutant mylodysplastic syndromes (MDS) and acute myeloid leukemia (AML). 23&lt;sup&gt;rd&lt;/sup&gt; Congress of the EHA; Abstract S1558 <strong>5</strong> Strati P et al.: Intensive chemotherapy (IC) is more effective than hypomethylating agents (HMA) for the treatment of younger patients with myelodysplastic syndrome (MDS) and elevated bone marrow blasts. 23&lt;sup&gt;rd&lt;/sup&gt; Congress of the EHA; Poster PS1251</p> </div> </p>
Back to top