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Hyperurikämie und Gicht

Vorstellung einer neuen Therapieoption

<p class="article-intro">Mit Lesinurad (Zurampic<sup>®</sup>) steht ein neues Urikosurikum zur Verfügung, das in Kombination mit Allopurinol verabreicht wird und laut Studiendaten die Harnsäurewerte in den Ziel&shy;bereich bringen kann, wenn Allopurinol alleine nicht ausreicht. </p> <p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Lesinurad ist ein Urikosurikum aus der Gruppe der URAT1-Inhibitoren, das in Kombination mit Allopurinol zur Behan&shy;d&shy;lung der Gicht zugelassen ist, wenn Patienten ihre Harns&auml;urespiegel unter Allopurinol alleine nicht unter 6mg/dl senken k&ouml;nnen.</li> <li>Die Wirkung beruht auf der Hemmung der Transporter OAT4 und URAT1, der f&uuml;r die Reabsorption von Harns&auml;ure in der Niere verantwortlich ist.</li> <li>Zu den h&auml;ufigsten Nebenwirkungen z&auml;hlen Kopfschmerzen, grippale Beschwerden, erh&ouml;hte Kreatininwerte und gastrointestinale Refluxbeschwerden.</li> </ul> </div> <p>Hyperurik&auml;mie und die Arthritis urica werden weiterhin zunehmende klinisch relevante Beschwerdebilder sein. Die Gichtarthritis durch Ausfallen der Harns&auml;urekristalle stellt die h&auml;ufigste destruktive entz&uuml;ndlich-rheumatische Systemerkrankung dar. Jahrelang stand mit Allopurinol in &Ouml;sterreich nur eine Therapie&shy;option zur Harns&auml;uresenkung zur Verf&uuml;gung, da die Alternativen entweder nicht verf&uuml;gbar waren (Probenecid) oder vom Markt genommen wurden (Benzbromaron). Vor f&uuml;nf Jahren wurde Febuxostat mit etwa doppelt so guter Wirksamkeit wie Allopurinol etabliert. Seit heuer steht mit Lesinurad eine neue effektive urikosurische Komponente als &bdquo;Add-on&ldquo;-Option zur Verf&uuml;gung. <br />Zu Beginn ist festzuhalten, dass Lesinu&shy;rad, wie auch die anderen beiden harns&auml;uresenkenden Medikamente, Allopurinol und Febuxostat, nur bei einer nachgewiesenen Gichtarthritis erstattet werden. Ohne Frage gibt es einen Zusammenhang zwischen der H&ouml;he der Harns&auml;ure und der Anfallswahrscheinlichkeit einer Gichtarthritis, und es sind auch andere Komorbidit&auml;ten wie arterieller Hypertonus, Niereninsuffizienz oder kardiale Ereignisse mit einer Hyperurik&auml;mie assoziiert. Die Datenlage ist allerdings bis dato nicht ausreichend, um eine harns&auml;uresenkende Therapie bei asymptomatischen Hyperurik&auml;miepatienten zur Kardioprotektion zu empfehlen. International ist man sich &uuml;ber die zu erreichenden Zielwerte einig &ndash; bei Gicht: Harns&auml;ure unter 6mg/dl, bei toph&ouml;ser Gicht unter 5mg/dl.</p> <h2>Wirkprinzip</h2> <p>Lesinurad ist der aktive Metabolit aus der Gruppe der nicht nukleosidischen Reverse-Transkriptase-Inhibitoren (NNRTI). Seine harns&auml;uresenkende Wirkung beruht auf der Hemmung der R&uuml;ckresorption der (Harn-)S&auml;ure in der Niere. Die molekularen Targets von Lesinurad sind der apikale Harns&auml;uretransporter URAT1 und der ebenfalls apikal exprimierte organische Anionentransporter 4 (OAT4). W&auml;hrend diese Targets potent gehemmt werden, werden die basolateralen Transporter Glut9 beziehungsweise OAT1 und OAT3 nicht inhibiert.<sup>1, 2</sup> Benzbromaron hemmt wie Lesinurad URAT1, nicht aber OAT4. Die maximalen Wirkstoffkonzentrationen von Lesinurad sind nach 1&ndash;4 Stunden erreicht. Die Halbwertszeit betr&auml;gt 4&ndash;5 Stunden. Metabolisiert wird Lesinurad zu &gt;60 % renal, und es wird keine mitochondriale Hepatotoxizit&auml;t induziert (wie z.B. bei Benzbromaron). <br />Lesinurad wird vor allem &uuml;ber CYP2C9 metabolisiert. Somit ergibt sich eine Wirkstoffverringerung mit z.B. Rifampicin und Carbamazepin bzw. eine Senkung der Plasmakonzentration von Sildenafil und Amlodipin.</p> <h2>Dosierung</h2> <p>Lesinurad wird in einer Dosis von 200mg morgens gemeinsam mit 300mg Allopurinol eingenommen. In den Studien wurde bei eingeschr&auml;nkter Nierenfunktion Allopurinol in einer Dosis von 200mg verabreicht. Eine deutlich h&ouml;here Inzidenz von erh&ouml;hten Serumkreatininspiegeln und renalen Nebenwirkungen inklusive schwerwiegender unerw&uuml;nschter Wirkungen wurde nach Gabe von 400mg Lesinurad, allein oder in Kombination mit Allopurinol, beobachtet. Die h&ouml;chste Inzidenz der unerw&uuml;nschten Wirkungen wurde bei Lesinurad als Monotherapie registriert, daher soll Lesinurad nicht als Monotherapie angewendet werden.</p> <h2>Studiendaten</h2> <p>Zusammengefasst zeigen alle drei gro&szlig;en Studien an 1500 Patienten, auch dann in den Verl&auml;ngerungen, dass &uuml;ber 50 % der Patienten in den Zielbereich zu bringen sind (Abb. 1).<sup>3, 4</sup></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Jatros_Ortho_1805_Weblinks_s84_1.jpg" alt="" width="2150" height="909" /></p> <h2>Eingeschr&auml;nkte Nierenfunktion</h2> <p>Funktionell bedingt spielt bei einem Urikosurikum die Nierenfunktion eine bedeutende Rolle. Lesinurad verursacht einen Anstieg der renalen Harns&auml;ureexkretion, was zu einem (vor&uuml;bergehenden) Anstieg des Serumkreatinins, renalen Nebenwirkungen und Nierensteinen f&uuml;hren kann. Diese renalen Nebenwirkungen traten h&auml;ufiger bei Patienten auf, die mit 400mg Lesinurad behandelt wurden. Aus diesem Grund betr&auml;gt die empfohlene Maximaldosis 200mg einmal t&auml;glich in Kombination mit Allopurinol. Lesinurad darf nicht bei Patienten mit schwerer Nierenfunktionsst&ouml;rung (CrCL &lt;30ml/min), terminaler Niereninsuffizienz oder bei dialysepflichtigen Patienten eingesetzt werden. Bei Patienten mit leichter bis m&auml;&szlig;iger Nierenfunktionsst&ouml;rung (CrCL 30&ndash;89ml/min) ist keine Dosisanpassung erforderlich. Die Therapie mit Lesinurad sollte nicht bei einer CrCL &lt;45ml/min begonnen werden. <br />Lesinurad wurde in den USA mit einer sogenannten &bdquo;boxed warning&ldquo; versehen. Sie enth&auml;lt Informationen &uuml;ber ein erh&ouml;htes Risiko f&uuml;r akutes Nierenversagen, welches h&auml;ufiger auftritt, wenn Lesinurad als Monotherapeutikum angewandt oder in h&ouml;heren als den zugelassenen Dosen eingesetzt wird. <br />In Interaktionsstudien an gesunden Probanden und Gichtpatienten zeigte Lesinurad keine klinischen Interaktionen mit Colchicin, Naproxen, Indomethacin, Atorvastatin, Warfarin, Repaglinid, Tolbutamid oder Allopurinol. Bei den Interaktionsstudien zwischen Lesinurad und Allopurinol wurde nur die 300mg-Dosis Allopurinol untersucht.</p> <h2>Kardiale Diskussion</h2> <p>In klinischen Studien mit Lesinurad wurden schwerwiegende kardiovaskul&auml;re unerw&uuml;nschte Ereignisse (definiert als kardiovaskul&auml;re Todesf&auml;lle, nicht t&ouml;dlicher Myokardinfarkt oder nicht t&ouml;dlicher Schlaganfall) beobachtet. Ein kausaler Zusammenhang mit Lesinurad wurde nicht hergestellt. Die FDA hat die Herstellerfirma beauftragt, diese Risikofaktoren gesondert zu untersuchen und verlangt Studien. Die kardiovaskul&auml;ren Ereignisse in Zahlen: 3/100py f&uuml;r Placebo; 4/100py f&uuml;r 200mg Lesinurad + Allopurinol und 8/100py f&uuml;r 400mg Lesinurad + Allopurinol.</p> <h2>Vorbestehende kardiovaskul&auml;re Erkrankung</h2> <p>Lesinurad wird aufgrund unzureichender Daten nicht empfohlen bei Patienten mit instabiler Angina pectoris, Herzinsuffizienz (NYHA III&ndash;IV), unkontrolliertem Bluthochdruck sowie bei Patienten mit einem Herzinfarkt, Schlaganfall oder einer tiefen Venenthrombose innerhalb der letzten 12 Monate.</p> <h2>Akute Gichtanf&auml;lle unter Therapie</h2> <p>Nach Beginn einer harns&auml;uresenkenden Therapie &ndash; und dies ist nicht speziell nur f&uuml;r Lesinurad anzuf&uuml;hren &ndash; k&ouml;nnen aufgrund der Senkung des Serumharns&auml;urespiegels und der darauffolgenden Mobilisation von Uratablagerungen im Gewebe Gichtanf&auml;lle auftreten, besonders dann, wenn der Patient keine entsprechende Harns&auml;urerestriktion einh&auml;lt bzw. keine Anfallsprophylaxe durchgef&uuml;hrt wird. Eine Gichtanfallsprophylaxe wird empfohlen ab Beginn der Hyperurik&auml;mietherapie, gem&auml;&szlig; Empfehlungen z.B. mit Colchicin (Colctab<sup>&reg;</sup>) oder einer niedrigen Glukokortikoiddosis (Aprednislon<sup>&reg;</sup> 5mg).</p> <h2>Nebenwirkungspotenzial</h2> <p>Unter der Behandlung mit Lesinurad k&ouml;nnen grippale Symptome, Kopfschmerzen, gastro&ouml;sophagealer Reflux, Nierenversagen, eingeschr&auml;nkte Nierenfunktion, Nephrolithiasis (wie oben angef&uuml;hrt) und Kreatininerh&ouml;hung auftreten. Renale Nebenwirkungen f&uuml;hrten bei 1,2 % der Patienten, die mit Lesinurad und Allopurinol behandelt wurden, zum Abbruch der Therapie. In der Gruppe, die mit 400mg Lesinurad und Allopurinol behandelt wurden, waren es 3,3 % (Tab. 1).<sup>5</sup></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Jatros_Ortho_1805_Weblinks_s84_2.jpg" alt="" width="2151" height="1112" /></p> <h2>Zusammenfassung</h2> <p>Mit Lesinurad steht ein neues Urikosurikum zur Verf&uuml;gung, das potent scheint, die Patienten in den Zielbereich von unter 6mg/dl Harns&auml;ure im Serum zu bringen, wenn Allopurinol alleine nicht ausreicht. Voraussetzung f&uuml;r den Einsatz ist eine weitgehend normale Nierenfunktion, die regelm&auml;&szlig;ig kontrolliert werden muss. Derzeit wird Lesinurad nur in Kombination mit Allopurinol erstattet. Der Hersteller hat aber auch eine Studie aufgelegt, in der die Kombination mit Lesinurad und Febuxostat sehr erfolgreich war. Nicht zu vergessen: Derzeit wird eine harns&auml;uresenkende Therapie nur bei Gichtarthritis empfohlen (mit Betonung auf &bdquo;derzeit&ldquo;). Gro&szlig;e Studien zu kardiovaskul&auml;ren Endpunkten laufen und sollten demn&auml;chst Ergebnisse liefern. <br />Eine Fixkombination von Lesinurad mit Allopurinol (Duzallo<sup>&reg;</sup>) ist seit Kurzem auch in Europa erh&auml;ltlich. Die Zulassung erstreckt sich auf die Behandlung von Hyperurik&auml;mie bei Erwachsenen, bei denen das angestrebte Harns&auml;ureniveau mithilfe des Wirkstoffs Allopurinol allein nicht erreicht werden konnte.</p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Keenan RT et al. In: Firestein GS et al. (eds): Kelley&rsquo;s Textbook of Rheumatology. 9<sup>th</sup> edition. Philadelphia: Elsevier Saunders, 2013; Chapter 94 <strong>2</strong> Tan PK et al.: EULAR 2011; Poster THU0025 <strong>3</strong> Saag KG et al.: Arthritis Rheumatol 2017; 69: 203-12 <strong>4</strong> Bardin T et al.: Ann Rheum Dis 2016; 76: 811-20 <strong>5</strong> Fachinformation Zurampic<sup>&reg;</sup></p> </div> </p>
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