Handverletzungen

Strategien der Behandlung und Prävention

<p class="article-intro">Das 59. Symposium der Deutschsprachigen Arbeitsgemeinschaft für Handchirurgie (DAH) fand vom 3. bis 5. Mai 2018 in Wien statt. Prof. Dr. Martin Leixnering, Leiter der Handambulanz im European Hand Trauma Center am AUVA-Unfallkrankenhaus Lorenz Böhler, berichtet über die erfolgreiche Veranstaltung und gibt einen Einblick in die aktuellen Schwerpunkte und Pläne der österreichischen Handchirurgie.</p> <hr /> <p class="article-content"><h2>&Uuml;ber die DAH</h2> <p>&bdquo;Urspr&uuml;nglich war die DAH ein Lesezirkel f&uuml;r deutschsprachige &Auml;rzte, die sich mit Handchirurgie besch&auml;ftigen&ldquo;, erz&auml;hlt Leixnering. &bdquo;Heute ist die Handchirurgie in der Schweiz eine eigene Facharztausbildung. In Deutschland und &Ouml;sterreich ist sie eine Spezialisierung der F&auml;cher Orthop&auml;die, Unfallchirurgie, Chirurgie oder plastische Chirurgie, f&uuml;r die eine dreij&auml;hrige Zusatzausbildung in definierten Ausbildungszentren notwendig ist.&ldquo; Die Jahrestagungen der DAH, bei denen jeweils ein bestimmtes Thema diskutiert wird, finden in Deutschland, &Ouml;sterreich, der Schweiz oder S&uuml;dtirol statt. Mittlerweile hat die DAH an die 600 Mitglieder. Etwa 250 davon kamen heuer im Mai zum Symposium nach Wien. Als Leitthema w&auml;hlte Prof. Leixnering, der die Tagung organisierte, &bdquo;Die komplexe Handverletzung&ldquo;.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Jatros_Ortho_1805_Weblinks_s74.jpg" alt="" width="1295" height="1011" /></p> <h2>Organisationsstrategien</h2> <p>Eine Sitzung beim 59. DAH-Symposium war den Organisationsstrukturen gewidmet. Es ging um Organisationsstrategien von der Prim&auml;r- bis zur Definitivversorgung. &bdquo;Wir haben uns damit auseinandergesetzt, wie wir in Zukunft &ndash; auf Basis der hohen Qualit&auml;tsanspr&uuml;che, unserer Erfahrung und auch &ouml;konomischer &Uuml;berlegungen &ndash; die Handchirurgie positionieren werden&ldquo;, so Leixnering. &bdquo;Es hat wenig Sinn, wenn seltene Verletzungen und sekund&auml;re Rekonstruktionen einmal im Jahr an einer kleinen Abteilung ohne Spezialisten versorgt werden. Es ist wichtig, dass sowohl die einzelnen Handchirurgen als auch die Zentren eine ausreichende Fallzahl vorweisen k&ouml;nnen, um die Qualit&auml;t der Versorgung und der Ausbildung zu gew&auml;hrleisten.&ldquo; Da die Definitivversorgung komplexer Handverletzungen &ndash; mit Ausnahme der Replantation &ndash; keine Akutbehandlung darstellt, habe man gen&uuml;gend Zeit, die Strategie zu zentralisieren.<br />Traumazentrum Wien der Allgemeinen Unfallversicherung, Standort Lorenz B&ouml;hler, ist schon seit vier Jahrzehnten auf die Versorgung von Handverletzungen spezialisiert. Unter der Leitung von Prof. Leixnering wurde das Handtraumazentrum schlie&szlig;lich 2011 von der Europ&auml;ischen Gesellschaft f&uuml;r Handchirurgie (FESSH) als &bdquo;European Hand Trauma Center&ldquo; anerkannt. Mittlerweile ist fast jede dritte Operation im Traumazentrum Wien eine handchirurgische. Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf der rekonstruktiven Handchirurgie. &bdquo;Die Spezialisierung hat dazu gef&uuml;hrt, dass wir eine hohe Anzahl an Patienten und eine dementsprechend gro&szlig;e Erfahrung vorweisen k&ouml;nnen&ldquo;, so Leixnering.</p> <h2>Amputation und Transplantation</h2> <p>Ein international viel diskutiertes Thema sind derzeit Handtransplantationen. Auch beim 59. DAH-Symposium war eine Sitzung diesem Thema gewidmet. &bdquo;Der Aspekt, der in Diskussion steht, ist die Indikation&ldquo;, berichtet Leixnering. &bdquo;Transplantationspatienten m&uuml;ssen ihr Leben lang Immunsuppressiva einnehmen, die Indikation muss daher sehr eng gestellt werden.&ldquo; Man einigte sich darauf, dass nur bei Menschen, die beide H&auml;nde verloren haben, eine Handtransplantation durchgef&uuml;hrt werden sollte. &bdquo;Ein einseitiger Handverlust stellt unserer &uuml;bereinstimmenden Meinung nach keine Indikation zur Transplantation dar&ldquo;, so Leixnering.<br />Bei einseitigem Handverlust ist die Prothese die Behandlung der Wahl, wobei hier eine Vielfalt an Produkten zur Verf&uuml;gung steht, angefangen bei einfachen Epithesen, &uuml;ber deren technische Struktur &ndash; insbesondere durch die enge Zusammenarbeit mit Rehabilitationszentren &ndash; neue Erfahrungen gesammelt werden konnten, bis hin zu den modernsten Formen wie der myeloelektrischen Prothese, die mit Anspannung einer Muskelgruppe gesteuert werden kann. <br />&bdquo;Wir haben aber auch &uuml;ber die Amputationsverletzung gesprochen und dar&uuml;ber, wie wir die Funktion der beeintr&auml;chtigten Extremit&auml;t verbessern k&ouml;nnen&ldquo;, sagt Leixnering. &bdquo;Physio- und Ergotherapeuten, insbesondere spezialisierte Handtherapeuten, spielen eine sehr wichtige Rolle f&uuml;r die Nachbehandlung unserer Patienten. Das ist ein ganz wesentlicher Aspekt, der bei solch einem Kongress auch diskutiert werden muss, denn nur zusammen mit den Therapeuten k&ouml;nnen wir ein gutes funktionelles Ergebnis erzielen.&ldquo;</p> <h2>Dokumentation als Basis der Pr&auml;vention</h2> <p>&bdquo;Lorenz B&ouml;hler hat schon 1929 in seinem Buch viele Seiten daf&uuml;r verwendet, um auf die Bedeutung der sofortigen und korrekten Heilbehandlung von Handverletzungen hinzuweisen&ldquo;, so Leixnering. Nur so k&ouml;nne man ein gutes Ergebnis und vor allem eine &bdquo;niedrige Rente&ldquo; erreichen. B&ouml;hler hat dies damals am Beispiel der Heiratsf&auml;higkeit von Frauen dargestellt: Wenn die Erstbehandlung von schweren Handverletzungen nicht in optimaler Weise erfolgte, bestand die Gefahr, dass die Heiratsf&auml;higkeit vermindert oder nicht gegeben war und den Frauen eine lebenslange Rente gezahlt werden musste. Das Grundprinzip dieser Argumentation gilt bis heute: Eine rasche und optimale Behandlung von Handverletzungen erh&ouml;ht die Chance, dass die Funktion der Hand erhalten wird, die oder der Betroffene in das Arbeitsleben zur&uuml;ckkehren kann und somit das Gesundheitssystem &ouml;konomisch entlastet wird. <br />Die gesetzm&auml;&szlig;ig verankerte Unfallversicherung in &Ouml;sterreich bietet aber noch einen weiteren Vorteil: &Uuml;ber die genaue Dokumentation wird eine effektive Pr&auml;vention m&ouml;glich, wie Prof. Leixnering erkl&auml;rt: &bdquo;Wenn wir wissen, wo und wie Unf&auml;lle passieren und Verletzungen entstehen, k&ouml;nnen wir diese Erkenntnisse, zusammen mit Daten aus Registern, Analysen und Statistiken, in Pr&auml;ventivma&szlig;nahmen einflie&szlig;en lassen.&ldquo; Dadurch werde das Gesundheitssystem weiter entlastet. Die AUVA-Kampagne &bdquo;H&auml;nde gut, alles gut&ldquo;, die von 2014 bis 2016 lief, sei ein erfolgreiches Beispiel daf&uuml;r, wie durch Aufkl&auml;rung und Instruktion Unf&auml;lle und Verletzungen verh&uuml;tet werden k&ouml;nnen. Die Kampagne hat weltweit Aufsehen erregt und wurde Vorbild f&uuml;r Deutschland, Italien, Frankreich und die Schweiz.<br />&bdquo;Die finanzielle Refundierung als vierte S&auml;ule der Unfallversicherung kann umso niedriger gehalten werden, je mehr die anderen drei S&auml;ulen, also die Heilbehandlung, die Rehabilitation und die Pr&auml;vention, gest&auml;rkt werden&ldquo;, meint Leixnering zusammenfassend. Dieses Konzept sollte seiner Meinung nach auch auf Freizeitunf&auml;lle ausgedehnt werden: &bdquo;Es ist doch nicht gerecht, dass ein Patient nach einem Freizeitunfall nicht sofort in ein spezialisiertes Zentrum mit bester Ausstattung gelangt. Es w&auml;re doch klug und richtig, keine Unterscheidung mehr zwischen Arbeits- und Freizeitunf&auml;llen zu machen.&ldquo; <br />70 % der Handverletzungen passieren in der Freizeit. &bdquo;Davon sind &uuml;berwiegend Menschen im arbeitsf&auml;higen Alter betroffen. Umso unbegreiflicher ist die Trennung zwischen Arbeits- und Freizeitunfall, da diese Menschen ja im Arbeitsprozess genauso ausfallen. Und sie kommen umso schneller in den Arbeitsprozess zur&uuml;ck, je besser die Qualit&auml;t der Therapie ist.&ldquo;<br />Ein geplantes Projekt f&uuml;r die Zukunft ist der Start eines europaweiten Registers f&uuml;r Handverletzungen &ndash; nicht nur f&uuml;r den Arbeits-, sondern auch f&uuml;r den Freizeitunfall. Dieses Modell w&uuml;rde fl&auml;chendeckend Gesundheitskosten senken, meint Leixnering: &bdquo;Wir m&uuml;ssen ja daran arbeiten, Kosten einzusparen, und das w&auml;re eine vern&uuml;nftige M&ouml;glichkeit.&ldquo;</p></p>
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