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26. Osteoporoseforum

Bisphosphonate in der Langzeitanwendung

<p class="article-intro">Die positiven E ekte einer Bisphosphonattherapie auf Knochendichte und Fraktursenkung sind evident. Für potenzielle Sicherheitsrisiken bei Langzeitanwendung gibt es zum Teil keine eindeutige Kausalität.</p> <hr /> <p class="article-content"><p>Bisphosphonate (BP) sind die derzeit am h&auml;ufigsten bei Osteoporose verwendeten Antiresorptiva. In der Onkologie werden parenterale BP in hohen Dosen (Zoledronat, Ibandronat, Pamidronat i.v.) beim oss&auml;r metastasierten Karzinom und beim Myelom eingesetzt. Ebenfalls mit BP (Zoledronat, Pamidronat, Ibandronat i.v.) wird die akute Hyperkalz&auml;mie behandelt. Eine seltene Indikation ist der Morbus Paget (Alendronat oral, Risedronat oral, Zoledronat i.v.).</p> <h2>Osteoporose und Bisphosphonate</h2> <p>Bei der Osteoporose konnte der Nutzen einer Bisphosphonattherapie in den klassischen Zulassungsstudien gezeigt werden (FIT f&uuml;r Aledronat, VERT f&uuml;r Risedronat, HORIZON-PFT f&uuml;r Zoledronat). Der Antifraktureffekt ist bei vertebralen und nicht vertebralen Frakturen sowie bei H&uuml;ftfrakturen f&uuml;r Aledronat, Risedronat und Zoledronat sowie bei vertebralen und nicht vertebralen Frakturen f&uuml;r Ibandronat signifikant. &bdquo;Die Risikoreduktion liegt bei vertebralen Frakturen bei etwa 50 Prozent, bei nicht vertebralen Frakturen und H&uuml;ftfrakturen zwischen 20 und 50 Prozent&ldquo;, erkl&auml;rte Univ.-Prof. Dr. Rudolf W. Gasser, Innsbruck. Kurzzeitnebenwirkungen bei Bisphosphonattherapie k&ouml;nnen in einer Irritation des oberen Gastrointestinaltraktes oder in einer Akutphasereaktion (grippe&auml;hnlich, Fieber, Muskel- und Gelenksschmerzen etc.) bestehen. Selten sind eine (in der Regel mild verlaufende) Hypokalz&auml;mie und &ndash; vor allem bei i.v. Pr&auml;paraten zu beachten &ndash; eine Nephrotoxizit&auml;t.<br />Von einer Langzeittherapie mit BP spricht man, wenn sie l&auml;nger als f&uuml;nf Jahre dauert. Die positiven Langzeiteffekte (positive Wirkung auf die Knochendichte und anhaltender Antifraktureffekt vor allem bez&uuml;glich der Wirbelfrakturen) wurden in den einzelnen Studien nachgewiesen: FLEX-Studie f&uuml;r Alendronat (5 + 5 Jahre), HORIZON-PVT-Extension-Studie f&uuml;r Zoledronat (3 + 3 Jahre) und f&uuml;r Risedronat gibt es eine Studie &uuml;ber sieben Jahre mit kleiner Patientenanzahl. &bdquo;Seit der Zulassung und der breiten Anwendung der BP wurden aber auch potenzielle Sicherheitsrisiken bei der Anwendung &uuml;ber f&uuml;nf Jahre und l&auml;nger festgestellt&ldquo;, so Gasser. Zum Teil ist keine eindeutige Kausalit&auml;t nachgewiesen, jedoch gibt es zumindest Evidenz f&uuml;r ein vermehrtes, wenn auch sehr seltenes Auftreten folgender Nebenwirkungen: Kieferosteonekrose, atypische Femurfraktur, Skelett- und Muskelschmerzen, Vorhofflimmern und &Ouml;sophaguskarzinom.<sup>1</sup></p> <h2>Osteonekrose des Kiefers</h2> <p>Laut &bdquo;International Consensus&ldquo;<sup>2</sup> handelt es sich bei der Osteonekrose des Kiefers (&bdquo;osteonecrosis of the jaw&ldquo;, ONJ) um einen freiliegenden Knochen in der maxillofazialen Region, der nicht innerhalb von acht Wochen abheilt. In der Anamnese kommt eine antiresorptive Therapie (BP/Denosumab), aber keine vorangegangene Strahlentherapie der kraniofazialen Region vor. Die Inzidenz betr&auml;gt f&uuml;r Osteoporosepatienten lediglich 0,001&ndash;0,01 % und liegt damit nur geringf&uuml;gig &uuml;ber der Pr&auml;valenz in der Gesamtbev&ouml;lkerung (&lt;0,001 % ). Hingegen ist die ONJ bei den mit hohen Dosen von BP versorgten Onkologiepatienten eine nicht zu vernachl&auml;ssigende Gr&ouml;&szlig;e (1&ndash;15 % ).<br />Pathophysiologisch erfolgt durch die Antiresorptiva eine starke Hemmung des Remodelings, wobei eine Entz&uuml;ndung und/oder Intervention im Kieferbereich hinzukommt. Zus&auml;tzliche Risikofaktoren sind eine Glukokortikoidtherapie, eine Tumorerkrankung, eine kardiovaskul&auml;re Erkrankung, Rauchen, COPD u.a. Etwa 90 % der ONJ werden durch eine Hochdosis-Tumortherapie mit BP in kurzen Intervallen verursacht. Weniger als 10 % der ONJ-Patienten sind Patienten unter Osteoporosetherapie mit BP in niederer Dosis oder i.v. in l&auml;ngeren Intervallen. Die DVO-Leitlinien 2017 geben die H&auml;ufigkeit einer ONJ bei antiresorptiver Osteoporosetherapie mit 1:100 000 an. &bdquo;Die Inzidenz einer ONJ bei Tumor- und Osteoporosepatienten ist grundverschieden, weshalb man sie auch als unterschiedliche Entit&auml;ten betrachten soll&ldquo;, sagte Gasser.<br />Obwohl also im Einzelfall die ONJ beim Osteoporosepatienten eine gravierende Nebenwirkung darstellt, &uuml;bertrifft der Benefit der Senkung des Frakturrisikos durch BP bei einer Osteoporosetherapie bei Weitem das sehr seltene Risiko einer ONJ. &bdquo;Bei sorgf&auml;ltiger zahn&auml;rztlicher Prophylaxe bzw. Therapie ist die Angst vor einer ONJ bei Bisphosphonaten in Osteoporosedosierung unberechtigt&ldquo;, so Gasser. Bei Tumorpatienten in Tumordosierung von BP ist das Risiko im Einzelfall abzuw&auml;gen.</p> <h2>Atypische Femurfraktur (AFF)</h2> <p>In der Pathogenese einer AFF zeigt sich ein reduzierter &bdquo;bone turnover&ldquo; und es gibt eine Assoziation mit lang andauernder BP-Therapie, Mikrocracks und Osteoporose per se.<sup>3</sup> Bei einzelnen Patienten wurde auch eine Genmutation im Gen GGPS1 festgestellt.<sup>4</sup> <br />Die H&auml;ufigkeit einer AFF betr&auml;gt 1,78/100 000 Patienten/Jahr bei 2 Jahren BP, 113,1/100 000 Patienten/Jahr bei 8&ndash;10 Jahren BP.<sup>5</sup> Daten aus den USA, basierend auf 90 Millionen KH-Entlassungen zwischen 1996 und 2007, konnten zeigen, dass f&uuml;r etwa 100 verhinderte typische Schenkelhals- oder intertrochant&auml;re Frakturen eine subtrochant&auml;re Fragilit&auml;tsfraktur (typ./atyp.) auftrat.<sup>6</sup><br />Selten bei BP-Therapie sind starke Schmerzen in Knochen, Gelenken und/oder Muskeln, die von einer Akutphasereaktion abzugrenzen sind. Nach Absetzen der BP kommt es bei vielen Patienten nur zu einer teilweisen Remission, wobei die Kausalit&auml;t als nicht gesichert gilt. Erstmals wurden zwischen 1995 und 2005 117 F&auml;lle (Alendronat, Risedronat) der FDA gemeldet.<sup>7</sup> Es gibt so gut wie keine Literatur dar&uuml;ber, die FDA empfiehlt aber erh&ouml;hte &bdquo;Awareness&ldquo;.</p> <h2>Kardiovaskul&auml;res System und &Ouml;sophaguskarzinom</h2> <p>Laut den DVO-Leitlinien kann ein Zusammenhang zwischen BP-Therapie und vermehrter Inzidenz von Vorhofflimmern nicht ausgeschlossen werden. In der Zulassungsstudie HORIZON Pivotal Fracture Trial mit i.v. Zoledronat f&uuml;r drei Jahre zeigte sich ein Vorhofflimmern vermehrt in der Verumgruppe (1,3 % vs. Placebo 0,5 % ) als &bdquo;serious event&ldquo; (Krankenhausaufenthalt). Bei der Gesamth&auml;ufigkeit von Vorhofflimmern konnte jedoch kein signifikanter Unterschied zwischen den beiden Gruppen festgestellt werden. Weitere Studien mit BP verliefen sowohl negativ als auch positiv, das hei&szlig;t, man kann von einer Assoziation, jedoch von keiner nachgewiesenen Kausalit&auml;t sprechen.<br />Obwohl der Zusammenhang von oralen BP und &Ouml;sophagitis schon lange bekannt ist, stammt der erste Bericht &uuml;ber eine Assoziation aus dem Jahr 2009.<sup>8</sup> Sp&auml;tere Studien zeigten kontroverse Ergebnisse.<sup>9</sup> Laut DVO 2017 ist &bdquo;kein sicherer Zusammenhang belegt&ldquo;. Die Empfehlung lautet, orale BP bei einer &Ouml;sophagusfunktionsst&ouml;rung oder Pr&auml;kanzerose zu meiden bzw. alternativ parenterale BP einzusetzen.<sup>10</sup></p></p> <p class="article-quelle">Quelle: 26. Osteoporoseforum, 3.–5. Mai 2018, St. Wolfgang </p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Watts NB: Arq Bras Endocrinol Metabol 2014; 58: 523-9 <strong>2</strong> Khan AA al.: J Bone Miner Res 2015; 30(1): 3-23 <strong>3</strong> Adler RA et al.: J Bone Miner Res 2016; 31(10): 1910 <strong>4</strong> Roca-Ayats N et al.: N Engl J Med 2017; 376(18): 1794-5 <strong>5</strong> Dell RM et al.: J Bone Miner Res 2012; 27(12): 2544-50 <strong>6</strong> Wang Z et al.: J Bone Miner Res 2011; 26(3): 553-60 <strong>7</strong> Wysowski DK: Arch Intern Med 2005; 165(3): 346-7 <strong>8</strong> Wysowski DK: N Engl J Med 2009; 360: 89-90 <strong>9</strong> Green J et al.: BMJ 2010; 341: c4444 <strong>10</strong> Suresh E et al.: Rheumatology 2014; 53: 19-31</p> </div> </p>
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