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Niedrigere Blutdruckgrenzwerte: top oder Flop?
Leading Opinions
Autor:
Regina Scharf, MPH
Medizinjournalistin
30
Min. Lesezeit
30.08.2018
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<p class="article-intro">Die neuen Hypertonie-Guidelines des American College of Cardiology (ACC) und der American Heart Association (AHA) umfassen 398 Seiten und sind mit 1,5kg ziemlich gewichtig. Ob sie auch </p>
<hr />
<p class="article-content"><p>Das Erscheinen der neuen ACC/AHA- Hypertonie-Guidelines Ende 2017 hat weltweit zu Kontroversen geführt.<sup>1</sup> Am meisten diskutiert wurde die neue Klassifikation, gemäss der ein Blutdruck von 130–139/80–89mmHg als Grad-1-Hypertonie und Werte ≥140/90mmHg als Grad-2-Hypertonie eingestuft werden. Werte von 120–129/<80mmHg gelten bereits als erhöhter Blutdruck. Die neuen Blutdruckgrenzwerte haben quasi über Nacht zusätzlich ca. 30 Millionen US-amerikanische Bürger zu Hypertonikern gemacht. Unbegründet ist die Senkung der Grenzwerte aber nicht. «Wir wissen schon lange, dass die Entstehung der Hypertonie ein kontinuierlicher Prozess ist, der wahrscheinlich ab einem systolischen Blutdruck von 120mmHg beginnt», sagte PD Dr. med. Thomas Dieterle vom Kantonsspital Baselland. «Die neuen Grenzwerte sorgen nicht dafür, dass mehr Leute krank sind, sondern weisen lediglich auf das erhöhte Hypertonierisiko hin.» <br />Während in der Sekundärprävention bei Patienten mit kardiovaskulären (CV) Erkrankungen bereits ab einem Blutdruck von 130/80mmHg mit einer medikamentösen antihypertensiven Therapie begonnen werden sollte, richten sich die Empfehlungen in der Primärprävention nach dem 10-Jahres-Risiko für ein CV Ereignis. Übersteigt das 10-Jahres-Risiko 10 % , sollte mit der antihypertensiven Therapie ab einem Blutdruck von 130/80mmHg gestartet werden. Patienten mit einem Risiko <10 % sollten ab Blutdruckwerten >140/80 mmHg medikamentös behandelt werden. Das Ziel ist ein Blutdruck <130/80mmHg für Hochrisikopatienten und 130/80mmHg für Nichthochrisikopatienten. <br />Ob Dieterle die niedrigeren Blutdruck- zielwerte der ACC/AHA-Guidelines unterstützt, liess er unbeantwortet. Von Bedeutung sind die neuen Empfehlungen für ihn aber dennoch: «Erstmals basieren diese nämlich nicht auf einem reinen Experten-Konsens, sondern wurden gemäss internationalen Standards und basierend auf einem systematischen Literaturreview erstellt, und die Schlussfolgerungen und Empfehlungen sind nachvollziehbar», sagte der Experte.</p> <h2>Durch SPRINT beeinflusst</h2> <p>Aus Sicht von Prof. Dr. med. Georg Noll, Herzklinik Zürich, wurden die neuen ACC/AHA-Hypertonie-Guidelines massgeblich durch die Ergebnisse der SPRINT- Studie beeinflusst. Diese hatte gezeigt, dass eine intensive Blutdrucksenkung (<120mmHg systolisch) den primären Endpunkt (Myokardinfarkt, akute Koro- narsyndrome, Schlaganfall, Herzinsuffizienz, kardiovaskulärer Tod) im Vergleich zur Standard-Blutdrucktherapie signifikant reduzierte (HR: 0,75; p<0,001).<sup>2</sup> Die Studienergebnisse werden aber angezweifelt. Einer der am meisten kritisierten Punkte ist die nicht validierte Blutdruckmessmethode, die vermutlich niedrigere Messwerte produziert hat als die übliche Praxis-Blutdruckmessung, welche nun die Empfehlungen beeinflusst haben. «Blutdruckwerte von 130/80mmHg als Hypertonie zu definieren macht für mich keinen Sinn», sagte Noll. Aufgrund der niedrigeren Grenzwerte müssten viel mehr Menschen Antihypertensiva einnehmen. «Da viele Personen zusätzlich andere Medikamente benötigen, steigt die Medikamentenzahl und die Adhärenz nimmt ab.» Völlig ausgeblendet wurden in den Guidelines gemäss Noll die Nebenwirkungen in der SPRINT-Studie, wie das vermehrte Auftreten von Hypotonien, Synkopen, akuter Niereninsuffizienz etc. unter der intensiven Blutdrucksenkung.<sup>1</sup></p></p>
<p class="article-quelle">Quelle: SGK-Jahrestagung, 6.–8. Juni 2018, Basel
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<a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a>
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<p><strong>1</strong> Whelton PK et al.: Hypertension 2018; 71: e13-115<strong> 2</strong> Wright JT Jr et al.: N Engl J Med 2015; 373: 2103-16</p>
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