© Tatiana iStockphoto

Hyperglykämie bei Patienten im Spital

<p class="article-intro">Hyperglykämie ist ein häufiger Befund bei Patienten in Krankenhäusern. Das Management dieser Patienten bedeutet eine besondere Herausforderung, wie Prof. Dr. Guillermo Umpierrez von der Emory University School of Medicine in seiner Keynote Lecture ausführte. Informationen zu neuen Basalinsulinen präsentierte Prim. Univ.-Prof. Dr. Rudolf Prager, Wien.</p> <hr /> <p class="article-content"><p>Hohe Glukosewerte im Krankenhaus haben Folgen. So zeigt eine Studie mit Pneumoniepatienten, dass Zuckerwerte jenseits der 200mg/dl mit signifikant h&ouml;heren Komplikationsraten und erh&ouml;hter Mortalit&auml;t assoziiert sind.<sup>1</sup> Generell und durch alle Indikationen sind In-Hospital- Mortalit&auml;t und Komplikationen bei Patienten mit Diabetes h&ouml;her als bei Patienten ohne Diabetes.<sup>2</sup> Allerdings weist Prof. Dr. Guillermo Umpierrez von der Emory University School of Medicine darauf hin, dass erh&ouml;hte Glukosespiegel im Krankenhaus und insbesondere auf Intensivstationen keineswegs nur bei Diabetikern vorkommen.<br /> Daher wird bei Spitalsaufnahme nicht nur eine Anamnesestellung hinsichtlich Diabetes, sondern in jedem Fall auch eine Blutzuckermessung gefordert. Allerdings stelle sich die Frage, wie die Ergebnisse interpretiert werden sollen. Die Differenzialdiagnose zwischen einer Stress-Hyperglyk&auml;mie und einem unerkannten Diabetes wird anhand des HbA<sub>1c</sub> gezogen.<sup>3</sup> Weniger klar ist die Frage zu beantworten, ab welchem Wert beim nicht diabetischen Patienten von einer Stress- Hyperglyk&auml;mie gesprochen werden kann und welcher Wert angestrebt werden soll. Gegenw&auml;rtig werde, so Umpierrez, diskutiert, ob der Zielwert bei 140 oder bei 180mg/dl liegen solle. Belastbare Daten gibt es zu dieser Fragestellung keine. In diesem Zusammenhang solle auch bedacht werden, dass es im Krankenhaus nicht selten auch zu Hypoglyk&auml;mien kommt.</p> <h2>Im Krankenhaus: Insulin statt OAD</h2> <p>Zur Erreichung der Zielwerte soll im Krankenhaus Insulin eingesetzt werden, zumal es zu den oralen Antidiabetika in diesem Setting keine Studiendaten gibt. Orale Antidiabetika sollen, so Umpierrez, daher abgesetzt und eine Insulintherapie mit einer Startdosis von 0,3 bis 0,5U/kg begonnen werden. Bei &auml;lteren und/oder niereninsuffizienten Patienten kann die optimale Dosis auch niedriger liegen. Bei Patienten, die bereits unter Insulintherapie stehen, sollte die Insulindosis im Krankenhaus um 20&ndash;25 % reduziert werden. Aus einem einfachen Grund: &bdquo;Im Krankenhaus isst man weniger.&ldquo; Empfohlen wird ein Basal-Bolus-Regime mit der H&auml;lfte der t&auml;glichen Dosis in Form eines schnell wirksamen prandialen Insulins. Die &Uuml;berlegenheit eines Basal-Bolus-Regimes gegen&uuml;ber einem &bdquo;Sliding scale&ldquo;-Regime im Hinblick auf die glyk&auml;mische Kontrolle konnte in der Studie RABBIT 2 demonstriert werden.<sup>4</sup> In RABBIT 2 Surgery wurde demonstriert, dass bei hyperglyk&auml;mischen Patienten nach chirurgischen Eingriffen das Basal-Bolus- Regime gegen&uuml;ber einem &bdquo;Sliding scale&ldquo;- Regime auch im Hinblick auf Komplikationen &uuml;berlegen ist.<sup>5</sup><br /> Umpierrez: &bdquo;Die erheblichen Blutzuckerschwankungen unter dem &sbquo;Sliding scale&lsquo;- Regime f&uuml;hren zu abnormaler Neutrophilenfunktion, erh&ouml;htem Infektionsrisiko und akuter Nierensch&auml;digung.&ldquo; Zwischen den verschiedenen f&uuml;r die Basal-Bolus-Therapie verf&uuml;gbaren Insulinen bestehen, so Umpierrez, lediglich geringe Unterschiede. Premix-Insulin sollte bei hospitalisierten Patienten allerdings wegen der reduzierten Nahrungsaufnahme und des daraus resultierenden Hypoglyk&auml;mierisikos vermieden werden.<sup>6</sup> Auch seien Analoga leichter anzuwenden als Humaninsulin und f&uuml;hren zu weniger schweren Hypoglyk&auml;mien.<sup>7</sup><br /> In der Praxis hat sich, so Umpierrez, ein Basal-plus-Regime bew&auml;hrt: &bdquo;Wenn der Patient hospitalisiert wird und man nicht wei&szlig;, ob er essen wird oder nicht, beginnt man mit einer geringen Dosis Basalinsulin. Bei Bedarf kann mit einem schnell wirksamen Insulin korrigiert und die Basal-Dosis nachjustiert werden. Bei ad&auml;quater oraler Nahrungsaufnahme soll auf ein Basal-Bolus- Regime umgestellt werden. Zu den oralen Therapien sind gegenw&auml;rtig Studiendaten im Krankenhaussetting nur sp&auml;rlich verf&uuml;gbar. Der DPP-4-Inhibitor Sitagliptin wurde in einer randomisierten, multizentrischen Studie in Monotherapie und in Kombination mit Insulin Glargin untersucht und mit einer Basal-Bolus-Therapie verglichen. Dabei zeigte sich bei Patienten mit mittleren Glukosewerten zwischen 140 und 180mg/dl kein Unterschied zwischen den Gruppen. Bei einem mittleren Zucker &uuml;ber 180mg/dl erwies sich das Basal-Bolus- Regime als signifikant &uuml;berlegen.<sup>8</sup> Linagliptin wurde ebenfalls in einer randomisierten Studie in einem Kollektiv chirurgischer Patienten mit einem Insulinregime verglichen, wobei sich ein &auml;hnliches Bild ergab.<sup>9</sup><br /> Umpierrez: &bdquo;Bei einem moderat erh&ouml;hten Zucker ist die orale Therapie eine gute Option. Liegt der durchschnittliche Zucker aber jenseits von 180 oder gar 200mg/dl, dann sollten Sie keine Pillen, sondern Insulin einsetzen.&ldquo; Die Kombination eines DPP-4-Inhibitors mit Basal-Insulin ist allerdings auch bei deutlicher Hyperglyk&auml;mie eine Option. Computerisierte Systeme wie ClucoTab erleichtern die Insulintherapie im Krankenhaus-Setting und reduzieren Hypoglyk&auml;mien.</p> <h2>Neuentwicklungen bei den Basalinsulinen</h2> <p>Mittlerweile steht eine gro&szlig;e Auswahl an Basalinsulinen zur Verf&uuml;gung. Die j&uuml;ngste Entwicklung ist, so Prim. Univ.- Prof. Dr. Rudolf Prager vom Krankenhaus Hietzing, das 2015 eingef&uuml;hrte Insulin Glargin (IGlar) U300 &ndash; eine Formulierung von Insulin Glargin mit verlangsamter Absorption &uuml;ber 32 Stunden. Noch langsamer, n&auml;mlich &uuml;ber 42 Stunden, wird das durch seine multihexamere Struktur besonders stabile und seit 2013 verf&uuml;gbare Insulin Degludec (IDeg) absorbiert. Auch Fixkombinationen mit GLP-1-Rezeptoragonisten sind verf&uuml;gbar. Die beiden lang wirksamen Insulinanaloga haben sich in Studien insofern als vorteilhaft erwiesen, als sie bei vergleichbarer glyk&auml;mischer Kontrolle stabilere Blutzuckerprofile bei reduziertem Hypoglyk&auml;mierisiko erm&ouml;glichen. So war beispielsweise die Rate an n&auml;chtlichen Hypoglyk&auml;mien unter IGlar U300 im Vergleich zu IGlar U100 signifikant reduziert. Dies f&uuml;hrte bei Typ-2-Diabetikern &uuml;ber 12 Monate zu einer geringf&uuml;gig, aber signifikant besseren Einstellung (gemessen als reduziertes HbA<sub>1c</sub>).<sup>10</sup><br /> Vergleichbare Daten liegen f&uuml;r Insulin Degludec vor, das in einem gro&szlig;en Phase- III-Programm sowohl bei Typ-1- als auch bei Typ-2-Diabetikern untersucht wurde. In diesem wurde beispielsweise eine Reduktion n&auml;chtlicher Hypoglyk&auml;mien in der Typ- 1-Population um 25 % beobachtet.<sup>11</sup> In Switch-Studien mit Patienten mit hohem Hypoglyk&auml;mierisiko brachte IDeg im Vergleich zu IGlar U100 eine Reduktion von (auch schweren und n&auml;chtlichen) Hypoglyk&auml;mien ohne Verschlechterung des HbA<sub>1c</sub>.<sup>12</sup><br /> An Fixkombinationen mit GLP-1-Rezeptoragonisten sind in &Ouml;sterreich derzeit Lixilan<sup>&reg;</sup> (Lixisenatid/IGlar) und Xultophy<sup>&reg;</sup> (IDeg/Liraglutid; IDegLira) verf&uuml;gbar. Die Kombination sei, so Prager, aus mehreren Gr&uuml;nden naheliegend, da GLP-1-Analoga neben der N&uuml;chternglukose auch den postprandialen Zucker beeinflussen, dabei aber mit einem geringen Hypoglyk&auml;mierisiko assoziiert sind. Lixisenatid/IGlar wurde in der Studie LixiLan-O sowohl mit Lixisenatid als auch Insulin Glargin (jeweils in Kombination mit Metformin) verglichen. Ergebnis war eine deutlichere Reduktion des HbA<sub>1c</sub> sowie der postprandialen Blutzuckerwerte mit der Fixkombination.<sup>13</sup> Im Gegensatz zur Insulin-Monotherapie f&uuml;hrte die Kombination zu keiner Gewichtszunahme.<sup>14</sup> In der Studie LixiLan-L wurden bereits insulinisierte Patienten auf die Kombination umgestellt. Auch hier wurde durch die Kombination eine deutliche Verbesserung der glyk&auml;mischen Kontrolle erreicht.<sup>15</sup><br /> Auch IDegLira wurde in einem umfangreichen Studienprogramm getestet. Auch hier war die Kombination sowohl &uuml;ber 26 Wochen als auch in der Extensionsstudie &uuml;ber weitere 26 Wochen den Einzelkomponenten &uuml;berlegen.<sup>16, 17</sup> Die Kombination war gewichtsneutral und f&uuml;hrte zu weniger Hypoglyk&auml;mien als die Insulin-Monotherapie.<sup>18</sup> Bei Patienten, die bereits unter Basal- Therapie suboptimal eingestellt waren, brachte die Fixkombination eine ebenso deutliche Reduktion des HbA<sub>1c</sub> wie eine intensivierte Insulintherapie &ndash; dies allerdings mit weniger Hypoglyk&auml;mien und ohne Gewichtszunahme.<sup>19</sup></p></p> <p class="article-quelle">Quelle: Frühjahrstagung der Österreichischen Diabetes Gesellschaft 2018, 20.–21. April 2018, Graz </p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> McAlister FA et al.: Diabetes Care 2005; 28(4): 810-5 <strong>2</strong> Frisch A et al.: Diabetes Care 2010; 33(8): 1783-8 <strong>3</strong> Umpierrez GE et al.: J Clin Endocrinol Metab 2012; 97(1): 16- 38 <strong>4</strong> Umpierrez GE et al.: Diabetes Care 2011; 34(2): 256- 61 <strong>5</strong> Umpierrez GE et al.: Diabetes Care 2007; 30(9): 2181-6 <strong>6</strong> Bellido V et al.: Diabetes Care 2015; 3 8(12): 2211-6 <strong>7</strong> Umpierrez GE et al.: J Clin Endocrinol Metab 2009; 94(2): 564-9 <strong>8</strong> Umpierrez GE et al.: Diabetes Care 2013; 36(11): 3430-5 <strong>9</strong> Reyes-Umpierrez D et al.: J Clin Endocrinol Metab 2017; 102(1): 309-15 <strong>10</strong> Yki-J&auml;rvinen H et al.: EASD 2014; Posterpr&auml;sentation, Abstr. 946 <strong>11</strong> Ritzel R et al.: ADA 2015; Posterpr&auml;sentation, Abstr. 1030-P <strong>12</strong> Bode B W et al.: Diabet Med 2013; 3 0(11): 1 293-7 <strong>13</strong> Lane W et al.: JAMA 2017; 318(1): 33-44 <strong>14</strong> Wysham W et al.: JAMA 2017; 318(1): 45-56 <strong>15</strong> Rosenstock J et al.: Diabetes Care 2016; 39(11): 2026-35 <strong>16</strong> Aroda VR et al.: Diabetes Care 2016; 39(11): 1972-80 <strong>17</strong> Gough SC et al.: Lancet Diabetes Endocrinol 2014; 2(11): 885-93 <strong>18</strong> Gough SC et al.: Diabetes Obes Metab 2015; 17(10): 965-73 <strong>19</strong> Billings LK et al.: ADA 2017; 136-OR</p> </div> </p>
Back to top