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Medikamentöse Hilfsmittel in der Raucherentwöhnung

<p class="article-intro">Trotz vorliegender tabakassoziierter Erkrankungen und aufrichtigen Bemühens schaffen stark nikotinabhängige Raucher es oft nicht, das Rauchen einzustellen. Dies war in Österreich vor nunmehr über 20 Jahren Anlass dafür, dieser Klientel die Rauchertherapie stationär anzubieten.</p> <p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Die station&auml;re Rauchertherapie hilft entw&ouml;hnungsbereiten Rauchern: 1. mit starker (stofflicher) Nikotinabh&auml;ngigkeit, 2. mit hohem und bereits bestehendem Gesundheitsrisiko, 3. die in der Selbsthilfe oder einem ambulanten Setting nicht erfolgreich sind; sie werden daher f&uuml;r drei Wochen aus der Alltagssituation herausgenommen.</li> <li>Die Erfolgsquoten sind unter Ber&uuml;cksichtigung dieser speziellen Klientel durchaus gut, weil Exraucher mit ihrer nunmehrigen Situation in allen Belangen zufriedener sind und die Mehrzahl von ihnen deutliche gesundheitliche Verbesserungen registriert.</li> <li>Weitere Informationen: www.josefhof.at www.wgkk.at www.ooegkk.at</li> </ul> </div> <h2>Schwerpunkte der station&auml;ren Rauchertherapie</h2> <p>Die station&auml;re Rauchertherapie umfasst vorwiegend psychologische Gruppen- und Einzelbetreuung, dauert 20 Tage und gliedert sich in drei Abschnitte: Die erste Woche dient dem Erkennen der individuellen Ausl&ouml;ser und Ursachen f&uuml;r das Rauchverlangen. In der zweiten Woche lernen die Teilnehmer Alternativen zum Rauchen kennen und einzusetzen. Im letzten Abschnitt sollen eine Stabilisierung des Nichtraucherverhaltens erreicht und R&uuml;ckfallprophylaxe effektiv betrieben werden. Monatliche Treffen (Jour fixe) im Anschluss an den station&auml;ren Aufenthalt und Einladungen zu Nachfolgeuntersuchungen nach 6 und 12 Monaten vervollst&auml;ndigen das Programm.</p> <h2>Zielgruppe &bdquo;stark nikotinabh&auml;ngige Raucherinnen und Raucher&ldquo;</h2> <p>Es hat sich bew&auml;hrt, Raucher in drei Gruppen einzuteilen: Die gr&ouml;&szlig;te Gruppe umfasst jene Personen, die keine allzu starke k&ouml;rperliche und psychosoziale Abh&auml;ngigkeit aufweisen und daher von Ta&shy;bakkontrollma&szlig;nahmen, wie etwa Erh&ouml;hung der Zigarettenpreise, Werbeverbote, Warnaufdrucke etc., gut erreicht werden k&ouml;nnen. Die zweite, etwas kleinere Gruppe zeichnet sich durch deutlichere Nikotinabh&auml;ngigkeit aus und ist auch au&szlig;erstande, bei eventuell ersten Anzeichen von Gesundheitsbeeintr&auml;chtigungen den Tabakkonsum einzustellen. Diese Personen bed&uuml;rfen einer entsprechenden Raucherdiagnostik und darauf abgestimmter Intervention, wie sie in ambulanten Einrichtungen vermittelt wird. F&uuml;r die dritte, relativ kleine Gruppe von Rauchern reicht diese Art der Betreuung aufgrund der intensiven Nikotinabh&auml;ngigkeit und bereits bestehender oder sich in naher Zukunft abzeichnender Gesundheitsrisiken nicht aus. Diese Personen ben&ouml;tigen eine umfassende Rauchertherapie, die abseits ihrer Alltagssituation stattfindet, wie sie mit der station&auml;ren Rauchertherapie angeboten wird.<br />Im Zeitraum zwischen 2004 und 2016 nahmen 474 Versicherte der Wiener Gebietskrankenkasse (198 M&auml;nner und 276 Frauen) an der station&auml;ren Rauchertherapie in der Einrichtung Josefhof (Graz) teil. Das Durchschnittsalter der Teilnehmer betrug 53,1 Jahre und war bei M&auml;nnern und Frauen nahezu gleich. Betrachtet man den Familienstand der Teilnehmer, so f&auml;llt auf, dass rund 50 % in Partnerschaft lebten oder verheiratet waren, doppelt so viele Frauen wie M&auml;nner waren geschieden.<br />Die erhobenen Ausgangsdaten verdeutlichen vor allem die starke Nikotinabh&auml;ngigkeit der Teilnehmer. So liegt der Zigarettenkonsum nahezu doppelt so hoch wie beim Durchschnittsraucher in der Gesamtbev&ouml;lkerung. Aber auch der Score des Fagerstr&ouml;m-Tests (FTND) und der Wert bei der Kohlenmonoxidmessung (CO-Wert) sind sehr ausgepr&auml;gt (Tab. 1).<br />Die Teilnehmer waren zu fast 75 % &auml;lter als 15 Jahre, als sie mit dem Rauchen begonnen haben.<br />Betrachtet man die Angaben &uuml;ber die Vorbehandlung, so zeigt sich, dass 38,7 % der M&auml;nner und 23,6 % der Frauen angeben, noch nie versucht zu haben, mit dem Rauchen aufzuh&ouml;ren. 21,6 % der M&auml;nner und 39,5 % der Frauen haben es ambulant versucht und 9,3 % der M&auml;nner und 6,1 % der Frauen station&auml;r. 30,4 % der M&auml;nner und 30,8 % der Frauen haben im Selbstversuch den Rauchstopp probiert.<br />Bei den W&uuml;nschen der Patienten, sich das Rauchen abzugew&ouml;hnen, steht bei 57,3 % der M&auml;nner und 63,6 % der Frauen eine Erkrankung im Vordergrund.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Jatros_Pneumo_1803_Weblinks_s36_1.jpg" alt="" width="2151" height="636" /></p> <h2>Resultate der Nachuntersuchung nach einem Jahr</h2> <p>An der Nachuntersuchung nach einem Jahr (NU2) haben 247 Personen teilgenommen (52,1 % der Programmstarter) (Abb. 1).<br />Bei jenen Personen, die bei der NU2 nicht mehr rauchten, waren alle erhobenen Parameter signifikant ver&auml;ndert. Der Zigarettenkonsum sank von durchschnittlich 31 Zigaretten pro Tag auf null. Der FTND ver&auml;nderte sich von durchschnittlich 7,4 auf 1,1. Jedoch haben die Nichtraucher signifikant an Gewicht zugenommen &ndash; von durchschnittlich 75,9kg bei Programmstart (BMI 25,7) auf 81,2kg (BMI 27,7).<br />Bei den Rauchern oder jenen, die ihren Tabakkonsum reduziert haben, zeigt sich das in Tabelle 2 dargestellte Bild.<br />Die Mehrzahl der Teilnehmer an der Jahresnachuntersuchung ist mit ihrem derzeitigen Rauchverhalten (sehr) zufrieden. Bei Nichtrauchern und auch Rauchern kam es zu einer Gewichtszunahme, die aber nicht als problematisch gesehen wird. Bei fast allen Teilnehmern hat sich die Gesundheit verbessert. Die Raucher gaben an, dass sie in Stress-Situationen wieder zu rauchen begonnen haben.<br />Es wurde auch das Rauchverhalten in bestimmten Situationen erhoben. Zur Auswahl standen dabei die Kategorien: &bdquo;Rauchen zur Entspannung (Relax)&ldquo;, &bdquo;Rauchen als Bew&auml;ltigung (Coping)&ldquo;, &bdquo;Rauchen in Stress-Situationen (Stress)&ldquo; und &bdquo;Rauchen in depressiver Stimmung (Depression)&ldquo;.<br />Bei allen Teilnehmern an der NU2 hat sich das Rauchverlangen in bestimmten Situationen signifikant verbessert, sowohl bei Nichtrauchern als auch bei Rauchern.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Jatros_Pneumo_1803_Weblinks_s36_2.jpg" alt="" width="1417" height="1670" /></p> <h2>Diskussion</h2> <p>Mit der station&auml;ren Rauchertherapie gibt es in &Ouml;sterreich ein Interventionsprogramm, das schwer abh&auml;ngigen Rauchern die M&ouml;glichkeit bietet, eine auf ihre Erkrankung und ihre starke Nikotinabh&auml;ngigkeit ausgerichtete Therapie zu erhalten. Die Programmteilnehmer schaffen es nicht, mittels Selbsthilfe oder ambulanter Unterst&uuml;tzung eine Nikotinabstinenz zu erreichen. Die Ergebnisse unserer Auswertung haben gezeigt, dass selbst f&uuml;r stark nikotinabh&auml;ngige Raucher die dreiw&ouml;chige station&auml;re Rauchertherapie eine gute M&ouml;glichkeit ist, mit dem Rauchen aufzuh&ouml;ren (Schoberberger, B&ouml;hm, Gromann 2011).<br />W&auml;hrend alle Teilnehmer das station&auml;re Raucherentw&ouml;hnungsprogramm als Nichtraucher beendeten, identifizierten sich 58,3 % der Teilnehmer bei der Jahresnachuntersuchung als Nichtraucher und 20,6 % konnten ihren Tabakkonsum reduzieren. Dies zeigt, dass ein station&auml;res Mehrkomponentenprogramm einen Raucher zu einem erfolgreichen Nichtraucher machen kann (Starzer-Eidenberger 2005; Sciamanna et al. 2000). Unsere Untersuchungen k&ouml;nnen die These nicht best&auml;tigen, dass Frauen weniger erfolgreich bei dem Rauchstopp sind als M&auml;nner (Perkins 2001).<br />Es stellt sich uns aber die Frage, warum rund 50 % der Programmstarter nicht bereit sind, den Nachuntersuchungstermin in Anspruch zu nehmen. Durch dieses Nichtteilnehmen an der Kontrolluntersuchung reduziert sich der Anteil der gesicherten Nichtraucher auf 30,4 % und jener der Personen mit reduziertem Tabakkonsum auf 10,8 % .<br />Es hat sich gezeigt, dass die Angst vor einer Gewichtszunahme bei Exrauchern begr&uuml;ndet ist (Aubin et al. 2012). Der durchschnittliche BMI bei den Nichtrauchern hat sich von Normalgewicht (25,7) auf &Uuml;bergewicht (27,7) erh&ouml;ht.<br />Aber nichtsdestotrotz wurde von den Teilnehmern nicht nur eine deutliche gesundheitliche Verbesserung berichtet, sondern auch eine vermehrte Lebenszufriedenheit (Schoberberger, B&ouml;hm, Schroeder 2015). Der Rauchstopp tr&auml;gt auch wesentlich dazu bei, dass die Sorge hinsichtlich einer drohenden gesundheitlichen Beeintr&auml;chtigung infolge des Lebensstils abnimmt.</p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p>&bull; Aubin HJ et al.: Weight gain in smokers after quitting cigarettes: meta-analysis. BMJ 2012; 345: e4439 &bull; Perkins, K: Smoking cessation in women. Special considerations. CNS Drugs 2001; 15(5): 391-411 &bull; Sciamanna CN et al.: Opportunities for improving inpatient smoking cessation programs: a community hospital experience. Prev Med 2000; 30(6): 496-503 &bull; Schoberberger R et al.: Psychologie im Bereich Sozialmedizin. Station&auml;re Raucherentw&ouml;hnung als Beispiel nationaler Forschungskooperationen. In: Lehrner J. Klinische Psychologie im Krankenhaus. Wien-New York: Springer, 2011, 283-90 &bull; Schoberberger R, B&ouml;hm G, Schroeder Y: Heavy dependent nicotine smokers &ndash; newfound lifestyle appreciation after quitting successfully. Experiences from inpatient smoking cessation therapy. Public Health 2015; 129: 539-544 &bull; Starzer-Eidenberger B: Psychosoziale Betreuung nikotinabh&auml;ngiger Patienten in station&auml;rer Behandlung. Masterthesis. Krems: Donauuniversit&auml;t Krems, 2005</p> </div> </p>
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