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DGP 2018

Metastasenchirurgie beim nicht-kleinzelligen Lungenkarzinom

<p class="article-intro">Als eine der häufigsten Krebserkrankungen ist das Lungenkarzinom mit einer schlechten Gesamtüberlebensprognose verbunden. Zum Zeitpunkt der Diagnose weisen bereits 50 % der Patienten Metastasen auf. Das Stadium und die Lokalisation der Metastasierung wirken sich auf die Prognose und somit auf die Indikation zur Metastasenchirurgie aus. </p> <hr /> <p class="article-content"><p>Das Lungenkarzinom geh&ouml;rt zu den h&auml;ufigeren Krebserkrankungen in Deutschland und &Ouml;sterreich. Man sch&auml;tzt die Neuerkrankungsrate pro Jahr auf ca. 53 500 F&auml;lle in Deutschland und 4800 F&auml;lle in &Ouml;sterreich. Die schlechte &Uuml;berlebensprognose des Lungenkarzinoms ergibt sich aus seinem hohen Anteil an fortgeschrittenen Stadien zum Zeitpunkt der Operation. Bei Diagnosestellung werden bei ca. 50 % der Lungenkarzinompatienten bereits Fernmetastasen festgestellt. Aus dem klinischen Alltag sind jedoch auch Patienten mit einer umschriebenen Metastasierung und einer guten &Uuml;berlebensprognose bekannt. Hellmann und Wechselbaum inaugurierten daher 1995 das Konzept der Oligometastasierung. Oligometastasen sind Metastasen, die in begrenzter Anzahl vorhanden sind. F&uuml;r die &bdquo;oligometastasierte Erkrankungssituation&ldquo; beim nicht kleinzelligen Lungenkarzinom (NSCLC) existierte bisher keine allgemein akzeptierte und prospektiv validierte Definition. Lungenkrebspatienten mit einer isolierten Fernmetastase unabh&auml;ngig von ihrer Lokalisation (Organe: Gehirn, Leber, Nebenniere, Knochen, Haut, Lunge und nicht lokoregion&auml;re Lymphknoten) sollen als oligometastasierte Erkrankung nach IASLC 2016/2017 eingruppiert werden. In Einzelf&auml;llen kann das Vorliegen von mehreren Metastasen in einem Organ (insbesondere Gehirn) das Kriterium einer Oligometastasierung erf&uuml;llen.</p> <h2>Zerebrale Oligometastasen bei NSCLC</h2> <p>Ungef&auml;hr 10&ndash;20 % der Patienten mit nicht kleinzelligem Lungenkarzinom (NSCLC) haben zum Zeitpunkt der Diagnostik synchrone Hirnmetastasen (ca. 25 % solit&auml;r). Eine aggressive Behandlung (Neurochirurgie/stereotaktische Bestrahlung [SBRT]) von Patienten mit synchronen zerebralen Oligometastasen (n=1&ndash;3) kann das mediane Gesamt&uuml;berleben auf ca. 12 Monate verl&auml;ngern. Eine zus&auml;tzliche radikale Behandlung des Prim&auml;rtumors (Thoraxchirurgie/SBRT mit kurativer Intention) kann das mediane &Uuml;berleben nochmals auf ca. 28 Monate anheben. Der lokoregionale Status des Lungenkarzinoms (Tumorstadium ohne Hirnmetastasen) hat einen erheblichen Einfluss auf die &Uuml;berlebensprognose. So haben Patienten mit mediastinalen Lymphknotenmetastasen oder zus&auml;tzlichen extrazerebralen Fernmetastasen wiederum eine schlechte &Uuml;berlebensprognose und sollten daher nur palliativen Therapiekonzepten zugef&uuml;hrt werden. Bei Vorliegen von singul&auml;ren Hirnmetastasen &lt;3cm sollte insbesondere bei inoperablen Metastasen und Metastasen des Hirnstamms die stereotaktische Bestrahlung (SRS) angeboten werden. Auch Patienten mit multiplen Metastasen (2&ndash;4), alle mit einem Durchmesser &lt;2,5cm, sollten bei einer Lebenserwartung von &gt;3 Monaten ebenfalls prim&auml;r eine SRS (statt einer Ganzhirnbestrahlung, WBRT) erhalten. Eine adjuvante WBRT nach SRS von 1&ndash;4 Hirnmetastasen erh&ouml;ht die lokale Kontrolle und reduziert die H&auml;ufigkeit weiterer Hirnmetastasen, verl&auml;ngert aber das Gesamt&uuml;berleben nicht.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Jatros_Pneumo_1803_Weblinks_s27_1.jpg" alt="" width="1417" height="750" /></p> <h2>Oligometastasen der Nebenniere bei NSCLC</h2> <p>Nebennierenmetastasen finden sich bei Patienten mit einem NSCLC bis zu 6 % bei der Erstdiagnose bzw. bis zu einem Viertel in der Autopsie. Die Lokalisation der Nebennierenmetastasen ist meist unilateral (lymphatischer/h&auml;matogener Metastasierungsweg), wobei die &Uuml;berlebensprognose auch deutlich besser ist (5-Jahres-&Uuml;berlebensrate: ca. 80 % ) als bei kontralateralem Befall durch den h&auml;matogenen Metastasierungsweg (5-Jahres-&Uuml;berlebensrate: 0 % ). Die Resektion von Nebennierenmetastasen kann offen wie auch laparoskopisch und sollte zweizeitig zur Lungenoperation durchgef&uuml;hrt werden. Die Resektion kontralateraler und bilateraler Metastasen wird von einigen Kollegen als Kontraindikation gesehen.<br />Eine Alternative zur Adrenalektomie ist die SRS von Nebennierenmetastasen. Eine SRS mit 36Gy/3 Fraktionen erreichte eine lokale Kontrolle nach 2 Jahren von 90 % . In mehreren Studien konnte gezeigt werden, dass die Resektion der Nebennierenmetastase das &Uuml;berleben der Patienten verl&auml;ngert, wobei die Patienten mit einem fr&uuml;hen Stadium des prim&auml;ren NSCLC (Stadium I und II gez&auml;hlt ohne Nebennierenmetastase) die beste Prognose haben.</p> <h2>Pulmonale Oligometastasen bei NSCLC</h2> <p>Die unterschiedliche klinische Bedeutung von Lungenmetastasen in Abh&auml;ngigkeit von ihrer Lokalisation spiegelt sich schon in ihrer Zuordnung zu verschiedenen Tumorstadien entsprechend der 8. Ausgabe der TNM-Klassifikation wider. Nur die pulmonal kontralateral gelegenen Metastasen (M1a) werden in das Stadium IVA eingeschlossen. Metastasen im gleichen Lungenlappen T3 werden den Stadien IIB (bei N0), IIIA (N1), IIIB (N2) und IIIC (N3) bzw. Metastasen in einem anderen Lungenlappen, jedoch ipsilateral T4 den Stadien IIIA (N0-1), IIIB (N2) und IIIC (N3) zugeordnet. Ein zweiter pulmonaler Rundherd bei einem prim&auml;ren NSCLC ist h&auml;ufiger eine pulmonale Metastase als ein pulmonales Zweitkarzinom. Die &Uuml;berlebensprognose bei synchroner pulmonaler Oligometastasierung liegt deutlich &uuml;ber der bei synchronen extrapulmonalen Metastasen. Analysen zum Bronchialkarzinom zeigen f&uuml;r den bilateralen Befall, die Lymphknotenmetastasierung wie auch die sublob&auml;re Resektion einen negativen pr&auml;diktiven Wert hinsichtlich des &Uuml;berlebens. Empfohlen wird f&uuml;r die prim&auml;re Tumorresektion in den &uuml;berwiegenden F&auml;llen ein anatomisches Resektionsverfahren (z.B. Lappenresektion) mit Lymphknotendissektion, f&uuml;r die pulmonalen Metastasen im Wesentlichen nicht anatomische Resektionsverfahren (z.B. Enukleation), bei kontralateraler Lage jedoch ohne Lymphknotendissektion.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Jatros_Pneumo_1803_Weblinks_s27_2.jpg" alt="" width="1417" height="727" /></p> <h2>Extrapulmonale, -adrenale und -zerebrale Oligometastasen bei NSCLC</h2> <p>Ergebnisse zu Oligometastasen von NSCLC-Patienten au&szlig;erhalb von Hirn, Nebenniere und Lunge liegen kaum oder nur auf der Basis weniger Patienten (Kasuistiken) vor. Patienten mit nicht viszeralen Metastasen scheinen eine bessere &Uuml;berlebensprognose als Patienten mit viszeralen Metastasen zu haben. Auch bei diesem Metastasierungsmuster hatte die media&shy;stinale Lymphknotenmetastasierung einen signifikanten Einfluss auf das &Uuml;berleben, sodass empfohlen wird: erstens den me&shy;diastinalen Lymphknotenstatus vorher mittels endobronchialen Ultraschalls bzw. Mediastinoskopie zu kl&auml;ren und zweitens bei Vorliegen eines N2- oder N3-Status die systemische Therapie zu pr&auml;ferieren. <br />Bronchialkarzinompatienten mit oss&auml;ren Oligometastasen haben eine mittlere &Uuml;berlebenszeit von nur ca. 5 Monaten, was deutlich unter der Prognose von allen Patienten mit Oligometastasen (ca. 40 Monate) liegt. Somit besteht auch f&uuml;r Patienten mit einer oss&auml;ren Oligometastasierung eher die Empfehlung einer systemischen Therapie.</p> <h2>Fazit</h2> <p>Die Indikation zur Metastasenchirurgie von Patienten mit einem oligometastasierten NSCLC kann nicht validierten Standards, sondern nur individuellen Empfehlungen folgen. Die komplette Resektion des Prim&auml;rtumors bietet im Vergleich zu den nicht chirurgischen Therapien die deutlich bessere &Uuml;berlebensprognose. Bei inkompletter Resektion des Prim&auml;rtumors zeigt sich eine schlechte &Uuml;berlebensprognose, sodass gr&ouml;&szlig;te Aufmerksamkeit auf die pr&auml;operative Diagnostik (Pleurakarzinose, mediastinaler Lymphknotenstatus) gelegt werden sollte. Nach kompletter Resektion des Prim&auml;rtumors und der Oligometastasen sowie adjuvanten Therapien (Chemotherapie) k&ouml;nnen 5-Jahres-&Uuml;berlebensrate von bis zu 30&ndash;40 % erreicht werden, wobei Patienten mit pulmonalen Oligometastasen die beste Prognose haben. Die Lymphknotenmetastasierung des prim&auml;ren Lungenkarzinoms (vor allem media&shy;stinal) stellt einen erheblichen negativen Prognosefaktor und somit fast ausnahmslos eine Kontraindikation f&uuml;r einen kurativen Therapieansatz dar.</p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p>beim Verfasser</p> </div> </p>
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