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DGP 2018

Gastroösophagealer Reflux und Husten

<p class="article-intro">Chronischer Husten (>8 Wochen) wird durch die Erhebung der Anamnese, eine körperliche Untersuchung, die Röntgenaufnahme der Thoraxorgane in zwei Ebenen sowie durch eine Lungenfunktionsprüfung abgeklärt. Dadurch kann eine Reihe von potenziellen Ursachen wie Lungentumoren, diffusen Lungenparenchymerkrankungen, Tuberkulose, COPD etc. diagnostiziert werden. Ergeben diese Maßnahmen keine evidente Ursache, sind eine Affektion der oberen Atemwege, ein Asthma ohne manifeste Bronchialobstruktion (Husten als Asthmaäquivalent) oder die gastroösophageale Refluxkrankheit (GERD) in Erwägung zu ziehen. </p> <hr /> <p class="article-content"><p>Die GERD wurde fr&uuml;her als eine der Ursachen des chronischen Hustens angesehen. Allerdings blieb insbesondere die medikament&ouml;se Refluxbehandlung &ndash; obwohl hochwirksam gegen die typische Refluxsymptomatik Sodbrennen &ndash; nur schwach wirksam gegen den Reflux-bedingten Husten. Heute wird Reflux nicht mehr als die Ursache des Hustens, sondern als Triggerfaktor f&uuml;r den chronischen Husten angesehen. Dieser tritt bei Reflux nur dann auf, wenn die Sensitivit&auml;t des Hustenreflexes pathologisch gesteigert ist. Das ist die Erkl&auml;rung daf&uuml;r, dass nur ein Bruchteil der Refluxpatienten hustet. Die Pr&auml;valenz der gastro&ouml;sophagealen Refluxkrankheit ist hoch, besonders in den westlichen Industriel&auml;ndern. In einer deutschen Allgemeinarztpraxis hatten 51 % einer nicht selektierten Population Refluxsymptome.<sup>1</sup><br />J. Smith et al. haben in einer sorgf&auml;ltig geplanten Studie<sup>2</sup> mit objektiver Registrierung sowohl des Hustens (akustischer Husten-Monitor) als auch des Refluxes (Impedanz-pH-Metrie) die Husten-Reflux-Assoziationen bei Patienten mit chronischem Husten untersucht. Sie konnten feststellen, dass Patienten, bei denen Reflux Husten ausl&ouml;st, an einer Hypersensitivit&auml;t des Hustenreflexes leiden. Sie husten generell mehr als die Vergleichspatienten. Sie haben aber nicht &uuml;berdurchschnittlich viele Refluxepisoden oder einer erh&ouml;hte S&auml;ureexpositionszeit im &Ouml;sophagus. Auf der anderen Seite, wenn Husten-induzierte trans&ouml;sophageale Druckschwankungen Reflux ausl&ouml;sen, ist die Refluxbarriere (der untere &Ouml;sophagussphinkter) gesch&auml;digt, die S&auml;ureexposition verl&auml;ngert. Aber die Charakteristika des Hustens sind nicht ver&auml;ndert. <br />Die Grenzen zwischen physiologischem und pathologischem Reflux sind unscharf. Die Definition der gastro&ouml;sophagealen Refluxkrankheit setzt neben dem pathologischen Reflux (definiert als ein pH-Wert &lt;4 im distalen &Ouml;sophagus mehr als 6 % der Zeit w&auml;hrend der 24-Stunden-Messung) Symptome voraus, welche die Lebensqualit&auml;t des Betroffenen beeintr&auml;chtigen.<br />Husten wurde als extra&ouml;sophageales Symptom der Refluxkrankheit definiert.<sup>3</sup> Doch husten keinesfalls alle Refluxpatienten. <br />F&uuml;r den refluxbedingten Husten werden zwei Mechanismen diskutiert: <br />a. Reflextheorie: Der Husten wird durch einen gastro&ouml;sophagealen Reflux in den distalen &Ouml;sophagus reflektorisch ausgel&ouml;st. <br />b. Aspirationstheorie: Der pathologische gastro&ouml;sophageale Reflux f&uuml;hrt zu Mikroaspirationen. Eine Regurgitation von Fl&uuml;ssigkeit und Mageninhalt in den proximalen &Ouml;sophagus und weiter bis in den Pharynx f&uuml;hrt einerseits zu einer Schleimhautreizung im Bereich der oberen Atemwege und andererseits zu einer echten Fl&uuml;ssigkeitsmikroaspiration in den unteren Atemwegen mit Hustenreaktion.</p> <h2>Nachweismethoden und Diagnostik</h2> <ul> <li>In epidemiologischen Studien und in der klinischen Praxis wird die gastro&ouml;sophageale Refluxerkrankung &ndash; durch Sodbrennen und Regurgitation definiert &ndash; also durch die Pr&auml;senz typischer Symptome diagnostiziert. Dieses Vorgehen ist weder spezifisch noch sensitiv.<sup>4</sup> Die klinische Diagnose des Reflux-bedingten Hustens aufgrund von Refluxsymptomen ist noch schwieriger, da Reflux-bedingter Husten ohne Sodbrennen auftreten kann<sup>5, 6</sup> und Reflux bei der &uuml;berwiegenden Mehrzahl der Patienten nicht zum Husten f&uuml;hrt.</li> <li>Eine Diagnosis ex juvantibus des Reflux-bedingten Hustens mit einer PPI-Therapie mit oder ohne Motilit&auml;tsmedikamente wird daher nicht empfohlen, es sei denn eine Indikation zur PPI-Therapie liegt aufgrund typischer Refluxsymptome ohnehin vor.<sup>3, 7 </sup></li> <li>Die endoskopische Inspektion der Speiser&ouml;hre liefert nur im Fall einer &Ouml;sophagitis eine positive Aussage in Hinblick auf GERD, der negative pr&auml;diktive Wert ist gering.<sup>8</sup> Sie ist daher alleine ungeeignet zum Ausschluss der Refluxkrankheit. Aber auch der Nachweis von Reflux durch Reflux&ouml;sophagitis reicht nicht aus, um die Kausalit&auml;t von Reflux und Husten zu sichern.</li> <li>Zur Diagnosesicherung der gastro&ouml;sophagealen Refluxkrankheit als Ursache des chronischen Hustens sollte eine 24h-pH-Metrie-Impendanz-Messung in der Speiser&ouml;hre durchgef&uuml;hrt werden, wenn am Ende des diagnostischen Algorithmus chronischer Husten f&uuml;r den Husten keine andere Ursache gefunden wurde (Abb. 1). Eine Kausalit&auml;t des Hustens mit dem gesicherten Reflux kann dann angenommen werden, wenn eine Symptomassoziationswahrscheinlichkeit von &gt;95 % besteht.<sup>9</sup></li> <li>Eine neue Methode mit einer kurzen und daher weniger invasiven oropharyngeal platzierten Sonde erlaubt die Messung von aerosolierter (gasf&ouml;rmiger) S&auml;ure aus dem &Ouml;sophagus. Normalwerte wurden etabliert.<sup>10</sup> Eine gr&ouml;&szlig;ere Untersuchung bei Patienten mit typischen und extra&ouml;sophagealen Refluxsymptomen zeigt, dass die oropharyngeale pH-Metrie zus&auml;tzliche Informationen zur klassischen Impedanz-pH-Metrie liefert und f&uuml;r die Entscheidung &uuml;ber die chirurgische Behandlung hilfreich sein kann.<sup>11</sup> Ihre Rolle in der Hustendiagnostik ist allerdings noch nicht etabliert.</li> </ul> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Jatros_Pneumo_1803_Weblinks_s10.jpg" alt="" width="2150" height="1149" /></p> <h2>Medikament&ouml;se Therapie</h2> <p>Eine 2016 durchgef&uuml;hrte Metaanalyse der vorliegenden Therapiestudien zum Reflux-bedingten Husten durch das Chest Guideline Panel12 ergab, dass in den 14 identifizierten randomisierten kontrollierten Studien die medikament&ouml;se Behandlung des Reflux-bedingten Hustens (vorwiegend mit PPI) keinen signifikanten Effekt im Vergleich zu Placebo zeigte. Es gibt eine starke Placebowirkung. Der beste Effekt kann durch Lebensstilver&auml;nderungen sowie durch Di&auml;t zur Gewichtsreduktion erreicht werden. Die Hochstellung des Kopfendes des Bettes wird in den amerikanischen Leitlinien ebenfalls empfohlen. Falls typische Refluxsymptome (Sodbrennen, Aufsto&szlig;en, retrosternale Schmerzen) ebenfalls bestehen, werden PPI, H2-Antagonisten, Alginate und Antazida empfohlen. Bei typischer Refluxsymptomatik mit schnellem Ansprechen auf PPI-Therapie dauert es drei Monate, um den assoziierten Husten zu bessern.<sup>13</sup> Im Gegensatz zum klassischen Reflux ist meistens eine Dauertherapie mit hohen Dosen PPI erforderlich. Es wird nach einem Jahr ein Auslassversuch empfohlen. Falls der Husten rezidiviert, ist die Therapie wieder einzuleiten und die M&ouml;glichkeit einer chirurgischen Therapie nach ausf&uuml;hrlicher gastroenterologischer Diagnostik zu pr&uuml;fen. <br />Der fehlende Erfolg der PPI-Therapie des Reflux-bedingten Hustens k&ouml;nnte in einigen F&auml;llen darauf zur&uuml;ckzuf&uuml;hren sein, dass auch ein gering saurer Reflux mit Pankreasenzymen und Galle selbst dann Husten verursachen kann, wenn eine vollst&auml;ndige Suppression der S&auml;urebildung mit PPI erreicht worden ist.<sup>14</sup></p> <h2>Chirurgische Therapie</h2> <p>Medikament&ouml;se Therapiema&szlig;nahmen reduzieren die S&auml;ureexposition im &Ouml;sophagus, haben aber keinen Einfluss auf den Reflux von schwach saurem oder alkalischem Mageninhalt, der auch aggressive Enzyme (Trypsin) enth&auml;lt. Selektierte Patienten mit typischer Refluxsymptomatik (Sodbrennen) erfahren eine Besserung durch laparoskopisch durchf&uuml;hrbare Antireflux-Chirurgie (Fundoplicatio und andere Ma&szlig;nahmen). Falls die Operation ausschlie&szlig;lich zur Therapie eines refrakt&auml;ren mit Reflux assoziierten Hustens erfolgt, ist stets zu bedenken, dass der Reflux nicht die Ursache, sondern nur ein Trigger f&uuml;r den Husten ist. Patienten mit Impedanz-pH-metrisch nachgewiesenem und mit dem Husten streng assoziiertem Reflux k&ouml;nnten jedoch profitieren. Die Indikation sollte in erfahrenen Zentren f&uuml;r &Ouml;sophaguschirurgie gestellt werden.</p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Hollenz M et al.: Dtsch Med Wochenschr 2002; 127: 1007-12 <strong>2</strong> Smith JA et al.: Z Gastroenterol 2010; 139: 754-62 <strong>3</strong> Koop H et al.: Z Gastroenterol 2014; 52: 1299-346 <strong>4</strong> Dent J et al.: Gut 2010; 59: 714-21 <strong>5</strong> Ing AJ et al.: Thorax 1991; 46: 479-83 <strong>6</strong> Irwin RS et al.: Am Rev Respir Dis 1989; 140: 1294-300 <strong>7</strong> Irwin RS et al.: Chest 2002; 121: 1132-40 <strong>8</strong> Koop H et al.: Z Gastroenterol 2014; 52: 1299-346 <strong>9</strong> Ummarino D et al.: Laryngoscope 2013; 123: 980-4 <strong>10</strong> Ayazi S et al.: J Gastrointest Surg 2009; 13: 1422-9 <strong>11</strong> Fuchs HF et al.: Dis Esophagus 2018, doi: 10.1093/dote/doy018. [Epub ahead of print] <strong>12</strong> Kahrilas PJ et al.: Am J Respir Crit Care Med 2002; 165: 1469-74 <strong>13</strong> Irwin RS, Madison JM.: Am J Respir Crit Care Med 2002; 165: 1469-74 <strong>14</strong> Kahrilas PJ et al.: Lung 2014; 192: 39-46</p> </div> </p>
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