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COPD-Management: Neues zum Einsatz von ICS, zu Komorbiditäten und zur NIV
<p class="article-intro">Die Global Initiative for Chronic Obstructive Lung Disease (GOLD) gibt in Form ihrer Reports regelmäßig Guidelines zum Management der chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (COPD) heraus. Im Rahmen des Jahreskongresses der American Thoracic Society (ATS) wurden Schwerpunkte des GOLD-Reports 2017 sowie Ausblicke auf weitere GOLD-Empfehlungen präsentiert.</p>
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<p class="article-content"><p>Für das medikamentöse Management der COPD stehen lang wirksame Bronchodilatatoren sowie für ausgewählte Patienten inhalative Kortikosteroide zur Verfügung. In die Gruppe der Bronchodilatatoren fallen sowohl lang wirksame Anticholinergika (LAMA) als auch lang wirksame Beta-2-Agonisten (LABA). Seit dem GOLD-Update von 2017 kommt der Kombination von LAMA und LABA besondere Bedeutung zu; und zwar in den Gruppen B, C und D im Falle, dass mit einem einzelnen Bronchodilatator keine ausreichende Kontrolle von Symptomen und/oder Exazerbationen erreicht werden kann. Dazu Prof. Dr. Wisia Wedzicha vom Imperial College, London: „Wir wissen heute, dass man mit zwei Bronchodilatatoren ein besseres FEV1 erreicht als mit einem.“ Eine 2017 publizierte Analyse mehrerer Studien zeigte auch, dass die Kombination von Tiotropium und Olodaterol im Vergleich zu den Einzelkomponenten die Lebensqualität und zahlreiche „patient reported outcomes“ verbessert sowie den Bedarf an nächtlicher Rescue-Medikation reduziert.<sup>1</sup> „Ähnliches konnte auch für die anderen Bronchodilatatoren gezeigt werden“, so Wedzicha.<br />Dass die Kombination von LAMA und LABA Exazerbationen reduzieren kann, ist bereits seit Längerem bekannt. In der SPARK-Studie war die Rate an moderaten und schweren Exazerbationen unter der Kombination von Glycopyrronium und Indacaterol um 12 % niedriger als unter Glycopyrronium alleine.<sup>2</sup><br />„Im Grunde genommen ist es einfach. Wenn man Symptome reduziert, reduziert man letztlich auch Exazerbationen“, erläuterte Wedzicha. „Tatsächlich werden heute jedoch viele Patienten mit Dreifachkombinationen aus LAMA, LABA und einem inhalativen Kortikosteroid behandelt. Das ICS hat dabei die Aufgabe, Exazerbationen zu verhindern. Die Frage ist, was wir mit diesen Patienten machen sollen. Da bestand bis vor Kurzem eine Evidenzlücke.“ Diese wurden nun zumindest ein wenig geschlossen. Im Rahmen der SUNSET-Studie wurde die Deeskalation einer Tripeltherapie untersucht. Patienten, die seit mindestens sechs Monaten mit einer Dreifachkombination behandelt worden waren, wurden randomisiert auf Indacaterol/Glycopyrronium umgestellt. Dadurch kam es zu keiner Steigerung der Exazerbationsrate und zu einer Abnahme des FEV1 um 26ml, was die Autoren als klinisch bedeutungslos erachten. Allerdings war die Differenz groß genug, um das Erreichen von Non-Inferiority zu verhindern. Eine Subgruppenanalyse liefert Hinweise darauf, dass von Exazerbationen und Abfall des FEV1 nach Absetzen des Steroids vor allem Patienten mit erhöhter Eosinophilenzahl betroffen waren.<sup>3</sup><br />Das weist, so Wedzicha, auf einen blinden Fleck der aktuellen GOLD-Empfehlungen hin, in denen das Thema der eosinophilen Entzündung noch nicht vorkommt. Wedzicha: „Wir haben Evidenz, dass bei einer Eosinophilenzahl unter 200 das inhalative Steroid sicher abgesetzt werden kann.“ In diesem Zusammenhang kommt auch eine Post-hoc-Analyse der WISDOM-Studie ins Spiel, die zeigt, dass die Kombination von wiederholten Exazerbationen und hoher Eosinophilenzahl jene Patienten identifiziert, die von inhalativen Kortikosteroiden profitieren. Im Zusammenhang mit ICS dürfe, so Wedzicha, auch das Pneumonierisiko nicht übersehen werden.<br />Als besonders bedeutsam bezeichnet Wedzicha die kürzlich publizierte IMPACT-Studie, die eine Tripeltherapie mit einer LAMA/LABA-Kombination sowie mit einer ICS/LABA-Kombination in einem Kollektiv schwer kranker Patienten verglich. Wedzicha: „Man hat die schwierigsten Patienten – mit deutlich eingeschränkter Lungenfunktion und häufigen Exazerbationen – rekrutiert, die man sich vorstellen kann. Das Exazerbationsrisiko war deutlich höher, als man das sonst in Studien sieht.“ In dieser Population erwies sich die Dreierkombination als überlegen hinsichtlich der Reduktion von Exazerbationen.<sup>4</sup> Die Botschaft sei, so Wedzicha: „Wenn es einem so schlecht geht, dann braucht man eine Dreierkombination.“</p> <h2>Komorbiditäten und Umweltfaktoren</h2> <p>Patienten mit chronisch obstruktiver Lungenerkrankung (COPD) leiden häufig unter Komorbiditäten. Kardiovaskuläre Erkrankungen sind in der COPD-Population verbreitet und Lungenkrebs ist eine häufige Todesursache von COPD-Patienten. Prof. Dr. Jessica Bon von der University of Pittsburgh weist darauf hin, dass auch die Osteoporose häufig in Kombination mit COPD gesehen wird.<sup>5</sup> Alle genannten Komorbiditäten können bei COPD aller Schwergrade auftreten und eine erhebliche differenzialdiagnostische Herausforderung darstellen. Laut GOLD soll die COPD jedoch immer unabhängig von den Komorbiditäten den Empfehlungen entsprechend behandelt werden. Schwierigkeiten können allerdings dort auftreten, wo die COPD-Behandlung direkt die Komorbiditäten beeinflussen kann. Dies betrifft beispielsweise den Einsatz von Steroiden mit ihren Wirkungen auf den Knochen oder die Blutzuckerkontrolle.<br />Umgekehrt gibt es auch einen direkten Einfluss der COPD bzw. ihrer Komplikationen auf bestimmte Komorbiditäten. So wurde beispielsweise in der SUMMIT-Kohorte beobachtet, dass akute Exazerbationen das kardiovaskuläre Risiko erhöhen.<sup>6 </sup>Ebenso sind Emphysem und akute Exazerbationen mit einem erhöhten Lungenkarzinomrisiko assoziiert.<sup>7, 8</sup><br />Risikofaktor Nummer eins für die Entwicklung einer COPD (sowie für einige der Komorbiditäten) ist nach wie vor das Rauchen. Die aktuelle GOLD-Leitlinie weist jedoch auch auf COPD-Risikofaktoren abseits des Rauchens hin. Dies betrifft insbesondere Luftverschmutz­ung sowohl innerhalb als auch außerhalb geschlossener Räume („indoor/outdoor pollution“). So dürften rund 20 % aller COPD-Fälle auf Schadstoffexposition am Arbeitsplatz zurückzuführen sein. Auch Passivrauchen fällt in die Kategorie der Umweltnoxen. Hier weist GOLD neben dem Fokus auf individuelle Tabakentwöhnung auf die Bedeutung legislativer Maßnahmen hin, die das Problem des Passivrauchens möglichst beenden sollen. Umweltverschmutzung kann nicht nur die Ursache von COPD sein, sondern auch die Prognose von COPD-Patienten akut verschlechtern. So führt eine Exposition gegenüber Feinstaub bei COPD-Patienten bereits kurzfristig zu Hospitalisierungen und erhöhter Mortalität.<sup>9</sup></p> <h2>Option für schwer kranke Patienten: Beatmung</h2> <p>Bei bestimmten schwer erkrankten Patienten kann nicht invasive Beatmung (NIV) eine Option sein, wie Prof. Dr. Nicholas Hart vom St. Thomas Hospital in London ausführt. Dies betrifft nicht nur instabile Patienten, die eine Exazerbation erleiden, sondern auch Patienten mit stabiler COPD und schlechter Lungenfunktion. Die Rolle dieser Methode kann anhand zweier publizierter Studien zusammengefasst werden. In der ersten dieser Studien wurden hyperkapnische Patienten mit schwerer, stabiler, chronischer COPD mit NIV mittels Atemmaske während der Nacht behandelt. Die Patienten hatten COPD GOLD Stage IV und einen partiellen CO2-Druck (PaCO2) von mindestens 7kPa (51,9mmHg) sowie einen Blut-pH-Wert über 7,35. Behandlungsziele waren eine Reduktion des PaCO2 um mindestens 20 % oder auf einen Ziel-PaCO2 unter 6,5kPa (48,1mmHg). Primärer Studienendpunkt war die Gesamtmortalität. Diese wurde durch die Beatmung deutlich gesenkt. Innerhalb eines Jahres verstarben 12 % der Patienten in der Beatmungsgruppe und 33 % der Patienten in der Kontrollgruppe. Einzige Nebenwirkung war ein Ausschlag im Gesicht, verursacht durch die Atemmaske, der bei 14 % der Patienten auftrat und durch Wechsel der Maske beherrschbar war.<sup>10</sup> <br />Die zweite Studie untersuchte die Frage, ob nicht invasive Beatmung hyperkapnischen COPD-Patienten nach Exazerbationen einen Vorteil bringt. Auch hier lautet die Antwort: Ja. Reduziert werden konnte insbesondere die Rehospitalisierungsrate.<sup>11</sup> Eine Em­pfehlung für die NIV werde, so Hart, in den kommenden GOLD-Report einfließen.</p></p>
<p class="article-quelle">Quelle: American Thoracic Society (ATS) International Conference, 18. bis 23. Mai 2018, San Diego/USA
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<a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a>
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<p><strong>1</strong> Ferguson GT et al.: NPJ Prim Care Respir Med 2017; 27(1):7 <strong>2</strong> Wedzicha JA et al.: Lancet Respir Med 2013; 1(3): 199-209 <strong>3</strong> Chapman KR et al.: AJRCCM 2018; 197: A1009 <strong>4</strong> Lipsom DA et al.: N Engl J Med 2018; 378(18): 1671-80 <strong>5</strong> Sin DD et al.: Am J Med 2003; 114(1): 10-4 <strong>6</strong> Kunisaki KM et al.: Am J Respir Crit Care Med 2018 Feb 14. [Epub ahead of print] <strong>7</strong> Carr LL et al.: Chest 2018; 153(6): 1326-35 <strong>8</strong> Wilson DO et al.: Am J Respir Crit Care Med 2008; 178(7): 738-44 <strong>9</strong> Li MH et al. : Chest 2016; 149(2): 447-58 <strong>10</strong> Köhnlein T et al. : Lancet Respir Med 2014; 2(9): 698-705 <strong>11</strong> Murphy PB et al. : JAMA. 2017; 317(21): 2177-86</p>
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