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Gicht und Demenz

Neue Studie bekräftigt Hyperurikämie als deutlichen Risikofaktor

<p class="article-intro">Welchen Einfluss eine Hyperurikämie auf das Gehirn hat, wird kontrovers diskutiert. Einerseits soll Harnsäure neuroprotektiv wirken, andererseits weisen manche Studien auf ein erhöhtes Demenzrisiko durch zu viel Harnsäure hin. Eine neue longitudinale Studie scheint jetzt Klarheit zu bringen: Eine Hyperurikämie ist mit einem deutlich erhöhten Risiko für Demenz verbunden.</p> <hr /> <p class="article-content"><p>Es ist die vernachl&auml;ssigte Volkskrankheit: Unter einer Gicht leiden je nach Land zwischen 0,9 und 2,5 % der Bev&ouml;lkerung.<sup>1&ndash;3</sup> Die europ&auml;ischen und amerikanischen Leitlinien empfehlen, bei Gicht die erh&ouml;hte Harns&auml;ure zu senken, jedoch nicht zu stark, denn Harns&auml;ure soll neuroprotektiv<sup>4</sup> und antioxidativ<sup>5</sup> wirken. So zeigten denn auch Studien einen Zusammenhang zwischen einem niedrigen Harns&auml;urespiegel und neurodegenerativen Krankheiten wie Morbus Parkinson<sup>6</sup> oder amyotropher Lateralsklerose<sup>7</sup>. Umgekehrt ging ein erh&ouml;hter Harns&auml;urespiegel in manchen Studien mit einem verringerten Risiko f&uuml;r eine Demenz einher.<sup>8&ndash;10</sup><br /> Die Assoziation zwischen einem niedrigen Harns&auml;urespiegel und neurodegenerativen Krankheiten wurde damit erkl&auml;rt, dass Harns&auml;ure ein nat&uuml;rliches Antioxidans ist, welches den oxidativen Stress reduziere und den sch&auml;dlichen Effekten von freien Radikalen im Gehirn entgegenwirke.<sup>11&ndash;14</sup> Dieser Hypothese widersprechen aber andere Studienergebnisse. So konnten beispielsweise bei Patienten, die harns&auml;uresenkende Medikamente bekamen, keine Ver&auml;nderungen bei den oxidativen Stressmarkern festgestellt werden.<sup>15</sup> In einer im vergangenen Jahr publizierten In-vitro-Studie erh&ouml;hte Harns&auml;ure den oxidativen Stress und potenzierte die neurotoxischen Effekte von Amyloid in neuronalen Zellen.<sup>16</sup> Versuche, mit Inosin den Harns&auml;urespiegel im Serum und im Liquor zu erh&ouml;hen, um die &bdquo;endogene Neuroprotektion&ldquo; zu f&ouml;rdern, schlugen fehl.<sup>17, 18</sup> Metaanalysen, die den Einfluss von Harns&auml;ure auf das Demenzrisiko untersuchen, widersprechen einander.<sup>4</sup> Die meisten Studien waren Querschnittsstudien mit einem Risiko f&uuml;r Bias; es gab kaum longitudinale Untersuchungen. Auf der anderen Seite gab es Hinweise, dass erh&ouml;hte Harns&auml;urewerte zu funktionellen Hirnver&auml;nderungen und kognitiven St&ouml;rungen f&uuml;hren k&ouml;nnen.<sup>19&ndash;22</sup> Der Zusammenhang bleibt also unklar.<br /> Nun zeigt eine franz&ouml;sisch-spanische Forschergruppe um Augustin Latourte von der Universit&auml;t Paris Diderot in einer gro&szlig;en longitudinalen Studie mit einer medianen Beobachtungszeit von 10,1 Jahren, dass eine Hyperurik&auml;mie offenbar doch mit einem deutlich erh&ouml;hten Demenzrisiko verbunden ist.<sup>23</sup> 598 durchschnittlich 72,4 Jahre alte Menschen in der Region Dijon wurden j&auml;hrlich untersucht. 110 von ihnen entwickelten eine Demenz (8,2 auf 1000 Patientenjahre). Die Hazard-Ratio betrug 1,79 f&uuml;r hohe versus niedrige Serum-Harns&auml;ureausgangswerte (p=0,007). Die Assoziation schien bei vaskul&auml;rer oder gemischter Demenz st&auml;rker zu sein als bei Morbus Alzheimer. Was man allerdings bei all der Harns&auml;urediskussion nicht vergessen sollte: Es gibt viele Faktoren, von denen viel besser nachgewiesen ist, dass sie das Demenzrisiko erh&ouml;hen. Etliche davon sind durch eine Umstellung der Lebensgewohnheiten modifizierbar.</p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Bardin T et al.: Arthritis Care Res (Hoboken) 2016; 68: 261-6 <strong>2</strong> Trifir&ograve; G et al.: Ann Rheum Dis 2013; 72: 694-700 <strong>3</strong> Kuo CF et al.: Ann Rheum Dis 2015; 74: 661-7 <strong>4</strong> Khan AA et al.: Age 2016; 38: 16 <strong>5</strong> Maxwell SR et al.: Eur J Clin Invest 1997; 27: 484-90 <strong>6</strong> Shen L et al.: BMJ Open 2013; 3: e003620 <strong>7</strong> Abraham A , Drory VE: J Neurol 2 014; 2 61: 1133-8 <strong>8</strong> Chen X et al.: PLoS One 2014; 9: e94084 <strong>9</strong> Hong JY et al.: Arthritis Res Ther 2015; 17: 139 <strong>10</strong> Lu N et al.: Ann Rheum Dis 2016; 75: 547-51 <strong>11</strong> Bowman GL et al.: J Alzheimers Dis 2010; 19: 1331-6 <strong>12</strong> Cervellati C et al.: J Neurol Sci 2014; 337: 156-61 <strong>13</strong> Hatanaka H et al.: Geriatr Gerontol Int 2015; 15(Suppl 1): 53-8 <strong>14</strong> Schrag M et al.: Neurobiol Dis 2013; 59: 100-10 <strong>15</strong> Hershfield MS et al.: Proc Natl Acad Sci U S A 2010; 107: 14351-6 <strong>16</strong> Desideri G et al.: J Cell Physiol 2017; 232: 1069-78 <strong>17</strong> Gonsette RE et al.: Mult Scler 2010; 16: 455-62 <strong>18</strong> Schwarzschild MA et al.: JAMA Neurol 2014; 71: 141-50 <strong>19</strong> Schretlen DJ et al.: Neuropsychology 2007; 21: 136-40 <strong>20</strong> Cicero AF et al.: Intern Emerg Med 2015; 10: 25-31 <strong>21</strong> Ruggiero C et al.: Dement Geriatr Cogn Disord 2009; 27: 382-9 <strong>22</strong> Beydoun MA et al.: J Alzheimers Dis 2016; 52: 1415-30 <strong>23</strong> Latourte A et al.: Ann Rheum Dis 2018; 77: 328-35</p> </div> </p>
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