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10 Fragen und 10 Antworten zum pulmonalarteriellen Druck

<p class="article-intro">Die Blutdruckmessung gehört zu den wichtigsten Untersuchungen, die wir bei unseren Patienten durchführen und Bluthochdruck ist vermutlich die häufigste lebensbedrohliche Krankheit, die Ärzte weltweit behandeln. Im Folgenden möchten wir auf 10 wichtige aktuelle Fragen bezüglich des pulmonalarteriellen Druckes in Ruhe und bei Belastung eingehen.</p> <hr /> <p class="article-content"><p>Der Blutdruck ist nicht nur im systemischen Kreislauf von gro&szlig;er Bedeutung, sondern auch im kleinen Kreislauf. Die Erh&ouml;hung des pulmonalarteriellen Mitteldruckes (mPAP) auf &ge;25mmHg wird laut aktueller Leitlinie als pulmonale Hypertonie (PH) definiert.<sup>1</sup> Neben den pulmonalen Druckwerten in Ruhe stehen allerdings auch die w&auml;hrend Belastung gemessenen Werte im Fokus des wissenschaftlichen Interesses.</p> <h2>1. Wie hoch ist der pulmonalarterielle Druck bei gesunden Menschen?</h2> <p>Eine Metaanalyse der Rechtsherzkatheterdaten aus den wissenschaftlichen Publikationen der letzten 70 Jahre zeigt, dass der pulmonalarterielle Mitteldruck unabh&auml;ngig von K&ouml;rperposition, Geschlecht und geografischer Herkunft ist und auch vom Alter nur wenig beeinflusst wird. Er betr&auml;gt bei gesunden Probanden 14,0&plusmn;3,3mmHg.<sup>2</sup> Wenn wir die &uuml;bliche Formel (Mittelwert + 2x Standardabweichung) f&uuml;r die Obergrenze des Normalen anwenden, liegt die H&ouml;chstgrenze des normalen mPAP deshalb bei 20mmHg.</p> <h2>2. Was sind die wichtigsten Ursachen einer pulmonalen Druckerh&ouml;hung?</h2> <p>Die Erh&ouml;hung des pulmonalarteriellen Drucks (PAP) kann auf vier verschiedene Ursachen (bzw. auf deren Kombination) zur&uuml;ckgef&uuml;hrt werden. Die h&auml;ufigste Ursache ist eine Linksherzerkrankung (z.B. systolische oder diastolische Herzinsuffizienz, Vitium). Diese f&uuml;hrt zur Erh&ouml;hung des pulmonalven&ouml;sen Druckes und in weiterer Folge zur Erh&ouml;hung des PAP. Die zweith&auml;ufigste Ursache ist eine Lungenerkrankung bzw. eine chronische Hypoxie (z.B. aufgrund von COPD, Lungenfibrose, Obesitas-Hypoventilationssyndrom, weltweit betrachtet auch bei Bewohnern gro&szlig;er H&ouml;hen festzustellen etc.). Diese Erkrankungen und Zust&auml;nde k&ouml;nnen durch multiple Mechanismen (Gef&auml;&szlig;rarefizierung, chronische Hypoxie-induzierte pulmonale Vasokonstriktion etc.) zur Erh&ouml;hung des PAP f&uuml;hren. Drittens werden bei ca. 4 % der Lungenembolien die intrapulmonalen Gerinnsel nicht vollst&auml;ndig aufgel&ouml;st, sondern f&uuml;hren zu einer chronischen thromboembolischen PH. Und viertens kann sich die pulmonalarterielle Druckerh&ouml;hung auch durch eine prim&auml;re Erkrankung der Lungenarterien entwickeln. Hierbei spricht man von einer pulmonalarteriellen Hypertonie (PAH), welche aber selbst wieder in viele weitere Gruppen untergliedert ist.</p> <h2>3. Ist die Erh&ouml;hung des mPAP im Bereich zwischen 20 und 25mmHg relevant?</h2> <p>Ein mPAP zwischen 20 und 25mmHg liegt nicht mehr im normalen Bereich, erf&uuml;llt aber nicht die aktuell g&uuml;ltigen Kriterien einer pulmonalen Hypertonie. Aktuelle Studien haben gezeigt, dass die Erh&ouml;hung des mPAP &uuml;ber 20mmHg ein unabh&auml;ngiger Pr&auml;diktor f&uuml;r die Mortalit&auml;t ist.<sup>3</sup> Zus&auml;tzlich zeigte eine gro&szlig;e amerikanische Studie mit &uuml;ber 20 000 Patienten, dass der Anstieg des mPAP bereits ab 19mmHg mit einer Verschlechterung der Prognose einhergeht.<sup>4</sup></p> <h2>4. Hat eine milde pulmonale Druckerh&ouml;hung eine therapeutische Konsequenz?</h2> <p>Da hinter einer leichten pulmonalarteriellen Druckerh&ouml;hung sehr h&auml;ufig eine kardiale oder eine pulmonale Grunderkrankung steht, sollen diese Erkrankungen abgekl&auml;rt und m&ouml;glichst optimal behandelt werden. Es konnte bis jetzt nicht gezeigt werden, dass eine gezielte Therapie wie bei PAH bei diesen Patienten sinnvoll ist. Evidenz daf&uuml;r gibt es nur f&uuml;r Patienten mit einer manifesten PAH, weil nur solche Patienten in die kontrollierten Studien eingeschlossen wurden. Aktuelle Studien zielen darauf ab, bestimmte Patientengruppen (z.B. Patienten mit Sklerodermie) mit einem leicht erh&ouml;hten mPAP (aber noch &lt;25mmHg) zu identifizieren, die ebenfalls von einer solchen Therapie profitieren k&ouml;nnten. Die Hypothese ist, dass bei diesen Patienten eine milde pulmonale Druckerh&ouml;hung als Vorstufe einer PH angesehen werden kann und eine Therapie in diesem Stadium die Prognose verbessert.</p> <h2>5. Ist der pulmonale Druck der wichtigste h&auml;modynamische Parameter im kleinen Kreislauf?</h2> <p>Der pulmonale Druck ist sicherlich der wichtigste Parameter der pulmonalen Zirkulation bis zu einem Wert von ca. 26mmHg. Oberhalb dieses Wertes hat die konkrete H&ouml;he des Drucks keine gro&szlig;e prognostische Bedeutung mehr. Stattdessen entscheidet der pulmonale Blutfluss (Herzzeitvolumen) &uuml;ber die weitere Prognose. Zur Bestimmung des Blutflusses gilt weiterhin der Rechtsherzkatheter als Goldstandard. Zus&auml;tzlich ist der rechtsatriale Druck f&uuml;r die Prognose von gro&szlig;er Bedeutung. Daneben ist der pulmonalarterielle Verschlussdruck, welcher dem linksatrialen Druck entspricht, sehr wichtig, denn er gibt Information &uuml;ber die linksventrikul&auml;re Funktion. Die Messung des pulmonalarteriellen Verschlussdrucks und des Herzzeitvolumens ist auch f&uuml;r die Berechnung des pulmonalen Gef&auml;&szlig;widerstandes wichtig. Ein deutlich erh&ouml;hter pulmonaler Gef&auml;&szlig;widerstand ist Teil der Definition der pulmonalarteriellen Hypertonie.</p> <h2>6. Wie hoch ist der normale PAP bei Belastung?</h2> <p>Anhand gro&szlig;er Studien kann festgestellt werden, dass die H&ouml;he des PAP w&auml;hrend Belastung bei gesunden Menschen praktisch linear ansteigt und vom Alter und der Belastungsstufe abh&auml;ngig ist.<sup>2</sup> Der mPAP &uuml;berschreitet normalerweise nicht die 30mmHg-Grenze, solange das Herzzeitvolumen unter 10l/min ist.<sup>5, 6</sup> Aus einer anderen Sicht betrachtet, soll die Steilheit des pulmonalarteriellen Mitteldruckanstiegs bei Gesunden weniger als 3mmHg pro 1l/min Herzzeitvolumenanstieg betragen.<sup>7</sup></p> <h2>7. Was sind die wichtigsten Ursachen einer pathologischen Belastungsh&auml;modynamik bei Patienten ohne manifeste PH?</h2> <p>Hier k&ouml;nnen die gleichen Ursachen genannt werden wie bei der Ruheh&auml;modynamik, das hei&szlig;t, eine Herz- oder eine Lungenerkrankung, eine chronische thromboembolische Erkrankung oder eine prim&auml;r pulmonal-vaskul&auml;re Erkrankung f&uuml;hren zum pathologischen Anstieg des pulmonalen Druckes w&auml;hrend Belastung. Die Belastung kann diese strukturellen St&ouml;rungen demaskieren.</p> <h2>8. Ist eine pathologische Belastungsh&auml;modynamik prognostisch relevant?</h2> <p>Es gibt kleinere Studien, die darauf hinweisen, dass eine pathologische Belastungsh&auml;modynamik prognostisch relevant ist. Eine kleine Studie bei Patienten mit Sklerodermie wies darauf hin, dass Patienten mit einem pathologischen Anstieg des pulmonalen Drucks w&auml;hrend Belastung weniger lang &uuml;berlebten als jene mit einer normalen pulmonalen Belastungsh&auml;modynamik.<sup>8</sup> Andere Studien haben die rechtsventrikul&auml;re Funktion mithilfe von Belastungsuntersuchungen analysiert. Es konnte nachgewiesen werden, dass Patienten mit einer erhaltenen rechtsventrikul&auml;ren kontraktilen Reserve eine bessere Prognose haben als Patienten mit einer eingeschr&auml;nkten kontraktilen Reserve.<sup>9, 10</sup> Gro&szlig;e prospektive Studien wurden in diesem Bereich allerdings noch nicht durchgef&uuml;hrt.</p> <h2>9. Hat eine pathologische Belastungsh&auml;modynamik eine therapeutische Konsequenz?</h2> <p>Auch hierzu sind lediglich kleinere, monozentrische Studien vorhanden, die darauf hindeuten, dass mit einer PAH-Therapie die Belastungsh&auml;modynamik verbessert werden kann.<sup>11, 12</sup> Gr&ouml;&szlig;ere, multizentrische Studien liegen derzeit leider nicht vor. Es ist auch unklar, ob die Besserung der Belastungsh&auml;modynamik tats&auml;chlich mit einem prognostischen Vorteil verbunden ist.</p> <h2>10. Sollte der Begriff &bdquo;pulmonale Belastungshypertonie&ldquo; wieder eingef&uuml;hrt werden?</h2> <p>Die Definition der PH hatte vor 2008 einen &bdquo;Belastungsteil&ldquo;. Dieser bezeichnete Patienten mit einem mPAP &gt;30mmHg w&auml;hrend Belastung. Diese Definition wurde beim 4. PH-Weltkongress verlassen, weil klar wurde, dass der pulmonale Druckanstieg w&auml;hrend Belastung stark vom Alter und von der Belastungsstufe abh&auml;ngig ist.<sup>2</sup> Die aktuell vorliegenden Daten reichen noch nicht aus, um eine neue Definition einzuf&uuml;hren. Wichtige Studien, welche die Bedeutung der pulmonalen Belastungsh&auml;modynamik prospektiv und multizentrisch untersuchen, sind im Laufen. Die Ergebnisse dieser Studien werden zur Entscheidung dieser Frage wesentlich beitragen.</p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Galie N et al.: Eur Respir J 2015; 46: 903-75 <strong>2</strong> Kovacs G et al.: Eur Respir J 2009; 34: 888-94 <strong>3</strong> Douschan P et al.: Am J Respir Crit Care Med 2018; 197(4): 509-16 <strong>4</strong> Maron BA et al.: Circulation 2016; 133: 1240-8 <strong>5</strong> Kovacs G et al.: Eur Respir J 2017; 50(5). pii: 1700578 <strong>6</strong> Herve P et al.: Eur Respir J 2015; 46: 728-37 <strong>7</strong> Naeije R et al.: Am J Respir Crit Care Med 2013; 187: 576-83 <strong>8</strong> Stamm A et al.: Eur Respir J 2016; 48: 1658-67 <strong>9</strong> Grunig E et al.: Circulation 2013; 128: 2005-15 <strong>10</strong> Chaouat A et al.: Eur Respir J 2014; 44: 704-13 <strong>11</strong> Kovacs G et al.: Arthritis Rheum 2012; 64: 1257-62 <strong>12</strong> Saggar R et al.: Arthritis Rheum 2012; 64: 4072-7</p> </div> </p>
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