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Herpes zoster in der Praxis

<p class="article-intro">Herpes zoster (Gürtelrose) ist eine der häufigsten durch Impfung vermeidbaren Infektionskrankheiten. Das Risiko, im Lauf des Lebens daran zu erkranken, wird auf rund 30 % geschätzt. Er tritt gehäuft bei Menschen über 50 Jahre und bei immungeschwächten Personen auf und beeinträchtigt die Lebensqualität der Betroffenen erheblich.<sup>1</sup></p> <p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Therapieziele sind Schmerzlinderung, Abheilen der Hautl&auml;sionen, Vermeiden der Virusausbreitung und einer postherpetischen Neuralgie.</li> <li>Eine antivirale Therapie kann den Heilungsprozess beschleunigen und ist vor allem bei immunsupprimierten Patienten und kompliziertem Verlauf indiziert.</li> <li>Akute Schmerzen werden nach dem WHO-Stufenschema behandelt, die postherpetische Neuralgie geh&ouml;rt in die Hand eines Schmerzspezialisten.</li> <li>Empfehlungen zur topischen Therapie variieren wegen der unzureichenden Datenlage von Zentrum zu Zentrum.</li> <li>Die Gabe von Kortikosteroiden wird kontrovers diskutiert.</li> </ul> </div> <p>Der Erreger des Herpes zoster, das Varizella- zoster-Virus (VZV), ist weltweit verbreitet und verantwortlich f&uuml;r zwei verschiedene Krankheiten: Windpocken bei exogener Erstinfektion und Herpes zoster (G&uuml;rtelrose) bei endogener Reaktivierung.<sup>2</sup> Die Windpocken sind grunds&auml;tzlich hoch ansteckend und werden vorwiegend aerogen beim Atmen oder Husten durch virushaltige Tr&ouml;pfchen &uuml;bertragen. Daneben sind Schmierinfektionen durch virushaltigen Bl&auml;scheninhalt, Speichel oder Konjunktivalfl&uuml;ssigkeit m&ouml;glich.<sup>2</sup> Der Herpes zoster ist dagegen weniger kontagi&ouml;s, da hier nur die Bl&auml;schenfl&uuml;ssigkeit Viren enth&auml;lt. Werden die Bl&auml;schen abgedeckt, so sinkt die Ansteckungsgefahr deutlich.<sup>2</sup></p> <h2>Aktivierung bei geschw&auml;chtem Immunsystem</h2> <p>Herpes zoster ist ein endogenes Rezidiv einer VZV-Infektion und tritt daher nur bei Personen auf, die an Windpocken erkrankt waren. Der Erreger persistiert in den Spinal- und Hirnnervenganglien und wird wieder aktiv, wenn das Immunsystem geschw&auml;cht wird, zum Beispiel durch Krankheiten wie HIV, infolge immunsupprimierender Therapien oder bei sehr betagten Menschen. Es kann allerdings auch &ndash; wenn auch seltener &ndash; bei jungen, immunkompetenten Menschen zum Ausbruch einer G&uuml;rtelrose kommen.<sup>2</sup> Nach einer Varizellenimpfung mit Lebendimpfstoff kann zwar ebenfalls ein Herpes zoster auftreten, aber generell erkranken geimpfte Kinder drei- bis zw&ouml;lfmal seltener als ungeimpfte und der klinische Verlauf ist in der Regel milder.<sup>3</sup><br /> W&auml;hrend die Krankheit bei Kindern im Allgemeinen gutartig verl&auml;uft, k&ouml;nnen Erwachsene infolge einer akuten Neuritis unter erheblichen Schmerzen leiden. Diese k&ouml;nnen selbst nach Abheilen der G&uuml;rtelrose bestehen bleiben (postherpetische Neuralgie, PHN).<sup>1</sup></p> <h2>Therapie des Herpes zoster</h2> <p>Die wichtigsten Ziele der Therapie sind, die Schmerzen zu lindern, die Ausdehnung und Dauer der Hautl&auml;sionen zu begrenzen sowie eine PHN und weitere Komplikationen zu verhindern.<sup>4</sup><br /><br /> <strong>Topische Therapie</strong><br /> Vor Beginn einer lokalen Behandlung muss der Status der Haut und der L&auml;sionen durch einen Dermatologen erhoben werden. Die Datenlage zur topischen Therapie ist jedoch nicht ausreichend, um konkrete Empfehlungen zu geben. Daher variiert auch die klinische Praxis stark. So werden zum Beispiel sterile physiologische Kochsalzl&ouml;sung, milde Antiseptika oder Zinkoxidlotionen eingesetzt. Manche Experten raten auch dazu, nicht lokal zu behandeln, sondern die L&auml;sionen lediglich trocken und sauber zu halten.<sup>4</sup><br /> Eine lokale Applikation antiviraler Medikamente wird kontrovers diskutiert, da es keine Daten aus randomisierten, placebokontrollierten Studien gibt, um dieses Vorgehen zu st&uuml;tzen.<sup>4</sup><br /><br /> <strong>Antivirale Therapie</strong><br /> Bei Patienten ohne Risikofaktoren heilt der umschriebene Zoster der Haut am K&ouml;rper und an den Extremit&auml;ten meist auch ohne eine antivirale Therapie komplikationslos aus.<sup>4, 5</sup> Die antivirale Behandlung verk&uuml;rzt jedoch den Heilungsverlauf: Sie beschleunigt das Abheilen der Hautl&auml;sionen, vermindert das Auftreten neuer L&auml;sionen, reduziert die Ausbreitung der Viren und mindert die Schmerzen. Sie ist zudem indiziert bei komplizierten Krankheitsverl&auml;ufen, etwa bei G&uuml;rtelrose im Kopf-Hals-Bereich oder schwerem Zoster an den Extremit&auml;ten und am K&ouml;rperstamm, sowie bei immunsupprimierten Patienten. Zur Verf&uuml;gung stehen die oral zu verabreichenden Wirkstoffe Aciclovir, Famiciclovir, Valaciclovir und Brivudin. Bei Patienten mit kompliziertem Krankheitsverlauf kann Aciclovir auch intraven&ouml;s appliziert werden. <sup>4, 5</sup> Die Behandlungsdauer betr&auml;gt bei immunkompetenten Patienten in der Regel sieben Tage, bei immunsupprimierten Patienten unter Umst&auml;nden l&auml;nger.<sup>4, 5</sup><br /><br /> <strong>Kortikosteroide</strong><br /> Die Anwendung von Kortikosteroiden wie Prednison oder Prednisolon bei unkompliziertem Herpes zoster wird kontrovers diskutiert. Einige Studien zeigten einen Benefit, vor allem bei Schmerzen und der Lebensqualit&auml;t. Wegen ihrer immunsupprimierenden Wirkung sollten Glukokortikoide bei Zoster jedoch nie ohne begleitende antivirale Therapie eingesetzt werden.<sup>5</sup><br /><br /> <strong>Schmerztherapie</strong><br /> Die Behandlung akuter Zoster- Schmerzen folgt dem WHOStufenschema: Nichtopioidanalgetika bei leichten Schmerzen, Nichtopioidanalgetika plus schwache Opioidanalgetika bei moderaten Schmerzen und Nichtopioidanalgetika plus starke Opioidanalgetika bei starken Schmerzen.<sup>4</sup><br /> Die Behandlung der PHN umfasst unter anderem die Anwendung von Lokalan&auml;sthetika wie Lidocain, Capsaicin, Antikonvulsiva wie Gabapentin oder Pregabalin, Opioiden und trizyklischen Antidepressiva wie Nortriptylin. Studien haben gezeigt, dass Kombinationen verschiedener Substanzgruppen wirkungsvoller sind als eine Monotherapie, jedoch auch mit st&auml;rkeren Nebenwirkungen verbunden sind. Da die PHN-Therapie sehr komplex ist, ist es ratsam, die Patienten an einen Spezialisten zu &uuml;ber weisen.<sup>5</sup></p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Kawai K et al.: BMJ Open 2014; 4: e004833 (doi:10.1136/ bmjopen-2014-004833) <strong>2</strong> Robert Koch Institut, Berlin: RKI-Ratgeber f&uuml;r &Auml;rzte &bdquo;Windpocken, Herpes zoster (G&uuml;rtelrose)&ldquo;, Stand: 29.08.2017 <strong>3</strong> Weinmann S et al.: J Infect Dis 2013; 208: 1859-68 <strong>4</strong> Werner RN et al.: JEADV 2017; 31: 20-9 <strong>5</strong> Cohen JI: N Engl J Med 2013; 369: 255-63</p> </div> </p>
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