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Heilmittel gegen Ärzteranking

<p class="article-intro">Ärztebewertungen sind unseriös. Durch Verweigerung von Namensnennungen kann den Rankings die Grundlage entzogen werden.</p> <hr /> <p class="article-content"><p>Werturteile &uuml;ber Niedergelassene, ob im Internet oder in Zeitschriften, sind in Mode. Um ihre fehlende Seriosit&auml;t zu beweisen, fasse ich willk&uuml;rlich drei Rankings aus periodischen Druckschriften heraus. Internetbewertungen kommen hier nicht zur Sprache. Die Niedergelassenen in Zahlen: 10 500 Wahl&auml;rzten (60 % ) stehen 7200 (40 % ) Vertragskollegen gegen&uuml;ber. Bei der &bdquo;Kopfzahl&ldquo; gibt es einen &Uuml;berhang zugunsten der Wahl&auml;rzte. Bei der Anzahl der Patientenbehandlungen hingegen haben die Vertragskollegen die Nase vorne. Der weitaus gr&ouml;&szlig;te Teil heimischer Erkrankter wird von Vertrags&auml;rzten versorgt.</p> <h2>Werbeplattform f&uuml;r Spezialisten mit Privatpraxis</h2> <p>Blenden wir in den Herbst 2013 zur&uuml;ck. Damals k&uuml;rte das Wochenmagazin NEWS in vier hintereinander folgenden Ausgaben &bdquo;&Ouml;sterreichs beste &Auml;rzte&ldquo;. Im Heft vom 7. November 2013 waren die Chirurgen, Gyn&auml;kologen und Psychiater aus dem gesamten Bundesgebiet an der Reihe. Aus der Gruppe der Fach&auml;rzte f&uuml;r allgemeine Chirurgie mit eigener Praxis wurden 23 Kollegen auf das NEWS-Podest gehoben. Von den &bdquo;Koryph&auml;en am OP-Tisch&ldquo; war die Rede. Nur drei der Erw&auml;hnten waren damals Vertrags&auml;rzte der Gebietskrankenkasse, also keine Spur vom erw&auml;hnten Verh&auml;ltnis 60:40. Noch krasser war das Missverh&auml;ltnis bei den Gyn&auml;kologen. Insgesamt wurden 31 aufgelistet, von denen lediglich 3 Vertr&auml;ge mit den Kassen besa&szlig;en: eine Wiener Kollegin und je ein Kollege in Krems und Linz. Diese Auflistung der ungleichen Verteilung lie&szlig;e sich beliebig fortsetzen. Bei besonders Privilegierten priesen die Texte neben den Konterfeis auch gleich die pers&ouml;nliche Spezialisierung an. Werbung durch die Hintert&uuml;r. Schon damals war ich ein scharfer Kritiker dieser Art von Selbsterh&ouml;hung. Autoren derartiger Ver&ouml;ffentlichungen reagierten auf meinen Vorwurf, die Auslesekriterien blieben im Dunkeln, ganz gelassen: &bdquo;Die Pr&auml;mierung erfolgt durch Ihre Kollegen, von ihnen erfahren wir die Namen.&ldquo;</p> <h2>Warum kein Ranking der besten Notare oder Geometer?</h2> <p>Unter den Freiberuflern lassen sich nur die &Auml;rzte derart fragw&uuml;rdige Auf- und damit auch Abwertungen gefallen. Man stelle sich nur vor, ein Ranking der besten Notare Wiens k&auml;me zum Abdruck. Dazu Textzeilen wie etwa: &bdquo;Koryph&auml;e bei Testamenten&ldquo; oder &bdquo;Rekordmeister in Beglaubigungen!&ldquo; Das marktschreierische Hochjubeln von 5&ndash;10 % einer Berufsgruppe, wie bei den niedergelassenen &Auml;rzten gang und g&auml;be, h&auml;tte bei Notaren medienrechtliche Folgen. Da w&uuml;rde auch die fadenscheinige Begr&uuml;ndung, f&uuml;r die Einstufung seien die besagten Freiberufler selbst verantwortlich, nichts helfen. Ein Proteststurm der Notariatskammer w&auml;re die Folge. Auch bei einem Ranking der Geometer &Ouml;sterreichs bliebe die Reaktion der Standesvertretung nicht aus. Das gegenseitige Hochloben der Kammermitglieder, um schlussendlich einen &bdquo;Meister in Parzellierungen&ldquo; zu ver&ouml;ffentlichen, w&uuml;rde den Anw&auml;lten der diversen Medien rege Aktivit&auml;ten bescheren. Nicht unm&ouml;glich, dass die zust&auml;ndige Bundeskammer so ganz nebenbei gegen die profilierungss&uuml;chtigen und auskunftsfreudigen Geometer disziplinarrechtlich vorginge.</p> <h2>In Wien h&auml;ufen sich &bdquo;&Ouml;sterreichs beste Haus&auml;rzte&ldquo;</h2> <p>In einem Ranking des Wirtschaftsmagazins &bdquo;Trend&ldquo; (Ausgabe 40/2017) wiederum geht es um die angeblich &bdquo;besten Haus&auml;rzte &Ouml;sterreichs&ldquo;. Von diesen gebe es in der Bundeshauptstadt gleich 94 St&uuml;ck, 65 davon haben Vertr&auml;ge mit der Gebietskrankenkasse. Der Rest der Pr&auml;mierten betreibt entweder eine Wahlarztpraxis oder hat Vertr&auml;ge mit den sogenannten kleinen Kassen. Da in Wien insgesamt 735 Allgemeinmediziner mit Gebietskrankenkassenvertrag t&auml;tig sind, kommen somit knapp 9 % der Kassenpraktiker in den fragw&uuml;rdigen Genuss einer medialen Aufwertung. Au&szlig;erhalb der Stadtgrenze, in Nieder&ouml;sterreich, so die Schlussfolgerung aus besagter Ver&ouml;ffentlichung, muss eine haus&auml;rztliche W&uuml;ste herrschen. Dieses Ranking aus dem Oktober 2017 erhebt n&auml;mlich nur 13 nieder&ouml;sterreichische Allgemeinmediziner in die Klasse der Besten, acht davon sind Kassenvertrags&auml;rzte, die restlichen f&uuml;nf betreiben eine Wahlarztpraxis. Im Industrieviertel s&uuml;dlich von Wien scheint das Niveau der Kassenpraktiker ganz am Boden zu liegen. F&uuml;r die gro&szlig;en Bezirke in diesem Gebiet, wie M&ouml;dling, Baden, Wiener Neustadt, Wiener Neustadt Land und Neunkirchen, f&auml;llt kein einziger Name eines Kassen- Allgemeinmediziners, der es wert w&auml;re, als &bdquo;bester Hausarzt&ldquo; eingestuft zu werden. Damit sind 476 000 Einwohner der Region von einem besonderen Mangel an &bdquo;Super-Haus&auml;rzten&ldquo; betroffen. Mit 766 Kassenpraktikern ist Nieder&ouml;sterreich derzeit das hausarztreichste Bundesland. Trotzdem wird nur 1 % davon in die Premiumklasse hochgestuft. Noch schlechter ergeht es den K&auml;rntnern. Ginge es nach dem besagten Ranking, m&uuml;ssten sich die Patienten im s&uuml;dlichsten Bundesland um die Qualit&auml;t ihrer Haus&auml;rzte ernsthafte Sorgen machen. K&auml;rnten weist nur einen einzigen &bdquo;ausgezeichneten&ldquo; Kassenpraktiker auf: Dr. Christian Ziebart-Schroth in Mallnitz. Die restlichen 253 K&auml;rntner Kassenhaus&auml;rzte gehen leer aus. Diese Information kann auch Fehlreaktionen ausl&ouml;sen. Ein Bewohner aus Wolfsberg zum Beispiel k&ouml;nnte sich veranlasst f&uuml;hlen, nach Mallnitz aufzubrechen, um dort Rat und Hilfe vom dem laut &bdquo;Trend&ldquo; besten K&auml;rntner Kassenpraktiker in Anspruch zu nehmen. 173 Kilometer liegen zwischen den beiden K&auml;rntner Gemeinden. Selbst eine Fahrzeit von zwei Stunden reicht nicht aus, um mit dem Auto diese Entfernung zu &uuml;berwinden.</p> <h2>Nur 16 von 333 n&ouml;. Internisten in der &bdquo;Premiumklasse&ldquo;</h2> <p>Die Mediengruppe &bdquo;&Ouml;sterreich&ldquo; ver&ouml;ffentlicht w&ouml;chentlich das Gesundheitsmagazin &bdquo;gesund &amp; fit&ldquo;. Im November des vergangenen Jahres waren in mehreren Ausgaben &Auml;rztebewertungen am Programm. Im Heft vom 13. November 2017 folgte Teil 2 des Rankings &bdquo;&Ouml;sterreichs beste &Auml;rzte&ldquo;. Wollen Leser des besagten Magazins mittels e-card einen der ver&ouml;ffentlichten Wiener Internisten aufsuchen, gibt es die Wahl zwischen je einem Spezialisten in der Inneren Stadt und in D&ouml;bling. Sind sie aber bereit, Privat&auml;rzte aufzusuchen, dann stehen Kollegen des Faches innere Medizin in 10 Bezirken zur Auswahl. Von den 18 angef&uuml;hrten &bdquo;Premium- Internisten&ldquo; haben 16 keine Kassenvertr&auml;ge. Bei den Wiener &bdquo;Gesund &amp; fit&ldquo;-Orthop&auml;den ist das Missverh&auml;ltnis privat zu Kasse noch ausgepr&auml;gter. Von 22 Hochgelobten verf&uuml;gen nur zwei &uuml;ber Vertr&auml;ge mit der Gebietskrankenkasse. Blicken wir zur offiziellen &Auml;rzteliste nach Nieder&ouml;sterreich. Hier stehen den 69 Internisten mit Gebietskrankenkasse 264 Wahl&auml;rzte gegen&uuml;ber. Damit ordinieren in diesem Bundesland 79 % der Fach&auml;rzte f&uuml;r innere Medizin ohne Kassenbindung. Von den insgesamt 333 &Auml;rzten dieses Faches fischen die &bdquo;Gesund &amp; fit&ldquo;- Redakteure 16 Kollegen heraus, um sie den Lesern namentlich ans Herz zu legen. Damit verdienen laut dem besagten Magazin nur knapp 5 % das Pr&auml;dikat wertvoll. Eine derartige Verzerrung h&auml;tte den lauten Aufschrei der Fachgruppe zur Folge haben m&uuml;ssen, denn im Umkehrschluss bedeutet dies, dass 95 % der nieder&ouml;sterreichischen Internisten als zweitrangig zu bezeichnen sind. Den 198 nieder&ouml;sterreichischen Orthop&auml;den (davon 50 Kassen&auml;rzte) ergeht es bei dieser Bewertung um eine Spur besser. Fast 9 % von ihnen bekommen den omin&ouml;sen Qualit&auml;tsstempel verpasst: 17 Kollegen (12 Wahl- und 5 Kassen&auml;rzte) werden den Lesern empfohlen. So bleibt zum Abschluss nur der Aufruf, diesem Nonsens aktiv entgegenzutreten. Verweigern Sie Journalisten gegen&uuml;ber jede Aussage &uuml;ber Kollegen Ihres Vertrauens.</p></p>
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