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Was Pathologen für gute Diagnosen brauchen

<p class="article-intro">Probleme in der Diagnostik haben ihren Ursprung nicht selten an den Schnittstellen zwischen unterschiedlichen Fächern und Abteilungen. Das betrifft zum Beispiel die Zusammenarbeit zwischen Dermatologie und Pathologie.</p> <hr /> <p class="article-content"><p>Nicht immer sollte in klinischen Diskussionen der Pathologe das letzte Wort behalten, wie Univ.-Prof. Dr. Harald Kittler von der Wiener Universit&auml;tsklinik f&uuml;r Dermatologie betont. Denn eine Studie aus den USA zeigte, dass 187 Pathologen und Dermatopathologen bei der Bewertung von 240 Hautbiopsien melanozyt&auml;rer L&auml;sionen keineswegs immer der gleichen Meinung waren und damit wohl auch nicht immer richtiglagen. Einige Experten erhielten dieselbe Probe zweimal zur Bewertung und waren offenbar auch mit sich selbst nicht immer einer Meinung. Selbst bei offensichtlich harmlosen oder hochmalignen L&auml;sionen lag die &Uuml;bereinstimmung der befundenden Pathologen mit dem eigenen Befund unter 80 % . Bei allem, was dazwischenlag, also zum Beispiel beim Melanoma in situ, waren die Werte noch geringer &ndash; sie lagen bei schwierigeren diagnostischen Gruppen (z.B. Melanoma in situ) lediglich bei 25 % . Auch gemessen an einem von anerkannten Experten definierten Referenzstandard schnitten die Teilnehmer der Studie schlecht ab.<sup>1</sup> Kittler: &bdquo;Die pathologische Diagnose melanozyt&auml;rer L&auml;sionen ist besorgniserregend inakkurat. Zu bemerken ist auch, dass sich die teilnehmenden Pathologen zu 86 % als sehr erfahren einstuften.&ldquo; Dabei erhielten bestimmte L&auml;sionen alle Diagnosen von sicher benigne bis sicher maligne.<br /> Die Konsequenz daraus k&ouml;nne nur sein, dass der Pathologe nicht allein das letzte Wort haben sollte. Allerdings entstehe das Irren der Pathologie nicht nur durch die &bdquo;Inkompetenz&ldquo; von Pathologen. H&auml;ufige Probleme im Alltag sind auch fehlende bzw. unklare klinische Angaben, Teilbiopsien und &bdquo;sampling error&ldquo;, Artefakte durch die Entnahme- und Aufarbeitungstechnik sowie Verwechslungen von Proben. So wird der Anteil der Probenverwechslungen in der Pathologie auf etwa 1 % gesch&auml;tzt.<br /> Mangelnde Kommunikation seitens der Kliniker kann den Pathologen &uuml;berfordern. So ist beispielsweise die Information, ob es sich bei einem eingesandten N&auml;vus um einen Rezidivn&auml;vus handelt, ebenso von Bedeutung wie die Lokalisation dieses N&auml;vus. Kittler: &bdquo;Wenn Sie das nicht dazusagen, dann bekommen Sie wahrscheinlich einen schlechten Befund.&ldquo; Wichtig sei auch eine ehrliche klinische Einsch&auml;tzung: &bdquo;Bei einer klinischen Zuweisung mit Verdacht auf Melanom ist sehr genaue Diagnostik erforderlich, man macht weitere Schnitte, wenn man nichts findet. Wenn allerdings jede Probe mit dem akuten Hinweis auf einen Melanomverdacht ans Labor geschickt wird, besteht die Gefahr, dass der Pathologe das irgendwann nicht mehr ernst nimmt.&ldquo;</p> <h2>Genauigkeit und Sorgfalt in der Zuweisung</h2> <p>Einige Informationen sollten in der Zuweisung immer enthalten sein. Das sind Alter, Geschlecht, Lokalisation und klinische Diagnose. Weiters die Art der Entnahme (Stanze, Shave, Exzision) und relevante Vorbefunde inklusive Vorbiopsien. Auch sollte angegeben werden, ob es sich um eine Teilbiopsie oder eine Gesamtexzision handelt. Die klinischen Informationen helfen auch bei der Vermeidung von Probenverwechslungen bzw. sorgen daf&uuml;r, dass diese rechtzeitig auffallen.<br /> Ob und in welchem Ausma&szlig; technische Weiterentwicklungen zu einer Verbesserung der Situation beitragen werden, ist fraglich. Kittler unterstreicht, dass die Molekularpathologie zwar wichtige Informationen liefern, die angesprochenen Probleme jedoch nicht aus der Welt schaffen kann. &Auml;hnliches gilt f&uuml;r die Anwendung von k&uuml;nstlicher Intelligenz und &bdquo;deep learning&ldquo;. Ungeachtet der rasanten und spannenden Entwicklungen der letzten Jahre sei gegenw&auml;rtig nicht absehbar, dass diese Verfahren in n&auml;chster Zeit Einfluss auf den klinischen Alltag nehmen. Bereits heute relevant ist allerdings die klinisch-dermatoskopisch- pathologische Integration. Was diese bringen kann, wurde bereits in Studien gezeigt. So w&auml;chst die diagnostische &Uuml;bereinstimmung zwischen verschiedenen Befundern mit der Anzahl der verf&uuml;gbaren Informationen. Klinische Information macht die pathologische Diagnose besser, die Einbeziehung dermatoskopischer Aufnahmen verbessert die Zuverl&auml;ssigkeit der Diagnosen weiter.<sup>2</sup></p></p> <p class="article-quelle">Quelle: Jahrestagung der Österreichischen Gesellschaft für Dermatologie und Venerologie, 30. 11. bis 2. 12. 2017; Salzburg </p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Elmore JG et al.: Pathologists&rsquo; diagnosis of invasive melanoma and melanocytic proliferations: observer accuracy and reproducibility study. BMJ 2017; 357: j2813 <strong>2</strong> Ferrara G et al.: The influence of clinical information in the histopathologic diagnosis of melanocytic skin neoplasms. PLoS One 2009; 4(4): e5375</p> </div> </p>
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