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Multimodale Diagnostik bei Glioblastomen

<p class="article-intro">Das Glioblastom des Erwachsenenalters ist ein heterogener Tumor, der einerseits in unterschiedlicher Lokalisation mit unterschiedlichen molekularpathologischen Signaturen bzw. unterschiedlichem biologischem Wachstumsverhalten auftritt und andererseits durch sehr variables Ansprechen auf Therapiekonzepte charakterisiert ist.</p> <hr /> <p class="article-content"><p>Zum Zeitpunkt der histopathologischen Diagnose kann das Glioblastom unter molekularpathologischen Gesichtspunkten in mehrere Untergruppen eingeteilt werden, wie z.B. in <em>IDH</em>-mutierte, <em>IDH</em>-Wildtyp-, <em>MGMT</em>-methylierte und nicht <em>MGMT</em>-methylierte Glioblastome. Im weiteren Verlauf der Erkrankung kann es durch die angewendeten Therapien (lokale Strahlentherapie und systemische Antitumortherapien &ndash; zumeist mit Temozolomid) oder auch durch die Tumorevolution per se zu verschiedensten Ver&auml;nderungen der Tumorgenetik und Epigenetik kommen. Diese Ver&auml;nderungen k&ouml;nnen bei der Verlaufsbeurteilung zu komplexen Problemstellungen f&uuml;hren. Um der Komplexit&auml;t dieser Erkrankungen in der Diagnostik gerecht zu werden, kann ein multimodales diagnostisches Assessment sehr hilfreich sein.</p> <h2>Multimodale Diagnostik</h2> <p>Im Rahmen der multimodalen Diagnostik bei Glioblastomen kommt der Kombination aus Histopathologie und Molekularpathologie, bildgebender Diagnostik mittels Magnetresonanztomografie (MRT) und Aminos&auml;ure-Positronenemissionstomografie (PET) sowie auch den klinischen Skalen und Scores und der klinisch-neurologischen Testung eine besondere Bedeutung zu. Von Seiten der Pathologie ist neben der Bestimmung von Histologie auch die Analyse der molekularpathologischen Signaturen sinnvoll, um einerseits pr&auml;diktiv das Ansprechen auf systemische Chemotherapie und andererseits die Prognose der Patienten besser einsch&auml;tzen zu k&ouml;nnen. Die weitere molekularbiologische Aufarbeitung betreffend verschiedene Rezeptorexpressionen/-amplifikationen und Mutationen ist potenziell auch f&uuml;r gezielte Therapieans&auml;tze von Bedeutung.</p> <h2>Stellenwert der MRT</h2> <p>Eine wesentliche S&auml;ule in der Beurteilung der Tumoraktivit&auml;t ist die bildgebende Diagnostik, hier vor allem die Magnetresonanztomografie (MRT). Die Standardsequenzen sind T1-gewichtete Sequenzen mit und ohne Kontrastmittel sowie T2- Sequenzen (FLAIR) und, falls verf&uuml;gbar, auch Technologien wie Perfusions- und Diffusions-MRT. Die Schw&auml;chen der Routineuntersuchung mittels MRT bestehen vor allem in der adjuvanten Phase nach Radiochemotherapie, wo es bei bis zu 30 % der Patienten zu einer sogenannten Pseudoprogression kommen kann. Hier entspricht die Gr&ouml;&szlig;enzunahme des Tumors bzw. der Kontrastmittel-aufnehmende Anteil keiner echten Progression, sondern einer sogenannten &bdquo;Pseudoprogression&ldquo;, die auf therapieassoziierte Ph&auml;nomene zur&uuml;ckzuf&uuml;hren ist. Der erg&auml;nzende Einsatz von MRT-Perfusionsaufnahmen sowie auch der kombinierte Einsatz von quantitativen MRT-Perfusion und MRT-Diffusionssequenzen k&ouml;nnen hier differenzialdiagnostische Unterst&uuml;tzung bringen. Ein routinem&auml;&szlig;iger Einsatz dieser erweiterten Technologien ist jedoch in vielen, auch neuroonkologisch spezialisierten Zentren noch nicht etabliert. Sogenannte Pseudoprogressionen sind mittlerweile auch unter immunologischen Therapien wie z.B. bei Checkpointinhibitoren (CTLA-4, PD-1, PD-L1), Vakzinationen gegen Tumorantigene oder Therapien mit Antik&ouml;rpern plus Toxinkonjugaten beobachtet worden.<br /> Auch unter antiangiogener Therapie ist die Routine-MRT-Technologie mit &bdquo;caveats&ldquo; behaftet, da es in der Regel schon fr&uuml;hzeitig zu einer deutlichen Gr&ouml;&szlig;enabnahme der Kontrastmittel-aufnehmenden Tumoranteile kommt, die jedoch nicht mit einem Therapieansprechen verwechselt werden d&uuml;rfen. Entscheidend in der Verlaufsbeurteilung sind die T2-gewichteten Sequenzen (FLAIR). Diese auf den ersten Blick scheinbare Befundverbesserung wird auch als &bdquo;Pseudoresponse&ldquo; bezeichnet. Auch hier k&ouml;nnen Technologien wie MRT-Perfusion und MRT-Diffusionssequenzen hilfreiche Zusatzinformationen ergeben.</p> <h2>Stellenwert der Aminos&auml;ure-PET</h2> <p>In einigen neuroonkologischen Zentren kommt die Aminos&auml;ure-PET zum Einsatz, insbesondere die 18F-Fluorethyltyrosin( FET)-PET. Die Aminos&auml;ure-PET spiegelt in erster Linie den Aminos&auml;uremetabolismus der Tumorzellen wider und ist eine valide Untersuchungsmethode zur Einsch&auml;tzung der biologischen Aktivit&auml;t des Tumors. Die St&auml;rke der Aminos&auml;ure-PET in der Verlaufsbeurteilung des Glioblastoms zeigt sich bei sequenziellem Einsatz, wodurch die Aminos&auml;ureabnahme bzw. -zunahme gut dokumentiert und quantifiziert werden kann. Auch f&uuml;r die differenzialdiagnostische Abgrenzung zwischen echter Progression und sogenannter Pseudoprogression oder Pseudoresponse kann die Aminos&auml;ure-PET-Untersuchung wichtige Zusatzinformationen liefern. Dar&uuml;ber hinaus kann sie lokalisatorische Informationen f&uuml;r eine m&ouml;gliche Re-Biopsie oder Re-Resektion eines besonders aktiven Tumoranteils (&bdquo;Hotspot&ldquo;) zeigen.</p> <h2>Klinisch-neurologische Diagnostik</h2> <p>Scores, wie der Karnofsky-Index oder der ECOG, sind in der multimodalen Diagnostik eine Grundvoraussetzung, allerdings spiegeln diese die neurologische Funktion in den meisten F&auml;llen ungen&uuml;gend wider. F&uuml;r die genauere funktionelle Diagnostik des betroffenen Organs wird die klinisch-neurologische Diagnostik herangezogen. Hierbei kann eine Ver&auml;nderung der tumorassoziierten klinisch-neurologischen Symptomatik wichtige Hinweise auf eine Befundbesserung oder Befundverschlechterung liefern. Auch die Diagnostik tumorassoziierter kognitiver Beeintr&auml;chtigungen kann mittels kognitiver Testbatterien gut identifiziert, quantifiziert und im Verlauf beurteilt werden. Wie auch bei der Interpretation der bildgebenden Befunde m&uuml;ssen bei klinischneurologischen Tests epileptische Anf&auml;lle oder Medikamentennebenwirkungen wie etwa kognitive Beeintr&auml;chtigungen durch Antikonvulsiva oder Steroide ber&uuml;cksichtigt werden.<br /> Aktuell werden zu den klinisch-neurologischen Tests auch zunehmend die Erhebung von Lebensqualit&auml;t und die Diagnostik von Depression und/oder Fatigue gefordert.</p> <div id="fazit"> <h2>Fazit</h2> <p>Die klinische Praxis zeigt, dass durch die Ber&uuml;cksichtigung der multimodalen Diagnostik die Wahrscheinlichkeit von Fehlinterpretationen im Bereich der bildgebenden Verfahren, aber auch im Bereich der klinischen Testung, verringert werden kann. Entscheidend f&uuml;r das multimodale Assessment ist die gemeinsame Interpretation der Ergebnisse im Rahmen einer interdisziplin&auml;ren neuroonkologischen Besprechung.<br /> F&uuml;r die Zukunft erhoffen wir uns, dass quantifizierbare Methoden wie z.B. die MRT-Perfusions- und MRT-Diffusionstechnik eine erh&ouml;hte, m&ouml;glichst fr&uuml;he diagnostische Sicherheit in Bezug auf Therapieansprechen/ Therapieversagen bringen, um unwirksame Therapien mit potenziellen Nebenwirkungen und eventuell hohen Kosten fr&uuml;hzeitig absetzen bzw. auf andere potenziell wirksamere Therapien umstellen zu k&ouml;nnen.</p> </div></p>
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