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Wie messen wir den Blutdruck 2018?

<p class="article-intro">Die neuen US-amerikanischen Empfehlungen zur Prävention, Erkennung, Abklärung und Behandlung des Bluthochdrucks bei Erwachsenen, bei der Jahrestagung der American Heart Association im November 2017 vorgestellt, haben nicht nur die Blutdruckzielwerte mit 130/80mmHg für große Gruppen der Bevölkerung nach unten revidiert. Es wurde auch die Bedeutung einer standardisierten Blutdruckmessung in der Praxis betont und diese detailliert erklärt, des Weiteren wurde die Notwendigkeit einer „Out of office“-Blutdruckmessung hervorgehoben. Die vorliegende Arbeit thematisiert das Blutdruckmessen per se. </p> <p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li><span xml:lang="de-DE">F&uuml;r richtiges Blutdruckmessen sind die Punkte in Tabelle 1 zu beachten.</span></li> <li><span xml:lang="de-DE">Die wichtigsten Messmethoden sind die unbeobachtete automatische Office-Blutdruckmessung, das ambulante 24-Stunden-&shy;Blutdruckmonitoring, die &shy;Blutdruckselbstmessung und in ausgew&auml;hlten F&auml;llen das &shy;Blutdruck-Telemonitoring.</span></li> <li><span xml:lang="de-DE">Die &Ouml;GH-Empfehlungen von 2013 bezeichnen &lt;120/&lt;80mmHg als optimalen Blutdruck (BD), 120&ndash;129/80&ndash;84mmHg als nor&shy;malen BD, 130&ndash;139/85&ndash;89mmHg als hochnormalen BD und &ge;140/&ge;90mmHg als Hypertonie.</span></li> <li><span xml:lang="de-DE">Eine Aktualisierung der &Ouml;GH-Empfehlungen ist in Arbeit.</span></li> </ul> </div> <h2>Definition des Goldstandards, Blutdruckmessger&auml;te</h2> <p>Hinsichtlich weiterer erforderlicher diagnostischer Schritte abseits des Blutdruckmessens (Basisabkl&auml;rung, Screening auf asymptomatische Organsch&auml;den, Erhebung des kardiovaskul&auml;ren Risikoprofils, Nachweis sekund&auml;rer Hypertonieformen) verweise ich auf die aktuellen &ouml;sterreichischen Empfehlungen<sup>1</sup>, auf die &Ouml;GH-Homepage<sup>2</sup>, auf die Fortbildungskurse der &Ouml;GH sowie auf die europ&auml;ischen<sup>3</sup> und US-amerikanischen<sup>4</sup> Guidelines.<br />Obwohl bekannt und rezent durch eine gro&szlig;e Metaanalyse unter &ouml;sterreichischer Beteiligung<sup>5</sup> eindeutig belegt ist, dass die nicht invasive Oberarmblutdruckmessung mit der Manschette im Vergleich zu invasiven Messungen den systolischen Blutdruck (SBD) deutlich untersch&auml;tzt und den diastolischen Blutdruck (DBD) deutlich &uuml;bersch&auml;tzt, bleibt die Methode nach Riva-Rocci und Korotkoff mit einem Quecksilber-Sphygmomanometer der Goldstandard in der t&auml;glichen Routine. Dies beruht auf einer gro&szlig;en Anzahl von Studien aus vielen Jahrzehnten, die mit dieser Messtechnik durchgef&uuml;hrt wurden. Alle anderen Blutdruckmessmethoden und -ger&auml;te werden daran validiert. Der sys&shy;tolische Blutdruck (SBD) ist dabei definiert als das H&ouml;rbarwerden des ersten Korotkoff-Ger&auml;usches, der diastolische Blutdruck (DBD) als das Verschwinden des letzten Korotkoff-Ger&auml;usches. Aufgrund der Toxizit&auml;t von Quecksilber sind diese Messger&auml;te in vielen L&auml;ndern nicht mehr verf&uuml;gbar, als Weiterentwicklung werden meist oszillometrische BD-Messger&auml;te verwendet, da sich diese gut f&uuml;r automatisierte Messungen eignen. Bei der oszillometrischen Messung werden die Blutdruckschwankungen in der Blutdruckmanschette (die nur wenige mmHg umfassen) beim Ablassen derselben aufgezeichnet. Die H&uuml;llkurve dieser geringen Blutdruckschwankungen ist im Idealfall diamantenf&ouml;rmig mit einem Maximum, das dem mittleren Blutdruck entspricht. Dieser wird daher oszillometrisch direkt und &uuml;blicherweise sehr pr&auml;zise gemessen, aber meist gar nicht auf dem Display angezeigt. Aus der H&uuml;llkurve der BD-Schwankungen in der Manschette werden mithilfe firmen&shy;spezifischer Algorithmen der SBD und der DBD errechnet, wobei sich diese Algorithmen je nach Hersteller unterscheiden. Daher m&uuml;ssen alle automatischen oszillometrischen Blutdruckmessger&auml;te gegen den Goldstandard gepr&uuml;ft (&bdquo;validiert&ldquo;) werden. Der erste Schritt zur richtigen Dia&shy;gnose &bdquo;Bluthochdruck&ldquo; ist somit die Verwendung eines validierten Messger&auml;tes. Listen zu den Ger&auml;ten findet man unter www.hochdruckliga.at und www.dableducational.org, wobei die &Ouml;GH im Allgemeinen Oberarmblutdruckmessger&auml;ten den Vorzug gibt.</p> <h2>Richtiges Blutdruckmessen in der Arztpraxis und bei der Selbstmessung</h2> <p>Da der BD auch beim Gesunden eine starke Schwankungsbreite hat, ist eine Standardisierung bei der Messung erforderlich. Die wichtigsten Punkte finden sich in Tabelle 1.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Jatros_Kardio_1801_Weblinks_s32.jpg" alt="" width="1419" height="2566" /></p> <h2>Was bei der Blutdruckmessung noch zwingend erforderlich ist</h2> <p>Aufgrund der artifiziellen Messbedingungen bei der klassischen Office-BD-Messung und der starken Variabilit&auml;t des BD sind die Diagnose und Therapiekontrolle des Bluthochdrucks nach Meinung der &Ouml;GH, aber auch anderer Fachgesellschaften mit der alleinigen konventionellen Office-BD-Messung nicht ad&auml;quat. <br />Die &bdquo;Out-of-office&ldquo;-BD-Messung vervielfacht die Zahl der Messungen und liefert einigerma&szlig;en unter Alltagsbedingungen gemessene BD-Werte; beides ist f&uuml;r eine korrekte Diagnose und richtige Behandlung unerl&auml;sslich. In der US-Emp&shy;fehlung wird der Out-of-office-Blutdruckmessung (24-Stunden-Blutdruckmessung, Selbstmessung, Telemonitoring) ein Klasse-1A-Empfehlungsgrad gegeben, dies ist der h&ouml;chstm&ouml;gliche Empfehlungsgrad, die Empfehlung lautet im Original folgenderma&szlig;en: &bdquo;Out-of-office BP measurements are recommended to confirm the diagnosis of hypertension and for titration of BP-lowering medication, . . .&ldquo; Die &Ouml;GH empfiehlt schon seit L&auml;ngerem eine Out-of-office-Messung bei jedem Patienten, um die Diagnose Bluthochdruck abzusichern und eine &Uuml;ber- oder eine Untertherapie zu vermeiden.</p> <p><strong>Unbeobachtete automatische &shy;Office-Blutdruckmessung</strong></p> <p>Die unbeobachtete automatische Office-Blutdruckmessung wird seit L&auml;ngerem von kanadischen Blutdruckexperten empfohlen und hat dort auch Einzug in die Guidelines gehalten. Dabei sitzt der Patient mit angelegtem automatischem BD-Messger&auml;t alleine in einem ruhigen Raum. Nach 5 Minuten wird der Blutdruck automatisch 3-mal im Abstand von einer Minute gemessen und der Mittelwert ausgegeben. Durch die Verwendung im Rahmen der SPRINT-Studie wurde die Methode allgemein bekannt. Sie ergibt durch den Wegfall des &bdquo;Wei&szlig;kitteleffektes&ldquo; meist niedrigere Messwerte als die konventionelle Office-Messung. Die gemessenen Werte liegen eher im Bereich der BD-Selbstmessung oder der Tageswerte der 24-Stunden-BD-Messung.</p> <p><strong>Ambulantes 24-Stunden-Blutdruckmonitoring (ABDM)</strong></p> <p>Durch Verwendung automatischer oszillometrischer Messger&auml;te, die tags&uuml;ber alle 15&ndash;20 Minuten und nachts alle 30 Minuten den BD messen, kann in einer einzigen 24-Stunden-Messung eine ausreichend gro&szlig;e Anzahl an BD-Messwerten gewonnen werden. Dadurch wird das aktuelle Blutdruckniveau am besten abgesch&auml;tzt. Einige Fachgesellschaften, u.a. die &ouml;sterreichische und die britische, empfehlen daher grunds&auml;tzlich eine 24-Stunden-BD-Messung vor Einleitung einer Therapie. Limitierend sind die mancherorts immer noch mangelnde Verf&uuml;gbarkeit sowie manchmal eine gewisse Unannehmlichkeit. Ausgewertet werden 24-Stunden-, Tages- und Nacht-Mittelwerte sowie der n&auml;chtliche Blutdruckabfall.</p> <p><strong>Blutdruckselbstmessung (Heim-BD-Messung)</strong></p> <p>Bei Verwendung moderner automatischer BD-Messger&auml;te (idealerweise mit automatischer Aufzeichnung der Werte), und wenn der Patienten entsprechend geschult ist (siehe Tabelle 1, richtiges Blutdruckmessen), ist die Selbstmessung eine wertvolle Methode in der Diagnosestellung, mehr noch in der Therapiekontrolle bei Bluthochdruck. In der Einstellungsphase sollte mindestens eine Woche lang morgens und abends je 2-mal gemessen werden. Die Messwerte entsprechen im Mittel dem Tagesdurchschnitt der BD-Selbstmessung.</p> <p><strong>Blutdruck-Telemonitoring</strong></p> <p>Verschiedene Formen der Telemedizin k&ouml;nnen bei ausgew&auml;hlten Patienten die BD-Einstellung verbessern.</p> <h2>Normalwerte und Grenzwerte</h2> <p>Der Zusammenhang zwischen der H&ouml;he des Blutdrucks und dem kardiovaskul&auml;ren Risiko ist ab einem SBD von 115mmHg und einem DBD von 75mmHg kontinuierlich, d.h., es l&auml;sst sich in epidemiologischen Studien kein echter Schwellenwert erkennen. Jede Festlegung eines Grenzwertes ist daher etwas willk&uuml;rlich und kann sich bei Vorhandensein neuerer Daten auch &auml;ndern, eine solche Festlegung ist aber aus praktischen Gr&uuml;nden durchaus notwendig. Nach Erscheinen der SPRINT-Studie, die 2 verschiedene Zielwerte (&lt;120mmHg versus &lt;140mmHg) des SBD, festgestellt mit der unbeobachteten automatischen Office-Messung, in einem breiten Patientenkollektiv untersuchte und deutliche Vorteile f&uuml;r den niedrigeren Zielwert zeigte, und nach einigen gro&szlig;en Metaanalysen, die dieses Ergebnis best&auml;tigten, ist eine lebhafte Diskussion &uuml;ber Grenz- und Zielwerte entstanden. Die neue US-Guideline<sup>4</sup> definiert &ndash; auf Basis von Office-Messungen &ndash; einen normalen BD als &lt;120/&lt;80mmHg, einen erh&ouml;hten BD als 120&ndash;129/&lt;80mmHg und Hypertonie als &ge;130/&ge;80mmHg. Die &Ouml;GH-Empfehlungen von 2013 (noch vor den neuen Erkenntnissen ver&ouml;ffentlicht; eine Neuauflage ist in Vorbereitung) bezeichnen &lt;120/&lt;80mmHg als optimalen BD, 120&ndash;129/80&ndash;84mmHg als normalen BD, 130&ndash;139/85&ndash;89mmHg als hochnormalen BD und &ge;140/&ge;90mmHg als Hypertonie. Die den Office-BD-Werten entsprechenden Werte der Out-of-office-Messungen sind in Tabelle 2 dargestellt. Dem &bdquo;neuen&ldquo; BD-Zielwert von 130/ 80mmHg (Office-Blutdruck) entsprechen in der Selbstmessung sowie beim Tages-Mittelwert der 24-Stunden-BD-Messung ebenfalls 130/80mmHg.</p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Watschinger B et al.: Journal f&uuml;r Hypertonie 2013; 17: 99-108 <strong>2</strong> www.hochdruckliga.at <strong>3</strong> Mancia G et al.: Journal of Hypertension 2013, 31: 1281-1357 <strong>4</strong> Whelton PK et al.: 2017 ACC/AHA/AAPA/ABC/ACPM/AGS/APhA/ASH/ASPC/NMA/PCNA Guideline for the Prevention, Detection, Evalu&shy;ation, and Management of High Blood Pressure in Adults. A Report of the American College of Cardiology/American Heart Association Task Force on Clinical Practice Guidelines. Hypertension. 2017; https://doi.org/10.1161/HYP.000000 0000000065; HYP.0000000000000065; Originally &shy;published November 13, 2017 <strong>5</strong> Picone DS et al.: J Am Coll Cardiol 2017; 70: 572-86</p> <p><strong>Wichtige Links:</strong><br /><a href="http://www.hochdruckliga.at">www.hochdruckliga.at</a><br /><a href="http://www.dableducational.org">www.dableducational.org</a></p> </div> </p>
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