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Allgemeinmedizinerinnen und -mediziner gefordert

Betreuung der Herzinsuffizienz in der Praxis

<p class="article-intro">Herzinsuffizienz ist auf dem besten Weg, zur Volkskrankheit zu werden. Die Hausärztin und der Hausarzt<sup>*</sup> werden eine zentrale Rolle in der Betreuung einnehmen: von der oft schwierigen Diagnosestellung bis zur akuten Behandlung bei Verschlechterung.</p> <p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li><span xml:lang="de-DE">Herzinsuffizienz entwickelt sich zur Volkskrankheit und wird eine immer h&auml;ufigere Diagnose in allgemeinmedizinischen &shy;Ordinationen werden.</span></li> <li><span xml:lang="de-DE">Der Hausarzt stellt h&auml;ufig die </span><span xml:lang="de-DE">Erstdiagnose der Herzinsuffizienz.</span><span xml:lang="de-DE">Diese ist insbesondere bei &auml;lteren</span><span xml:lang="de-DE"> Menschen h&auml;ufig schwierig.</span></li> <li><span xml:lang="de-DE">Der Hausarzt ist oft erste Anlaufstelle bei Dekompensation. Eine rasche Behandlung kann oft eine Spitalsaufnahme verhindern.</span></li> <li><span xml:lang="de-DE">Dem Hausarzt fallen die Aufgaben</span><span xml:lang="de-DE"> der Weiterverschreibung von Medi&shy;kamenten und der &Uuml;ber&shy;pr&uuml;fung der Vertr&auml;glichkeit und Compliance zu. Diese haben &shy;gro&szlig;e Auswirkungen auf die &shy;Prognose des Patienten.</span></li> </ul> </div> <h2>Herausforderung f&uuml;r das Gesundheitssystem</h2> <p>Die Anzahl der Patientinnen und Patienten* mit Herzinsuffizienz wird in &Ouml;sterreich auf rund 250 000 gesch&auml;tzt und ist damit prozentuell gleichauf mit Deutschland (1,6 Mio.) und der Schweiz (200 000). Es wird damit gerechnet, dass diese Zahlen in den n&auml;chsten Jahren um rund 25 % steigen. Bemerkenswerterweise sollen sich die Kosten im selben Zeitraum &uuml;berproportio&shy;nal um mehr als das Doppelte erh&ouml;hen. F&uuml;r die USA rechnet man f&uuml;r 2030 mit direkten Aufwendungen von 80 Mrd. Dollar.</p> <h2>Wichtige Rolle der Haus&auml;rzte bei Herzinsuffizienz</h2> <p>Diesen beeindruckenden Zahlen stehen in &Ouml;sterreich rund 4000 Allgemeinmediziner und 400 Internisten gegen&uuml;ber. Rechnet man Wahl&auml;rzte sowie die kardiologischen und internistischen Ambulanzen gro&szlig;z&uuml;gig ein, m&uuml;sste jeder Internist mehr als 200 Menschen mit Herzinsuffizienz betreuen. Daraus wird schnell ersichtlich, dass den Haus&auml;rzten eine zentrale und immens wichtige Rolle in der Betreuung der Herzinsuffizienz zuf&auml;llt. Diese umfasst insbesondere:<br />Sie stellen h&auml;ufig die Erstdiagnose<br />Besonders bei &auml;lteren Patienten kann sich eine Herzinsuffizienz mit subtilen Zeichen, beispielsweise nur leichten Bein&ouml;demen und einer geringen Einschr&auml;nkung der Leistungsf&auml;higkeit, &auml;u&szlig;ern. Nur wer die Patienten gut und lange kennt, wird bemerken, dass es sich hier nicht um einen normalen Alterungsprozess handelt.<br />Sie sind h&auml;ufig erste Anlaufstelle bei einer Dekompensation<br />Viele Dekompensationen bei chronischer Herzinsuffizienz k&uuml;ndigen sich mit einer raschen Erh&ouml;hung des K&ouml;rpergewichts an, oft noch bevor es zu offensichtlichen Stauungszeichen kommt. Eine rasche Reaktion durch eine Erh&ouml;hung der Diuretika oder eine Anpassung der spezifischen Therapie kann Spitalsaufenthalte oft verhindern.<br />Sie sind h&auml;ufig f&uuml;r die Weiterverschreibung der Therapie zust&auml;ndig<br />Die Herzinsuffizienztherapie ist nur so gut wie die Compliance des Behandelten. Die Haus&auml;rzte trifft hier die ausgesprochen wichtige Aufgabe, sicherzustellen, dass die Medikamente wie verschrieben eingenommen werden.<br />So bedeutsam also die Rolle des Hausarztes ist, so wenig wurde sie bisher wissenschaftlich beleuchtet. Das britische NICE-Komitee empfiehlt denn auch recht allgemein eine gute Kommunikation zwischen den Behandelnden, eine patientenzentrierte Betreuung und eine &Uuml;berweisung zum Spezialisten bei Unsicherheit. So weit, so offensichtlich.</p> <h2>Einsch&auml;tzung der Situation und Verbesserungsm&ouml;glichkeiten</h2> <p>Dass dies jedoch nicht trivial ist, wissen wir alle aus der t&auml;glichen Erfahrung. Dennoch &ndash; multidisziplin&auml;re Ans&auml;tze, sowohl intramural als auch im niedergelassenen Bereich, zeigten in einigen Studien eine deutliche Verbesserung des &Uuml;berlebens, die vergleichbar ist mit jener, die durch neueste Medikamente erreicht werden kann. <br />Zus&auml;tzlich gibt es gute Beweise daf&uuml;r, dass die Weiterverschreibungsrate der wichtigsten Medikamente eng mit dem &Uuml;berleben zusammenh&auml;ngt. Daten aus &Ouml;sterreich zeigen uns, dass beinahe die H&auml;lfte der Patienten mit einer neuen Herzinsuffizienzdiagnose im Folgejahr keinen Betablocker bezogen haben. Das kann daran liegen, dass das Medikament nicht in der Apotheke abgeholt wurde oder dass es nicht verschrieben wurde. In jedem Fall liegt es hier an den betreuenden &Auml;rzten, also in der Regel am Hausarzt, diese Medikamente und deren Einnahme zu &uuml;berwachen.<br />So viel also zur akademischen Besch&auml;ftigung mit dem Thema. Doch was sagen die Betroffenen? Eine repr&auml;sentative Erhebung unter Haus&auml;rzten zeichnet ein klares Bild:<br />&bull; Es ist schwierig, den Stellenwert der Leitlinien einzusch&auml;tzen, und es ist unm&ouml;glich, alle Leitlinien aller wichtigen Erkrankungen zeitgem&auml;&szlig; zu &uuml;berblicken. <br />&bull; Die Diagnose der Herzinsuffizienz ist insbesondere bei &auml;lteren Menschen schwierig und eine Zweitmeinung ist oft mit langer Wartezeit verbunden. <br />&bull; Multidisziplin&auml;re Zusammenarbeit wird begr&uuml;&szlig;t, vor der Gefahr einer einseitigen Beziehung aber gewarnt. Die Allgemeinmediziner wollen ihre Patienten in ihrer Betreuung behalten. <br />Daraus ergeben sich mehrere M&ouml;glichkeiten zur Verbesserung. <br />Leitlinien werden von Gremien bestehend aus mehreren Dutzend Experten geschrieben und kondensieren oft Hunderte gr&ouml;&szlig;ere Studien. Nicht selten entsteht der Eindruck, dass hier aus dem Elfenbeinturm heraus f&uuml;r den Elfenbeinturm geschrieben wird. Es besteht ein gro&szlig;er Bedarf an pragmatischen, den nationalen Gegebenheiten angepassten Leitlinien. Hier sind die lokalen wissenschaftlichen Gesellschaften gefragt.<br />Informationstechnologie hat schon lange Einzug in die klinische Routine gehalten, gleichzeitig werden die Behandlungsabl&auml;ufe immer strukturierter. Die &auml;rztliche Kunst t&auml;te hier gut daran, sich durch un&shy;kreative Algorithmen unterst&uuml;tzen zu &shy;lassen. Die M&ouml;glichkeiten gibt es, die Verpflichtung zur Dokumentation k&ouml;nnte hier synergistisch genutzt werden und die vorhandenen Daten zur Hilfe herangezogen werden. Letztlich liegt es an den Kostentr&auml;gern, hier tats&auml;chlich intelligente Systeme zu implementieren. <br />Schlie&szlig;lich brauchen wir einen besseren Austausch zwischen Allgemeinmedizinern und Spezialisten. Die Kommunikation muss unmittelbarer werden und von einem gegenseitigen Verst&auml;ndnis getragen sein. Denn es ist klar, dass die Volkskrankheit Herzinsuffizienz nur durch einen gemeinsamen Einsatz aller behandelnden &Auml;rzte auch in Zukunft gut versorgt werden kann.</p> <p><sub>* Im Folgenden sind ausdr&uuml;cklich immer die weibliche und die m&auml;nnliche Form gemeint.</sub></p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p>beim Verfasser</p> </div> </p>
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