© magicmine iStockphoto

Vaskuläre Kalzifikation: Entstehung und klinische Bedeutung

<p class="article-intro">Die vaskuläre Kalzifikation ist ein aktiver Prozess sowie ein unabhängiger Risikofaktor für die kardiovaskuläre Morbidität und Mortalität und damit von großer klinischer Bedeutung. Im folgenden Artikel soll die Rolle von Vitamin K, Vitamin-K-Antagonisten, NOAK und einer Reihe weiterer Medikamente besprochen werden. </p> <p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li><span xml:lang="de-DE">Die vaskul&auml;re Kalzifikation wird in die Intimakalzifikation (IC) und in die Mediakalzifikation (MC) &shy;unterteilt.</span></li> <li><span xml:lang="de-DE">Kalk im Gef&auml;&szlig;system erh&ouml;ht das kardiovaskul&auml;re Risiko.</span></li> <li><span xml:lang="de-DE">Vitamin K wirkt protektiv gegen vaskul&auml;re Kalzifikation.</span></li> <li><span xml:lang="de-DE">Vitamin-K-Antagonisten, Statine und PCSK9-Inhibitoren f&uuml;hren zu einem Progress der Kalzifikation. </span></li> <li><span xml:lang="de-DE">Nifedipin bewirkt eine signifikante</span><span xml:lang="de-DE"> Reduktion von Koronarkalk.</span></li> <li><span xml:lang="de-DE">NOAK werden diesbez&uuml;glich &shy;derzeit untersucht.</span></li> </ul> </div> <h2>Einleitung</h2> <p>Die kalzifizierende Gef&auml;&szlig;sklerose kann in zwei unterschiedliche Manifestationsformen unterteilt werden, die nicht streng voneinander getrennt sind und auch &uuml;berlappende Risikofaktoren haben k&ouml;nnen (Abb. 1):</p> <p><strong>1. Atherosklerotische Form (Intima- und Plaquekalzifikation, IC; Abb. 2)</strong></p> <p>Diese Form der Vasosklerose ist mit den klassischen Framingham-Risikofaktoren (Hypertonie, Rauchen, Lipidstoffwechselst&ouml;rungen etc.) assoziiert und manifestiert sich an der intimalen Gef&auml;&szlig;wandschicht.</p> <p><strong>2. Arteriosklerotische Form (Mediakalzifikation, M&ouml;nckeberg-&shy;Sklerose, MC; Abb. 2)</strong></p> <p>Die Mediakalzifikation, MC, manifestiert sich typischerweise mit zunehmendem Alter, bei Niereninsuffizienz oder Diabetes mellitus und betrifft gef&auml;&szlig;anatomisch die Tunica media.<br />Neben der vaskul&auml;ren Kalzifikation sind insbesondere im h&ouml;heren Alter vorkommende Herzklappenerkrankungen von Bedeutung, wie kalzifizierende Aortenklappenstenose, Mitralklappenringverkalkung und die seltene Kalziphylaxie, die vornehmlich bei Dialysepatienten durch Arteriolenverkalkung nekrotische Haut&shy;areale hervorruft.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Jatros_Kardio_1801_Weblinks_s11_1.jpg" alt="" width="2150" height="721" /></p> <h2>Klinische Bedeutung</h2> <p>Jeglicher Nachweis von Kalk im Gef&auml;&szlig;system bewirkt f&uuml;r den betroffenen Patienten ein h&ouml;heres kardiovaskul&auml;res Risiko im Vergleich zu einem Patienten ohne Kalknachweis. Zur Quantifizierung der Kalklast sind verschiedene Score-Systeme etabliert, wobei die beste Methode zur Quantifizierung der Kalklast die koronare Computertomografie ist. Betroffene mit einem intermedi&auml;ren Risiko nach den klassischen Herz-Kreislauf-Risikofaktoren sind bei hohem Koronarkalk-Score als Hochrisikogruppe zu betrachten.<br />Ein Koronarkalk-Score von mehr als 400 ist in Bezug auf das 10-Jahres-Ereignisrisiko ein weiteres KHK-&Auml;quivalent. Eine Post-hoc-Analyse von 5534 Patienten (Multi-Ethnic Study of Atherosclerosis, MESA) zeigt, dass nachgewiesener Koronarkalk eine verl&auml;ssliche zus&auml;tzliche Risikoabsch&auml;tzung erlaubt, wobei im Allgemeinen sogar das relative Ereignisrisiko mittels Koronarkalkmessung das Risiko aufgrund anderer Risikofaktoren (Kn&ouml;chel-Arm-Index, Intima-Media-Dicke, Biomarker etc.) &uuml;bersteigt (Tab. 1).</p> <h2>Pathophysiologie der vaskul&auml;ren Kalzifikation</h2> <p>Eine vaskul&auml;re Kalzifikation ist das Nettoresultat aus einem Ungleichgewicht zwischen prokalzifikatorischen und kalzifikationsinhibitorischen Faktoren. Ein Ungleichgewicht zwischen diesen Faktoren (Tab. 2) ist bei Erkrankungen wie einer chronischen Niereninsuffizienz oder Diabetes mellitus h&auml;ufig. Ein gest&ouml;rter Mineralstoffwechsel spielt eine besondere Rolle, wobei neben Kalzium und Phosphat auch Magnesium den vaskul&auml;ren Kalzifikationsprozess beeinflusst. Phosphat ist prokalzifikatorisch, indem es Ver&auml;nderungen der kontraktilen Gef&auml;&szlig;muskelzellen zu osteoblasten&auml;hnlichen Zellen induziert. Bei Niereninsuffizienz wird die Assoziation zwischen Serumphosphat und kardiovaskul&auml;rer Mortalit&auml;t evident. Magnesium ist ein Kalzifikationsinhibitor, der die osteogene Transdifferenzierung inhibiert und somit dem Entstehen vaskul&auml;rer Verkalkung vorbeugt.</p> <h2>Vitamin K und Kalk</h2> <p>Vitamin K hat eine wichtige Funktion als Kofaktor bei der Aktivierung von Gerinnungsfaktoren. Es ist ein wichtiger Schutzfaktor in Bezug auf vaskul&auml;re Kalzifikation, indem es die Gamma-Carboxylierung des Matrix-GLA-Proteins (MGP) aktiviert. MGP wird in der Gef&auml;&szlig;wand produziert und verhindert hier die Ablagerung von Kalk. Bei den zwei verschiedenen Unterformen von Vitamin K ist Vitamin K1 (Phyllochinon) vornehmlich f&uuml;r die Aktivierung von Gerinnungsfaktoren in der Leber und Vitamin K2 (Menachinon) vornehmlich f&uuml;r die MGP-Aktivierung verantwortlich. Vitamin K1 ist in gr&uuml;nem Gem&uuml;se in gro&szlig;en Mengen vorhanden, Vitamin K2 in Europa selbst in fermentiertem K&auml;se nur in geringen Mengen. In Japan ist es in traditionellen Lebensmitteln aus Sojabohnen (Nattō) in ausreichenden Mengen vorhanden (Tab. 3). Das Matrix-GLA-Protein ist somit ein wesentlicher Schutzfaktor gegen Verkalkung der Arterienwand, was bei entsprechender Vitamin-K-Defizienz und herabgesetzter Aktivierung des MGP eine kalzifizierende Vasosklerose beschleunigt.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Jatros_Kardio_1801_Weblinks_s11_2.jpg" alt="" width="1419" height="2748" /></p> <h2>Die Rolle von Vitamin-K-Antagonisten (VKA) und NOAK</h2> <p>Die Therapie mit Vitamin-K-Antagonisten (VKA) muss angesichts der Physiologie des Vitamins K f&uuml;r die Gef&auml;&szlig;protektion kritisch betrachtet werden. Eine VKA-Therapie ist mit einer st&auml;rkeren Gef&auml;&szlig;kalzifikation assoziiert. Gegenw&auml;rtig laufen prospektive Studien dazu, ob die Applikation von Vitamin K oder die Gabe neuer oraler Antikoagulanzien (NOAK), welche neutral in Bezug auf den Vitamin-K-Stoffwechsel sind, gef&auml;&szlig;protektiv wirken. Sollten sich diese Ergebnisse best&auml;tigen, ist der Anwendung von NOAK in den bekannten Indikationen als Alternative zur Vitamin-K-Therapie der absolute Vorzug zu geben.</p> <h2>Medikamente und ihr Einfluss auf vaskul&auml;re Kalzifikation</h2> <p><strong>Statine und PCSK9-Inhibitoren</strong></p> <p>Die Rolle von Statinen und die Anwendung von PCSK9-Inhibitoren haben in der kardiovaskul&auml;ren Pr&auml;vention einen hohen Stellenwert. Beide Medikamente beg&uuml;nstigen den Progress der vaskul&auml;ren Kalzifikation. Die Ursache ist eine Statin-bedingte Suppression der Vitamin-K1-Konversion in K2.</p> <p><strong>Nifedipin</strong></p> <p>Im Gegensatz zu Statinen ist in einer Vergleichsstudie bei Hypertonikern (INSIGHT-Studie) die Anwendung von Nifedipin mit einer deutlichen Reduktion von Koronarkalk assoziiert.<span class="Artikelende" style="font-size: 1em;" xml:lang="de-DE">n</span></p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p>&bull; Blaha M et al.: Absence of coronary artery calcification and all-cause mortality. JACC Cardiovasc Imaging 2009; 2: 692-700 &bull; Brandenburg VM: Higher cardiovascular risk with hypomagnesemia. Dtsch Med Wochenschr 2016; 141: 379 &bull; Brandenburg VM et al.: Vaskul&auml;re Kalzifikation, Kardiologie up2date 12 &bull; Brandenburg VM et al.: Calciphylaxis. Dtsch Med Wochenschr 2015; 140: 347-51 &bull; Hecht HS: &shy;Coronary artery calcium scanning: past, present, and future. JACC Cardiovasc Imaging 2015; 8: 579-96 &bull; Houslay ES et al.: Progressive coronary calcification despite intensive &shy;lipid-lowering treatment: a randomised controlled trial. Heart 2006; 92: 1207-12 &bull; Koos R et al.: Prevalence and pathogenesis of aortic valve calcifications. Herz 2006; 31: 629-34 &bull; Majesky MW et al.: The adventitia: a progenitor cell niche for the vessel wall. Cells Tissues Organs 2012; 195: 73-81 &bull; Martin SS et al.: Dyslipidemia, coronary artery calcium, and incident atherosclerotic cardiovascular &shy;disease: implications for statin therapy from the multi-&shy;ethnic study of atherosclerosis. Circulation 2014; 129: 77-86 &bull; Sage AP et al.: Regulatory mechanisms in vascular calcifi&shy;cation. Nat Rev Cardiol 2010; 7: 528-36 &bull; Zoccali C et al.: Validity of vascular calcification as a screening tool and as a surrogate end point in clinical research. Hypertension 2015; 66: 3-9</p> </div> </p>
Back to top