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EULAR-Leitlinie

Ein großer Schritt voran: aktuelle Empfehlungen zur Therapie der Psoriasisarthritis

<p class="article-intro">Eine Psoriasisarthritis gilt als unheilbar, sie schränkt die Lebensqualität der Patienten enorm ein und wirkt sich negativ auf das Arbeitsleben aus. Mit neuen Medikamenten gelingt es aber, die Gelenkentzündungen weitgehend zu unterdrücken und die Zerstörung der Gelenke zu verhindern. Wir haben für Sie die aktuellen Empfehlungen der EULAR zusammengefasst.<sup>1</sup> </p> <hr /> <p class="article-content"><p>Bei bis zu 30 % der Patienten mit Psoriasis tritt eine Psoriasisarthritis auf.<sup>2, 3</sup> Gelenk- und Hautbefall m&uuml;ssen nicht parallel verlaufen, meist geht die Hautpsoriasis der Gelenkpsoriasis um etwa 8 bis 10 Jahre voraus.<sup>4, 5</sup> Die Arthritis &auml;u&szlig;ert sich typischerweise durch Schmerzen und Schwellungen peripherer Gelenke oder an der Wirbels&auml;ule sowie durch Entz&uuml;ndungen der Sehnenans&auml;tze, Schleimbeutel und Sehnenscheiden. Die chronische Haut- und Gelenkentz&uuml;ndung belastet die Patienten enorm. Sie berichten &uuml;ber eine reduzierte Lebensqualit&auml;t, haben mehr Probleme am Arbeitsplatz, gehen &ouml;fter zum Arzt und m&uuml;ssen &ouml;fter ins Spital als Patienten, die &bdquo;nur&ldquo; an Psoriasis der Haut leiden.</p> <h2>Gro&szlig;e Probleme im Job</h2> <p>In einer Umfrage unter 3426 Psoriasispatienten aus Europa und Nordamerika &ndash; der gr&ouml;&szlig;ten dieser Art &ndash; litten 712, also 21 % , unter einer Psoriasisarthritis.<sup>6</sup> 60 % der Patienten gaben an, mehr als vier Gelenke seien involviert. 53 % stuften ihre Psoriasisarthritis als schwer ein (Abb. 1) und vergaben einen Score von 8&ndash;10 auf einer Skala von 1 (sehr mild) bis 10 (sehr schwer). Die Psoriasisarthritis beeintr&auml;chtigte die Produktivit&auml;t der Betroffenen bei der Arbeit enorm: 31 % berichteten, sie seien in den 12 Monaten vor der Umfrage wegen der Arthritis krankgeschrieben gewesen. &Auml;hnlich viele gaben an, dass sie nicht Vollzeit arbeiten konnten. Jeder vierte Patient sagte, die Krankheit w&uuml;rde es &bdquo;sehr&ldquo; oder &bdquo;etwas&ldquo; schwierig machen, einen Job zu bekommen, den Job zu behalten oder sich f&uuml;r eine bestimmte Karriere zu entscheiden (Abb. 2).</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Jatros_Ortho_1801_Weblinks_s64_2.jpg" alt="" width="1419" height="529" /></p> <p><br />Die Ergebnisse der internationalen Umfrage sollten jeden Rheumatologen hellh&ouml;rig werden lassen: 59 % der Patienten berichteten, sie w&uuml;rden keine systemische Therapie gegen ihre Psoriasisarthritis bekommen. 31 % wurden nur mit topischer Therapie behandelt, 19 % mit einer konventionellen oralen Therapie (DMARDs, siehe Tab. 1), 14 % mit Biologika und 8 % mit einer Kombination aus konventionellen DMARDs und Biologika. Mehr als die H&auml;lfte der Patienten empfanden die Behandlung mit konventionellen DMARDs und Biologika als Belastung, vor allem wegen der Nebenwirkungen, der notwendigen Laborkontrollen oder aus Angst vor den Injektionen. Die Unterbehandlung der Patienten, so ein Fazit der Autoren, zeige, dass es mehr Aufkl&auml;rung br&auml;uchte &uuml;ber die Therapieoptionen und Therapieadh&auml;renz.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2018_Jatros_Ortho_1801_Weblinks_s64_1.jpg" alt="" width="1419" height="529" /></p> <h2>Neu: Therapieziel Remission</h2> <p>Wie man Patienten mit Psoriasisarthritis effektiv und sicher therapiert, steht in der 2015 aktualisierten EULAR-Leitlinie.<sup>1</sup> &bdquo;Bei der pharmakologischen Behandlung der Psoriasisarthritis sind wir in den letzten Jahren einen gro&szlig;en Schritt weitergekommen&ldquo;, sagt Dr. Sofia Ramiro, Rheumatologin an der Universit&auml;t Leiden und eine der Autorinnen der neuen Leitlinie. Zuerst basierte die Therapie auf Erfahrungen mit der rheumatoiden Arthritis (RA). Als sich herausstellte, dass die RA-Medikamente auch bei Psoriasisarthritis wirkten, wurden erste Studien speziell bei dieser Gelenkentz&uuml;ndung durchgef&uuml;hrt. Vor Kurzem haben aber randomisierte klinische Studien gezeigt, dass auch Medikamente, die nicht gegen RA eingesetzt werden, bei Psoriasisarthritis wirken. &bdquo;Das bietet Rheumatologen neue Therapieoptionen&ldquo;, sagt Ramiro. &bdquo;Deshalb musste die Leitlinie aktualisiert werden.&ldquo; Als Basis f&uuml;r die EULAR-Leitlinie analysierten die Autoren 25 randomisierte klinische Studien und 12 Abstracts von Konferenzen. <br />Die Leitlinie besteht aus 5 &uuml;bergreifenden Prinzipien (A&ndash;E) und 10 Empfehlungen. Letztere gelten als Basis f&uuml;r den Therapiealgorithmus. Das Prinzip B wurde erg&auml;nzt um den Zusatz, dass man Wirksamkeit, Sicherheit und Kosten bei der gemeinsamen Entscheidungsfindung mit dem Patienten bedenken m&uuml;sse. &bdquo;Nat&uuml;rlich kann man Rheumatologen und Patienten nicht verantwortlich machen f&uuml;r die Kosten der Medikamente&ldquo;, sagt Prof. Dr. Josef Smolen, Leiter der Klinischen Abteilung f&uuml;r Rheumatologie an der Universit&auml;tsklinik f&uuml;r Innere Medizin III, Wien, und ebenfalls einer der Autoren. &bdquo;Aber Arzt und Patient m&uuml;ssen sich bewusst sein, dass Kosten&uuml;berlegungen Teil der evidenzbasierten Medizin sind, vor allem in Anbetracht der neuen Biologika und der Verf&uuml;gbarkeit von Biosimilars.&ldquo; <br />Auch das Prinzip E ist modifiziert worden, darin wird jetzt erw&auml;hnt, wie wichtig es ist, bei der Therapieauswahl auf Komorbidit&auml;ten zu achten. &bdquo;Patienten mit Psoriasisarthritis haben h&auml;ufig noch andere Krankheiten, nach denen man suchen und die man behandeln muss&ldquo;, sagt Dr. Ramiro. Vor allem kardiovaskul&auml;re Erkrankungen kommen h&auml;ufiger vor, das metabolische Syndrom, Diabetes, &Uuml;bergewicht, Fettleber, Morbus Crohn, Depressionen und Angstst&ouml;rungen.<sup>7, 8</sup> <br />Neu bei der 1. Empfehlung ist, dass das Therapieziel eine Remission sein soll oder zumindest eine nur minimale oder niedrige Krankheitsaktivit&auml;t. Hierf&uuml;r muss man den Therapieerfolg regelm&auml;&szlig;ig kontrollieren und, falls notwendig, die Therapie anpassen. &bdquo;Auf ein optimales Outcome zu zielen, indem man immer wieder die Therapie anpasst, fanden wir so wichtig, dass wir es zur 1. Empfehlung machten&ldquo;, sagt Dr. Ramiro, &bdquo;vor allem, weil es eine generelle Behandlungsstrategie darstellt.&ldquo; So gilt auch bei der RA das Therapieziel einer Remission, denn das f&uuml;hrt zu einem besseren strukturellen und funktionellen Outcome.<sup>9, 10</sup><br />Die zweite Empfehlung &ndash; &bdquo;In patients with PsA, non-steroidal anti-inflammatory drugs (NSAID) may be used to relieve mus&shy;culoskeletal signs and symptoms&ldquo; &ndash; hat sich nicht ge&auml;ndert. &bdquo;NSAID wirken gut bei Gelenksymptomen&ldquo;, sagt Prof. Smolen. &bdquo;Vor allem Patienten mit mildem Gelenkbefall k&ouml;nnen davon profitieren.&ldquo; Allerdings wirken die NSAID nicht bei Hauterscheinungen und man muss die Kontraindikationen ber&uuml;cksichtigen. Einen Benefit von NSAID sollte man innerhalb einiger Wochen sehen. <br />Die 3. Empfehlung sieht den Einsatz von konventionellen synthetischen DMARDs (csDMARDs) bei peripherer Arthritis vor. Sie kombiniert die Empfehlungen 2 und 3 der alten Leitlinie von 2012. &bdquo;Bei Patienten mit peripherer Arthritis und schlechter Prognose sollte man rasch eine Therapie mit einem csDMARD starten&ldquo;, empfiehlt Prof. Smolen. &bdquo;Und auch bei jenen mit milder Krankheit, wenn die Arthritis sich trotz NSAID und Glukokortikoidinjektionen nicht bessert.&ldquo; Als periphere Arthritis gelten ein oder mehrere schmerzhafte und geschwollene Gelenke.</p> <h2>Erste Wahl: Methotrexat</h2> <p>Das csDMARD der ersten Wahl ist Methotrexat, weil es auch gut gegen die Hauterscheinungen wirkt. Die 4. Empfehlung (&bdquo;Local injections of glucocorticoids should be considered as adjunctive therapy in PsA; systemic glucocorticoids may be used with caution at the lowest effective dose.&ldquo;) blieb unver&auml;ndert, weil es keine neue Evidenz gibt. Profitieren k&ouml;nnen vor allem Patienten mit Oligo- oder Monarthritis oder Daktylitis und Enthesitis. Bei Patienten, die nach 3&ndash;6 Monaten nicht oder nicht gen&uuml;gend auf ein csDMARD ansprechen, sollte man gem&auml;&szlig; der 5. Empfehlung ein biologisches DMARD einsetzen, in erster Linie einen TNF-Hemmer. Die Empfehlung blieb im Prinzip gleich, aber weil es jetzt neue Medikamente gibt, wurde statt &bdquo;TNF-Hemmer&ldquo; &bdquo;bDMARD&ldquo; empfohlen. &bdquo;Es sind nun schon seit einiger Zeit Antik&ouml;rper gegen IL-12/23 (Ustekinumab) und gegen IL-17 (Secukinumab, Ixekizumab) bei Psoriasis&shy;arthritis zugelassen, die &auml;hnlich wirksam sind wie TNF-Blocker", sagt Prof. Smolen. &bdquo;Getestet werden zurzeit auch Anti-IL-23-Antik&ouml;rper in klinischen Sp&auml;tphasen. Die Resultate werden wohl noch in diesem Jahr bekannt werden." Das csDMARD kann weiter gegeben werden, denn es scheint die Therapieadh&auml;renz und die Ansprechrate zu erh&ouml;hen. <br />F&uuml;r Patienten, bei denen sich TNF-Hemmer nicht eignen, werden gem&auml;&szlig; Empfehlung 6 Ustekinumab oder Secukinumab oder ein anderer TNF-Hemmer empfohlen. Ob es besser ist, das csDMARD abzusetzen oder nicht, l&auml;sst sich wegen mangelnder Daten noch nicht sagen. Eignen sich Ustekinumab oder Secukinumab nicht, sollte man gem&auml;&szlig; Empfehlung 7 zielgerichtete synthetische DMARDs (tsDMARDs) verabreichen, wie den PDE-4-Hemmer Apremilast. Dieser k&auml;me beispielsweise infrage f&uuml;r Patienten mit Komorbidit&auml;ten oder einer Vorgeschichte mit schweren oder chronischen Infektionen, die eine Kontraindikation f&uuml;r bDMARDs darstellen, eventuell auch f&uuml;r Patienten ohne Zeichen f&uuml;r einen schweren Verlauf, die keine parenterale Therapie w&uuml;nschen. Auch Patienten mit aktiver Enthesitis und/oder Daktylitis, die auf NSAID nicht gen&uuml;gend ansprechen, werden gem&auml;&szlig; Empfehlung 8 mit einem bDMARD behandelt, in erster Linie mit einem TNF-Hemmer. &bdquo;Bei Enthesitis sind csDMARDs unwirksam&ldquo;, erkl&auml;rt Prof. Smolen. Ebenso ist bei Patienten mit aktiver axial betonter Psoriasis&shy;arthritis &ndash; definiert durch einen BASDAI &uuml;ber 4 Punkte &ndash; nach Empfehlung 9 ein bDMARD einzusetzen, auch hier vornehmlich ein TNF-Hemmer. <br />Allen Patienten, die nicht gen&uuml;gend auf ein bDMARD ansprechen, wird gem&auml;&szlig; Empfehlung 10 zu einem anderen bDMARD geraten. Auch ein Wechsel auf einen anderen TNF-Hemmer ist m&ouml;glich. &bdquo;Wechsel sind nicht nur einmal m&ouml;glich und man kann innerhalb einer Klasse oder auch zwischen Klassen wechseln&ldquo;, so Prof. Smolen. Das schliesst zum Beispiel auch einen Wechsel von einem bDMARD zu einem tsDMARD ein. Ob man die Therapie reduzieren kann, wenn das Therapieziel erreicht wird, ist wegen ungen&uuml;gender Daten noch nicht klar &ndash; deshalb gibt es hierzu auch noch keine Empfehlung. <br />Zwei der Empfehlungen (1. und 2.) beruhen auf einer Grad-A-Evidenz, eine (4.) auf einer Grad-C-Evidenz, die &uuml;brigen auf dem Grad B. Fast immer waren sich die Experten ziemlich einig bei den Entscheidungen, was man an einem &Uuml;bereinstimmungsgrad zwischen 9 und 10 erkennen konnte. &bdquo;Allein bei der Empfehlung 7 waren sich die Experten weniger einig und die Gruppe diskutierte am l&auml;ngsten&ldquo;, erz&auml;hlt Dr. Ramiro. Denn Apremilast war zwar in den Studien nur m&auml;&szlig;ig wirksam und es gibt keine Vergleichsstudien mit Methotrexat, anderen csDMARDs oder bDMARDs, aber daf&uuml;r ist es recht gut vertr&auml;glich.<br />Die Leitlinie fasse Empfehlungen zusammen, betont Dr. Ramiro, die zwar auf dem Expertenkonsens beruhten, aber nicht zwingend bindend seien: &bdquo;Es gibt gen&uuml;gend Spielraum f&uuml;r den einzelnen Arzt, im individuellen Fall anders vorzugehen. Das muss dann keinesfalls falsch sein.&ldquo; Trotzdem zeige die hohe &Uuml;bereinkunft der Experten bei fast allen Empfehlungen, dass diese geeignet und valide seien.</p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Gossec L et al.: Ann Rheum Dis 2016; 75(3): 499-510 <strong>2</strong> Villani AP et al.: J Am Acad Dermatol 2015; 73: 242-8 <strong>3</strong> Dominguez-Rosado I et al.: J Am Coll Surg 2016; 222: 961-6 <strong>4</strong> Gladman DD et al.: Ann Rheum Dis 2005; 64(Suppl 2): ii14&ndash;ii17 <strong>5</strong> Lebwohl MG et al.: J Am Acad Dermatol 2014; 70: 871-81 <strong>6</strong> Kavanaugh A et al.: Rheumatol Ther 2016; 3: 91-102 <strong>7</strong> Ogdie A et al.: Curr Opin Rheumatol 2015; 27: 118-26 <strong>8</strong> Di Minno MND et al.: Ann Med 2015; 47: 346-53 <strong>9</strong> Stoffer MA et al.: Ann Rheum Dis 2015. 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