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Strain-Analyse mit Speckle-Tracking-Echokardiografie

<p class="article-intro">Die Strain-Analyse mit Speckle-Tracking-Echokardiografie hat in den letzten Jahren Einzug in den klinischen Alltag des Echolabors gehalten. Die Technik eignet sich gut zur objektiven Erfassung der globalen sowie regionalen Linksventrikelfunktion. Besonders Änderungen im zeitlichen Verlauf können damit gut beobachtet und dokumentiert werden.</p> <p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Die Speckle-Tracking-Strain-Analyse ist ein Post-Processing- Verfahren, das eine objektive Darstellung der regionalen sowie globalen Funktion des linken Ventrikels erlaubt.</li> <li>Das Speckle-Tracking-Verfahren ist im Vergleich zur Ermittlung der Deformationsparameter mittels Tissue-Doppler-Imaging vom Einschallwinkel unabh&auml;ngig.</li> <li>Klinische Anwendungsgebiete sind derzeit vor allem die Darstellung regionaler Wandbewegungsst&ouml;rungen bei koronarer Herzkrankheit sowie die Verlaufsbeurteilung der globalen und regionalen linksventrikul&auml;ren Funktion bei Kardiomyopathien. Der globale longitudinale systolische Spitzenstrain ist dabei am besten validiert.</li> </ul> </div> <h2>Was sind Strain-Analyse und das Speckle-Tracking-Verfahren?</h2> <p>Die Kontraktion des linken Ventrikels des Herzens w&auml;hrend der Systole ist komplex und mit der Bewegung beim Auswringen eines Handtuches vergleichbar. Hierbei k&ouml;nnen mehrere Komponenten der Kontraktion unterschieden werden: eine longitudinale Verk&uuml;rzung, eine zirkumferenzielle Verk&uuml;rzung (der Radius des Ventrikels im Querschnitt verkleinert sich) sowie eine radiale Verdickung.<sup>1</sup> Der Lagrange&rsquo;sche Strain beschreibt die Verk&uuml;rzung eines myokardialen Segmentes bezogen auf seine Ausgangsl&auml;nge und ist eine dimensionslose Gr&ouml;&szlig;e (Strain = [L&auml;nge Systole &ndash; L&auml;nge Enddiastole]/L&auml;nge Enddiastole). Definitionsgem&auml;&szlig; werden die Strain-Werte in Prozent angegeben, wobei der longitudinale und der zirkumferenzielle Strain ein negatives Vorzeichen erhalten (Verk&uuml;rzung) und der radiale Strain ein positives (Verdickung). Die Ver&auml;nderung des Strain-Wertes pro Zeiteinheit wird als Strain-Rate bezeichnet. Urspr&uuml;nglich wurde der Gewebedoppler (Tissue-Doppler- Imaging, TDI) zur Bestimmung dieser myokardialen Deformationsparameter genutzt. Hierbei kann &uuml;ber die Messung der Myokardgeschwindigkeit auf die Verk&uuml;rzung (Strain) zur&uuml;ckgerechnet werden. Neuerdings steht aber mit dem Speckle- Tracking-Verfahren ein vom Einschallwinkel unabh&auml;ngiges Verfahren zur Bestimmung der Deformationsparameter zur Verf&uuml;gung. Als &bdquo;Speckles&ldquo; wird die Musterung des Myokards im Ultraschall bezeichnet, die durch Streuung der Ultraschallstrahlen an kleinen myokardialen Strukturen zustande kommt. Das Speckle- Muster eines myokardialen Segmentes (&bdquo;kernel&ldquo;) wird als nat&uuml;rlicher akustischer Marker hierbei wie ein &bdquo;Fingerabdruck&ldquo; von einer Software erfasst und gespeichert, und dessen Verlagerung wird w&auml;hrend des Herzzyklus mitverfolgt (&bdquo;getrackt&ldquo;). Somit kann die genaue Verk&uuml;rzung bzw. Verdickung f&uuml;r alle 17 Segmente des linken Ventrikels ermittelt werden. Im Vergleich zur Messung der Gewebegeschwindigkeit mittels TDI ist das Speckle- Tracking-Verfahren vom Einschallwinkel unabh&auml;ngig und misst nur die &bdquo;aktive&ldquo; Kontraktion, w&auml;hrend &bdquo;passive&ldquo; Gewebeverlagerungen &ndash; z.B. durch passiven Zug angrenzender Myokardsegmente an einem Narbenareal &ndash; nicht als Kontraktion gewertet werden. Ein gemeinsamer Standard f&uuml;r &bdquo;strain imaging&ldquo; wurde von der Europ&auml;ischen und Amerikanischen Gesellschaft f&uuml;r Echokardiografie bereits gemeinsam mit Vertretern der Industrie definiert, um die Vergleichbarkeit von Strain-Werten zwischen verschiedenen Softwareanbietern in Zukunft sicherzustellen. 2 Bei den longitudinalen Strain- Werten zeigte sich in einer multizentrischen Studie, dass diese bei verschiedenen Anbietern vergleichbar waren, w&auml;hrend bei zirkumferenziellen und radialen Strain-Werten noch Unterschiede bestanden. Des Weiteren erwiesen sich die erhobenen Strain-Messwerte als robust im Sinne einer niedrigen Inter- und Intra- Observer-Variabilit&auml;t.<sup>3</sup></p> <h2>Wie funktioniert eine Speckle- Tracking-Strain- Analyse in der Praxis?</h2> <p>Die Strain-Analyse ist ein Post-Processing-Verfahren, f&uuml;r das man mit der Software der aktuellen Anbieter ca. drei bis f&uuml;nf Minuten ben&ouml;tigt. Die Analyse selbst kann dabei direkt auf der Ultraschallmaschine oder im Nachhinein an der Workstation durchgef&uuml;hrt werden. In der klinischen Routine hat sich der globale (= &uuml;ber die Segmente gemittelte) longitudinale systolische Spitzenstrain (&bdquo;global longitudinal peak systolic strain&ldquo;, GLPSS) als robustester Parameter erwiesen. Um ihn zu ermitteln, m&uuml;ssen ein apikaler 4-Kammer-, 2-Kammer- und 3-Kammer-Blick mit EKG-Spur gespeichert werden. Das EKG erm&ouml;glicht der Software die zeitliche Zuordnung zur Systole bzw. Diastole des Herzens (bei neueren Softwarevarianten ist dies unter Umst&auml;nden nicht mehr notwendig). Bei der Aufzeichnung der Schnitte zur Analyse sollen diese in Bezug auf die Bildqualit&auml;t optimiert werden. Die Eindringtiefe soll so adaptiert werden, dass der linke Ventrikel den Schallsektor gut ausf&uuml;llt (Vorh&ouml;fe k&ouml;nnen abgeschnitten werden). Dies erm&ouml;glicht eine h&ouml;here Pulsrepetitionsfrequenz (PRF) und somit eine bessere zeitliche Aufl&ouml;sung. Des Weiteren muss so weit wie m&ouml;glich auf eine gute Darstellung der Endokardgrenze geachtet werden. Die Software schl&auml;gt automatisch eine &bdquo;region of interest&ldquo; (ROI) mit Unterteilung in sechs gleich gro&szlig;e myokardiale Segmente vor. Der Anwender muss nun noch die Breite des Myokards bzw. die Lage der Segmente entsprechend modifizieren und verifizieren. Bei Definition der ROI ist zu beachten, dass das echogene Perikard nicht in selbiger zu liegen kommt, da es sonst zu falsch hohen Strain-Werten kommen kann. Lungen&uuml;berlagerung sowie eine Bewegung des Myokards aus der Schnittebene sollten vermieden werden, da die Segmente in diesem Fall nicht mehr &bdquo;verfolgt&ldquo; werden k&ouml;nnen und f&uuml;r die Analyse verloren gehen.<br /> Die Software berechnet nun f&uuml;r die jeweiligen Segmente die systolischen Strain- Werte und stellt diese nummerisch sowie mit Kurven, die den zeitlichen Verlauf widerspiegeln, dar (Abb. 1). Hat man alle 3 Schnitte des linken Ventrikels auf diese Weise bearbeitet, kann man sich die Strain-Werte aller 17 Segmente im Bull&rsquo;s Eye View anzeigen lassen. Dabei werden die Strain-Werte auch farbcodiert. Dunkelrote Segmente entsprechen dabei starker Kontraktilit&auml;t, w&auml;hrend hellrote Segmente weniger stark kontrahieren und blaue Segmente sich in der Systole dehnen. Des Weiteren wird der &uuml;ber alle 17 Segmente gemittelte GLPSS angegeben. Der Normbereich liegt bei unter &ndash;17 % . Typischerweise ist zu beobachten, dass die basalen Segmente des linken Ventrikels eine weniger intensive longitudinale Kontraktion als die apikalen Segmente aufweisen. Diesem Faktum wurde auch durch segmentspezifische Referenzwerte Rechnung getragen.<sup>3</sup> Mit gleichem Prinzip k&ouml;nnen auch zirkumferenzielle und radiale Strain-Werte sowie Strain-Werte der rechtsventrikul&auml;ren freien Wand sowie des linken Vorhofes ermittelt werden, die aber derzeit klinisch noch keine breite Anwendung gefunden haben. Geschlechtsspezifische (etwas niedrigere Werte f&uuml;r M&auml;nner als f&uuml;r Frauen) sowie altersabh&auml;ngige Unterschiede der Strain-Werte (Abnahme der longitudinalen Kontraktion mit dem Alter) sind beschrieben, aber im Ausma&szlig; gering.<sup>3</sup></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Kardio_1705_Weblinks_s6_abb1.jpg" alt="" width="1417" height="1067" /></p> <h2>Wann soll eine Strain-Analyse im Echolabor durchgef&uuml;hrt werden?</h2> <p>Die Strain-Analyse liefert zus&auml;tzliche Informationen z.B. &uuml;ber eingeschr&auml;nkte regionale Kontraktilit&auml;t im Rahmen einer Hypertrophie oder Fibrose, die &uuml;ber die Aussagekraft der linksventrikul&auml;ren Ejektionsfraktion (EF) hinausgehen. So konnte gezeigt werden, dass gerade bei Patienten mit struktureller Herzerkrankung der GLPSS-Wert schlechter mit der EF korreliert ist als bei strukturell Herzgesunden.<sup>4</sup> Der Einsatz der Strain-Analyse im Echolabor bleibt speziellen Fragstellungen vorbehalten: Derzeit bestehen die klinischen Anwendungsgebiete vor allem in einer objektivierbaren Darstellung regionaler Wandbewegungsst&ouml;rungen bei koronarer Herzkrankheit sowie der globalen und regionalen Linksventrikelfunktion im zeitlichen Verlauf. So k&ouml;nnen die Ver&auml;nderungen der systolischen Funktion im Rahmen einer inflammatorischen Kardiomyopathie, eines Tako-Tsubo-Syndroms oder einer peripartalen Kardiomyopathie unter Therapie monitiert werden (Abb. 2). Eine weitere St&auml;rke der Strain-Analyse ist das Aufzeigen einer &bdquo;subklinischen&ldquo; systolischen Dysfunktion des linken Ventrikels bei einer Ejektionsfraktion im Normbereich. Diese kann typischerweise im Rahmen eines &bdquo;heart failure with preserved ejection fraction&ldquo; (HFpEF) beobachtet werden.<sup>5</sup> Daneben k&ouml;nnen auch Ver&auml;nderungen im Rahmen einer kardiotoxischen Chemotherapie sehr genau detektiert werden. <sup>6</sup> Ein verminderter GLPSS wurde bei Patienten mit Klappenvitien &ndash; v.a. einer Aortenklappenstenose &ndash; und noch normaler linksventrikul&auml;rer Ejektionsfraktion mit einer schlechteren Prognose in Zusammenhang gebracht (Abb. 2).<sup>7, 8</sup> Diese Erkenntnisse k&ouml;nnten in Zukunft bei der Entscheidung &uuml;ber den optimalen Zeitpunkt einer operativen oder interventionellen Klappensanierung eine Rolle spielen. Es gibt auch Erkrankungen, die ein charakteristisches Strain-Muster verursachen. Hierzu z&auml;hlt die kardiale Amyloidose. Hierbei kommt es im Verlauf der Erkrankung durch Amyloidablagerungen im Myokard zu einer massiven Myokardhypertrophie mit deutlicher Einschr&auml;nkung der Kontraktilit&auml;t im Bereich der basalen linksventrikul&auml;ren Segmente bei erhaltener Kontraktilit&auml;t der apikalen Segmente (sogenanntes &bdquo;apical sparing&ldquo;). Dieses Muster zeigt sich im Bull&rsquo;s Eye View als ein charakteristisches Bild mit zentralem rotem Fleck apikal mit guter Kontraktilit&auml;t, der von einem hellroten/blauen Ring mit geringerer Kontraktilit&auml;t bzw. Dehnung in der Systole umgeben ist (&bdquo;Cherry on top&ldquo;- Ph&auml;nomen).</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Kardio_1705_Weblinks_s6_abb2.jpg" alt="" width="2150" height="828" /></p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Blessberger H, Binder T.: Non-invasive imaging: Two dimensional speckle tracking echocardiography: basic principles. Heart 2010; 96(9): 716-22 <strong>2</strong> Voigt JU et al.: Definitions for a common standard for 2D speckle tracking echocardiography: consensus document of the EACVI/ ASE/Industry Task Force to standardize deformation imaging. Eur Heart J Cardiovasc Imaging 2015; 16(1): 1-11 <strong>3</strong> Sugimoto T et al.: Echocardiographic reference ranges for normal left ventricular 2D strain: results from the EACVI NORRE study. Eur Heart J Cardiovasc Imaging 2017; 18(8): 833-40 <strong>4</strong> Delgado V et al.: Relation between global left ventricular longitudinal strain assessed with novel automated function imaging and biplane left ventricular ejection fraction in patients with coronary artery disease. J Am Soc Echocardiogr 2008; 21(11): 1244-50 <strong>5</strong> Nagueh SF et al.: Recommendations for the evaluation of left ventricular diastolic function by echocardiography: an update from the American Society of Echocardiography and the European Association of Cardiovascular Imaging. Eur Heart J Cardiovasc Imaging 2016; 17(12): 1321-60 <strong>6</strong> Zamorano JL et al.: 2016 ESC Position Paper on cancer treatments and cardiovascular toxicity developed under the auspices of the ESC Committee for Practice Guidelines: The Task Force for cancer treatments and cardiovascular toxicity of the European Society of Cardiology (ESC). Eur Heart J 2016; 37(36): 2768-801 <strong>7</strong> Blessberger H, Binder T.: Two dimensional speckle tracking echocardiography: clinical applications. Heart 2010; 96(24): 2032-40 <strong>8</strong> Nagata Y et al.: Prognostic value of LV deformation parameters using 2D and 3D speckle-tracking echocardiography in asymptomatic patients with severe aortic stenosis and preserved LV ejection fraction. JACC Cardiovasc Imaging 2015; 8(3): 235-45</p> </div> </p>
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