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Initiale Therapie des Typ-2-Diabetes – ein Überblick

<p class="article-intro">Selbst ihm als Diabetologen falle es manchmal schwer, bei all den vielen oralen Antidiabetika den Überblick zu behalten, so Prof. Dr. med. Gottfried Rudofsky, Leitender Arzt, Endokrinologie, Diabetologie und Klinische Ernährung am Kantonsspital Olten, am Update Refresher Allgemeine Innere Medizin und gab einen praxisorientierten Überblick über die initiale Therapie des Typ-2-Diabetes.</p> <hr /> <p class="article-content"><p>Gem&auml;ss der Leitlinie der amerikanischen und europ&auml;ischen Diabetesgesellschaften ADA und EASD soll die orale Therapie des Typ-2-Diabetes patientenorientiert erfolgen.<sup>1</sup> So wird der HbA<sub>1c</sub>-Zielwert nicht mehr wie fr&uuml;her starr festgelegt, sondern man bestimmt ihn anhand verschiedener Faktoren, wie der Dauer des Diabetes, der Motivation des Patienten, seiner Lebenserwartung, des individuellen Hypoglyk&auml;mierisikos und der Komorbidit&auml;ten. Wichtig ist auch, in Erfahrung zu bringen, ob der Patient Unterst&uuml;tzung von Angeh&ouml;rigen hat oder &uuml;ber gen&uuml;gend eigene Ressourcen verf&uuml;gt. &laquo;Bei motivierten j&uuml;ngeren Patienten ist es wichtig, einen strengen Zielwert festzulegen. Aber bei Betagten mit Kormorbidit&auml;ten sollte man Zielwerte vereinbaren, die realistisch sind &ndash; auch wenn sie etwas h&ouml;her sind&raquo;, so Rudofsky.<br /> &laquo;Die Leitlinie ist im Prinzip gut&raquo;, sagte Rudofsky, &laquo;denn sie gibt eine klare Empfehlung: zuerst Metformin einsetzen, und wenn das nicht oder nicht mehr hilft, frei nach Wahl ein weiteres orales Antidiabetikum dazugeben.&raquo; Doch genau da fange das Problem an. &laquo;Als Hausarzt ist man leicht &uuml;berfordert mit den vielen Pr&auml;paraten. Und jedes Jahr kommt ja mindestens ein neues dazu. Man braucht eine einfache Strategie daf&uuml;r, wie man vorgeht. &raquo; 2016 gab die Schweizerische Gesell- schaft f&uuml;r Endokrinologie und Diabetologie (SGED) eine an die Schweiz angepasste, sehr praxisorientierte Behandlungsempfehlung heraus (sie kann auf der Website der SGED heruntergeladen werden: http://sgedssed.ch/informationen-fuerfachpersonen/ richtlinien-guidelines/).<sup>2</sup> Hier sind beispielsweise auch die verschiedenen Pr&auml;parate mit ihren pharmakologischen Eigenschaften, der Applikationsart und dem Preis &uuml;bersichtlich dargestellt.<br /> Bei der Wahl des Medikamentes auf der zweiten Therapiestufe, wenn also der Blutzucker mit Metformin nicht (mehr) gen&uuml;gend gesenkt werden kann, muss unterschieden werden zwischen Patienten mit einer kardiovaskul&auml;ren Erkrankung und solchen ohne.</p> <h2>Typ-2-Diabetiker mit kardiovaskul&auml;ren Erkrankungen</h2> <p>Hat der Patient bereits eine kardiovaskul&auml;re Erkrankung, sollte zus&auml;tzlich zu Metformin entweder ein GLP-1-Analogon oder ein SGLT2-Hemmer gegeben werden, da f&uuml;r diese beiden Medikamentenklassen gezeigt wurde, dass sie die Mortalit&auml;t senken k&ouml;nnen.<sup>3, 4</sup> &laquo;Ich erkl&auml;re dem Patienten jeweils die Vor- und Nachteile der beiden Gruppen und lasse ihn mitentscheiden&raquo;, so Rudofsky (Tab. 1 und 2).</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Leading Opinions_Innere_1706_Weblinks_s15_tab1.jpg" alt="" width="1445" height="965" /></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Leading Opinions_Innere_1706_Weblinks_s15_tab2.jpg" alt="" width="1443" height="823" /></p> <p>Bei sehr &uuml;bergewichtigen Patienten mit einem BMI von 33kg/m<sup>2</sup> oder mehr r&auml;t er eher zu GLP-1-Analoga. Mit diesen nehmen die Patienten im Schnitt 4&ndash;5kg ab,<sup>5</sup> mit SGLT2-Hemmern in Kombination mit Metformin hingegen nur 2&ndash;3kg.<sup>6</sup> Die Nachteile der GLP-1-Analoga sind neben den h&ouml;heren Kosten aber, dass sie gespritzt werden m&uuml;ssen und dass bei 10&ndash; 20 % der Patienten &Uuml;belkeit und gelegentlich gar Erbrechen auftreten. &laquo;Bei Exenatid LAR scheint diese Nebenwirkung etwas seltener vorzukommen&raquo;, sagte der Diabetologe. &laquo;Vermutlich liegt es daran, dass Exenatid LAR &uuml;ber rund sechs Wochen aufdosiert wird. Klagt ein Patient unter Liraglutid oder Dulaglutid &uuml;ber &Uuml;belkeit, steige ich auf Exenatid LAR um.&raquo; Eine Nebenwirkung von Exenatid LAR sind R&ouml;tungen oder Verh&auml;rtungen an der Einstichstelle. Der Rat von Rudofsky: &laquo;Empfehlen Sie den Patienten, tief in das Bauchfett einzustechen.&raquo;<br /> Die Vorteile der SGLT2-Hemmer sind der g&uuml;nstigere Preis und dass sie oral eingenommen werden k&ouml;nnen. Sie erh&ouml;hen aber das Risiko f&uuml;r genitale Pilzinfektionen, weshalb vor allem Frauen die Tabletten h&auml;ufiger nicht vertragen. &laquo;Allerdings sind die Infektionen in der Regel leicht zu behandeln. Trotzdem empfehle ich einer Patientin, die sich wegen des Risikos einer genitalen Pilzinfektion Sorgen macht, eher ein GLP-1-Analogon&raquo;, sagte Rudofsky. &laquo;F&uuml;r Patienten, die keine Spritze wollen und nicht stark &uuml;bergewichtig sind, sind SGLT2-Hemmer aber eine sehr gute Option. &raquo; Bei Patienten mit stark eingeschr&auml;nkter Nierenfunktion (eGFR &lt;45ml/ min/1,7m<sup>2</sup>) werden SGLT2-Hemmer nicht empfohlen. Sie blockieren den Natrium- Glukose-Kotransporter 2 (SGLT2) im proximalen Tubulus und vermindern so die R&uuml;ckresorption von Glukose, die Wirksamkeit nimmt aber mit zunehmender Einschr&auml;nkung der Nierenfunktion ab.</p> <h2>Nicht zu lange warten mit der Kombinationstherapie</h2> <p>Kann das HbA<sub>1c</sub> auch mit der Zweierkombination nicht gen&uuml;gend gesenkt werden, gibt man bei Patienten, die Metformin und einen SGLT2-Hemmer nehmen, entweder einen DPP-4-Hemmer, Insulin oder Gliclazid dazu. Wird der Patient mit Metformin und einem GLP-1-Analogon behandelt, macht man mit Insulin &ndash; z.B. mit der Kombination Basalinsulin plus Liraglutid (Xultophy<sup>&reg;</sup>) &ndash; oder mit Gliclazid weiter.<br /> Die Leitlinien der American Association of Clinical Endocrinologists (AACE) und des American College of Endocrinology (ACE) empfehlen, ab einem HbA<sub>1c</sub> von &gt;7,5 % eine Kombinationstherapie in Erw&auml;gung zu ziehen.<sup>7</sup> Wartet man bei einem erh&ouml;hten HbA<sub>1c</sub> zu lange mit der Intensivierung der Therapie, steigt das Risiko f&uuml;r kardiovaskul&auml;re Erkrankungen um 20 % und dasjenige f&uuml;r einen Myokardinfarkt um 26 % an.<sup>8</sup></p> <h2>Typ-2-Diabetiker ohne kardiovaskul&auml;re Erkrankung</h2> <p>Bei Patienten ohne kardiovaskul&auml;re Erkrankung kann Metformin, wenn es alleine nicht mehr ausreicht, mit einem SGLT2-Hemmer, einem GLP-1-Analogon oder einem DPP-4-Hemmer kombiniert werden. Letztere sind bei Typ-2-Diabetikern mit einer kardiovaskul&auml;ren Erkrankung nicht erste Wahl, weil f&uuml;r sie damit kein &Uuml;berlebensvorteil gezeigt werden konnte.<sup>9</sup> &laquo;Bei stark eingeschr&auml;nkter Nierenfunktion oder Nebenwirkung unter GLP-1-Analoga oder SGLT-2-Hemmern sowie bei Herzgesunden sind sie aber eine gute Option, vor allem bei &auml;lteren Menschen &raquo;, so Rudofsky. Auch Sulfonylharnstoffe sind bei Herzgesunden nach wie vor eine Option.</p></p> <p class="article-quelle">Quelle: Update Refresher Allgemeine Innere Medizin, 12. Mai 2017, Zürich </p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Inzucchi SE et al.: Management of hyperglycaemia in type 2 diabetes: a patient-centered approach. Position statement of the American Diabetes Association (ADA) and the European Association for the Study of Diabetes (EASD). Diabetologia 2012; 55: 1577-96 <strong>2</strong> Lehmann R et al.; Arbeitsgruppe der SGED/SSED: Empfehlungen der SGED/ SSED: Massnahmen zur Blutzuckerkontrolle bei Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2. 2016, Version 30.3.17. http://sgedssed.ch/informationen-fuer-fachpersonen/richtlinien-guidelines/ <strong>3</strong> Marso SP et al.: Liraglutide and cardiovascular outcomes in type 2 diabetes. N Engl J Med 2016; 375: 311-22 <strong>4</strong> Zinman B et al.: Empagliflozin, cardiovascular outcomes, and mortality in type 2 diabetes. N Engl J Med 2015; 373: 2117-28 <strong>5</strong> Klonoff DC et al.: Exenatide effects on diabetes, obesity, cardiovascular risk factors and hepatic biomarkers in patients with type 2 diabetes treated for at least 3 years. Curr Med Res Opin 2008; 24: 275-86 <strong>6</strong> Hardy E et al.: Exploration of the relationship of reduction in HbA<sub>1c</sub> and body weight by dapagliflozin in patients with T2DM: pooled analysis of 5 clinical trials. Diabetes 2012; 61(Suppl 1): A252 (987-P) <strong>7</strong> Handelsman Y et al.: American Association of Clinical Endocrinologists and American College of Endocrinology - clinical practice guidelines for developing a diabetes mellitus comprehensive care plan - 2015. Endocr Pract 2015; 21(Suppl 1): 1-87 <strong>8</strong> Paul SK et al.: Delay in treatment intensification increases the risks of cardiovascular events in patients with type 2 diabetes. Cardiovasc Diabetol 2015; 14: 100 <strong>9</strong> White WB et al.: Alogliptin after acute coronary syndrome in patients with type 2 diabetes. N Engl J Med 2013; 369: 1327-35</p> </div> </p>
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