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Nierenzellkarzinom: Ergebnisse sprechen für Anpassung der Therapie

<p class="article-intro">In diesem Jahr sorgte der Jahreskongress der European Society for Medical Oncology für ein Überdenken der gängigen Praxis bei vielen Tumorentitäten. Das Motto «Integrating science into oncology for a better patient outcome» zog sich federführend durch die ganze Tagung. In diesen Bericht wurden wichtige Studienergebnisse aufgenommen, die die alltägliche Praxis in der Behandlung des Melanoms, des Nierenzellkarzinoms und des Bronchialkarzinoms ändern können.</p> <hr /> <p class="article-content"><h2>Head-to-Head-Sequenzanalyse beim Nierenzellkarzinom</h2> <p>Der optimale Therapiealgorithmus beim metastasierten Nierenzellkarzinom (mRCC) wird durch diverse Head-to-Head-Studien entschl&uuml;sselt. In der SWITCH-I-Studie wurde gezeigt, dass die Sequenzen Sorafenib-Sunitinib und Sunitinib-Sorafenib bez&uuml;glich des progressionsfreien &Uuml;berlebens (HR: 1,01) oder des Gesamt&uuml;berlebens (HR: 1,00) vergleichbar sind. Die SWITCH-2-Studie verglich nun die Sequenzen Sorafenib-Pazopanib (So-Pa) versus Pazopanib-Sorafenib (Pa-So) bei 377 mRCC-Patienten aus Deutschland, &Ouml;sterreich und den Niederlanden.<sup>3</sup> Prim&auml;rer Endpunkt war das Gesamt-PFS (Randomisierung bis Progress unter der zweiten Therapie).<br />Je 183 Patienten erhielten eine Erstlinientherapie im So-Pa- und Pa-So-Arm. Zur Zeit der Auswertung waren 6 % bzw. 11 % noch unter Erstlinientherapie. 56 % bzw. 46 % zeigten einen Progress und erhielten die geplante Zweitlinientherapie. Davon waren bei Studienauswertung 6 % im So-Pa- und 5 % im Pa-So-Arm noch unter Zweitlinientherapie. Das mediane gesamte PFS betrug 8,6 (So-Pa) versus 12,9 Monate (Pa-So) (HR: 1,36). Damit war der Nachweis einer Nichtunterlegenheit von So-Pa gegen&uuml;ber Pa-So nicht erbracht. <br />Das PFS der Erstlinie war mit 5,6 (Sorafenib) versus 9,3 Monaten (Pazopanib) signifikant verschieden (HR: 1,56; p=0,0017). Das Gesamt&uuml;berleben (OS) unterschied sich nicht signifikant zwischen den Studienarmen (medianes OS: 22,7 vs. 28,0 Monate; HR: 1,22; p=0,2842). Ein Ansprechen auf die Erstlinie zeigten 28,5 % (So-Pa) vs. 46,3 % (Pa-So), ein Ansprechen auf die Zweitlinie 19,8 % vs. 9,1 % der Patienten. In Subgruppenanalysen zeigten Patienten &gt;65 Jahre mit vorteilhaftem MSKCC-Score, mit gutem Karnofsky-Index und mit nicht klarzelliger Histologie einen Therapievorteil bez&uuml;glich des PFS mit der Pa-So-Sequenz. Die Nebenwirkungen waren wie erwartet und traten unter beiden Substanzen in der Zweitlinie weniger h&auml;ufig auf als in der Erstlinie.</p> <h2>Cabozantinib durch unabh&auml;ngiges Gremium best&auml;tigt</h2> <p>Eine weitere Head-to-Head-Studie verglich Cabozantinib versus Sunitinib in der Erstlinientherapie des mRCC.<sup>4</sup> Die Phase-II-Studie CABOSUN zeigte eine Verl&auml;ngerung des PFS laut Pr&uuml;farztbericht unter Cabozantinib bei Patienten mit mittlerem oder hohem IMDC-Risiko und erreichte damit den prim&auml;ren Studienendpunkt. In einer aktualisierten Auswertung wurden PFS- und ORR-Ergebnisse laut unabh&auml;ngigem Gutachten sowie aktualisierte OS-Daten pr&auml;sentiert. <br />Die CABOSUN-Studie schloss 150 therapienaive Patienten ein, von denen 81 % ein mittleres Risiko, 19 % ein hohes Risiko laut IMDC-Kriterien zeigten. Ein Ansprechen erreichten laut unabh&auml;ngigem Gutachten 20 % vs. 9 % der Patienten im Cabozantinib- und Sunitinib-Arm. Eine stabile Erkrankung wurde bei 54 % versus 38 % gesehen. Das PFS betrug median 8,6 Monate unter Cabozantinib versus 5,3 Monate unter Sunitinib (HR: 0,48; p=0,0008). Der PFS-Vorteil &uuml;bertrug sich nicht auf einen signifikanten OS-Gewinn. Im Median lebten die Patienten 26,6 vs. 21,2 Monate (HR: 0,80; p=0,29).</p> <h2>Nivolumab + Ipilimumab wirksamer als Sunitinib beim mRCC</h2> <p>Eine &uuml;berlegene Wirksamkeit bez&uuml;glich Ansprechen, PFS und OS gegen&uuml;ber Sunitinib wurde in der CheckMate-214-Studie f&uuml;r die immunonkologische Kombination von Nivolumab plus Ipilimumab gezeigt.<sup>5</sup> Die Phase-III-Studie schloss 1096 thera&shy;pienaive Patienten mit fortgeschrittenem oder metastasiertem klarzelligem Nierenzellkarzinom ein. Die Patienten erhielten 1:1-randomisiert 4 Zyklen Nivolumab (3mg/kg) plus Ipilimumab (1mg/kg), q3w, gefolgt von Nivolumab (3mg/kg, q2w) oder Sunitinib (50mg, qd, d1&ndash;28, q6w) bis Krankheitsprogress oder nicht akzeptierbarer Toxizit&auml;t. Koprim&auml;re Endpunkte waren das Ansprechen (ORR), das PFS und das OS der Patienten mit mittlerer (61 % ) und schlechter Prognose (16&ndash;17 % ). In der ITT-Population wurden auch Patienten mit guter Prognose (23 % ) ausgewertet. Die mediane Therapiedauer betrug in beiden Studienarmen 7,8&ndash;7,9 Monate. Im experimentellen Arm erhielten 79 % der Patienten alle vier Ipilimumab-Dosen.<br />Ein Ansprechen wurde innerhalb der Patientenkohorte mit mittlerem und hohem Risiko bei 42 % (Nivolumab + Ipilimumab) vs. 27 % (Sunitinib) der Patienten gesehen. Die mediane Dauer des Ansprechens war bei einer medianen Nachbeobachtungszeit von 25,2 Monaten im Immuntherapiearm noch nicht erreicht und betrug unter Sunitinib 18,2 Monate. 9 % vs. 1 % Komplettremissionen wurden be&shy;obachtet. Das mediane PFS betrug bei Patienten mit mittlerem und hohem IMDC-Risiko 11,6 versus 8,4 Monate (HR: 0,82; p=0,0331), das mediane OS war im Immuntherapiearm noch nicht erreicht und betrug unter Sunitinib 26,0 Monate (HR: 0,63; p&lt;0,0001) (Abb. 1).<br />Bei Tumoren mit PD-L1-Expression &ge;1 % betrug das mediane PFS 22,8 vs. 5,9 Monate (HR: 0,48; p=0,0003), wogegen bei einer PD-L1-Expression &lt;1 % kein Unterschied bez&uuml;glich des PFS zu sehen war. Ansprechen und PFS waren f&uuml;r Patienten mit guter Prognose signifikant verbessert unter Sunitinib (ORR: 29 % vs. 52 % ; p=0,0002; PFS: 15,3 vs. 25,1 Monate; HR: 2,18; p&lt;0,0001). Es wurden h&auml;ufiger h&ouml;hergradige Nebenwirkungen unter Sunitinib beobachtet. Patienten berichteten eine bessere Symptomkontrolle unter Nivolumab plus Ipilimumab.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Leading Opinions_Uro_1703_Weblinks_s25.jpg" alt="" width="1457" height="996" /></p> <h2>Alectinib effektiv bei Patienten mit Hirnmetastasierung</h2> <p>30 % der Patienten mit ALK-positivem nicht kleinzelligem Bronchialkarzinom (NSCLC) pr&auml;sentieren sich bei Diagnosestellung bereits mit Hirnmetastasierung und bis zu 50 % der Patienten, die unter Crizotinib einen Progress erleiden, weisen Hirnmetastasen auf. Die ALEX-Studie verglich Alectinib versus Crizotinib in der Erstlinientherapie ALK-positiver NSCLC-Patienten und zeigte f&uuml;r Alectinib eine 53 % ige Reduktion des Risikos, einen Progress zu erleiden. Die ZNS-Ergebnisse der Phase-III-Studie wurden nun beim ESMO-Kongress in Madrid vorgestellt.<sup>6</sup> Insgesamt wurden bei 122 Patienten (Alectinib: n=64; Crizotinib: n=58) zu Studienbeginn Hirnmetastasen festgestellt. Bei 33 % bzw. 38 % lag eine messbare Hirnmetastasierung vor, 58 % und 62 % waren noch nicht bez&uuml;glich der ZNS-Metastasen behandelt worden.<br />Patienten mit Hirnmetastasierung bei Studienbeginn profitierten mit einer 60 % igen Reduzierung des Progressionsrisikos von Alectinib gegen&uuml;ber Crizotinib. Das mediane PFS war in dieser Patientenkohorte im Alectinib-Arm noch nicht erreicht und betrug 7,4 Monate unter Crizotinib (HR: 0,40; p&lt;0,0001). Auch Patienten ohne Hirnmetastasierung bei Studienbeginn hatten das mediane PFS im Alectinib-Arm noch nicht erreicht, w&auml;hrend es im Crizotinib-Arm 14,8 Monate betrug (HR: 0,51; p=0,0024). Das intrakranielle Ansprechen war unter Alectinib signifikant gegen&uuml;ber Crizotinib verbessert, unabh&auml;ngig von einer vorangegangenen Hirnbestrahlung. Nach 12 Monaten zeigten 4,6 % der Alectinib-behandelten Patienten versus 31,3 % der Crizotinib-behandelten Patienten Hirnmetastasen beim ersten Progress. Dies deute darauf hin, dass Alectinib eine sch&uuml;tzende Wirkung gegen die Entwicklung von Hirnmetastasen hat, so die Autoren der Studie. Die Ergebnisse zur Hirnmetastasierung festigen den Stellenwert von Alectinib als neuem Therapiestandard bei Patienten mit unbehandeltem, fortgeschrittenem ALK-positivem NSCLC.</p> <h2>3-Jahres-Daten best&auml;tigen Wirksamkeit von Nivolumab</h2> <p>Unter immunonkologischer Zweitlinientherapie mit Nivolumab wurde bei Patienten mit metastasiertem NSCLC in den Phase-III-Studien CheckMate-017 und CheckMate-057 eine signifikante Verbesserung aller Wirksamkeitsparameter gegen&uuml;ber der Chemotherapie mit Docetaxel gezeigt. Aktuell beim ESMO-Kongress 2017 pr&auml;sentierte Daten mit einer Nachbeobachtungszeit von mindestens drei Jahren best&auml;tigen eine anhaltende Wirksamkeit.<sup>7</sup> In der CheckMate-057-Studie lebten nach drei Jahren noch 18 % der Patienten im Nivolumab-Arm versus 9 % im Docetaxel-Arm (HR: 0,73) sowie in der CheckMate-017-Studie 16 % versus 6 % (HR: 0,62). Von den Patienten des Docetaxel-Arms, die drei Jahre &uuml;berlebten, hatte die Mehrheit ebenfalls eine Immuntherapie erhalten, entweder w&auml;hrend des Cross-over zu Nivolumab oder als Therapie nach Beendigung der Studienmedikation (CheckMate-057: 73 % ; CheckMate-017: 75 % ).<br />Ein Ansprechen wurde bei 19 % und 20 % der Patienten in den Nivolumab-Studienarmen sowie bei 12 % und 9 % in den Docetaxel-Armen gesehen. Charakteristisch f&uuml;r den Therapieerfolg mit PD-1-Inhibitoren ist die Chance auf ein lang anhaltendes Ansprechen. Bei Patienten mit nicht squam&ouml;sen Tumoren wurde in der CheckMate-057-Studie eine mediane Dauer des Ansprechens von 17,2 Monaten unter Nivolumab versus 5,6 Monate unter Docetaxel beobachtet. In der CheckMate-017-Studie hatten Patienten mit squam&ouml;ser Histologie eine Ansprechdauer von 25,2 Monaten versus 8,4 Monate unter Nivolumab bzw. Docetaxel. 23 % bzw. 26 % der Patienten, die unter Nivolumab ein Ansprechen zeigten, sprachen bei der aktuellen Auswertung auch weiterhin auf die Therapie an.</p></p> <p class="article-quelle">Quelle: Jahreskongress der European Society for Clinical Oncology (ESMO), 8.–12. September 2017, Madrid </p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Hauschild A et al.: COMBI-AD: adjuvant dabrafenib plus trametinib for resected stage III BRAF V600-mutant melanoma. ESMO 2017; Vortrag; Abstr. #LBA6_PR <strong>2</strong> Weber J et al.: Adjuvant therapy with nivolumab versus ipilimumab after complete resection of stage III/IV melanoma: a randomized, double-blind, phase 3 trial (CheckMate 238). ESMO 2017; Vortrag; Abstr. #LBA8_PR <strong>3</strong> Retz M et al.: Phase III randomized, sequential, open-label study to evaluate the efficacy and safety of sorafenib-pazopanib versus pazopanib-sorafenib in the treatment of metastatic renal cell carcinoma (SWITCH-II). ESMO 2017; Vortrag; Abstr. #845O <strong>4</strong> Choueiri TK et al.: Progression-free survival by independent review and overall survival update for the Alliance A031203 CABOSUN trial of cabozantinib vs sunitinib in metastatic renal cell carcinoma. ESMO 2017; Poster; Abstr. #LBA38 <strong>5</strong> Escudier B et al.: CheckMate 214: efficacy and safety of nivolumab + ipilimumab vs sunitinib for treatment-na&iuml;ve advanced or metastatic renal cell carcinoma (mRCC), including IMDC risk and PD-L1 expression subgroups. ESMO 2017; Vortrag; Abstr. #LBA5 <strong>6</strong> Gagdeel S et al.: Alectinib vs crizotinib in treatment-na&iuml;ve ALK+ NSCLC: CNS efficacy results from the ALEX study. ESMO 2017; Vortrag; Abstr. #1298O_PR <strong>7</strong> Felip Font E et al.: Three-year follow-up from CheckMate 017/057: nivolumab versus docetaxel in patients with previously treated advanced non-small cell lung cancer (NSCLC). ESMO 2017; Poster; Abstr. #1301PD</p> </div> </p>
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