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Endokrine Disruptoren

Umweltsubstanzen mit schädlicher Hormonwirkung. Wer schützt uns davor?

<p class="article-intro">Am 4. Juli dieses Jahres haben die Mitgliedsstaaten der EU für den Entwurf der Europäischen Kommission über die wissenschaftlichen Kriterien zur Identifizierung von „endokrinen Disruptoren“ im Bereich Pflanzenschutzmittel gestimmt. „Das sei ein wesentlicher Schritt für einen besseren Schutz der Bürger vor schädigenden Substanzen. Es soll damit sichergestellt werden, dass jede als Pestizid eingesetzte Substanz, die für Mensch und Tier als endokriner Disruptor identifiziert wird, vom Markt genommen wird bzw. diesen nicht erreicht“, so die EU-Kommission in einem Pressestatement.</p> <hr /> <p class="article-content"><p>Endokrine Disruptoren sind chemische Stoffe, die das Hormonsystem von Mensch und Tier beeinflussen. Sie haben drei kumulative Merkmale: eine endokrine Wirkungsweise, eine sch&auml;digende Wirkung und eine Kausalbeziehung zwischen den beiden. Gem&auml;&szlig; Definition der WHO (2002) ist ein endokriner Disruptor ein k&ouml;rperfremder Stoff oder ein Gemisch, welches die Funktion(en) eines endokrinen Systems &auml;ndert und dadurch gesundheitssch&auml;dliche Auswirkungen auf einen intakten Organismus, auf die Nachkommen oder (Sub-)Populationen hat.<br />Endokrine Disruptoren werden auch als Xenohormone, Umwelthormone oder endokrin aktive Substanzen (EAS) bezeichnet. Wenn diese Stoffe in einer wirksamen Dosis in den K&ouml;rper gelangen, k&ouml;nnen sie durch Ver&auml;nderung des Hormonsystems die Gesundheit sch&auml;digen. Sie k&ouml;nnen nat&uuml;rlich, z.B. als Phyto&ouml;strogene, vorkommen oder synthetisch hergestellt werden; Letztere finden sich in Pflanzenschutzmitteln (DTT), Lebensmittelkontaktmaterialien, z.B. Bisphenol A (BPA), Umweltschadstoffen (Dioxine und polychlorierte Biphenyle &ndash; PCB) und sowohl in Kosmetika (Parabene) als auch in Spielzeug. Einige EAS werden aber auch aufgrund ihrer endokrin aktiven Eigenschaften gezielt in der Medizin eingesetzt wie z.B. die Antibabypille.<br />Wiewohl EAS eine Gesundheitsgefahr f&uuml;r Tier und Mensch darstellen k&ouml;nnen, ist ihre tats&auml;chliche Bedeutung f&uuml;r den tierischen und humanen Stoffwechsel noch relativ unerforscht. Daher sind EAS seit einigen Jahren Gegenstand von teilweise kontroversen Diskussionen von &Ouml;ffentlichkeit, Politik und Wissenschaft.<br />EAS interferieren mit den nat&uuml;rlichen Hormonen, da sie eine starke Bindungsf&auml;higkeit in Bezug auf &Ouml;strogen-, aber auch Androgenrezeptoren haben. Sie k&ouml;nnen sowohl eine agonistische &ndash; indem sie nat&uuml;rliche Hormone &bdquo;darstellen&ldquo; &ndash; als auch eine antagonistische Aktivit&auml;t aufweisen, wenn sie die Rezeptoren blockieren und damit Hormone in ihrer Wirkung behindern. Somit werden durch EAS-Synthese Transport, Metabolismus, aber auch die Elimination von Hormonen beeinflusst. Ein Beispiel daf&uuml;r ist die Beeintr&auml;chtigung der Produktion von Thyroidhormonen durch mindestens 10 EAS-Pestizide.<br />Begonnen hat die Story mit DDT, als in den 1940er-Jahren entdeckt wurde, dass dieses Insektizid eine Hormonwirkung entfaltet, da Piloten, die dieses Mittel verspr&uuml;ht hatten, durch ungewollte Kinderlosigkeit auffielen.<br />Laut WHO-Bericht (2012) wird angenommen, dass eine EAS-Exposition des Menschen mit einer Reihe von hormonabh&auml;ngigen Pathologien und Erkrankungen wie Diabetes, metabolischem Syndrom, Brust- und Prostatakrebs sowie Fettleibigkeit und Fertilit&auml;tsst&ouml;rungen in Zusammenhang steht bzw. daf&uuml;r (mit-)verantwortlich ist; des Weiteren wird dies auch bei bestimmten (auto-)immunologischen, kardiopulmonalen, neurologischen (ZNS-)Krankheitsbildern vermutet. <br />Aus toxikologischer Sicht sind EAS auch eine Gefahr f&uuml;r uns, aber auch f&uuml;r die Gesundheit der n&auml;chsten Generation. Hormone sind essenziell f&uuml;r die Entwicklung vom Embryo bis zur Pubert&auml;t. Der Einfluss dieser &auml;hnlich wie &Ouml;strogen wirksamen Substanzen ist auch abh&auml;ngig vom Alter und Geschlecht der exponierten Person. EAS sind weit verbreitet in der Umwelt, in bestimmten Produkten und in der Nahrung und k&ouml;nnen auch im K&ouml;rper akkumulieren und &ndash; auch wenn sie nur in geringen Mengen vorhanden sind &ndash; mit Substanzen mit &auml;hnlicher Wirkung Synergien haben. <br />Aus diesen Gr&uuml;nden besteht bei Wissenschaftlern, bei der Industrie und auch bei NGOs eine berechtigte und gro&szlig;e Sorge bez&uuml;glich der Bewertungsverfahren und Zulassungskriterien von EAS in der EU, aber auch weltweit, wie die Mitteilung der Endocrine Society zeigt: &bdquo;Dieser Entwurf der EU ist nicht geeignet, uns vor der Umwelt zu sch&uuml;tzen und Gesundheit zu garantieren. Wir fordern, dass wissenschaftliche Gesellschaften Input leisten k&ouml;nnen.&ldquo;</p></p>
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