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Nicht resektable Knochensarkome

<p class="article-intro">In einer multidisziplinären Sitzung des heurigen ESMO-Kongresses in Madrid wurde ein sonst eher selten gewähltes Thema diskutiert: Wie soll mit nicht resektablen Knochensarkomen umgegangen werden? Welche Entwicklungen haben zu Therapieverbesserungen geführt? </p> <p class="article-content"><p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Onko_1706_Weblinks_s38.jpg" alt="" width="1456" height="993" /></p> <div id="keypoints" class="Kasten-umflie-end"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Die Protonentherapie stellt eine sinnvolle Alternative zur Chirurgie in der Therapie von Chordomen dar.</li> <li>Die Strahlentherapie hat eine zunehmende Bedeutung im multimodalen Behandlungskonzept gro&szlig;er pelviner Ewing-Sarkome.</li> <li>Wie bei allen prim&auml;r malignen Sarkomen muss gerade auch bei fraglicher Inoperabilit&auml;t eine multidisziplin&auml;re Therapieplanentscheidung im Tumorboard gef&auml;llt werden.</li> </ul> </div> <p>Der Pathologe Paolo Dei Tos (Treviso, IT), der Strahlentherapeut Rick Haas (Amsterdam, NL), die Onkologin Winette van Graaf (London, UK) und ich als Chirurg versuchten in einer multidisziplin&auml;ren Sitzung diesen Bereich aus verschiedenen Blickwinkeln zu beleuchten. Dei Tos merkte in seinem Anfangsstatement treffend an, dass es Chirurgen&ndash; aus welchen Gr&uuml;nden auch immer &ndash; sehr schwer falle, etwas als &bdquo;nicht resektabel&ldquo; zu bezeichnen. Doch scheint es so, als w&auml;re die Chirurgie in einigen Situationen aufgrund der zu erwartenden Mutilierung, z.B. bei kompletten Resektionen des Sakrums, nicht mehr Methode der Wahl, da ein bei dieser Lokalisation des Tumors nur geringer &Uuml;berlebensvorteil nicht den massiven Verlust an Lebensqualit&auml;t wettmachen kann.<br />Wie erwartet zeigte sich im Rahmen der Vortr&auml;ge rasch, dass eine klare Definition der &bdquo;nicht resektablen Knochensarkome&ldquo; schwer bzw. nicht m&ouml;glich ist. Es vermischen sich Begriffe wie inoperabel, mutilierend, nicht sinnvoll operabel &ndash; eine einheitliche Klassifikation fehlt meistens, auch wenn Fakten wie der Einbruch in den R&uuml;ckenmarkskanal oder das &Uuml;berschreiten der Mittellinie bei gro&szlig;en pelvinen Tumoren in der Regel als Zeichen einer Inoperabilit&auml;t gewertet werden, da R0-Resektionen (im Gesunden bzw. &bdquo;weit&ldquo;) meist nicht m&ouml;glich sind. Zwar technisch m&ouml;gliche, aber mit massivem Funktionsverlust verbundene Resektionen wie komplette Sakrektomien werden zunehmend mit der Gruppe der inoperablen Tumoren vermengt.</p> <h2>Chirurgie nicht immer Therapie der Wahl</h2> <p>&Uuml;bereinstimmung herrschte dar&uuml;ber, dass die Strahlentherapie &ndash; insbesondere die mit Protonen &ndash; eine sehr gute Alternative in der Therapie von pelvinen Ewing-Sarkomen und sakralen oder zentralen Chordomen darstellt.<sup>1</sup> Die Protonentherapie ist in allen westlichen Staaten in immer mehr Zentren verf&uuml;gbar &ndash; unter anderem werden gerade in den Niederlanden drei Zentren fertiggestellt; das &ouml;sterreichische Zentrum in Wiener Neustadt hat vor Kurzem seinen Patientenbetrieb aufgenommen. Bei sakralen Chordomen scheint man in vielen Zentren ab einer H&ouml;he von S3 oder dar&uuml;ber von Resektionen abzugehen und die Patienten an Protonenzentren zu verweisen.<br />Die bisher vorliegenden Publikationen zur Therapie inoperabler Knochen- und Weichteilsarkome mit Protonen- oder Kohlenstoffionentherapie sind vielversprechend. Arbeiten wie die von Sugahara et al.<sup>2</sup> oder Kamada et al.<sup>3</sup> geben f&uuml;r diese Gruppe mit doch sehr schlechter Prognose lokale 3-Jahres-Kontrollraten von 67 % bzw. 76 % und 3-Jahres-&Uuml;berlebensraten von 46 % bzw. 68 % an. Ob diese Ergebnisse auch bei einem homogeneren Kollektiv zu erreichen sind, soll f&uuml;r den Bereich der sakralen Chordome eine von Italien ausgehende internationale Multicenterstudie kl&auml;ren, an der auch Zentren in &Ouml;sterreich teilnehmen werden.</p> <h2>Ewing-Sarkome: zunehmende Bedeutung der Strahlentherapie</h2> <p>Auch f&uuml;r die Behandlung der Ewing-Sarkome wurde schon beim diesj&auml;hrigen Ewing Sarcoma Consensus Meeting in London eine st&auml;rkere Einbindung der Bestrahlung in das multimodale Setting gefordert. Gerade f&uuml;r Sarkome im stammnahen Bereich wurde die neoadjuvante Applikation betont, obwohl diese aufgrund der dann nur eingeschr&auml;nkt m&ouml;glichen Bewertung des Regressionsgrades des Tumors nach neoadjuvanter Chemotherapie vom Studienprotokoll nur in Ausnahmef&auml;llen vorgesehen war.</p> <h2>Patienten in die Entscheidung einbinden</h2> <p>Die Onkologin van Graaf verwies in ihrer Stellungnahme zu Recht auf die Notwendigkeit, Patienten und deren Angeh&ouml;rige in die Therapieentscheidung einzubinden. Auch in der Diskussion einzelner F&auml;lle war zu erkennen, dass die Entscheidung, ob noch ein kurativer Ansatz verfolgt werden soll oder bereits eine palliative Situation vorliegt, oftmals sehr schwierig ist und unbedingt von einem multidisziplin&auml;ren Team getroffen werden sollte. &Auml;hnlich wie bei Amputationsentscheidungen w&auml;re zu &uuml;berlegen, ob Chirurgen auch eine Zweitmeinung eines weiteren Sarkomzentrums einholen sollten, bevor Patienten f&uuml;r inoperabel erkl&auml;rt werden. In die Richtung einer zentralisierteren und in sich vernetzten Behandlung seltener Erkrankungen (wozu auch Sarkome z&auml;hlen) zielt auch das von der EU geplante European Reference Network (ERN).<br />Ein weiterer &ouml;sterreichischer Beitrag zu dem Thema war die Vorstellung des Falls eines 14-j&auml;hrigen Knaben mit einem urspr&uuml;nglich synchronen, nach einem Jahr jedoch metachronen, multifokalen Osteosarkom (mit 6 Tumorlokalisationen bei gleichzeitigem Fehlen von Lungenmetastasen). Hier stellte sich die Frage, ab wann man einen kurativen Ansatz verlassen sollte und aufgrund der Anzahl an teilweise extraartikul&auml;r zu resezierenden Tumoren von einer inoperablen, da bei extrem schlechter Prognose zu sehr mutilierenden Situation ausgehen sollte. Der Konsens war jedoch, die verschiedenen Lokalisationen wie Prim&auml;rtumoren zu behandeln, solange keine pulmonalen Metastasen vorl&auml;gen.<br />Zusammenfassend l&auml;sst sich bez&uuml;glich der Therapie gro&szlig;er Sarkome des Stamms sagen, dass die Protonentherapie zunehmend an Bedeutung gewinnt. &Auml;hnlich klare Verbesserungen sind im Bereich der medikament&ouml;sen Sarkomtherapie derzeit nicht zu erkennen.</p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Stacchiotti S et al.: Building a global consensus approach to chordoma: a position paper from the medical and patient community. Lancet Oncol 2015; 16(2): e71-83 <strong>2</strong>&nbsp;Sugahara S et al.: Carbon ion radiotherapy for localized primary sarcoma of the extremities: results of a phase I/II trial. Radiother Oncol 2012; 105(2): 226-31 <strong>3</strong> Kamada T et al.: Efficacy and safety of carbon ion radiotherapy in bone and soft tissue sarcomas. J Clin Oncol 2002; 20(22): 4466-71</p> </div> </p>
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