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Adoptive zelluläre Therapie (ACT)

Der nächste Durchbruch in der Immuntherapie gegen Krebs

<p class="article-intro">Die adoptive zelluläre Therapie (ACT) ergänzt die bisherigen Therapieoptionen im Bereich Immunonkologie (I-O). ACT mit chimären Antigenrezeptor-exprimierenden T-Zellen sind sehr wirksam bei CD19-exprimierenden B-Zell-Neoplasien.</p> <hr /> <p class="article-content"><p>Die Immunonkologie (I-O) ist ein neues und sich rasch entwickelndes Gebiet. CTLA-4- und PD-1-blockierende Antik&ouml;rper sind Standard in der Therapie des malignen Melanoms. Die Blockade von PD-1/PD-L1 ist wirksam bei verschiedenen Tumorentit&auml;ten, wie z.B. beim nicht kleinzelligen Bronchuskarzinom (NSCLC) oder beim Urothelkarzinom. Immunonkologietherapien mit Immuncheckpoint-blockierenden Antik&ouml;rpern (re-)aktivieren tumorantigenspezifische endogene T-Zellen. Viele dieser Tumorantigene sind sogenannte Neoantigene, welche als Konsequenz von somatischen Mutationen im Tumor entstehen.<sup>1</sup><br /> Die ACT basiert auf der In-vitro-Expansion von T-Zellen und z.T. auf der Transduktion mit genetisch hergestellten Antigenrezeptoren. Deshalb kann die ACT mit genmodifizierten T-Zellen auch gegen Antigene gerichtet werden, die vom endogenen Immunsystem nicht erkannt werden. Dies bedeutet, dass die ACT potenziell auch bei Tumorentit&auml;ten wirksam ist, die nicht auf Immuncheckpoint-Inhibitoren ansprechen. Beispiele sind verschiedene p&auml;diatrische Tumoren und h&auml;matoonkologische Erkrankungen. So resultiert die ACT mit chim&auml;ren Antigenrezeptoren (CAR) in bisher nie gesehenen Remissionsraten bei refrakt&auml;ren B-ALL und anderen CD19-exprimierenden h&auml;matoonkologischen Erkrankungen.<sup>2</sup></p> <h2>ACT mit tumorinfiltrierenden Lymphozyten (TIL)</h2> <p>Bei der adoptiven Immuntherapie mit TIL wird eine schon bestehende T-Zell- Antwort verst&auml;rkt, indem die bereits aktivierten T-Zellen vom Patienten isoliert und in vitro expandiert werden, bevor sie dem Patienten wieder zugef&uuml;hrt werden. TIL bestehen aus zytotoxischen CD8<sup>+</sup>-TZellen und CD4<sup>+</sup>-T-Zellen mit Spezifit&auml;t gegen verschiedene Tumorantigene. Der Vorteil in der Verwendung der ACT liegt darin, dass die Tumorantigene nicht charakterisiert werden m&uuml;ssen und das Risiko von &laquo;antigenic escape variants&raquo; durch die polyklonalen antigenspezifischen T-Zellen reduziert ist. Viele der Tumorantigene werden jedoch auch in normalem Gewebe exprimiert und es besteht deshalb mindestens eine partielle Selbsttoleranz. Entsprechend ist die Affinit&auml;t (= Bindungsverm&ouml;gen) der T-Zell-Rezeptoren (TCR) f&uuml;r das Antigen meist gering (Abb. 1).<br /> Die erste klinische Studie mit transferierten T-Zellen bei Patienten mit metastasierendem malignem Melanom wurde bereits vor 30 Jahren am NIH von Steve Rosenberg durchgef&uuml;hrt.<sup>3</sup> TIL wurden aus verschiedenen Metastasen isoliert, in vitro kultiviert und expandiert und anschliessend den Patienten reinfundiert. Die Therapie und das Engraftment der T-Zellen konnten seither kontinuierlich verbessert werden: mithilfe einer lymphodepletierenden Induktionstherapie (h&auml;ufig Fludarabin und Cyclophosphamid) und der Verabreichung von T-Zell-Wachstumsfaktoren (IL-2).<sup>4</sup> Insgesamt zeigte sich bei diesen Patienten eine Ansprechrate (CR + PR) von rund 56 % .<sup>5</sup> Vergleichbar mit der Therapie mit Immuncheckpoint-Inhibitoren f&uuml;hrt auch die ACT mit TIL beim metastasierenden Melanom zu einem Plateau des OS mit etwa 25&ndash;30 % Langzeit&uuml;berlebenden. Einige wenige Studien wurden bei anderen soliden Tumoren, wie z.B. beim Zervixkarzinom, durchgef&uuml;hrt.<sup>6</sup> Als Alternative der ACT mit TIL kann die in vitro- Stimulation mit einem bekannten Antigen gesehen werden. Durch die repetitive Invitro- Stimulation mit einem Tumorantigen k&ouml;nnen sogenannte T-Zelllinien oder TZellklone mit definierter Antigenspezifit&auml;t generiert werden. K&uuml;rzlich konnte gezeigt werden, dass auch wichtige onkogene Driver-Mutationen wie die KRAS-Mutation als Ziel f&uuml;r die ACT verwendet werden k&ouml;nnen.<sup>7</sup></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Leading Opinions_Onko_1706_Weblinks_s57_abb1.jpg" alt="" width="1418" height="1184" /></p> <h2>ACT mit TCR-modifizierten T-Zellen</h2> <p>Die Entwicklungen in der Molekularbiologie haben es m&ouml;glich gemacht, dass TCR-Sequenzen kloniert und auch modifiziert werden k&ouml;nnen (Abb. 1). Rekombinante TCR k&ouml;nnen in ihrer Affinit&auml;t f&uuml;r das Zielantigen optimiert werden. Diese modifizierten TCR werden durch einen Retro- oder Lentivirus in aus dem Blut isolierte T-Zellen des Patienten eingebracht. Bereits 2006 wurde von Morgan et al.<sup>8</sup> gezeigt, dass MART-1-TCR-modifizierte Lymphozyten zur Regression der Tumormanifestationen bei metastasierenden Melanomen f&uuml;hren k&ouml;nnen. In den folgenden Jahren wurden modifizierte T-Zellen gegen verschiedene Cancer/ Testis-Antigene wie NY-ESO-1, MAGE-A3, MAGE-A4 hergestellt.<sup>9</sup> Auch CEA wurde als Zielantigen verwendet. Bei diesen meist kleinen klinischen Studien f&uuml;hrte die ACT mit TCR-modifizierten T-Zellen zu vielversprechenden Remissionsraten (CR + PR: 13&ndash;56 % ). Die zunehmende Wirksamkeit dieser optimierten TCR ist jedoch verbunden mit einer vermehrten und zum Teil unerwarteten Toxizit&auml;t. Wichtig ist vor allem die &laquo;On-target, offtumor &raquo;-Toxizit&auml;t. Patienten, welche mit CEA-reaktiven transgenen T-Zellen behandelt worden waren, entwickelten eine inflammatorische Kolitis. Die in vitro generierten TCR k&ouml;nnen jedoch auch unabh&auml;ngige Antigene erkennen (&laquo;Off-target&raquo;- Toxizit&auml;t). So starben zwei Patienten an einem kardiogenen Schock, welche mit TCR-modifizierten T-Zellen gegen das MAGE-A3-Antigen behandelt worden waren.<br /> Diese potenziellen Cross-Reaktivit&auml;ten machen es n&ouml;tig, dass die Affinit&auml;t der verwendeten TCR und die Antigenselektion vor Therapie einer extensiven Pr&uuml;fung unterzogen werden. Besonders vielversprechend ist auch hier die Verwendung von TCR gegen Neoantigene, die exklusiv im Tumor exprimiert werden.</p> <h2>ACT mit CAR-T-Zellen</h2> <p>Chim&auml;re Antigenrezeptoren (CAR) sind Fusionsproteine mit definierten funktionellen Dom&auml;nen (Abb. 2). Sie bestehen aus einer extrazellul&auml;ren antigenbindenden Dom&auml;ne, einem extrazellul&auml;ren Spacer, einer transmembran&auml;ren Dom&auml;ne und einer intrazellul&auml;ren Signaltransduktionsdom&auml;ne (Erstgenerations- CAR). Die alleinige Expression der CD3?-T-Zell-Aktivierungssequenz (Signal 1) ist jedoch f&uuml;r die Aktivierung und Expansion der T-Zellen meist ungen&uuml;gend. Es wurden deshalb Zweitgenerations- CAR-T-Zellen hergestellt, welche zus&auml;tzlich zur TCR-Signaltransduktionssequenz CD3? eine Kostimulationsdom&auml;ne beinhalten (z.B. CD28 oder CD137). Die neuste dritte Generation der CAR-TZellen beinhaltet nun zwei oder mehr Kostimulationsdom&auml;nen wie CD27, CD28, CD137, ICOS oder OX40. Die Verwendung zus&auml;tzlicher Kostimulationssequenzen verbesserte den Antitumoreffekt und die Persistenz der CAR-T-Zellen in vivo.<sup>10</sup> Nach einer Apherese werden autologe TZellen mit einem CAR-exprimierenden retroviralen oder lentiviralen Vektor transduziert. Nach einer In-vitro-Selektion und Expansion werden den Patienten &uuml;blicherweise 1&ndash;5x10<sup>8</sup> CAR-T-Zellen infundiert.<br /> Aktuell gibt es die meisten Daten zur autologen Anti-CD19-CAR-T-Zell-Therapie bei B-ALL, B-NHL und multiplem Myelom.<sup>2</sup> Bis anhin wurde der Grossteil der Patienten in vier grossen Zentren in den USA behandelt. Obwohl in diesen Zentren unterschiedliche CAR-Konstrukte verwendet werden und zum Teil auch unterschiedliche Induktionschemotherapien durchgef&uuml;hrt werden, sind die Resultate doch sehr vergleichbar. Bei ungef&auml;hr 90 % aller Patienten mit refrakt&auml;rer B-ALL kann eine lang andauernde CR erreicht werden. Bei Rezidiven nach Anti-CD19- CAR-T-Zell-Therapie wurde oft ein Verlust der Expression von CD19 auf den malignen B-Zellen beschrieben (&laquo;antigenic escape &raquo;). Anti-CD19-CAR-T-Zellen sind ebenfalls aktiv bei weiteren CD19-exprimierenden B-Zell-Neoplasien. Die CRRate bei CLL liegt zwischen 23 und 50 % und bei verschiedenen NHL zwischen 47 und 100 % .<sup>2</sup> Zudem sind aktuell Studien mit CAR-T-Zellen spezifisch gegen CD20, CD22, CD30, CD33 und weiteren Oberfl&auml;chenantigenen bei h&auml;matologischen Erkrankung aktiv.<br /> Die CAR-T-Zell-Therapie bei soliden Tumoren befindet sich noch in einem fr&uuml;hen Stadium der Entwicklung. In den meisten Studien werden Drittgenerations- CAR verwendet, zum Teil zus&auml;tzlich mit einem &laquo;suicide gene&raquo;. Studien mit CAR-TZellen spezifisch f&uuml;r PSMA, Mesothelin, CEA, EGFRvIII, HER2 und weiteren Zielantigene sind zurzeit aktiv.<sup>11</sup> Die Wirksamkeit der CAR-T-Zell-Therapie bei soliden Tumoren kann noch nicht abschliessend beurteilt werden.<br /> Auch die CAR-T-Zell-Therapie ist mit speziellen Nebenwirkungen verbunden. Vor allem bei h&auml;matoonkologischen Erkrankungen kann es zu einem &laquo;cytokinerelease syndrome&raquo; (CRS) kommen. Dies ist eine potenziell lebensgef&auml;hrliche systemische inflammatorische Erkrankung, welche durch die T-Zell-Aktivierung, Proliferation und Produktion von verschiedenen Zytokinen zustande kommt.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Leading Opinions_Onko_1706_Weblinks_s57_abb2.jpg" alt="" width="1419" height="1289" /></p> <h2>Schlussfolgerung</h2> <p>Die ACT erg&auml;nzt und erweitert unser Armamentarium an I-O-Therapien. Am weitesten fortgeschritten ist die Therapie mit CD19-spezifischen CAR-T-Zellen. Bei refrakt&auml;rer B-ALL und B-Zell-NHL konnten ganz erstaunliche Raten an lang anhaltenden CR erreicht werden. Bis anhin war die ACT auf wenige akademische Zentren, vor allem in den USA, begrenzt. Aufgrund des Potenzials wird die Therapie nun von verschiedenen Pharmafirmen weiterentwickelt und klinische Studien sind auch in der Schweiz in Aktivierung. Es ist davon auszugehen, dass vor allem bei h&auml;matoonkologischen Erkrankungen die ACT bald als wichtige Therapieoption zur Verf&uuml;gung stehen wird.</p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Gubin MM et al.: Checkpoint blockade cancer immunotherapy targets tumour-specific mutant antigens. Nature 2014; 515(7528): 577-81 <strong>2</strong> Shank BR et al.: Chimeric antigen receptor T cells in hematologic malignancies. Pharmacotherapy 2017; 37(3): 334-45 <strong>3</strong> Rosenberg SA et al.: Use of tumor-infiltrating lymphocytes and interleukin-2 in the immunotherapy of patients with metastatic melanoma. A preliminary report. N Engl J Med 1988; 319(25): 1676-80 <strong>4</strong> Svane IM, Verdegaal EM: Achievements and challenges of adoptive T cell therapy with tumor-infiltrating or blood-derived lymphocytes for metastatic melanoma: what is needed to achieve standard of care? Cancer Immunol Immunother 2014; 63(10): 1081-91 <strong>5</strong> Rosenberg SA et al.: Durable complete responses in heavily pretreated patients with metastatic melanoma using T-cell transfer immunotherapy. Clin Cancer Res 2011; 17(13): 4550-7 <strong>6</strong> Besser MJ et al.: Tumor-infiltrating lymphocytes: clinical experience. Cancer Journal 2015; 21(6): 465-9 <strong>7</strong> Tran E et al.: T-cell transfer therapy targeting mutant KRAS in cancer. N Engl J Med 2016; 375(23): 2255-62 <strong>8</strong> Morgan R A et al.: C ancer regression in p atients after transfer of genetically engineered lymphocytes. Science 2006; 314(5796): 126-9 <strong>9</strong> Ping Y et al.: T-cell receptor-engineered T cells for cancer treatment: current status and future directions. Protein Cell 2017; doi: 10.1007/s13238- 016-0367-1. [Epub ahead of print] <strong>10</strong> Wang Z et al.: Current status and perspectives of chimeric antigen receptor modified T cells for cancer treatment. Protein Cell 2017; doi: 10.1007/s13238-017-0400-z. [Epub ahead of print] <strong>11</strong> Chang ZL, Chen YY et al.: CARs: Synthetic immunoreceptors for cancer therapy and beyond. Trends Mol Med 2017; 23(5): 430-50</p> </div> </p>
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