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Schlechter rechter Ventrikel bei Herzinsuffizienz

Individualisiertes Vorgehen bei erhaltener Linksventrikelfunktion

<p class="article-intro">Das rechte Herz und der kleine Kreislauf sind auch bei primär linksventrikulären Pathologien ein wichtiger prognostischer Faktor sowie ein möglicher therapeutischer Ansatzpunkt. Das Zusammenspiel beider Kreislaufsysteme sollte daher bei jedem Patienten mit Herzinsuffizienz berücksichtigt werden.</p> <p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Die Rechtsventrikelfunktion ist bei Patienten mit Linksherzinsuffizienz ein wichtiger prognostischer Parameter.</li> <li>Die Pathogenese der Linksherzerkrankung sollte genau evaluiert werden, damit seltenere Ursachen wie kardiale Amyloidosen nicht &uuml;bersehen werden.</li> <li>Ausreichende diuretische Therapie und Gewichtsreduktion sind vielversprechende Therapieans&auml;tze bei Patienten mit HFpEF.</li> <li>Es besteht ein Mangel an etablierten medikament&ouml;sen Therapien f&uuml;r Linksherzerkrankungen mit konsekutiver pulmonaler Hypertension.</li> <li>Die Patienten sollten an spezialisierte Zentren &uuml;berwiesen werden, an denen individualisierte Therapien angeboten werden.</li> </ul> </div> <p>Die Herzinsuffizienz mit normaler Linksventrikelfunktion (HFpEF) ist eine h&auml;ufige Erkrankung, sie betrifft ca. 50 % aller Patienten mit Herzinsuffizienz. Die Pr&auml;valenz der HFpEF steigt mit der Zunahme von Risikofaktoren wie fortgeschrittenem Alter, Bluthochdruck, Diabetes mellitus und Adipositas. Frauen scheinen deutlich h&auml;ufiger von dieser Erkrankung betroffen zu sein als M&auml;nner. Die Diagnose einer HFpEF kann bei Patienten gestellt werden, die sich mit Zeichen und Symptomen einer Herzinsuffizienz (Dyspnoe, Bein&ouml;deme, verminderte Leistungsf&auml;higkeit) sowie normaler systolischer Funktion und erh&ouml;hten NT-proBNP(&bdquo;brain natriuretic peptide&ldquo;)-Werten pr&auml;sentieren. Obwohl die Linksventrikelfunktion bei all diesen Patienten erhalten bleibt, kann es bei einigen Patienten zu einer Abnahme der rechtsventrikul&auml;ren Pumpfunktion kommen. Letztere ist jedoch f&uuml;r die Prognose dieser Patienten essenziell. Eine prospektive Studie, die 320 HFpEF-Patienten untersucht hatte, konnte zeigen, dass tats&auml;chlich mehr als die H&auml;lfte (55,3 % ) an Rechtsherzversagen starben.<sup>1</sup></p> <h2>Pathophysiologie</h2> <p>Pathophysiologisch kommt es bei der HFpEF durch multifaktorielle Trigger zu einem fibrotischen Umbau und in der Folge zur Versteifung des linken Ventrikels. Dies hat einen Anstieg des linksventrikul&auml;ren enddiastolischen Druckes (LVEDP) zur Folge, der sich retrograd bis in die Lungenstrombahn fortsetzt und dort zu einer Erh&ouml;hung der Druckwerte f&uuml;hrt. Bei 10&ndash;13 % aller Betroffenen kommt es zus&auml;tzlich zu dieser Erh&ouml;hung des LVEDP auch zu einer Pulmonalgef&auml;&szlig;erkrankung, die eine Erh&ouml;hung des pulmonalen Gef&auml;&szlig;widerstandes zur Folge hat, wodurch sich die rechtsventrikul&auml;re Nachlast weiter erh&ouml;ht.<sup>2</sup> Rezente Daten weisen darauf hin, dass die rechtsventrikul&auml;re Dysfunktion, die bei einigen HFpEF-Patienten beobachtet werden kann, wahrscheinlich eine Folge einerseits einer gest&ouml;rten Kontraktilit&auml;t, andererseits der erh&ouml;hten rechtsventrikul&auml;ren Nachlast ist.<sup>3</sup></p> <h2>Individualisiertes Vorgehen</h2> <p>W&auml;hrend eine Vielzahl von pulmonal vasodilatierenden Substanzen f&uuml;r die Behandlung von pr&auml;kapill&auml;ren Formen der pulmonalen Hypertension zugelassen sind und gute therapeutische Erfolge f&uuml;r diese Patienten zeitigen, so gleicht die Studienlage medikament&ouml;ser Therapien f&uuml;r die postkapill&auml;re pulmonale Hypertension eher einem Tr&uuml;mmerfeld. Studien zur Wirksamkeit von Vasodilatatoren bei Linksherzerkrankungen konnten nicht nur keine positiven Ergebnisse verzeichnen, sondern mussten bereits in mehreren F&auml;llen aufgrund von Sicherheitsbedenken fr&uuml;hzeitig abgebrochen werden (Tab. 1). Dieser Mangel an M&ouml;glichkeiten zur Therapie postkapill&auml;rer Formen der pulmonalen Hypertension erfordert daher ein individualisiertes Vorgehen, das folgende &Uuml;berlegungen miteinbeziehen sollte.</p> <p><strong>&Uuml;berzeugt von der Diagnose?</strong><br /> Bevor eine Therapieentscheidung f&auml;llt, sollte die Ursache f&uuml;r die Herzinsuffizienz gr&uuml;ndlich evaluiert und gegebenenfalls reevaluiert werden. Andere Formen der Herzinsuffizienz mit postkapill&auml;rer pulmonaler Hypertension sollten in Betracht gezogen werden, da diese fallweise einen g&auml;nzlich anderen therapeutischen Zugang erfordern. Eine rezente Studie aus 2016 konnte mittels kardialer Magnetresonanztomografie und Ganzk&ouml;rperknochenszintigrafie zeigen, dass die Pr&auml;valenz von kardialen Amyloidosen unter HFpEF-Patienten mit 10&ndash;14 % deutlich h&ouml;her ist als angenommen. So k&ouml;nnte es sich bei einigen dieser Patienten mit diagnostizierter HFpEF eventuell um fr&uuml;he Formen oder bisher unentdeckte F&auml;lle von kardialen Amyloidosen handeln.<sup>4</sup></p> <p><strong>&Uuml;berw&auml;sserung?</strong><br /> Eine ausreichende Diurese ist bei Patienten mit HFpEF ein essenzieller therapeutischer Ansatz. Nicht selten pr&auml;sentieren sich diese Patienten jedoch mit einer zus&auml;tzlichen Nierenfunktionsst&ouml;rung. Oftmals wird daher bei diesen Patienten die diuretische Therapie aus Sorge vor einem Anstieg der Nierenretentionsparameter reduziert oder sogar abgesetzt. Allerdings kann eine Hypervol&auml;mie stauungsbedingt ebenfalls zu einer Einschr&auml;nkung der Nierenfunktion f&uuml;hren.<sup>5</sup> Untersuchungen haben gezeigt, dass euvol&auml;me Patienten mit HFpEF eine bessere Prognose haben als hypervol&auml;me Patienten, sogar dann, wenn die Nierenfunktion eingeschr&auml;nkt ist (Abb. 2).<sup>6</sup> Daher sollte gerade bei diesen Patienten der Fokus vor allem auf einer ausreichenden Entw&auml;sserung liegen.</p> <p><strong>&Uuml;bergewicht?</strong><br /> Ein weiterer Ansatzpunkt zur Therapie von Patienten mit HFpEF ist die Behandlung von Komorbidit&auml;ten. Dazu z&auml;hlen einerseits eine angemessene antihypertensive Therapie und eine ad&auml;quate Blutzuckereinstellung, andererseits die konsequente Gewichtsreduktion. Es ist naheliegend, dass adip&ouml;se Patienten symptomatischer sind als normalgewichtige, allerdings konnte gezeigt werden, dass eine Ph&auml;notypisierung nach &bdquo;&uuml;bergewichtiger&ldquo; versus &bdquo;nicht &uuml;bergewichtige&ldquo; HFpEF auch eine eindeutige Unterscheidung bez&uuml;glich anderer Surrogatparameter zul&auml;sst. So haben &uuml;bergewichtige HFpEF-Patienten im Vergleich zu normalgewichtigen Patienten mit HFpEF und auch im Vergleich zu gesunden Kontrollpersonen signifikant h&ouml;here Plasmavolumina, gr&ouml;&szlig;ere rechte Ventrikel und erh&ouml;hte linksventrikul&auml;re F&uuml;llungsdr&uuml;cke.<sup>7, 8</sup> Sowohl di&auml;tetische Ma&szlig;nahmen als auch k&ouml;rperliches Training verbessern signifikant die Leistungsf&auml;higkeit dieser Patienten. Eine Kombination beider Therapieans&auml;tze wirkt additiv auf eine Verbesserung der maximalen Sauerstoffaufnahme.<sup>9</sup> Allerdings konnte gezeigt werden, dass auch normalgewichtige Patienten mit HFpEF von k&ouml;rperlichem Training durch verbesserte Leistungsf&auml;higkeit und h&ouml;here Lebensqualit&auml;t profitieren.<sup>10</sup></p> <p><strong>&Uuml;berproportionale PH?</strong><br /> Bei chronischer Druckbelastung in der Lungenstrombahn kann es durch Remodelingprozesse zu Ver&auml;nderungen der pr&auml;kapill&auml;ren Pulmonalgef&auml;&szlig;e kommen, die sich zus&auml;tzlich zur postkapill&auml;ren pulmonalen Hypertension durch eine Linksherzerkrankung als pr&auml;kapill&auml;re Komponente einer kombinierten pulmonalen Hypertension manifestieren.<sup>11</sup> Da f&uuml;r pr&auml;kapill&auml;re Formen der pulmonalen Hypertension gut etablierte Therapien zur Verf&uuml;gung stehen, scheint es naheliegend, dass diese Patienten von &auml;hnlichen Therapiestrategien profitieren k&ouml;nnten. Diese medikament&ouml;sen Therapien werden derzeit bei Patienten mit Linksherzerkrankungen und konsekutiver pulmonaler Hypertension getestet. Vielversprechende Sicherheitsdaten gibt es derzeit f&uuml;r Therapien, die zu einer balancierten pr&auml;- und postkapill&auml;ren Vasodilatation f&uuml;hren, wie Riociguat (Handelsname Adempas<sup>&reg;</sup>), das derzeit f&uuml;r die Therapie der pulmonalarteriellen Hypertonie (PAH) und der chronischen thromboembolischen pulmonalen Hypertension (CTEPH) zugelassen ist. Auch Macitentan, das als Antagonist am Endothelinrezeptor einem Pulmonalgef&auml;&szlig;umbau entgegenwirkt, scheint bei diesen Patienten sicher zu sein. Derzeit werden beide Substanzen in dieser Indikation getestet, allerdings ist ein Wirksamkeitsnachweis noch ausst&auml;ndig.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Kardio_1704_Weblinks_kardio_1704_s28_abb1+2.jpg" alt="" width="2150" height="875" /></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Kardio_1704_Weblinks_kardio_1704_s29_tab1.jpg" alt="" width="2151" height="1808" /></p> <h2>Keine Empfehlungen durch Leitlinien</h2> <p>Aufgrund der Studienlage gibt es laut den aktuellen europ&auml;ischen Leitlinien derzeit bei HFpEF mit konsekutiver postkapill&auml;rer pulmonaler Hypertension keine Empfehlungen f&uuml;r den Einsatz von pulmonalen Vasodilatatoren. Da auch sonst keine spezifischen medikament&ouml;sen Therapien zur Verf&uuml;gung stehen, sollte gemeinsam mit Patienten eine alternative Therapiestrategie angestrebt werden. An der Medizinischen Universit&auml;t Wien werden derzeit solche Behandlungspl&auml;ne im Rahmen von klinischen Studien und individualisierten patientenorientierten Programmen angeboten. Zus&auml;tzlich zu engmaschigen ambulanten Kontrollen werden diesen Patienten medikament&ouml;se Therapien in einem universit&auml;ren Setting zur Verf&uuml;gung gestellt. Derzeit bleibt dies zus&auml;tzlich zu einer umfassenden internistischen Basisbetreuung die einzige gezielte und individualisierte Therapie f&uuml;r Patienten mit HFpEF.</p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Aschauer S et al.: Modes of death in patients with heart failure and preserved ejection fraction. Int J Cardiol 2017; 228: 422-6. Epub 2016/11/22. <strong>2</strong> Tedford RJ et al.: Pulmonary capillary wedge pressure augments right ventricular pulsatile loading. Circulation 2012; 125: 289-97. Epub 2011/12/02 <strong>3</strong> Melenovsky V et al.: Right heart dysfunction in heart failure with preserved ejection fraction. Eur Heart J 2014; 35: 3452-62. Epub 2014/05/31 <strong>4</strong> Bennani Smires Y et al.: Pilot study for left ventricular imaging phenotype of patients over 65 years old with heart failure and preserved ejection fraction: the high prevalence of amyloid cardiomyopathy. Int J Cardiovasc Imaging 2016; 32: 1403-13. Epub 2016/10/19 <strong>5</strong> Damman K et al.: Renal impairment, worsening renal function, and outcome in patients with heart failure: an updated meta-analysis. Eur Heart J 2014; 35: 455-69. Epub 2013/10/30 <strong>6</strong> Koell B et al.: Fluid status and outcome in patients with heart failure and preserved ejection fraction. I Int J Cardiol 2017; 230: 476-81. Epub 2017/01/08 <strong>7</strong> Obokata M et al.: Evidence supporting the existence of a distinct obese phenotype of heart failure with preserved ejection fraction. Circulation 2017. Epub 2017/04/07 <strong>8</strong> Dalos D et al.: Functional status, pulmonary artery pressure, and clinical outcomes in heart failure with preserved ejection fraction. J Am Coll Cardiol 2016; 68: 189-99. Epub 2016/07/09 <strong>9</strong> Kitzman DW et al.: Effect of caloric restriction or aerobic exercise training on peak oxygen consumption and quality of life in obese older patients with heart failure with preserved ejection fraction: a randomized clinical trial. JAMA 2016; 315: 36-46. Epub 2016/01/10 <strong>10</strong> Edelmann F et al.: Exercise training improves exercise capacity and diastolic function in patients with heart failure with preserved ejection fraction: results of the Ex-DHF (Exercise training in Diastolic Heart Failure) pilot study. J Am Coll Cardiol 2011; 58: 1780-91. Epub 2011/10/15 <strong>11</strong> Gerges C et al.: Diastolic pulmonary vascular pressure gradient: a predictor of prognosis in &rdquo;out-of-proportion&ldquo; pulmonary hypertension. Chest 2013; 143: 758- 66. Epub 2013/04/13</p> </div> </p>
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