©
andresr
E+
Kleine Hodentumoren operieren oder überwachen?
Urologik
Autor:
Dr. Corina Ringsell
30
Min. Lesezeit
14.12.2017
Weiterempfehlen
<p class="article-intro">Laut einer aktuellen Studie aus Großbritannien spielt bei zufällig entdeckten Hodenneoplasien die Größe der Veränderung eine Rolle bei der Entscheidung, ob sie gut- oder bösartig ist. Tumormarker sind dagegen kein geeignetes Kriterium zur Beurteilung der Malignität.<sup>1</sup></p>
<hr />
<p class="article-content"><p>Für ihre Untersuchung selektierten die Wissenschaftler um Dr. Glenda Scandura vom Barts Cancer Institute, Queen Mary University of London, aus mehr als 2600 Pathologieberichten Patienten mit Hodentumoren unter 10 mm Größe. Sofern vorhanden, wurden klinische Befunde, Werte von Serummarkern, demografische Daten der Patienten etc. erfasst und ausgewertet. Insgesamt konnten 81 Berichte analysiert werden, wobei in 20 % der Fälle (16/81) die Veränderungen kleiner als 5 mm waren. Obwohl keine dieser Läsionen sich als maligne herausstellte, wurde bei 15 Patienten aufgrund der Bildgebung und /oder Tumormarkerbestimmung eine Orchiektomie und bei einem eine teilweise Orchiektomie vorgenommen. Insgesamt hatten 56 Patienten eine gutartige Neoplasie; die 25 bösartigen Veränderungen unterteilten sich in 15 Seminome und 10 Nichtseminome.</p> <p>Bei gut der Hälfte der Männer (47/81) waren die Tumormarker alpha-Fetoprotein (AFP) und Lactat-Dehydrogenase (LDH) bestimmt worden. Von diesen 47 Patienten litten 16 an einem malignen Tumor, während die Läsion bei den übrigen gutartig war. Die Tumormarker waren jedoch bei keinem der Malignome erhöht, sehr wohl jedoch bei 7 der gutartigen Läsionen.</p> <p>Aufgrund dieser Ergebnisse warnen die Autoren davor, sich bei der Therapieentscheidung auf die Messung von Tumormarkern zu verlassen. Vor allem bei kleinen Neoplasien unter 5 mm raten sie dazu abzuwarten und regelmäßig Ultraschallkontrollen vorzunehmen. Wegen der guten Heilungsaussichten bei Hodentumoren sei dieses Vorgehen nur mit einem minimalen Risiko verbunden. Eine Operation sei dagegen eindeutig eine Übertherapie, betonen Scandura und Kollegen und bezeichneten die Patienten als „Opfer der modernen Bildgebung“ (Victims of Modern Imaging Technology, VOMIT). </p> <h2>Vorgehen in der Praxis</h2> <p>Für Männer, bei denen während einer Ultraschalluntersuchung zufällig ein Hodentumor unter 10 mm entdeckt wird, haben die Wissenschaftler einen Algorithmus entwickelt. Bei negativen oder nicht eindeutigen Tumormarken sollen Bildgebung und Bestimmung der Tumormarker drei Monate später wiederholt werden. Ist das Ergebnis unverändert, kann der Patient nach Aufklärung über die Selbstuntersuchung in die hausärztliche Versorgung entlassen werden. Ist die Neoplasie in dieser Zeit um weniger als 20 % gewachsen, raten die Ärzte zu Wiederholungsuntersuchungen im Abstand von drei Monaten. Bei einer Größenzunahme über 20 % und anfänglich positiven Tumormarkern empfehlen sie, eine chirurgische Abklärung im multidisziplinären Team zu diskutieren.</p></p>
<p class="article-footer">
<a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a>
<div class="collapse" id="collapseLiteratur">
<p><strong>1</strong> Scandura G et al.: Incidentally detected testicular lesions < 10 mm in diameter: can orchidectomy be avoided? BJU Int 2017; DOI: 10.1111/bju.14056 (online 15. Oktober 2017)</p>
</div>
</p>
Das könnte Sie auch interessieren:
Wenige Betten in den Spitälern
Seit 2008 ist die Zahl der Spitalbetten in der Schweiz kontinuierlich gesunken. Leading Opinions macht einen Vergleich mit anderen Ländern.
Gesundheitsberufe: Frauen öfter von Burnout betroffen
Eine Studie zeigt, dass weibliches Gesundheitspersonal wesentlich öfter von Stress und Burnout betroffen ist als die Männer in der Branche.
Erneut Kritik an Heilmittelgesetz
Das Vernehmlassungsverfahren zu geplanten Änderungen im Heilmittelgesetz hat in diesen Tagen geendet. Aus der Ärzteschaft kommt Kritik an Plänen des Bundes.