© ktsimage iStockphoto

Neue Konzepte in der Blasenpathologie

<p class="article-intro">Die neue WHO-Klassifikation wurde im Jänner 2016, 12 Jahre nach der letzten Klassifikation von 2004, herausgegeben. In diesem Zeitraum hat sich einiges vom pathologischen Standpunkt aus geändert. Einige Konzepte haben eine Neubewertung erfahren.<sup>1</sup></p> <hr /> <p class="article-content"><h2>pT1-Tumoren</h2> <p>Einer der wichtigsten Fortschritte ist das Substaging von pT1-Tumoren. Bisher galt, dass ein Substaging nicht vorgenommen werden sollte, weil es keine Empfehlung gab, welche Technik anzuwenden sei. In der neuen Ausgabe von 2016 wird das Unterteilen der pT1-Tumoren zwar empfohlen, aber keine Methode besonders herausgestrichen.<sup>1</sup> Interessanterweise gab es zur gleichen Zeit einen Konsensvorschlag der ICCR (International Collaboration on Cancer Reporting),<sup>2</sup> in dem sich internationale Experten auf mehrere Methoden zum Substaging von pT1-Tumoren einigten. Es wurde empfohlen, entweder die L&auml;nge der Tumorausdehnung in der Lamina propria oder deren Tiefe zu messen, multiple Tumoren sollten individuell bewertet werden. Eine andere empfohlene Methode ist pT1a/b, das hei&szlig;t, der Tumor w&auml;chst bis zur oder unter die Muscularis mucosae ein (pT1b) beziehungsweise bleibt dar&uuml;ber (pT1a).<sup>3, 4</sup><br /> Bez&uuml;glich des Tumorgrades gab es keine &Auml;nderungen, die Tumoren sollten in niedrig- und hochgradig eingestuft werden. Die veraltete Methode von Grad 1&ndash;3 ist nicht mehr zu verwenden. Eine weitere &Auml;nderung betrifft auch den Grad der pT1- Tumoren. War bisher die Meinung der Pathologen bez&uuml;glich der niedrig- und hochgradigen pT1-Tumoren geteilt, so wird mittlerweile doch von den meisten Pathologen das Konzept des hochgradigen pT1- Tumors bevorzugt, der Begriff des niedriggradigen pT1-Tumors ist im Verschwinden.<sup>1</sup><br /> Die neue Klassifikation unterstreicht auch die Wichtigkeit der histologischen Unterarten. Die mikropapill&auml;ren und plasmozytoiden Varianten sind f&uuml;r ihr aggressives Wachstum bekannt, nichtsdestotrotz werden viele histologische Unterarten noch nicht genau genug befundet. Das Erkennen der Unterarten hat aber einen wichtigen Stellenwert in der Behandlung der Patienten, denn aufgrund der molekularen/ histologischen Unterarten kann man manchen Patienten eine unn&ouml;tige Chemotherapie ersparen &ndash; wohl wissend, dass gewisse histologische Unterarten nur schlecht chemotherapeutisch zu behandeln sind.<sup>5</sup></p> <h2>Histologische Unterarten</h2> <p>Einige neue Konzepte sind in die Klassifizierung der histologischen Unterarten eingeflossen. 2011 wurde von Cox et al. eine neue Unterart des Blasenkarzinoms beschrieben.<sup>6</sup> Diese Gruppe beinhaltet dieselbe Problematik wie die &bdquo;Nested&ldquo;-Variante, nur dass die Tumornester gr&ouml;&szlig;er sind (Abb. 1). Oberfl&auml;chlich k&ouml;nnen diese Tumoren sehr exophytisch sein &ndash; das Problem ist, die invasive Komponente zu erkennen. Diese Karzinome zeigen fast keine Atypien und sind sehr gut limitiert. Die Stromareaktion rund um den Tumor ist meist gering, es gibt auch keine Entz&uuml;ndungszeichen. Die &bdquo;Lymphoma-like&ldquo;-Variante wurde in die Gruppe der plasmozytoiden, siegelringzelligen/diffusen Urothelkarzinome integriert. Die siegelringzelligen Tumoren, die in der alten Klassifizierung noch Teil der Adenokarzinome waren, wurden ebenfalls in diese Gruppe der hochgradig aggressiven Karzinome eingeordnet. Es kann manchmal eine morphologische &Auml;hnlichkeit mit plasmozytoiden Urothelkarzinomen bestehen.<sup>7</sup> Die Gruppe der undifferenzierten Urothelkarzinome wurde in &bdquo;wenig differenziert&ldquo; umbenannt.<br /> Das klarzellige Urothelkarzinom wurde ebenfalls in die Klassifikation aufgenommen. Dieser Tumor &auml;hnelt dem klarzelligen Karzinom der Niere und zeichnet sich durch aggressives Verhalten aus. In den meisten F&auml;llen sind in der Umgebung auch ein Carcinoma in situ und eine mehr klassische Variante des Urothelkarzinoms zu sehen, rein klarzellige Formen sind un&uuml;blich.<sup>1</sup><br /> Eine andere neue Variante, die in die Klassifikation aufgenommen wurde, ist das lipidreiche Urothelkarzinom (Abb. 2). Diese Unterart ist sehr aggressiv, meist stellt sie nur einen Teil im Karzinom dar, reine Formen wurden noch nie beschrieben.<sup>8</sup><br /> Andere neue Unterarten wurden zur Klassifikation hinzugef&uuml;gt wie etwa die &bdquo;Tumoren des M&uuml;ller&rsquo;schen Typs&ldquo;. Dazu z&auml;hlen die klarzelligen Adenokarzinome, die man meist in der Urethralgegend bei &auml;lteren Frauen findet, und die endometrioiden Tumoren, die extrem selten sind. F&uuml;r erstere Tumoren wird eine aggressive chirurgische Therapie, vor allem bei pT1/2-Tumoren, empfohlen.<sup>9</sup><br /> In der neuroendokrinen Gruppe wurden die gro&szlig;zelligen neuroendokrinen Tumoren dazugenommen, die extrem selten sind. Wie bei der kleinzelligen Variante ist auch bei diesen Karzinomen die Prognose infaust.<sup>10</sup></p> <ol> <li>Urachuskarzinome</li> <li>Divertikeltumoren</li> <li>Urothelkarzinome des oberen Harntraktes</li> <li>Urothelkarzinome der Urethra</li> </ol> <p>Die Urachuskarzinome sind ebenfalls seltene Tumoren, die sich in Relikten des Urachus entwickeln (Abb. 3). Verschiedene histologische Unterarten sind beschrieben worden (Adenome, Adenokarzinome, nicht glandul&auml;re Neoplasien und gemischte Tumoren). Das &uuml;bliche pTNM-Staging kann nicht auf Urachuskarzinome angewendet werden, hier wird das Sheldon- System empfohlen.<sup>11</sup> Die Bedingungen, um ein Urachuskarzinom diagnostizieren zu k&ouml;nnen, wurden von Gopalan A et al. beschrieben und beinhalten folgende Kriterien:<sup>12</sup> Tumorlokalisation am Blasendom oder an der vorderen Blasenwand, Epizentrum des Tumors in der Blasenwand, keine Cystitis cystica bzw. glandularis unterhalb des Blasendoms oder der vorderen Blasenwand. und kein Urothel-/Adenokarzinom in einer anderen Lokalisation.<br /> Die Divertikeltumoren zeigen dieselben Charakteristiken wie andere Urothelkarzinome. Der einzige Unterschied ist, dass es normalerweise keine Muskelschicht in der Divertikelwand gibt, daher gibt es kein pT2-Stadium. Alle anderen Stadien k&ouml;nnen angewendet werden.<sup>13</sup><br /> Die Urothelkarzinome des oberen Harntraktes sind seltene Tumoren, die jedoch relativ aggressiv sein k&ouml;nnen. Genau dieselben histologischen Varianten wie in der Blase sind beschrieben worden, allerdings sind gewisse Varianten eher selten, w&auml;hrend das Plattenepithelkarzinom relativ oft vor allem bei Nierenparenchymeinwachsenden Tumoren befundet wird. Sarkomat&ouml;se Aspekte sind vor allem bei Patienten mit Lithiasis beobachtet worden. In dieser Lokalisation gibt es kein Substaging der pT1-Tumoren.<sup>14</sup><br /> Urothelkarzinome in der Urethra sind extrem seltene Tumoren. Relativ h&auml;ufig kann man ein Carcinoma in situ finden, das sich in den suburethralen Dr&uuml;sen ausbreitet und nicht als Invasion gedeutet werden sollte. Das Plattenepithelkarzinom ist relativ h&auml;ufig, vor allem im vorderen Teil der Urethra. Bei &auml;lteren m&auml;nnlichen Patienten muss vor allem das Einwachsen eines Prostatakarzinoms in den oberen Teil der Harnr&ouml;hre ausgeschlossen werden. Urethralkarzinome haben meist eine eher schlechte Prognose, und bei gleichem pTNM-Stadium wie in der Blase ist das &Uuml;berleben der Patienten deutlich k&uuml;rzer.<sup>15</sup></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Onko_1705_Weblinks_jatros_onko_1705_s86_abb1.jpg" alt="" width="1064" height="914" /></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Onko_1705_Weblinks_jatros_onko_1705_s87_abb2+3.jpg" alt="" width="2150" height="914" /></p> <div id="fazit"> <h2>Fazit</h2> <p>Alles in allem ist die neue Klassifikation &uuml;bersichtlicher und logischer aufgebaut als die letzte Version. Zus&auml;tzlich wurden auch viele molekulare Daten integriert und ber&uuml;cksichtigt.</p> </div></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> 4th edition of the WHO classification of tumours of the urinary system and male genital organs. www.enup.org/4thedition- classification-tumours-urinary-system-male-genitalorgans <strong>2</strong> www.ICCR.com <strong>3</strong> Bertz S et al.: Substaging by estimating the size of invasive tumour can improve risk stratification in pT1 urothelial bladder cancer-evaluation of a large hospital-based single-centre series. Histopathology 2011; 59(4): 722‑32 <strong>4</strong> Tosoni I et al.: Clinical significance of interobserver differences in the staging and grading of superficial bladder cancer. BJU Int 2000; 85(1): 48‑53 <strong>5</strong> Mc- Conkey DJ et al.: A prognostic gene expression signature in the molecular classification of chemotherapy-na&iuml;ve urothelial cancer is predictive of clinical outcomes from neoadjuvant chemotherapy: a phase 2 trial of dose-dense methotrexate, vinblastine, doxorubicin, and cisplatin with bevacizumab in urothelial cancer. Eur Urol 2016; 69(5): 855-62 <strong>6</strong> Cox R, Epstein JI: Large nested variant of urothelial carcinoma: 23 cases mimicking von Brunn nests and inverted growth pattern of noninvasive papillary urothelial carcinoma. Am J Surg Pathol 2011; 35(9): 1337‑42 <strong>7</strong> Dayyani F et al.: Plasmacytoid urothelial carcinoma, a chemosensitive cancer with poor prognosis, and peritoneal carcinomatosis. J Urol 2013; 189(5): 1656‑61 <strong>8</strong> Lopez-Beltran A et al.: Urothelial carcinoma of the bladder, lipid cell variant: clinicopathologic findings and LOH analysis. Am J Surg Pathol 2010; 34(3): 371‑6 <strong>9</strong> Kurosaka S et al.: Advanced clear-cell adenocarcinoma of the bladder successfully treated by radical surgery with adjuvant chemoradiotherapy. Int J Clin Oncol 2005; 10(5): 362‑5 <strong>10</strong> Colarossi C et al.: Large cell neuroendocrine carcinoma (LCNEC) of the urinary bladder: a case report. Diagn Pathol 2013; 8: 19 <strong>11</strong> Sheldon CA et al.: Malignant urachal lesions. J Urol 1984; 131(1): 1‑8 <strong>12</strong> Gopalan A et al.: Urachal carcinoma: a clinicopathologic analysis of 24 cases with outcome correlation. Am J Surg Pathol 2009; 33(5): 659‑68 <strong>13</strong> Idrees MT et al.: The spectrum of histopathologic findings in vesical diverticulum: implications for pathogenesis and staging. Hum Pathol 2013; 44(7): 1223-32 <strong>14</strong> Langner C et al.: pT classification, grade, and vascular invasion as prognostic indicators in urothelial carcinoma of the upper urinary tract. Mod Pathol 2006; 19(2): 272-9 <strong>15</strong> Thyavihally YB et al.: Clinical outcome of 36 male patients with primary urethral carcinoma: a single center experience. Int J Urol 2006; 13(6): 716-20</p> </div> </p>
Back to top