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Von-Willebrand-Syndrom

Bei unverhältnismäßiger Epistaxis an VWS denken

<p class="article-intro">Das Von-Willebrand-Syndrom (VWS) ist die häufigste der angeborenen Blutgerinnungsstörungen. Dennoch bleibt sie oftmals unerkannt, da weder Betroffene noch viele Ärzte mit der Erkrankung vertraut sind. Die Erkennung des VWS wird dadurch erschwert, dass die Symptome vielfältig sind und von häufigem Nasenbluten über Neigung zu blauen Flecken bis hin zu Zahnfleisch- und anderen Schleimhautblutungen reichen.</p> <hr /> <p class="article-content"><p>Bei den betroffenen Patienten &auml;u&szlig;ert sich die Erkrankung oft durch h&auml;ufige oder &uuml;berm&auml;&szlig;ig starke Epistaxis, bei jungen Frauen auch durch st&auml;rkere Mennorrh&ouml;, die meist sp&auml;t als erstes Anzeichen f&uuml;r eine Blutgerinnungsst&ouml;rung erkannt wird. Insbesondere Arztgruppen wie HNO-&Auml;rzte und Gyn&auml;kologen sollten auf erh&ouml;hte Blutungsneigungen sensibel reagieren und ein VWS in Erw&auml;gung ziehen.<br /> Von den Blutgerinnungsst&ouml;rungen ist insbesondere die H&auml;mophilie bekannt, die haupts&auml;chlich bei M&auml;nnern auftritt und durch die Vererbung innerhalb der europ&auml;ischen F&uuml;rstenh&auml;user zu trauriger Ber&uuml;hmtheit gelangt ist. Bei der H&auml;mophilie werden Typ A und Typ B unterschieden, die mit einer Funktionsst&ouml;rung von Faktor VIII bzw. Faktor IX einhergehen. Faktor VIII tritt im Komplex mit dem von-Willebrand- Faktor (vWF) auf, dessen Mangel oder Funktionsst&ouml;rung M&auml;nner und Frauen gleicherma&szlig;en betrifft, aber im Vergleich zur H&auml;mophilie weniger prominent ist. Zur Diagnose kommt es bei Patienten h&auml;ufig erst dann, wenn durch den Blutverlust bereits eine An&auml;mie eingetreten ist. Nicht selten wird die Diagnose auch erst gestellt, wenn zum Teil lebensgef&auml;hrliche Komplikationen bei chirurgischen Eingriffen oder Entbindungen auftreten. &Uuml;ber die Familienanamnese werden dann oft weitere Diagnosen gestellt.</p> <h2>Der von-Willebrand-Faktor und seine Funktionen</h2> <p>Der vWF wird von Endothelzellen und Megakaryozyten synthetisiert und zirkuliert im Blutplasma im Komplex mit Faktor VIII, der dadurch vor der Proteolyse gesch&uuml;tzt wird. Au&szlig;erdem verbindet er als Adh&auml;sivprotein Thrombozyten mit der verletzten Gef&auml;&szlig;wand und aktiviert die Thrombozyten. vWF bildet im Plasma spontan Multimere, deren Gr&ouml;&szlig;e unter anderem von der Funktion abh&auml;ngig ist. Die Konzentration des vWF ist auch abh&auml;ngig von der Blutgruppe. Bei Menschen mit Blutgruppe 0 werden niedrigere vWFSpiegel im Vergleich zu Personen mit den Blutgruppen A, B oder AB festgestellt.<br /> Es gibt drei Typen des von-Willebrand- Syndroms (VWS): Bei Typ 1, der h&auml;ufigsten VWS-Auspr&auml;gung, liegt vWF in geringerer Menge als normal vor, wodurch es zu leichten Symptomen kommt. Bei Typ 2 ist vWF im Blut vorhanden, aber nicht in ausreichend funktionsf&auml;higer Form. Symptome treten in leichter bis mittelschwerer Auspr&auml;gung auf. Bei dem sehr seltenen Typ 3 ist kein vWF im Blut vorhanden und es kommt zur Auspr&auml;gung starker Symptome, wie sie auch bei schwerer H&auml;mophilie gesehen werden.</p> <h2>Blutungsneigung ist ein Hinweis auf ein VWS</h2> <p>Hinweise auf das VWS sind die Neigung zu blauen Flecken, h&auml;ufiges Nasenbluten, bei Frauen besonders starke oder lange Regelblutungen, Nachbluten nach Zahnbehandlungen, Operationen oder einer Entbindung sowie Zahnfleischbluten oder andere Schleimhautblutungen.<br /> Zur ersten Orientierung bei der Diagnose werden die Testung der Blutungszeit oder die Messung der partiellen Thromboplastinzeit verwendet. Die Absicherung der Diagnose erfolgt in der Regel in einem spezialisierten Zentrum. Hier wird der VWFSpiegel bestimmt und es werden funktionelle sowie qualitative Tests durchgef&uuml;hrt.</p> <h2>Die Diagnose ist wichtig, eine Therapie nicht immer n&ouml;tig</h2> <p>Im Gegensatz zur H&auml;mophilie ist eine Prophylaxe beim VWS Typ 1 selten notwendig. Die Diagnose ist dennoch eine wichtige Information, beispielsweise wenn Operationen oder eine Entbindung anstehen oder f&uuml;r die Notfallbehandlung nach einem Unfall. F&uuml;r die Therapie k&ouml;nnen synthetische Vasopressinanaloga oder unterst&uuml;tzend Tranexams&auml;ure eingesetzt werden, bei schwerem VWS (haupts&auml;chlich Typ 2 + 3) bieten sich FVIII-haltige VWF-Konzentrate an. Reine FVIII-Konzentrate sind f&uuml;r die Behandlung des VWS nicht geeignet.<br /> Vasopressinanaloga k&ouml;nnen die Freisetzung des k&ouml;rpereigenen vWF erh&ouml;hen und Tranexams&auml;ure hemmt die k&ouml;rpereigene Aufl&ouml;sung von Blutgerinnseln. Patienten mit schwerer Auspr&auml;gung des VWS und einer erh&ouml;hten Blutungsneigung sollten auch prophylaktisch behandelt werden, was die regelm&auml;&szlig;ige, mehrmals w&ouml;chentliche intraven&ouml;se Applikation von FVIII/ vWF-Konzentraten impliziert. Acetylsalicyls&auml;urehaltige Medikamente sollten bei VWS-Patienten vermieden werden.</p></p> <p class="article-quelle">Quelle: Kongress der International Society on Thrombosis and Haemostasis (ISTH), 8.–13. Juli 2017, Berlin </p>
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