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Endoprothetische Versorgung der sekundären Dysplasiecoxarthrose bei kongenitaler Hüftluxation

<p class="article-intro">Die endoprothetische Versorgung einer hohen Hüftluxation stellt eine operative Herausforderung dar. Das Ziel dieser Arbeit ist es, die anatomische Problemstellung zu beleuchten und die häufigsten OP-Methoden kurz zu betrachten. Weiters werden die wichtigsten OP-Schritte der zementfreien Versorgung mittels subtrochantärer Verkürzungsosteotomie und Geradschaft erläutert.</p> <hr /> <p class="article-content"><p>Die Klassifikation einer kongenitalen H&uuml;ftdysplasie im Erwachsenenalter erfolgt nach Hartofilakidis bzw. Crowe. Die Klassifikation nach Hartofilakidis unterscheidet Typ A bis C, wobei der Typ A die Dysplasie, der Typ B eine niedrige H&uuml;ftluxation mit Kranialmigration des Drehzentrums und der Typ C eine hohe H&uuml;ftluxation darstellt. Weiters werden noch der Typ B und C in jeweils zwei Untertypen eingeteilt. Nach Crowe unterscheiden wir 4 Typen mit 2 Untertypen bei der hohen H&uuml;ftluxation (Abb. 1). Folgende pathologische anatomische Besonderheiten, acetabul&auml;r als auch femoral, sind bei der hohen H&uuml;ftluxation neben der ausgepr&auml;gten Beinl&auml;ngendifferenz zu ber&uuml;cksichtigen:</p> <ul> <li>kontrakte und atrophe Weichteilverh&auml;ltnisse,</li> <li>sehr kleines dyplastisches Acetabulum mit geringer Tiefe bzw. geringem Bone- Stock und schlechter Knochenqualit&auml;t,</li> <li>h&auml;ufig deutliche Ante- bzw. auch Retroversion des Acetabulums,</li> <li>verst&auml;rkte Antetorsion des Schenkelhalses mit h&auml;ufiger pathologischer Torsion der proximalen Metaphyse,</li> <li>enger, nicht konisch verlaufender, sondern zylindrischer Markraum femoral metadiaphys&auml;r.</li> </ul> <h2>Operationsmethoden</h2> <p>Es k&ouml;nnen grunds&auml;tzlich alle Zugangswege zum H&uuml;ftgelenk gew&auml;hlt werden. Aufgrund der Komplexit&auml;t des Eingriffes und der kontrakten Weichteilverh&auml;ltnisse sind Eingriffe, die eine gute Exposition zulassen und einen Weichteilrelease leicht erm&ouml;glichen, von Vorteil. Der modifizierte transgluteale, der posteriore und der transtrochant&auml;re Zugang erm&ouml;glichen dies. Das Risiko eines Traktionsschadens, v.a. des N. ischiadicus, aber auch des N. femoralis und N. obturatorius, steigt bei akuten Beinverl&auml;ngerungen &uuml;ber 3,5cm stark an. Um eine geringere Verl&auml;ngerung sowie weniger straffe Weichteilverh&auml;ltnisse bzw. eine langsamere Verl&auml;ngerung zu erzielen, wurde in der Literatur eine Vielzahl von Operationsmethoden am Femur beschrieben. Hier die wichtigsten:</p> <p><strong>Subtrochant&auml;re Verk&uuml;rzungsosteotomie</strong><br /> Es gibt eine Vielzahl von verschiedenen subtrochant&auml;ren Osteotomiearten (gerade, schr&auml;g, &bdquo;double-chevron&ldquo;, &bdquo;step-cut&ldquo; etc). Ziel einer komplexeren Osteotomie, wie z.B. der Step-cut-Osteotomie, sollte eine erh&ouml;hte prim&auml;re Rotationsstabilit&auml;t der beiden Fragmente sein. Entwickelt haben sich diese Osteotomien, weil vor allem in angloamerikanischen L&auml;ndern der modulare S-ROM (DePuy Synthes) verwendet worden ist, welcher aufgrund seines runden Schaftes eine geringere Rotationsstabilit&auml;t diaphys&auml;r aufweist als z.B. rechteckige Sch&auml;fte. Biomechanische Studien haben aber gezeigt, dass komplexe Osteotomien keinen signifikanten Vorteil zeigen. Die gerade Osteotomie hat drei Vorteile gegen&uuml;ber komplexen Osteotomien: 1. Rotationsfehlstellungen k&ouml;nnen leicht korrigiert werden. 2. Der Eingriff ist relativ weichteilschonend. Das Risiko einer Devaskularisierung des Knochens mit Heilungsst&ouml;rung ist geringer. 3. Der Eingriff ist technisch am einfachsten.</p> <p><strong>Diaphys&auml;re bzw. distale metaphys&auml;re Verk&uuml;rzungsosteotomie</strong><br /> Diese OP-Methode ist indiziert, wenn gleichzeitig ein ausgepr&auml;gtes hochgradiges Genu valgum besteht, sodass hier eine gleichzeitige Normalisierung der mechanischen Achse des Kniegelenkes erzielt werden kann.</p> <p><strong>Ben&uuml;tzung eines Fixateur externe zur Distalisierung des Femurs</strong><br /> Dieser Eingriff wurde zwar erstmals ohne Kopfresektion und Kapselrelease beschrieben, aber eine leichtere Verl&auml;ngerung kann sicherlich nach Kopf- und Kapselresektion erzielt werden. Der gro&szlig;e Nachteil dieser OP-Methode, neben der Notwendigkeit eines zweiten Eingriffs, ist die schwierige mehrw&ouml;chige Interimsphase mit Becken-Femur-Fixateur. Der Vorteil ist, dass keine Verk&uuml;rzungsosteotomie notwendig ist.</p> <p>Im Bereich des Acetabulums ist in erster Linie das Ziel, die H&uuml;ftgelenkspfanne anatomisch zu positionieren. Dies ist h&auml;ufig nur mit einer Pfannendachplastik zu erzielen. Um f&uuml;r zu erwartende zuk&uuml;nftige Revisionsoperationen einen maximalen Bone-Stock zu erreichen, ist es wichtig, das Drehzentrum zu distalisieren und den autologen Femurkopf als Graft zu verwenden. Ziel ist eine zementfreie Versorgung der H&uuml;ftgelenkspfanne mit entweder einer kleinen Pfanne mit hoher Prim&auml;rstabilit&auml;t (z.B. Schraubpfanne Variall, Fa. Zimmer) oder einer verschraubbaren Pressfit-Pfanne (Pinnacle-Bantam, DePuy Synthes). Sollte die Knochenqualit&auml;t des Femurkopfes nicht f&uuml;r ein strukturelles Autograft verwendet werden k&ouml;nnen und sollten so kleine Verh&auml;ltnisse vorliegen, dass auch die kleinste Pfanne zu gro&szlig; ist, besteht die M&ouml;glichkeit einer medialen Protrusionstechnik (&bdquo;cotyloplasty&ldquo;). &bdquo;Trabecular metal&ldquo;-Augmente sollten nur im Ausnahmefall verwendet werden.<br /> Leider haben alle in der Literatur beschriebenen OP-Methoden eine deutlich h&ouml;here Rate an Fr&uuml;h- und Sp&auml;tkomplikationen bei der Versorgung einer hohen H&uuml;ftluxation im Vergleich zur normalen Coxarthrose. Revisionsraten bis zu 25 % sind beschrieben. Zu den h&auml;ufigsten Komplikationen geh&ouml;ren die Fr&uuml;h- und Sp&auml;tlockerung der Pfanne, die Post-OP-Luxation, die Fraktur, Nervenl&auml;sionen und Pseudarthrosen im Falle einer Osteotomie.<br /> Die meisten Patienten kommen nicht aus &Ouml;sterreich, sondern aus s&uuml;dlichen Nachbarl&auml;ndern bzw. dem arabischen Raum. Bei diesen Patienten ist es obligat, pr&auml;operativ den 25OH-Vitamin-D3-Status zu erheben. Fast alle Patienten aus diesen L&auml;ndern ben&ouml;tigen pr&auml;operativ eine Substitution von Vitamin D3.</p> <h2>OP-Technik</h2> <p>Eine digitale OP-Planung ist obligat. Wir verwenden meistens den modifizierten transglutealen Zugang. Die Schenkelhalsosteotomie sollte un&uuml;blich basisnahe am Kopf durchgef&uuml;hrt werden, sodass ein relativ langes St&uuml;ck am Calcar stehen bleibt, welches f&uuml;r die sp&auml;tere Rotationsstabilit&auml;t des proximalen Fragmentes essenziell ist. Danach wird die Prim&auml;rpfanne dargestellt. Unter Bildwandlerkontrolle erfolgt das Anfr&auml;sen mit der kleinstm&ouml;glichen Pfanne (Variall, Fa. Zimmer). Im Rahmen dieses Schrittes wird bestimmt, ob eine zus&auml;tzliche Pfannendachplastik notwendig ist. Danach wird die Pfannendachplastik durchgef&uuml;hrt, z.B. die &bdquo;Siebener-Plastik&ldquo; (&bdquo;number seven graft&ldquo;). Im Anschluss erfolgen nochmaliges Fr&auml;sen im neuen Knochenbett und das Einbringen einer gr&ouml;&szlig;eren Schraubpfanne, als gefr&auml;st wurde. Falls eine Pressfit- Pfanne verwendet wird, kann die letzte Fr&auml;sung im R&uuml;ckw&auml;rtsgang durchgef&uuml;hrt werden, um Knochenmaterial nicht zu entfernen, sondern nur zu komprimieren, da der Knochen immer sehr weich ist. Pressfit- Pfannen sollten zus&auml;tzlich verschraubt werden. Im n&auml;chsten Schritt wird der Schaft pr&auml;pariert, bis die Raspel am Calcar anliegt. Wir verwenden den SLV-Schaft des Variall- Systems (Fa. Zimmer). Hier ist wichtig, dass exakt pr&auml;pariert und das metaphys&auml;re Knochenlager nicht ausgeh&ouml;hlt bzw. ausgeweitet wird, da dieses f&uuml;r die Rotationsstabilit&auml;t des proximalen Fragmentes wichtig ist. Nun wird die gerade subtrochant&auml;re Verk&uuml;rzungsosteotomie durchgef&uuml;hrt. Hier ist zu beachten, dass die Osteotomie so knapp wie m&ouml;glich unterhalb des Trochanter minor und auch so weichteilschonend wie m&ouml;glich erfolgt. Wie bei jeder Osteotomie sollte Hitzeentwicklung vermieden werden. Danach wird ein ca. 2,5&ndash;3,5cm gro&szlig;es kortikales Fragment entfernt. Im distalen femoralen Fragment wird daraufhin separat geraspelt. Falls eine sehr schlechte Knochenqualit&auml;t vorliegt, kann hier eine Sicherungscerclage verwendet werden. Dann erfolgen das Einf&auml;deln der Fragmente, nochmaliges Raspeln und Probereposition mit Bildwandlerkontrolle. Falls rotationsstabile Verh&auml;ltnisse vorliegen, kann auf eine Plattenosteosynthese verzichtet werden. Im Zweifelsfall ist diese sinnvoll. Zuletzt erfolgen das Einbringen der definitiven Implantate und die Reposition.<br /> Die postoperative Mobilisierung beinhaltet 6 Wochen Teilbelastung mit 15kg und weitere 6 Wochen Teilbelastung mit 30kg, dann zunehmende Vollbelastung nach R&ouml;ntgenkontrolle.<br /> Insgesamt ist zu erwarten, dass wir in Zukunft dieses Krankheitsbild immer seltener sehen werden. Aufgrund der berichteten hohen Komplikationsrate und der Komplexit&auml;t des Eingriffes empfehlen wir, die Operation nur an Abteilungen durchzuf&uuml;hren, an denen mehrere F&auml;lle pro Jahr operiert werden.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Ortho_1705_Weblinks_ortho_1705_s22_abb.1.jpg" alt="" width="1417" height="940" /></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Ortho_1705_Weblinks_ortho_1705_s23_abb.2.jpg" alt="" width="1417" height="1499" /></p> <h2>Zusammenfassung</h2> <p>Die endoprothetische Versorgung einer hohen H&uuml;ftluxation ist eine chirurgische Herausforderung, da man neben der gro&szlig;en Beinl&auml;ngendifferenz auch auf typische acetabul&auml;re und femorale Gegebenheiten bzw. Problemstellungen trifft. Eine zementfreie Versorgung mittels Geradschaft und subtrochant&auml;rer Verk&uuml;rzungsosteotomie ist unter Einhaltung wichtiger Details eine gute Versorgungsm&ouml;glichkeit dieser Pathologie.</p></p>
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