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Health Literacy: „Die Gesundheitskompetenz der Bevölkerung stärken“

<p class="article-intro">Gesundheitskompetenz ist die Fähigkeit des einzelnen Menschen, im täglichen Leben Entscheidungen zu treffen, die sich positiv auf die Gesundheit auswirken. Gesundheitskompetenz stärkt eine Person in der Selbstbestimmung und in ihrer Gestaltungs- und Entscheidungsfreiheit zu Gesundheitsfragen und verbessert die Fähigkeit, Gesundheitsinformationen zu finden, diese zu verstehen und damit Verantwortung für die eigene Gesundheit zu übernehmen. </p> <hr /> <p class="article-content"><p>Mangelnde Gesundheitskompetenz wirkt sich negativ auf die Gesundheit einer Person aus. Dies hat wiederum negative Folgen f&uuml;r verschiedene Gesellschaftsbereiche, z.B. in Form von h&ouml;heren Kosten im Gesundheitssystem. Laut American Medical Association ist davon auszugehen, dass in den USA unzureichende Gesundheitskompetenz sch&auml;tzungsweise j&auml;hrlich Kosten von 73 Milliarden Dollar verursacht. Auf der Ebene &bdquo;Gesundheitssysteme&ldquo; werden die zus&auml;tzlichen Kosten durch geringe Gesundheitskompetenz auf drei bis f&uuml;nf Prozent der gesamten Gesundheitskosten gesch&auml;tzt.<br /> Ein schlechter Gesundheitszustand h&auml;ngt unter anderem oft mit geringerer Gesundheitskompetenz und niedrigerem sozio&ouml;konomischem Status zusammen. Aktuelle Studien zeigen, dass Personen mit niedriger Gesundheitskompetenz beispielsweise weniger gesundheitsf&ouml;rdernde Entscheidungen treffen oder geringere Therapietreue (Compliance) und Selbstmanagement-F&auml;higkeiten im Krankheitsfall besitzen. Vor allem &auml;ltere oder sozio&ouml;konomisch benachteiligte Menschen, wie Migrantinnen und Migranten oder Personen mit einer geringen Schulbildung, sind von den negativen Auswirkungen geringer Gesundheitskompetenz betroffen. <br /> Ma&szlig;nahmen zur F&ouml;rderung von Gesundheitskompetenz spielen daher eine wichtige Rolle, um diese gesundheitlichen Ungleichheiten zu verringern.<br /> Ziel von Health-Literacy-Ma&szlig;nahmen ist beispielsweise, Informationen so aufzubereiten und gesundheitliche Angebote so zu gestalten, dass sie von der Zielgruppe verstanden und angewendet werden k&ouml;nnen. Die Ausrichtung von Ma&szlig;nahmen auf die Bed&uuml;rfnisse der Bev&ouml;lkerung ist eine zentrale Voraussetzung, um Gesundheitskompetenz f&ouml;rdernde Verh&auml;ltnisse zu schaffen und Menschen bei eigenverantwortlichen Entscheidungen zu unterst&uuml;tzen. Wichtiger Faktor zur Bildung von Gesundheitskompetenz ist das Bildungswesen; daneben sind v.a. das Gesundheitssystem und kulturelle und gesellschaftliche Lebensfelder wichtige Ansatzbereiche f&uuml;r Ma&szlig;nahmen zur Steigerung der Gesundheitskompetenz. <br /> In &Ouml;sterreich existieren bereits zahlreiche Ma&szlig;nahmen, die zur St&auml;rkung der Gesundheitskompetenz beitragen. Health-Literacy-Ma&szlig;nahmen sollten in bereits bestehende Initiativen und Programme eingebaut werden, um m&ouml;glichst wirksam und kosteneffizient zu sein; das hei&szlig;t, bei der Umsetzung von Ma&szlig;nahmen gilt es, auf bestehenden Initiativen aufzubauen und diese um fehlende Aspekte der Gesundheitskompetenz zu erg&auml;nzen. Entscheidend ist aber ein breit abgestimmtes, strukturiertes und langfristig aufgebautes Vorgehen, um die Verbesserung der Gesundheitskompetenz als nationales und regionales Ziel zu verfolgen. <br /> Neben der St&auml;rkung der individuellen Gesundheitskompetenz brauchen wir gesunde Lebenswelten, wie Betriebe oder Schulen, sowie gesellschaftliche und gesetzliche Rahmenbedingungen, die den Menschen in &Ouml;sterreich erm&ouml;glichen, gesund zu bleiben.</p> <h2>Gesundheitskompetenz als Determinante unserer Gesellschaft</h2> <p>Die Verbesserung der Gesundheitskompetenz ist ein entscheidender Faktor, um Gesundheitsziele, wie die Erh&ouml;hung der Anzahl gesunder Lebensjahre, die Reduktion von chronischen Erkrankungen oder die Verringerung gesundheitlicher Ungleichheiten, zu erreichen.</p> <ul> <li>Gesundheitsbereich: Geringe Gesundheitskompetenz f&uuml;hrt beispielsweise zu h&auml;ufigeren Krankenhausaufenthalten oder auch zu geringerer Compliance und damit verbunden zu einer wahrscheinlich weniger erfolgreichen Therapie. Dass damit Kosten f&uuml;r den Gesundheitsbereich verbunden sind, ist einleuchtend.</li> <li>Wirtschaft: Es kann davon ausgegangen werden, dass sich h&ouml;here Gesundheitskompetenz direkt auf die krankheitsbedingten beruflichen Abwesenheiten auswirkt. &Uuml;berdies k&ouml;nnen sich gesundheitskompetente Personen besser f&uuml;r gesunde und gesundheitsf&ouml;rderliche Arbeitsbedingungen einsetzen.</li> <li>Gesellschaft: Es kann erwartet werden, dass sich Personen mit einer h&ouml;heren Health Literacy eine gesundheitsf&ouml;rdernde Umgebung einrichten k&ouml;nnen. Daraus resultieren wiederum weniger lange krankheitsbedingte Absenzen, weniger Spitalsaufenthalte etc. Besonders Personen, die f&uuml;r andere gesundheitsrelevante Entscheidungen treffen, kommt eine wichtige Rolle zu (z.B. betreuenden Personen).</li> </ul> <h2>Gesundheitssystem</h2> <p>Beispiele f&uuml;r m&ouml;gliche Zielbereiche eines strategischen Aktionsplanes: &raquo; Entwickeln und zur Verf&uuml;gung stellen von vertrauensw&uuml;rdigen und umsetzbaren Gesundheitsinformationen. &raquo; Unterst&uuml;tzen von Ma&szlig;nahmen im Gesundheitssystem, um Gesundheitsinformationen, Kommunikation, informierte Entscheidungsfindung und den Zugang zur Gesundheitsversorgung zu verbessern. &raquo; Ber&uuml;cksichtigung von Gesundheitskompetenz in der Vorschul-, Schul- und Erwachsenenbildung bzw. Elternbildung sowie in der au&szlig;erschulischen Jugendarbeit. &raquo; Unterst&uuml;tzung von lokalen Ma&szlig;nahmen der Gesundheitsbildung spezieller Zielgruppen, die den Bed&uuml;rfnissen (beispielsweise Kultur, Bildungsniveau) angepasst sind. &raquo; Partnerschaften zwischen politischen Bereichen und Organisationen bilden.<br /> &raquo; Training von Gesundheitsberufen in patientenorientierter Kommunikation, z.B. in Patientengespr&auml;chen. Die Kommunikation muss auf das Wissensniveau und die Sprache der Zielgruppe (z.B. Kinder, Jugendliche) sowie auf soziokulturelle Hintergr&uuml;nde (z.B. Fremdsprachen) der Person angepasst sein. Dazu geh&ouml;rt auch sicherzustellen, dass die Gespr&auml;chspartnerin oder der Gespr&auml;chspartner die Botschaft tats&auml;chlich verstanden hat (z.B. Teach-Back-Methode). &raquo; Patientenorientierte Kommunikation sollte in den Ausbildungscurricula aller Gesundheitsberufe ber&uuml;cksichtigt werden. &raquo; Einfache und verst&auml;ndliche schriftliche Gesundheitsinformationen, wie &raquo; Brosch&uuml;ren und Ratgeber. &raquo; Patienteninformationen zu medizinischen Behandlungen mit einfach verst&auml;ndlicher Darstellung des Risikos. &raquo; Checklisten, &raquo; Info-Bl&auml;tter, &raquo; Entscheidungshilfen (Decision Aids) etc. &raquo; Moderne Kommunikationstechnologien, die dazu eingesetzt werden, Informationen zu vermitteln und die Entscheidungs- und Probleml&ouml;sungsf&auml;higkeit zu steigern. Da moderne Kommunikationstechnologien tendenziell dazu beitragen, soziale Ungleichheit zu verst&auml;rken, ist es wichtig, auch sozial benachteiligten Gruppen einen niederschwelligen Zugang zu diesen Technologien bzw. Informationen zu erm&ouml;glichen. &raquo; Anwendungen f&uuml;r mobile Telekommunikationsger&auml;te etc. &raquo; Orientierungshilfen im Gesundheitssystem, die bei der Entscheidung &uuml;ber Auswahl einer Gesundheitsleistung unterst&uuml;tzen und zur Transparenz beitragen, wie &raquo; niederschwellige Beratungsstellen zu Gesundheitsfragen (z.B. 24-Stunden-Servicetelefon).<br /> &raquo; Pers&ouml;nliche Beratung und Betreuung in bestimmten Situationen, wie Spitalsentlassungen, Pflege zu Hause etc., die z.B. von Case-Managerinnen oder -Managern, Family Health Nurses etc. angeboten werden. &raquo; Leicht verst&auml;ndliche Qualit&auml;tsberichte oder Online-Informationen &uuml;ber Qualit&auml;tsdaten von Gesundheitsdienstleisterinnen und -dienstleistern etc. &raquo; Programme f&uuml;r Patientinnen und Patienten mit chronischen Erkrankungen, wie &raquo; Disease-Management-Programme, &raquo; Selbstmanagement-Programme etc. &raquo; Unterst&uuml;tzung von Patientenorganisationen und Selbsthilfegruppen. &raquo; Anwendung von Tools zur Verbesserung der Health-Literacy-Freundlichkeit von Organisationen, z.B. im Rahmen des Qualit&auml;tsmanagements von Spit&auml;lern. &raquo; B&uuml;rger-/Patientenbeteiligung: Patientenorientierte Gesundheitssysteme unterst&uuml;tzen die Partizipation der B&uuml;rger und Patienten.</p> <h2>Kultur und Gesellschaft</h2> <p>Viele Gesundheitsentscheidungen werden in Alltagssituationen getroffen, die nicht direkt mit dem Gesundheitssystem in Zusammenhang stehen. Familien, Freunde oder andere Gemeinschaften dienen h&auml;ufig als grundlegende Informationsquelle zu gesundheitsrelevanten Themen, z.B. f&uuml;r gesunden Lebensstil, Selbstbehandlung, Erste Hilfe, Impfungen, Verh&uuml;tung etc. und beeinflussen somit Gesundheitsentscheidungen der einzelnen Person.<br /> Zu den Ma&szlig;nahmen zur Verbesserung der Gesundheitskompetenz im Bereich Kultur und Gesellschaft z&auml;hlen beispielsweise: &raquo; Gesundheitsf&ouml;rderungsprojekte f&uuml;r benachteiligte Gruppen, um soziale und/oder gesundheitliche Ungleichheiten auszubalancieren. &raquo; Kommunikationskampagnen, um die Motivation f&uuml;r gesundes Verhalten zu steigern und Verhaltens&auml;nderungen zu unterst&uuml;tzen, auf Basis professioneller Kommunikationstechniken und Marketingprinzipien (&bdquo;Social Marketing&ldquo;). &raquo; Health Advocacy: Die Strategie ist auf die Ver&auml;nderung von politischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen im Hinblick auf ein Gesundheitsthema (z.B. Nichtrauchen, mentale Gesundheit) durch Ma&szlig;nahmen der Meinungsbildung ausgerichtet. Eine wesentliche Rolle spielt dabei die St&auml;rkung der B&uuml;rgerrechte (Stichwort Partizipation) und der Patientenrechte.</p> <h2>Bildungssystem</h2> <p>In folgenden Bereichen k&ouml;nnen Ma&szlig;nahmen zur Verbesserung der Gesundheitskompetenz angesetzt werden: &raquo; Schule bzw. au&szlig;erschulische Jugendarbeit sowie &raquo; Erwachsenenbildung.<br /> Zu den spezifischen Ma&szlig;nahmen zur Verbesserung der Gesundheitskompetenz im Bereich Bildung z&auml;hlen beispielsweise: &raquo; Training von Lehrerinnen und Lehrern in der Vermittlung von Gesundheitskompetenz. &raquo; Vermehrte Angebote zur St&auml;rkung der Gesundheitskompetenz im Bereich der Erwachsenenbildung. &raquo; Verst&auml;rkte Ber&uuml;cksichtigung von Gesundheitsthemen in Lehrpl&auml;nen an der Schule und Bereitstellen von altersentsprechenden Lehr- und Informationsmaerialien.</p></p>
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