©
Natali_Mis
iStockphoto
Erste Erfahrungen mit dem Langzeitsensor
Jatros
30
Min. Lesezeit
14.09.2017
Weiterempfehlen
<p class="article-intro">In Österreich wurden kürzlich die ersten Eversense-Systeme eingeführt. Wir sprachen mit Frau Prof. Dr. Julia Mader von der Medizinischen Universität Graz über ihre Erfahrungen beim Einsetzen des Langzeitsensors, die Reaktionen der Patienten und darüber, bei welchen Patienten das System sinnvoll eingesetzt werden kann.</p>
<hr />
<p class="article-content"><p><strong>Frau Prof. Mader, welche Patienten sind für das neue Eversense-System am besten geeignet?</strong><br /> <strong>J. Mader:</strong> Das sind zum einen Patienten, die eine gute Blutzuckereinstellung erreichen möchten und dadurch auch in Gefahr sind, Unterzuckerungen zu erleiden. Außerdem Patienten, die keine Kombination aus Sensor und Pumpe mit automatischer Abschaltung möchten. Und Patienten, die durch die Tragedauer von etwa 3 Monaten mehr persönliche Flexibilität erreichen möchten, wobei die nächste Generation eine Tragedauer von 150 Tagen erreichen soll. Bei anderen CGM-Systemen muss der Sensor ja etwa wöchentlich gewechselt werden. Für all diese Patienten ist der Eversense ein gutes System.</p> <p><strong>Wie waren Ihre ersten Erfahrungen beim Einsetzen des Eversense-Sensors?</strong><br /> <strong>J. Mader:</strong> Internisten sind natürlich keine Chirurgen, die tagtäglich mit dem Skalpell arbeiten, aber mit etwas Übung ist der Eingriff sehr einfach. Durch die Schulung durch den Hersteller war das Einsetzen kein großes Problem und wir hatten ausreichend Zeit, an Kunsthaut das Einsetzen zu üben. Auch das erste Einsetzen bei Menschen war recht einfach durchzuführen. Psychologisch ist es natürlich für einen Internisten immer ein bisschen ungewohnt, den ersten Hautschnitt zu setzen, aber insgesamt war es eine sehr positive Erfahrung.</p> <p><strong>Wie haben die Patienten das Einsetzen des Sensors erlebt?</strong><br /> <strong>J. Mader:</strong> Die Patienten haben erzählt, dass sie beim Einsetzen eigentlich keine Schmerzen empfunden haben – nachdem wir eine sehr gute Lokalanästhesie gesetzt haben, war das auch zu erwarten. Während des Eingriffs haben wir die Patienten regelmäßig nach ihrem Befinden gefragt – auch da gab es keine Probleme. Nur vor dem Eingriff waren die Patienten unsicher, wie es ist, wenn man einen Hautschnitt bekommt und der Sensor unter die Haut eingesetzt wird. Wir haben dies mit den Patienten besprochen, ihnen erklärt, wie das System funktioniert, wie der Ablauf sein wird, und es unseren Patienten auch aufgezeichnet. Von da an bestand eigentlich keine große Ängstlichkeit mehr. Nach der Implantation des Sensors haben wir die Patienten gefragt, wie es ihnen dabei gegangen ist, und auch da war das Feedback sehr positiv.</p> <p><strong>Wie lang hat der Eingriff gedauert?</strong><br /> <strong>J. Mader:</strong> Das Setzen selbst ungefähr 10 Minuten. Hinzu kommen Vor- und Nachbereitungsarbeiten, währenddessen man den Patienten auch über den Eingriff aufklären kann, sodass wir für uns selbst auf bis zu eine halbe Stunde pro Patient kommen.</p> <p><strong>Wo sehen Sie aus heutiger Sicht die größten Vorteile des neuen Systems?</strong><br /> <strong>J. Mader:</strong> Das System besteht aus drei Teilen, dem Sensor für die Messung, einem Reader, der die Daten vom Sensor an das Smartphone überträgt, aber keine Werte anzeigt und mittels Pflaster über den Sensor geklebt wird, und dem Smartphone als Anzeigegerät für die Werte. Ein großer Vorteil ist, dass das System auch ohne Monitor bzw. ohne Smartphone-Alarme in Form von Vibrationen abgeben kann. Der Patient wird also über hohe bzw. niedrige Glukosewerte auch dann informiert, wenn er das Smartphone nicht dabei hat. Wichtig für Patienten ist auch, dass der Reader abgenommen und wieder aufgesetzt werden kann – er ist ja per Pflaster aufklebbar. Dann sieht man nichts auf der Haut. Das ist ein großer Vorteil für die Patienten, vor allem wenn man daran denkt, dass man sich auch einmal schön anziehen möchte, um auszugehen, ohne zu zeigen, dass man Diabetiker ist. Da kann man dann den Reader für diesen Abend zu Hause lassen, allerdings erhält man dann natürlich keine Werte auf das Smartphone.</p> <p><strong>Wie oft muss der Sensor gewechselt werden?</strong><br /> <strong>J. Mader:</strong> Derzeit alle 3 Monate. In der PRECISE-II-Studie wurde eine Tragedauer von 90 Tagen untersucht. Es ist aber geplant, die Tauschintervalle auf 6 Monate auszudehnen. Entfernen muss man den Sensor für den Fall, dass ein MR notwendig ist oder natürlich wenn der Sensor nicht ordnungsgemäß funktioniert.</p> <p><strong>Würden Sie nach Ihren bisherigen Erfahrungen das System Patienten empfehlen?</strong><br /> <strong>J. Mader:</strong> Wir haben in Graz vier Patienten mit dem Sensor versorgt, in Innsbruck waren es ebenfalls vier, und wir konnten bislang auch gute Erfahrungen mit dem System und dem Einsetzen des Sensors machen. Auch das KH Hietzing arbeitet als Pilotzentrum mit dem Sensor. Die Voraussetzung ist, dass der Patient dazu bereit sein muss, sich immer wieder einem kleinen Eingriff zu unterziehen. Bei solchen Patienten hätte ich keine Bedenken, das Eversense-System weiterzuempfehlen.</p> <p><strong>Vielen Dank für das Gespräch!</strong></p></p>
Das könnte Sie auch interessieren:
Trifft der deutsche Ärztemangel die Schweiz?
Deutschland stehe vor einem gravierenden Ärztemangel, warnt der dortige Gesundheitsminister Karl Lauterbach. Es fehlen 50 000 Ärzt:innen. Rund 8000 sind in der Schweiz.
Kostenbremse-Initiative: Gegner:innen machen mobil
Ein überparteiliches Nein-Komitee warnt seit Montag vor der Kostenbremse-Initiative und einer Zweiklassenmedizin in der Schweiz. Befürworter:innen wollen «Akteuren Grenzen setzen».
«Hoffnung auf bessere Patientencharakterisierung und gezielte Therapie»
Forscher aus Boston haben gezeigt, dass Mutationen im TET2-Gen (es hemmt die Aktivierung myeloider Zellen und fungiert deshalb als Tumorsuppressorgen für myeloide Neoplasien) das Risiko ...