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Futurezone: ein zukünftiges Therapieziel?

Die Rolle der Inflammation bei Myokardinfarkt

<p class="article-intro">Die akuten und chronischen Umbauvorgänge (Remodeling) des ischämischen Herzens werden wesentlich von inflammatorischen Prozessen mitbestimmt. Hier wird ein Kurzüberblick über ausgewählte entzündliche Aspekte des akuten Infarktremodeling und potenzielle zukünftige Therapieansätze dargestellt.</p> <p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Akute und/oder chronische Umbauvorg&auml;nge (Remodeling) im Herzen sind dynamische und multizellul&auml;re Prozesse.</li> <li>Das koordinierte Zusammenspiel von verschiedenen Zelltypen (Signaltransduktion) ist notwendig, um erfolgreiches Remodeling (= Adaptation) zu erm&ouml;glichen.</li> <li>Die Inflammation bestimmt die akuten und chronischen myokardialen Umbauvorg&auml;nge wesentlich mit.</li> <li>Die unspezifische pharmakologische Hemmung der Inflammation bei isch&auml;mischer Herzerkrankung war bis dato nicht effektiv.</li> </ul> </div> <h2>Akutes Infarktremodeling: eine multizellul&auml;re Wundheilungsreaktion</h2> <p>Die Ruptur einer vulnerablen Plaque mit thrombotischem Verschluss eines Koronargef&auml;&szlig;es verursacht innerhalb von Sekunden Isch&auml;mie, Sauerstoffmangel und Funktionsverlust des betroffenen Myokards. Dies l&ouml;st eine proinflammatorische Signaltransduktionskaskade aus, in der Zytokine und Chemokine (Abb. 1) gemeinsam mit Zelladh&auml;sionsmolek&uuml;len eine Infiltration des isch&auml;mischen Gewebes durch Entz&uuml;ndungszellen bewirken. Das akute entz&uuml;ndliche Infiltrat besteht in den ersten Stunden und Tagen im Wesentlichen aus Zellen der angeborenen Immunabwehr, neutrophilen Granulozyten (Abb. 2), und Makrophagen. Diese Zellen sind f&uuml;r den Abbau nekrotischen Gewebes verantwortlich und bereiten den Boden f&uuml;r die Ausbildung funktionellen Narbengewebes. Eine &uuml;berschie&szlig;ende Entz&uuml;ndungsreaktion in der Fr&uuml;hphase nach Infarkt kann jedoch zum Verlust der strukturellen Integrit&auml;t mit Ventrikelruptur f&uuml;hren. Eine weitere Folge &uuml;berschie&szlig;ender Entz&uuml;ndungsreaktion, welche im Zeitalter rascher Rekanalisation oft relevanter ist, ist die Expansion von Infarktgewebe mit zus&auml;tzlichem Verlust funktionellen Myokards (Sekund&auml;rschaden). Versuche, die exzessive Entz&uuml;ndung nach Infarkt durch immunsuppressive Therapien zu d&auml;mpfen und dadurch den Heilungsprozess zu beg&uuml;nstigen, sind bislang gescheitert. Ergebnisse aus pr&auml;klinischen Modellen legen nahe, dass der Misserfolg dieser Studien durch die unspezifische und gleichzeitige Beeinflussung mehrerer Zelltypen im akut infarzierten Herzen bedingt ist. Um erfolgreiches Remodeling nach Herzinfarkt zu bewerkstelligen, sind u.a. der Abbau von nekrotischem Gewebe (Zellen der angeborenen Immunit&auml;t), die Narbenbildung (Fibroblasten), die Neoangiogenese (Gef&auml;&szlig;zellen) und die Adaptation des verbleibenden Myokards (Kardiomyozyten) notwendig. Ein Beispiel f&uuml;r gegens&auml;tzliche Auswirkungen von spezifischer vs. unspezifischer Hemmung von Signalmolek&uuml;len stellt das Zytokin Transforming Growth Factor beta (TGF-&beta;) dar. Die zellunspezifische Hemmung mittels neutralisierender monoklonaler Antik&ouml;rper f&uuml;hrt im Modellversuch zu &uuml;berbordender Neutrophileninfiltration, enzymatischem Gewebeabbau und unzureichender Kollagensynthese mit Myokardruptur und Tod. Die zellspezifische (genetische) Hemmung nur in Herzmuskelzellen hat gegenteilige Effekte und sch&uuml;tzt vor Myokardruptur. Diese pr&auml;klinischen Studienergebnisse belegen, dass die Modulierung desselben Signalmolek&uuml;ls in unterschiedlichen Zellen diametral entgegengesetzte Effekte hervorrufen kann. In Anbetracht dieser Ergebnisse erscheint auch verst&auml;ndlich, warum die unspezifische Immunsuppression beim Myokardinfarkt in Studien versagt hat.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Kardio_1703_Weblinks_kardio_1703_s42_abb1.jpg" alt="" width="2160" height="1559" /></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Kardio_1703_Weblinks_kardio_1703_s43_abb2.jpg" alt="" width="1417" height="755" /></p> <h2>Ausblick</h2> <p>Bis dato ist es unm&ouml;glich, ubiquit&auml;r exprimierte Signalmolek&uuml;le in der Klinik zellspezifisch zu beeinflussen. Wie k&ouml;nnte eine zellspezifische pharmakologische Hemmung in der Zukunft erreicht werden? Vielversprechende Ans&auml;tze, die Expression von Proteinen gezielt zu modulieren, kommen aus der Grundlagenforschung. Beispiele daf&uuml;r sind &bdquo;genome editing&ldquo; mittels CRISPR-Cas9, die Verwendung von Vektoren oder Nanopartikeln mit Gewebetropismus oder auch die pharmakologische Beeinflussung nicht kodierender RNA-Molek&uuml;le. Teilweise wurden diese Verfahren bereits in klinischen Studien getestet und eine Translation experimenteller Verfahren in die klinische Praxis erscheint mittelfristig m&ouml;glich.</p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p>&bull; Frangogiannis NG: The immune system and cardiac repair. Pharmacol Res 2008; 58(2): 88-111 &bull; Frantz S et al.: Transforming growth factor beta inhibition increases mortality and left ventricular dilatation after myocardial infarction. Basic Res Cardiol 2008; 103(5): 485-92 &bull; Hammoudi N et al.: Adeno-associated virus-mediated gene therapy in cardiovascular disease. Curr Opin Cardiol 2015; 30(3): 228-34 &bull; Long C et al.: Postnatal genome editing partially restores dystrophin expression in a mouse model of muscular dystrophy. Science 2016; 351(6271): 400-3 &bull; Rainer PP et al.: Cardiomyocyte-specific transforming growth factor beta suppression blocks neutrophil infiltration, augments multiple cytoprotective cascades, and reduces early mortality after myocardial infarction. Circ Res 2014; 114(8): 1246-57 &bull; Rainer PP et al.: Zytokinsturm beim Myokardinfarkt. WMW-Skriptum (zur Jahrestagung der &Ouml;sterreichischen Kardiologischen Gesellschaft) 2017; 14(05): 19-20 &bull; Sager HB: RNAi targeting multiple cell adhesion molecules reduces immune cell recruitment and vascular inflammation after myocardial infarction. Sci Transl Med 2016; 8(342): 342ra380 &bull; Swirski FK, Nahrendorf M: Leukocyte behavior in atherosclerosis, myocardial infarction, and heart failure. Science 2013; 339(6116): 161-6</p> </div> </p>
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