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Thrombusmanagement und Revaskularisationsstrategie beim STEMI

<p class="article-intro">Die rupturierte atherosklerotische Plaque und der sich darauf aufpfropfende Thrombus sind der zentrale Trigger zu Beginn des ST-Hebungs-Myokardinfarktes.<sup>1</sup> Bereits vor einigen Jahren wurde gezeigt, dass eine distale Embolisierung von Thrombusfragmenten die systolische Linksventrikelfunktion reduziert und auch einen negativen Einfluss auf das Überleben hat.<sup>2</sup> Für das sogenannte „No reflow“-Phänomen ist die distale Embolisierung von Thrombenmaterial jedoch nur einer der möglichen (mitbeteiligten) Mechanismen. Zusätzlich sind auch das Myokardödem, die Schwellung der Endothelzellen und das Neutrophilen-Plugging möglicherweise beteiligte Mechanismen.</p> <p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Eine Thrombusaspiration ist nur noch in besonderen F&auml;llen mit gro&szlig;er Thrombuslast anzuwenden.</li> <li>Eine Plaque-Erosion im Rahmen eines ACS kann bei h&auml;modynamisch nicht relevanten L&auml;sionen auch medikament&ouml;s behandelt werden.</li> <li>Eine komplette, FFR-geleitete Revaskularisierung bei STEMIPatienten zeigt einen signifikanten Vorteil.</li> <li>Der richtige Zeitpunkt der Intervention ist derzeit offen, die rezente COMPARE-ACUTE-Studie hat gezeigt, dass ein einzeitiges Vorgehen sicher ist.</li> </ul> </div> <h2>DANAMI -DEFER-Studie: zweizeitige Stentimplantation</h2> <p>In der DANAMI-DEFER-Studie wurde untersucht, ob eine zweizeitige Stentimplantation im Rahmen einer Prim&auml;r-PCI bei STEMI vorteilhaft ist.<sup>3</sup> Dies war eine prospektiv randomisierte Multicenterstudie, in welche &uuml;ber 1200 Patienten eingeschlossen wurden. Dabei wurde die eine H&auml;lfte der Patienten konventionell mittels Prim&auml;r-PCI und umgehender Stentimplantation behandelt, w&auml;hrend die andere H&auml;lfte der Patienten initial zwar auch umgehend eine Angiografie erhielt, aber nur medikament&ouml;s behandelt und dann innerhalb von 24&ndash;48 Stunden nach antithrombotischer und gerinnungshemmender Vorbehandlung einer Stentimplantation unterzogen wurde. Falls sich bei der initialen Angiografie ein verschlossenes Koronargef&auml;&szlig; zeigte, wurde dieses nur mittels eines (d&uuml;nnen) Ballons dilatiert und dann einen oder zwei Tage sp&auml;ter gestentet. Die Studie zeigte im kombinierten Endpunkt nach 42 Monaten Followup keinen statistisch signifikanten Unterschied. Lediglich der Endpunkt &bdquo;ungeplante Revaskularisation&ldquo; zeigte einen signifikanten Unterschied. Somit konnte in dieser Studie nicht best&auml;tigt werden, dass eine prim&auml;re Stentimplantation zu einer klinisch nachteiligen vermehrten distalen Embolisation von thrombotischem Material f&uuml;hrt.</p> <h2>TOTAL -Studie: Thrombusaspiration</h2> <p>Die Thrombusaspiration wurde durch die vor Kurzem publiziert TOTAL-Studie hinsichtlich ihrer Wertigkeit in den ESCGuidelines best&auml;tigt.<sup>4, 5</sup> In der TOTALStudie wurden &uuml;ber 10 000 STEMI-Patienten randomisiert, dabei zeigte sich im Endpunkt &bdquo;kardiovaskul&auml;rer Tod&ldquo; kein signifikanter Unterschied (3,6 vs. 3,8 % ; p=0,48). Jedoch zeigten sich signifikant mehr Insulte in der Thrombektomiegruppe (1,2 vs. 0,7 % ; p=0,015). Daher wird die routinem&auml;&szlig;ige Thrombektomie als Therapie f&uuml;r den STEMI in den in diesem Jahr neu &uuml;berarbeiteten ESC-STEMI-Guidelines sehr wahrscheinlich nicht mehr mit einer Empfehlung ber&uuml;cksichtigt werden, was bedeutet, dass diese Therapie definitiv keine &bdquo;All-comer-Therapie&ldquo; mehr ist, sondern nur noch in Einzelf&auml;llen angewendet werden sollte. Ihren Stellenwert behalten hat die Thrombektomie in der Subgruppenanalyse der TOTAL-Studie bei Patienten mit einer gro&szlig;en Thrombuslast und einem Schmerzbeginn innerhalb von weniger als sechs Stunden.<sup>4</sup></p> <h2>EROSION -Studie: &bdquo;proof of concept&ldquo; bei ACS</h2> <p>Ein neues Konzept in der Behandlung von akuten Koronarsyndromen ist in der EROSION-Studie vorgestellt worden.<sup>6</sup> Dabei wurde in einer Single-Center-&bdquo;Proof of concept&ldquo;-Studie bei Patienten mit einem akuten Koronarsyndrom im Rahmen der Koronarangiografie eine optische Koh&auml;renztomografie (OCT) durchgef&uuml;hrt. Zeigte sich dabei eine Plaque-Erosion und nicht eine Plaque-Ruptur, wurde sie mittels dualer Pl&auml;ttchenhemmertherapie, jedoch ohne Stent behandelt. Dabei zeigte sich ein signifikanter R&uuml;ckgang des Thrombusvolumens nach einem Monat. &Uuml;ber klinische Endpunkte wurde in der ersten Ver&ouml;ffentlichung zu dieser Studie noch nicht berichtet.</p> <h2>Mehrgef&auml;&szlig;erkrankung: welche Revaskularisationsstrategie?</h2> <p>Was die beste Revaskularisationsstrategie beim Vorliegen einer Mehrgef&auml;&szlig;erkrankung bei STEMI ist, wird nach wie vor kontroversiell diskutiert. Dies vor allem deswegen, weil die zuletzt publizierten Studien wie PRAMI, CvLPRIT und DANAMI-3-PRIMULTI nicht dem in den aktuell g&uuml;ltigen ESC-Guidelines empfohlenen Vorgehen entsprechen.<sup>7&ndash;9</sup> In PRAMI wurden 465 Patienten entweder einer Mehrgef&auml;&szlig;-PCI von allen Gef&auml;&szlig;en mit Stenosen &gt;50 % unterzogen oder es wurde nur die Culprit-L&auml;sion behandelt. In der CvLPRIT-Studie wurden 296 Patienten entweder einer Mehrgef&auml;&szlig;-PCI von allen Gef&auml;&szlig;en mit Stenosen &gt;70 % unterzogen oder es wurde nur die Culprit-L&auml;sion behandelt. In der gr&ouml;&szlig;ten und j&uuml;ngsten Studie, der DANAMI-3-PRIMULTI-Studie, wurde erstmalig eine FFR-basierte Mehrgef&auml;&szlig;- PCI (&bdquo;staged&ldquo;) mit einer &bdquo;Culprit only&ldquo;-Strategie verglichen. In allen drei oben genannten Studien zeigte sich ein signifikanter Vorteil durch die Mehrgef&auml;&szlig;intervention, jedoch ist anzumerken, dass die Kontrollgruppe jeweils untertherapiert war und damit der Effekt in der Interventionsgruppe m&ouml;glicherweise &uuml;bersch&auml;tzt wurde. Eine Metaanalyse zeigte sogar einen signifikanten Vorteil in einem harten Endpunkt wie Tod, aber auch Herzinfarkt im Vergleich von Mehrgef&auml;&szlig;-PCI mit &bdquo;culprit only&ldquo;.<sup>10</sup></p> <p>Die noch offenen Fragen in dieser Thematik, n&auml;mlich die nach dem besten Zeitpunkt der Intervention bei Nicht-STEMIL&auml;sion wie auch die nach der Bestimmung von deren Wirksamkeit, wurden j&uuml;ngst in der COMPARE-ACUTE-Studie untersucht.<sup>11</sup> Dabei wurden 985 Patienten im Verh&auml;ltnis 1:2 randomisiert und 12 Monate nachbeobachtet. 295 Patienten wurden in einer FFR-geleiteten Therapie einzeitig interventionell komplett revaskularisiert, bei weiteren 590 Patienten wurde nur die Culprit-L&auml;sion behandelt. Es ist anzumerken, dass klinisch indizierte Interventionen an weiteren Koronargef&auml;&szlig;en innerhalb von 45 Tagen durchgef&uuml;hrt werden konnten, ohne dass dies als &bdquo;Event&ldquo; in der Endpunktanalyse gewertet wurde. Dabei zeigte sich im kombinierten MACE-Endpunkt ein klarer Vorteil f&uuml;r die einzeitige komplette Revaskularisierung aller Stenosen. Anzumerken ist auch, dass die Ergebnisse zum harten Endpunkt &bdquo;Herzinfarkt&ldquo; zwar nicht signifikant unterschiedlich waren, aber doch das Auftreten in der Gruppe &bdquo;komplette Revaskularisierung&ldquo; tendenziell deutlich geringer war. Der in COMPARE-ACUTE angewendete einzeitige &bdquo;approach&ldquo; ist neu im Vergleich zu den bisherigen, oben aufgelisteten Studien zu dieser Fragestellung. Vergleichbar mit den anderen Studien ist jedoch der sehr hohe Anteil an visuell falsch eingesch&auml;tzten Stenosen. Von den Nicht-STEMI-L&auml;sionen wurden in COMPARE-ACUTE ca. 50 % als h&auml;modynamisch signifikant beurteilt, was sich in der folgenden FFR-Messung nicht best&auml;tigte. Dies kann als klarer Auftrag verstanden werden, die nicht zweifelsfrei als signifikant klassifizierbaren L&auml;sionen mittels FFR-Messung zu quantifizieren.<br /> Dass nach Versorgung der infarktverursachenden L&auml;sion zur&uuml;ckbleibende h&auml;modynamisch nicht relevante L&auml;sionen, d.h. solche, die keine Residualisch&auml;mie verursachen, weder einen kombinierten noch einen harten Endpunkt beeinflussen, konnte in einer 36 Monate dauernden Nachbeobachtungsstudie gezeigt werden.<sup>12</sup></p> <p>Die Frage, ob eine PCI eines chronischen Verschlusses nach Akut-PCI eines anderen Gef&auml;&szlig;es einen klinischen Vorteil bringt, wurde in einer rezenten Studie an fast 300 Patienten untersucht.<sup>13</sup> Dabei wurde festgestellt, dass sie sich auf die systolische Linksventrikelfunktion nicht auswirkt. In einer Subgruppenanalyse zeigte sich, dass nur eine PCI der linken vorderen Koronararterie (LAD), nicht jedoch eines anderen Gef&auml;&szlig;es Sinn hat.</p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Nabel N, Braunwald E: N Engl J Med 2012; 366: 54-63 <strong>2</strong> Henriques JP et al.: Eur Heart J 2012; 23: 1112-7 <strong>3</strong> Kelbak H et al.: Lancet 2016; 69: 2794-804 <strong>4</strong> Jolly SS et al.: Lancet 2016; 389: 127-35 <strong>5</strong> Windecker S et al.: Eur Heart J 2014; 37: 2541-619 <strong>6</strong> Jia H et al.: Eur Heart J 2017; 38: 792-800 <strong>7</strong> Wald DS et al.: N Engl J Med 2013; 369: 1115-23 <strong>8</strong> Gerslick AH et al.: J Am Coll Cardiol 2015; 65: 963-72 <strong>9</strong> Engstrom T et al.: Lancet 2015; 386: 665-71 <strong>10</strong> El-Hayek GE et al.: Am J Cardiol 2015; 115: 1481-6 <strong>11</strong> Smits PC et al.: N Engl J Med 2017; 376: 1234-44 <strong>12</strong> Weissler-Snir A et al.: PLoS One 2015; 10: e0138474 <strong>13</strong> H enriques J PS e t a l.: J A m C oll Cardiol 2016; 68: 1622-32</p> </div> </p>
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