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Entresto: weshalb? Für wen? Wie?

<p class="article-intro">Im November 2015 hat die europäische Arzneimittelbehörde Entresto (Sacubitril/Valsartan) zur Therapie der systolischen Herzinsuffizienz zugelassen. Entresto ist der bisher einzige Vertreter der neuen Substanzklasse der Angiotensinrezeptor/Neprilysininhibitoren (ARNI) und in seiner Zulassungsstudie konnte eine Verringerung von Morbidität und Mortalität bei Patienten mit Herzinsuffizienz verzeichnet werden. War bislang eine reine Blockade der bei Herzinsuffizienz auftretenden neurohumoralen Aktivierung Grundprinzip unserer medikamentösen Therapie mit β-Blockern und RAAS-Hemmung, so wird dieses Prinzip durch Sacubitril/Valsartan um die Unterstützung des natriuretischen Peptidsystems erweitert.</p> <p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>In der Paradigm-HF-Studie konnten mit Entresto eine Reduktion des absoluten Risikos von 4,7 % und damit eine NNT von 21 f&uuml;r den kombinierten Endpunkt und eine NNT von 35 f&uuml;r die Gesamtmortalit&auml;t im Beobachtungszeitraum erreicht werden.</li> <li>Die ESC empfiehlt Sacubitril/ Valsartan als Second-Line-Therapie bei Herzinsuffizienz mit eingeschr&auml;nkter systolischer Pumpfunktion (EF &le;35 % ) und anhaltender symptomatischer Herzinsuffizienz trotz optimierter medikament&ouml;ser Therapie mit ACE-I/ ARB, &beta;-Blocker und MRA (Klasse I, LOE B).</li> <li>Amerikanische Fachgesellschaften sehen den ARNI sogar als First Line.</li> <li>Bei der Umstellung von Patienten, die sich grunds&auml;tzlich f&uuml;r eine Therapie mit Sacubitril/Valsartan qualifizieren, ist ein schrittweises &Uuml;berleiten vom ACE-Hemmer oder dem ARB auf den ARNI empfohlen.</li> </ul> </div> <h2>Neues Therapieprinzip</h2> <p>Das adaptive System der natriuretischen Peptide ist nat&uuml;rlicher Konterpart der verst&auml;rkten neurohumoralen Aktivierung und dient der Kardioprotektion durch Reduktion von Sympathikotonus, Vasokonstriktion, Hypertrophie sowie Fibrose und Steigerung der Natriurese. Die neurohumorale Modulation mit Hemmung der maladaptiven und Unterst&uuml;tzung der adaptiven und damit kardioprotektiven Regulationsmechanismen kann somit als neues Therapieprinzip angesehen werden.</p> <h2>PA RADIGM-HF-Studie</h2> <p>PARADIGM-HF untersuchte die Wirksamkeit von Sacubitril/Valsartan gegen&uuml;ber Enalapril bei 8442 Patienten mit symptomatischer Herzinsuffizienz NYHA II&ndash;IV und hochgradig reduzierter systolischer Linksventrikelfunktion. Dabei wurde Sacubitril/Valsartan in der Dosierung 97mg/103mg zweimal t&auml;glich mit Enalapril 10mg zweimal t&auml;glich &uuml;ber einen mittleren Behandlungszeitraum von 27 Monaten verglichen, bis die Studie aufgrund der &Uuml;berlegenheit der Studienmedikation vorzeitig abgebrochen werden musste. PARADIGM-HF zeigte nicht nur eine hoch signifikante Reduktion des prim&auml;ren, kombinierten Endpunktes aus kardiovaskul&auml;rem Tod und Hospitalisierung aufgrund von Herzinsuffizienz um 20 % (p&lt;0,0001), sondern jeweils auch eine signifikante Reduktion der sekund&auml;ren, nicht kombinierten Endpunkte Gesamtmortalit&auml;t, kardiovaskul&auml;rer Tod und Hospitalisierung aufgrund von Herzinsuffizienz zwischen 16 und 21 Prozent. Auff&auml;llig ist dar&uuml;ber hinaus eine bereits wenige Tage nach Randomisierung auftretende Reduktion des Auftretens von pl&ouml;tzlichem Herztod. Im Besonderen besticht die Studie durch ihr hohes Signifikanzniveau und damit, dass die Ergebnisse f&uuml;r alle relevanten Subgruppen, wie zum Beispiel Alter, Geschlecht, Diabetes, Nierenfunktion oder Krankheitsdauer, gelten. Mit Sacubitril/ Valsartan konnte eine Reduktion des absoluten Risikos von 4,7 % und damit eine NNT von 21 f&uuml;r den kombinierten Endpunkt und eine NNT von 35 f&uuml;r die Gesamtmortalit&auml;t im Beobachtungszeitraum erreicht werden.<br /> Neben der hervorragenden Wirksamkeit zeichnet sich Sacubitril/Valsartan auch durch ein g&uuml;nstiges Nebenwirkungsprofil aus. Es kam seltener zu einer Verschlechterung der Nierenfunktion oder einer Hyperkali&auml;mie und auch das unter der Vorl&auml;ufersubstanz Omapatrilat noch h&auml;ufig aufgetretene Angio&ouml;dem war insgesamt selten (&lt;0,5 % ) und traf beide Gruppen gleicherma&szlig;en. Unter Sacubitril/ Valsartan kam es lediglich h&auml;ufiger zu symptomatischer Hypotonie (14,0 % vs. 9,2 % , p&lt;0,001). Wenngleich es theoretische Bedenken hinsichtlich eines vermehrten Auftretens von Demenz durch Amyloidablagerungen im Gehirn gab (Neprilysin ist in den Abbau von Amyloidpeptiden involviert), so kam es zumindest im Beobachtungszeitraum nicht zu einem geh&auml;uften Auftreten von mit Demenz assoziierten unerw&uuml;nschten Ereignissen. Zu ber&uuml;cksichtigen ist jedoch, dass Langzeitdaten diesbez&uuml;glich noch ausst&auml;ndig sind.</p> <p><strong>Entresto reduziert Morbidit&auml;t sowie Mortalit&auml;t und scheint sicher</strong><br /> Basierend auf den Daten der PARADIGMHF- Studie empfiehlt die ESC Sacubitril/ Valsartan als Second-Line-Therapie bei Herzinsuffizienz mit eingeschr&auml;nkter systolischer Pumpfunktion (EF &le;35 % ) und anhaltender symptomatischer Herzinsuffizienz trotz optimierter medikament&ouml;ser Therapie mit ACE-I/ARB, &beta;-Blockern und MRA (Klasse I, LOE B), w&auml;hrend die amerikanischen Fachgesellschaften den ARNI sogar als First Line anstelle von ACE-I/ARB sehen.</p> <h2>Entresto f&uuml;r wen?</h2> <p>In die PARADIGM-HF-Studie wurden Patienten mit hochgradig reduzierter systolischer Linksventrikelfunktion (EF &le;35 % ), klinisch manifester Herzinsuffizienz sowie erh&ouml;hten natriuretischen Peptiden trotz optimierter medikament&ouml;ser Therapie eingeschlossen. Die Patienten befanden sich gro&szlig;teils im NYHA-Stadium II und III und hatten zu 60 % eine isch&auml;mische Kardiomyopathie. Mit einem mittleren Alter von 63,8 Jahren waren die Patienten verglichen mit der t&auml;glichen Praxis wohl relativ jung, jedoch war die Altersverteilung denen in anderen Herzinsuffizienzstudien durchaus &auml;hnlich. Auffallend war ein Anteil von gut 15 % , der trotz dieser Konstellation nicht mit einem ICD versorgt war. Auch war der mittlere Blutdruck mit 121 beziehungsweise 122mmHg in den Therapiegruppen relativ hoch. Eine Niereninsuffizienz im Stadium IV (GFR &lt;30ml/min/1,73m&sup2;) war Ausschlussgrund und es wurden auch kaum Patienten mit m&auml;&szlig;iger Nierenfunktionseinschr&auml;nkung eingeschlossen (Kreatinin im Mittel 1,1 &plusmn; 0,3mg/dl).<br /> Ungeachtet dessen konnte der erhebliche Vorteil der Therapie mit Sacubitril/ Valsartan gegen&uuml;ber Enalapril f&uuml;r alle klassischen Subgruppen beobachtet werden. Auffallend war lediglich eine numerisch signifikante Interaktion des NYHAStadiums mit dem kombinierten Endpunkt zugunsten der niedrigen NYHA-Stadien. Hinsichtlich der kardiovaskul&auml;ren Mortalit&auml;t war diese Interaktion nicht zu beobachten und der Vorteil bestand unabh&auml;ngig von den NYHA-Stadien.<br /> Basierend auf den Studienergebnissen sollte bei allen Patienten mit hochgradig reduzierter systolischer LV-Funktion und anhaltender Symptomatik trotz optimierter Therapie an einen ARNI gedacht werden. Im Besonderen profitieren Patienten in den NYHA-Stadien II und III mit ausreichender &bdquo;Blutdruckreserve&ldquo;. Aufgrund des rasch nach Therapiebeginn zu beobachtenden positiven Effektes hinsichtlich des pl&ouml;tzlichen Herztodes k&ouml;nnten Patienten mit iCMP gerade auch dann profitieren, wenn sie eine prim&auml;rprophylaktische ICDImplantation aus pers&ouml;nlichen Gr&uuml;nden ablehnen. Demgegen&uuml;ber ist bei Patienten mit Hypotonieneigung, relevanter Nierenfunktionseinschr&auml;nkung sowie bei gebrechlichen und insbesondere bei instabilen Patienten Vorsicht geboten.</p> <h2>Entresto wie?</h2> <p>Ein wichtiges Merkmal der PARADIGM- HF-Studie war die Run-in-Phase, in welcher die Vertr&auml;glichkeit von schrittweise gesteigerten Dosierungen beider Studienmedikamente getestet wurde. W&auml;hrend dieser Beobachtungsphase kam es aufgrund von Nebenwirkungen zu einem Drop-out von 20 % der prim&auml;r f&uuml;r die Studie untersuchten Patienten. Wenngleich sich die Drop-outs mit jeweils ca. 10 % gleicherma&szlig;en auf beide Therapiegruppen verteilten, so muss man sich dieser Selektion in der t&auml;glichen Praxis gerade beim Start mit Sacubitril/Valsartan sehr wohl bewusst sein. Die h&auml;ufigsten klinischen Ursachen f&uuml;r ein Ausscheiden vor der Randomisierung oder w&auml;hrend der Studienphasen waren Hypotonie, eine relevante Verschlechterung der Nierenfunktion sowie Hyperkali&auml;mie.<br /> Bei Patienten, die grunds&auml;tzlich f&uuml;r eine Therapie mit Sacubitril/Valsartan infrage kommen, wird daher ein schrittweises &Uuml;berleiten von einem ACE-Hemmer oder ARB auf den ARNI empfohlen. Besonders hervorzuheben ist aufgrund des erh&ouml;hten Risikos f&uuml;r das Auftreten eines Angio&ouml;dems die Notwendigkeit einer Wash-out- Periode von 36h beim Wechsel von einem ACE-Hemmer auf Sacubitril/Valsartan. Diese Wash-out-Periode ist bei vorbestehender Therapie mit einem ARB nicht erforderlich. Bei niedrig dosierter Vortherapie mit ACEI/ ARB ist die Anfangsdosis f&uuml;r Entresto 24/26mg zweimal t&auml;glich. W&auml;hrend der Auftitrierung auf die Zieldosis von zweimal t&auml;glich 97/103mg sollte zur besseren Vertr&auml;glichkeit die Dosis nicht schneller als in zwei- bis vierw&ouml;chigen Abst&auml;nden verdoppelt werden. Begleitend sind ein Selbstmonitoring des Blutdrucks durch den Patienten sowie Laborkontrollen notwendig. Besondere Vorsicht ist aufgrund der st&auml;rkeren Blutdrucksenkung verglichen mit Enalapril oder Valsartan bei grenzwertiger Hypotonie (RR &lt;110mmHg systolisch), aber auch bei vorbestehender Niereninsuffizienz ab einem Stadium IIIB (GFR &lt;45ml/min/1,73m&sup2;) geboten. F&uuml;r Patienten mit chronischer Nierenfunktionsst&ouml;rung ab dem Stadium IV bestehen nur sehr begrenzte klinische Daten. Ein Therapiestart, ohne dass eine Therapie mit ACE-I/ARB vorangegangen w&auml;re, kann ab diesem Stadium nicht empfohlen werden.</p> <p><strong>NT-proBNP, nicht BNP als Marker</strong><br /> Eine weitere Besonderheit der Therapie mit dem ARNI ist das gegenl&auml;ufige Verhalten der Serumspiegel von BNP und NTproBNP. W&auml;hrend die BNP-Werte unter dem ARNI aufgrund des verminderten Abbaus durch die Neprilysinhemmung ansteigen, so kommt es durch die Stabilisierung der Herzinsuffizienz gleichzeitig zu r&uuml;ckl&auml;ufigen NT-proBNP-Werten. Unter Sacubitril/ Valsartan eignet sich somit nur der NTproBNP- Serumspiegel als Marker.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Kardio_1703_Weblinks_kardio_1703_s10_abb1.jpg" alt="" width="1417" height="875" /></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Kardio_1703_Weblinks_kardio_1703_s10_tab1.jpg" alt="" width="1419" height="761" /></p> <div id="fazit"> <h2>Fazit</h2> <p>Sacubitril/Valsartan reduziert bei stabilen Patienten mit symptomatischer Herzinsuffizienz und hochgradig reduzierter systolischer Linksventrikelfunktion die Zahl der Krankenhausaufnahmen und verringert die kardiovaskul&auml;re Mortalit&auml;t (&ndash;21 % bzw. &ndash;20 % ). Entresto ist verglichen mit ACE-Hemmern und Rezeptorblockern ebenso sicher und kann als weiterer Eckpfeiler der medikament&ouml;sen Herzinsuffizienztherapie gesehen werden. Die ESC empfiehlt Sacubitril/Valsartan daher anstelle eines ACE-I oder ARB bei Patienten mit hochgradig reduzierter systolischer Pumpfunktion und symptomatischer Herzinsuffizienz trotz optimierter Therapie mit &beta;-Blockern, ACE-I/ARB und MRA (Klasse I, LOE B).</p> </div></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p>beim Verfasser</p> </div> </p>
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