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Kleinzelliges Lungenkarzinom

Immuntherapie eröffnet neue Behandlungsstrategien beim SCLC

<p class="article-intro">Nachdem in der Vergangenheit viele Behandlungsansätze beim kleinzelligen Lungenkarzinom gescheitert sind, zeigt sich dank der Entwicklung der Checkpoint-Inhibitoren nun doch ein Hoffnungsschimmer am Horizont. Spezifische Charakteristiken dieser Tumoren werden jedoch wohl weitere Verfeinerungen der Therapiestrategie notwendig machen.</p> <hr /> <p class="article-content"><p>Die Immuntherapie des nicht kleinzelligen Lungenkarzinoms war auf der diesj&auml;hrigen European Cancer Conference (ELCC) in vielen Sessions ein zentrales Thema. Eine Session beleuchtete daneben aber auch ihren Einsatz bei anderen Thoraxtumoren, so auch beim kleinzelligen Lungenkarzinom (SCLC). Prof. Dr. So&shy;lange Peters (Lausanne/CH) rief zu Beginn ihres Vortrags zu diesem Thema in Erinnerung, dass in den letzten Jahrzehnten bei der Behandlung dieser Tumoren nur wenige Fortschritte erzielt worden sind. &bdquo;Wir haben beispielsweise sehr viele der gezielten Therapien, die in die Behandlung des nicht kleinzelligen Lungenkarzinoms Einzug gehalten haben, auch bei den kleinzelligen Tumoren untersucht. Jedoch haben sich diese alle als nicht erfolgreich erwiesen.&ldquo; Aufgrund dieser negativen Resultate sei das SCLC in den letzten Jahren fast etwas in Vergessenheit geraten. &bdquo;Mit den Immuntherapien und weiteren Optionen, wie z.B. Antik&ouml;rper-Substanz-Konjugaten, stehen wir nun aber wohl am Anfang einer neuen &Auml;ra.&ldquo;</p> <h2>Hohe Mutationslast, wenig immunogen</h2> <p>Prof. Peters erinnerte des Weiteren daran, dass SCLC durch ein stark mutiertes Genom charakterisiert sind. &bdquo;Unter diesen vielen Mutationen konnten wir bisher leider kein gutes therapeutisches Ziel identifizieren&ldquo;, erl&auml;uterte sie. Das Fehlen eines spezifischen Targets und die hohe Mutationslast waren schlie&szlig;lich mitverantwortlich daf&uuml;r, dass die Immuntherapie auch beim SCLC getestet wurde. &bdquo;Beim nicht kleinzelligen Lungenkarzinom konnten wir beobachten, dass Patienten mit einer hohen Mutationslast von einer Erstlinientherapie mit Nivolumab mehr profitierten als solche mit einer mittleren oder niedrigen Mutationslast. Und da SCLC in aller Regel eine hohe Mutationslast aufweisen, k&ouml;nnte man erwarten, dass dies das Ansprechen auf eine Immuntherapie ebenfalls beeinflussen wird&ldquo;, erkl&auml;rte Prof. Peters. In Bezug auf die PD-L1-Expression, die als Biomarker f&uuml;r ein Therapieansprechen beim nicht kleinzelligen Lungenkarzinom eingesetzt wird, meinte sie: &bdquo;Leider exprimieren lediglich etwa 20 Prozent der kleinzelligen Lungenkarzinomen PD-L1, und dies zudem in einem geringen Ausma&szlig;.&ldquo; Dies und weitere Besonderheiten kleinzelliger Lungenkarzinome &ndash; Prof. Peters wies hier auf die Lokalisation tumorinfiltrierender Lymphozyten am &Uuml;bergang zwischen Tumor und Stroma und nicht innerhalb des Tumors hin &ndash; w&uuml;rden zu einer reduzierten Immunogenit&auml;t der kleinzelligen Lungenkarzinome beitragen.</p> <h2>Datenlage zur Immuntherapie beim SCLC</h2> <p>Im Anschluss pr&auml;sentierte Prof. Peters Daten verschiedener Studien mit Checkpoint-Inhibitoren beim SCLC. Reck et al stellten in ihrer Arbeit fest, dass die Zugabe von Ipilimumab zu einer Chemotherapie bei Patienten mit neu diagnostizierten ausgedehnten SCLC zu keinem &Uuml;berlebensvorteil f&uuml;hrte.<sup>1</sup> &bdquo;Zudem konnten leider auch keinerlei Subgruppen identifiziert werden, die von einer Behandlung mit Ipilimumab profitiert h&auml;tten&ldquo;, erg&auml;nzte Prof. Peters. <br />&bdquo;In der Zweitlinientherapie konnte mit dem bisherigen Standard, Topotecan und bester supportiver Therapie, bei einer Ansprechrate von 7 bis 10 Prozent ein bescheidener Nutzen bez&uuml;glich Gesamt&uuml;berleben im Vergleich zur alleinigen Supportivtherapie erreicht werden.&ldquo; Dies sei die Ausgangsituation, mit der neue Optionen verglichen werden m&uuml;ssten. Untersucht wurde eine Immuntherapie in der zweiten Linie unter anderem in KEYNOTE-028.<sup>2</sup> Diese Phase-1b-Multikohortenstudie schloss Patienten mit verschiedenen PD-L1-positiven, fortgeschrittenen Tumoren ein, darunter auch 24 mit stark vorbehandelten SCLC, und behandelte sie mit Pembrolizumab (10mg/kg i.v. q2w). Nach einem medianen Follow-up von 9,8 Monaten ergab sich eine objektive Ansprechrate von 33,3 % (Tab. 1). Die Rate eines klinischen Nutzens (komplettes + partielles Ansprechen + stabile Erkrankung f&uuml;r &ge;6 Monate) betrug 33,3 % und die mediane Ansprechdauer 19,4 Monate. &bdquo;Also sehr positive Werte im Vergleich zu den bisher mit Topotecan erreichten 7 bis 10 Prozent&ldquo;, kommentierte Prof. Peters. Das mediane Gesamt&uuml;berleben (OS) betrug 9,7 Monate. &bdquo;Dies ist ebenfalls ein sehr gutes Ergebnis.&ldquo; Prof. Peters wies darauf hin, dass das in dieser Studie beobachtete Sicherheitsprofil von Pembrolizumab gut mit demjenigen &uuml;bereinstimmt, das bei Patienten mit nicht kleinzelligen Tumoren beobachtet wird.<br />In der Studie CheckMate 032 wurde der Anti-PD-1-Antik&ouml;rper Nivolumab allein und in Kombination mit dem CTLA-4-Antik&ouml;rper Ipilimumab bei Patienten mit fortgeschrittenem SCLC und mehr als einer Vortherapie untersucht.<sup>3</sup> Die Kombination (Nivolumab 1mg/kg plus Ipilimumab 3mg/kg) f&uuml;hrte zu einer ORR von 25 % . Die mediane Ansprechdauer betrug 11,7 Monate. &bdquo;Mit einem medianen Gesamt&uuml;berleben von 7,9 Monaten handelt es sich hier ebenfalls um eine Strategie, die es verdient, weiterverfolgt zu werden&ldquo;, so Prof. Peters. Abschlie&szlig;end wies sie darauf hin, dass mit Studien wie CheckMate 331 (Nivolumab vs. Chemotherapie bei Rezidiv nach Platin-basierter Erstlinienchemotherapie), IMpower133 (Induktion mit Atezolizumab und Chemotherapie gefolgt von Atezolizumab-Erhaltungstherapie vs. Chemotherapie allein), MK 3475-604 (Platin plus Etoposid +/&ndash; Pembrolizumab bei unbehandelten Patienten) und auch CASPIAN (Durvalumab +/&ndash; Tremelimumab kombiniert mit Platin-basierter Chemotherapie bei unbehandelten Patienten) noch weitere Untersuchungen beim SCLC laufen w&uuml;rden. Sie schloss: &bdquo;Ich denke aber, um beim kleinzelligen Lungenkarzinom in Zukunft eine Tumorkontrolle erreichen zu k&ouml;nnen, m&uuml;ssen wir unsere Therapieans&auml;tze weiter verfeinern, zum Beispiel durch neue Checkpoint-Inhibitoren, neue Kombinationen oder Kombinationen mit Vakzinen und Checkpoint-Inhibitoren.&ldquo;</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Onko_1704_Weblinks_s8.jpg" alt="" width="1419" height="765" /></p> <h2>Radiochemotherapie beim lokal begrenzten SCLC</h2> <p>Bei Patienten mit lokal begrenztem SCLC und gutem Performance-Status kommt in der Regel eine Radiochemotherapie zum Einsatz. Wie Prof. Dr. Corinne Faivre-Finn (Manchester/UK) erl&auml;uterte, w&uuml;rden Daten den Nutzen der Radiotherapie in diesem Setting best&auml;tigen. &bdquo;Allerdings stammen diese Daten aus den 1990er-Jahren. Zudem wurde das optimale Timing der Radiotherapie damals nicht untersucht&ldquo;, gab sie zu bedenken. 1999 stellten Turrisi et al fest, dass eine Radiotherapie zweimal t&auml;glich (begonnen mit dem ersten Zyklus der Chemotherapie) das &Uuml;berleben im Vergleich zu einmal t&auml;glich signifikant verl&auml;ngerte.<sup>4</sup> &bdquo;Dies ging jedoch auf Kosten der Vertr&auml;glichkeit. So trat eine &Ouml;sophagitis bei einer zweimal t&auml;glich angewandten Radiotherapie signifikant h&auml;ufiger auf. Fast ein Drittel der Patienten musste deswegen hospitalisiert werden&ldquo;, gab Prof. Faivre-Finn zu bedenken. Die zweimal t&auml;glich angewandte Radiotherapie fand in der Folge denn auch keine breite Akzeptanz. In der CONVERT-Studie wurden nun vor Kurzem das OS und die Toxizit&auml;t einer Radiotherapie zweimal t&auml;glich (BD, 45Gy/30F/19D) mit einer Radiotherapie einmal t&auml;glich (OD, 66Gy/33F/45D) (ab Tag 22 des ersten Chemotherapiezyklus) bei SCLC-Patienten mit gutem Performance-Status verglichen (Tab. 2).<sup>5</sup> Bei einem medianen Follow-up von 45 Monaten erreichten Patienten mit BD Radiotherapie eine 2-Jahres-&Uuml;berlebensrate von 56 % im Vergleich zu 51 % bei OD Behandlung (p=0,15). &bdquo;Bez&uuml;glich Nebenwirkungen zeigten die beiden Behandlungsarme ebenfalls keinen signifikanten Unterschied, mit Ausnahme einer Grad-3/4-Neutropenie. Diese trat bei einer Bestrahlung zweimal t&auml;glich signifikant h&auml;ufiger auf.&ldquo; Dagegen konnten bez&uuml;glich akuter strahlungsbedingter Nebenwirkungen wie &Ouml;sophagitis und Pneumonitis keine Unterschiede zwischen den beiden Gruppen festgestellt werden. &bdquo;Insgesamt waren die Raten an strahlungsbedingten Toxizit&auml;ten niedriger als erwartet, was vermutlich auf den Einsatz moderner Bestrahlungstechnologien zur&uuml;ckzuf&uuml;hren ist&ldquo;, erl&auml;utert Prof. Faivre-Finn. Zusammenfassend meinte sie: &bdquo;45 Gray in 30 Fraktionen sollte als Standardregime betrachtet werden. Einmal t&auml;glich 66 Gray in 33 Fraktionen kann jedoch als Alternative angesehen werden, sollte eine Bestrahlung zweimal t&auml;glich nicht m&ouml;glich sein.&ldquo;</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Onko_1704_Weblinks_s8_2.jpg" alt="" width="1419" height="633" /></p> <h2>Supportivtherapie mit G-CSF</h2> <p>Kontrovers diskutiert wird auch, ob bei Patienten mit einem lokal begrenzten SCLC w&auml;hrend der Radiochemotherapie als unterst&uuml;tzende Ma&szlig;nahme G-CSF (Granulozyten-Kolonie-stimulierender Faktor) eingesetzt werden soll. Die American Society of Clinical Oncology (ASCO) beispielsweise sprach sich gegen einen routinem&auml;&szlig;igen G-CSF-Einsatz aus.<sup>6</sup> Grund daf&uuml;r ist eine zwischen 1989 und 1991 durchgef&uuml;hrte randomisierte Studie mit 215 Patienten.<sup>7</sup> Diese ergab eine signifikante Zunahme an schweren Thrombozytopenien, An&auml;mien, pulmonalen Komplikationen und toxischen Todesf&auml;llen beim Einsatz von GM-CSF (Granulozyten-Makrophagen-Kolonie-stimulierender Faktor) w&auml;hrend einer Radiochemotherapie. Mittlerweile kommt jedoch anstelle von GM-CSF meist G-CSF zur Anwendung und auch die radiotherapeutischen Techniken haben sich verbessert und sind pr&auml;ziser geworden. Da in der CONVERT-Studie rund 40 % der 547 eingeschlossenen Patienten mit SCLC w&auml;hrend der Radiochemotherapie G-CSF erhalten hatten, konnte dieser Aspekt ebenfalls untersucht und von Dr. Fabio Gomes (Manchester/UK) als Late Breaking Abstract vorgestellt werden.<sup>8</sup> Zwar best&auml;tigte die Analyse, dass sich das Risiko einer schweren Thrombozytopenie oder An&auml;mie bei den Patienten mit G-CSF fast verdoppelte, was zu einem signifikant h&auml;ufigeren Einsatz weiterer Ma&szlig;nahmen wie Thrombozyten- oder Bluttransfusionen f&uuml;hrte, jedoch lagen die Raten niedriger als in der fr&uuml;heren Arbeit. Au&szlig;erdem gab es keine Unterschiede in der Inzidenz einer Pneumonitis oder im &Uuml;berleben. &bdquo;Wir schlie&szlig;en daraus&ldquo;, erkl&auml;rte Dr. Gomes, &bdquo;dass der Einsatz von G-CSF w&auml;hrend einer Radiochemotherapie sicher ist. Die Gabe von G-CSF soll dazu beitragen, dass die Patienten den gesamten geplanten Behandlungszyklus erhalten und so den bestm&ouml;glichen Nutzen aus ihrer Behandlung ziehen k&ouml;nnen. Unsere Resultate sollen Klinikern das Vertrauen geben, dass sie G-CSF bei Bedarf einsetzen k&ouml;nnen.&ldquo; Dr. Stefan Zimmermann (Fribourg/CH), der die von Dr. Gomes pr&auml;sentierten Resultate kommentierte, meinte: &bdquo;Wir schlie&szlig;en aus dieser Analyse, dass der Einsatz von G-CSF als prim&auml;re oder sekund&auml;re Prophylaxe febriler Neutropenien gerechtfertigt ist. Jedoch sollten Patienten mit einem erh&ouml;hten Risiko f&uuml;r Thrombozytopenien mit Vorsicht behandelt werden.&ldquo;</p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p>1 Reck M et al: Phase III randomized trial of ipilimumab plus etoposide and platinum versus placebo plus etoposide and platinum in extensive-stage small-cell lung cancer. J Clin Oncol 2016; 34: 3740-3748 <strong>2</strong> Ott PA et al: Pembrolizumab in patients with extensive-stage small cell lung cancer: updated survival results from KEYNOTE-028. WCLC 2016, Abstract 6198 <strong>3</strong> Hellmann MD et al: Nivolumab alone or with ipilimumab in recurrent small cell lung cancer (SCLC): 2-year survival and updated analyses from the Checkmate 032 trial. WCLC, Abstract 4397 <strong>4</strong> Turrisi AT 3<sup>rd</sup> et al&nbsp;: Twice-daily compared with once-daily thoracic radiotherapy in limited small-cell lung cancer treated concurrently with cisplatin and etoposide. N Engl J Med 1999; 340(4): 265-71 <strong>5</strong> Faivre-Finn C et al: CONVERT: An international randomised trial of concurrent chemo-radiotherapy (cCTRT) comparing twice-daily (BD) and once-daily (OD) radiotherapy schedules in patients with limited stage small cell lung cancer (LS-SCLC) and good performance status (PS). J Clin Oncol 2016; 34 (Suppl): Abstract 8504 <strong>6</strong>&nbsp;Smith TJ et al: Recommendations for the use of WBC growth factors: American Society of Clinical Oncology clinical practice guideline update. J Clin Oncol 2015; 33(28): 3199-3212 <strong>7</strong> Bunn PA Jr et al: Chemoradiotherapy with or without granulocyte-macrophage colony-stimulating factor in the treatment of limited-stage small-cell lung cancer: a prospective phase III randomized study of the Southwest Oncology Group. J Clin Oncol 1995; 13: 1632-164 <strong>8</strong>&nbsp;Gomes F et al: Use of G-CSF and prophylactic antibiotics with concurrent chemo-radiotherapy in limited-stage small cell lung cancer: results from the phase III CONVERT trial. ELCC 2017, Abstract LBA2_PR</p> </div> </p>
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