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Warum profitieren Patienten mit schwerer COPD von Vibrationstraining?

<p class="article-intro">Generell ist das Ganzkörpervibrationstraining (WBVT) durch eine externe Stimulation mittels eines oszillierenden Vibrationsreizes, zumeist durch Stehen auf einer Vibrationsplatte, charakterisiert. Heutzutage ist eine Vielzahl von WBVT-Plattformen auf dem Markt erhältlich, die sich in ihrer technischen Qualität, den mechanischen Prinzipien sowie der Einstellungsmöglichkeit verschiedener Parameter unterscheiden.1</p> <p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>WBVT kann vor allem f&uuml;r Patienten mit geringer k&ouml;rperlicher Leistungs- und Balancef&auml;higkeit eine sinnvolle erg&auml;nzende Trainingsma&szlig;nahme sein.</li> <li>Ein Vergleich der bisher wenigen WBVT-Studien bei COPD-Patienten ist aufgrund der hohen Heterogenit&auml;t von Trainingsprotokollen, Vibrationsplatten, &Uuml;bungen etc. schwierig.</li> <li>Kurze Trainingsbl&ouml;cke mit 2&ndash;4 S&auml;tzen &agrave; 30&ndash;120 Sekunden bei mittleren bis hohen Frequenzen haben positive Effekte gezeigt und sich in der Praxis bew&auml;hrt.</li> <li>Der Einsatz von WBVT steigert die kardiopulmonale Belastung bei COPD-Patienten nicht mehr als konventionelles Training ohne WBVT.</li> </ul> </div> <p>Die meisten Ger&auml;te zum WBVT induzieren eine synchrone und/oder eine seitenalternierende Vibration der Platte (Abb. 2), die jeweils unterschiedliche neuromuskul&auml;re Beanspruchungen bewirken.<sup>2</sup> Hierzu besteht eine anhaltende Diskussion dar&uuml;ber, welche Methode effektiver oder sinnvoller ist.<sup>3, 4</sup> Deshalb kann WBVT nicht als eine ganz spezifische Trainingsmethode angesehen werden, sondern muss immer differenziert betrachtet werden. WBVT-Parameter wie z.B. Frequenz, Amplitude, Dauer, &Uuml;bungen etc. sind entscheidend f&uuml;r die Bewertung eines WBVT-Programms.<sup>5</sup></p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Pneumo_1703_Weblinks_s16_3.jpg" alt="" width="1419" height="2903" /></p> <p>&nbsp;</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Pneumo_1703_Weblinks_s16_1.jpg" alt="" width="1417" height="1061" /></p> <h2>Wirkungsweise von WBVT</h2> <p>Die Effekte eines WBVT k&ouml;nnen in akute und langfristige Wirkungen unterteilt werden. Bereits eine einmalige WBVT-Einheit kann kurzfristig zu einer Erh&ouml;hung der Maximalkraft und -leistung,<sup>6</sup> einer vermehrten Durchblutung der unteren Extremit&auml;ten,<sup>7</sup> einer Verbesserung der Balance<sup>8</sup> sowie einer vermehrten Aussch&uuml;ttung von Wachstumshormonen f&uuml;hren.<sup>9</sup> Langfristige Effekte konnten ebenso in verschiedenen physiologischen Systemen beobachtet werden. Ein zentraler Mechanismus des WBVT ist dabei der sogenannte Dehnreflex, der vor allem in den unteren Extremit&auml;ten zu Muskelkontraktionen f&uuml;hrt.<sup>10</sup> Es wird angenommen, dass ein Gro&szlig;teil der Effekte des WBVT durch neurophysiologische Adaptionen erkl&auml;rt werden kann.<sup>11, 12</sup><br />WBVT wird bislang als effektive Trainingsmethode gegen Muskelatrophie sowie bei einer Reihe chronischer Erkrankungen wie z.B. Fibromyalgie, Multipler Sklerose, Typ-2-Diabetes, chronischen R&uuml;ckenschmerzen oder auch nach Lungentransplantation<sup>13</sup> eingesetzt.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Pneumo_1703_Weblinks_s16_2.jpg" alt="" width="2151" height="2910" /></p> <h2>Rationale f&uuml;r WBVT bei COPD</h2> <p>Eine allgemeine Indikationsliste (Tab. 2) f&uuml;r den Einsatz eines WBVT bildet allein schon fast die Grundlage f&uuml;r den Einsatz auch bei COPD-Patienten. Beinahe alle Indikationspunkte k&ouml;nnen bei einem Gro&szlig;teil der COPD-Patienten beeintr&auml;chtigt sein. Die landl&auml;ufige Bef&uuml;rchtung, dass WBVT bei COPD-Patienten zu einer deutlichen kardiopulmonalen Mehrbelastung f&uuml;hrt, konnte in einer kontrollierten Studie nicht best&auml;tigt werden.<sup>14</sup> Die Belastung f&uuml;r das Herz-Kreislauf-System ist vergleichbar mit der eines konverntionellen Trainings ohne WBVT.</p> <h2>Evidenz f&uuml;r WBVT bei Patienten mit COPD</h2> <p>Tabelle 1 bietet einen groben &Uuml;berblick &uuml;ber die aktuell verf&uuml;gbare Literatur randomisiert kontrollierter Studien &uuml;ber WBVT bei COPD.</p> <h2>WBVT in der praktischen Umsetzung</h2> <p>Betrachtet man die (bisher in &auml;u&szlig;erst geringer Anzahl ver&ouml;ffentlichten) WBVT-Studien bei COPD, so gibt es bisher noch kein einheitlich angewandtes Trainingsprotokoll. Ber&uuml;cksichtigt man aber die theoretischen physiologischen Wirkprinzipien der verschiedenen Vibrationsplatten, so scheint zumindest eine Trainingsfrequenz von &gt;15 Hertz auf seitenalternierenden und &lt;35 Hertz auf synchronen Vibrationsplatten geeignet, um Muskelleistung und -funktion zu verbessern (Tab. 3)<sup>25</sup>. Dennoch bleibt festzuhalten, dass die Zuordnung der verschiedenen Frequenzbereiche zu den jeweiligen Trainingseffekten eher theoretischer Natur ist und bislang nicht in Studien untersucht wurde.<br />Die am h&auml;ufigsten angewandte &Uuml;bung ist die beidbeinige Kniebeuge in dynamischer oder statischer Ausf&uuml;hrung (Abb. 1). Eine Kombination dieser Varianten in Tempo, Bewegungsumfang und mit Zusatzgewichten auf einer seitenalternierenden Vibrationsplatte stellt eine der effektivsten Basis&uuml;bungen zur Funktionsverbesserung der unteren Extremit&auml;ten dar.<sup>26</sup><br />WBVT kann bei allen Schweregraden angewandt werden. Bei Patienten mit fortgeschrittener Erkrankung und Langzeitsauerstofftherapie sollten besonders kurze Trainingsbl&ouml;cke von ca. 30&ndash;60 Sekunden angewandt werden. Die eigene praktische Erfahrung zeigt, dass es vereinzelt auch Patienten gibt, denen ein WBVT unangenehm ist und die ein solches nicht tolerieren. Bei diesen oder sonst sehr &auml;ngstlichen Patienten sind ein besonders schonendes Heranf&uuml;hren und Gew&ouml;hnen an ein WBVT wichtig, um die Toleranz und damit auch die Compliance zu f&ouml;rdern. Tabelle 4 gibt einen &Uuml;berblick &uuml;ber wichtige Grundregeln des Vibrationstrainings und zeigt eine m&ouml;gliche methodische Herangehensweise im Rahmen einer ersten Trainingseinheit auf einer Vibrationsplatten auf.</p> <p><img src="/custom/img/files/files_datafiles_data_Zeitungen_2017_Jatros_Pneumo_1703_Weblinks_s16_3.jpg" alt="" width="2151" height="2910" /></p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Rittweger J: Vibration as an exercise modality: how it may work, and what its potential might be. Eur J Appl Physiol 2010; 108(5): 877-904 <strong>2</strong> Abercromby AF et al: Vibration exposure and biodynamic responses during whole-body vibration training. Med Sci Sports Exerc 2007; 39(10): 1794-800 <strong>3</strong> Pel JJ et al: Platform accelerations of three different whole-body vibration devices and the transmission of vertical vibrations to the lower limbs. Med Eng Phys 2009; 31(8): 937-44 <strong>4</strong> Von Stengel S et al: Effects of whole-body vibration training on different devices on bone mineral density. Med Sci Sports Exerc 2011; 43(6): 1071-9 <strong>5</strong> Rauch F et al: Reporting whole-body vibration intervention studies: recommendations of the International Society of Musculoskeletal and Neuronal Interactions. J Musculoskelet Neuronal Interact 2010; 10(3): 193-8 <strong>6</strong> Cochrane DJ, Stannard SR: Acute whole body vibration training increases vertical jump and flexibility performance in elite female field hockey players. Br J Sports Med 2005; 39(11): 860-5 <strong>7</strong> Stewart JM et al: Plantar vibration improves leg fluid flow in perimenopausal women. Am J Physiol Regul Integr Comp Physiol 2005; 288(3): R623-9 <strong>8</strong> Torvinen S et al: Effect of a vibration exposure on muscular performance and body balance. Randomized cross-over study. Clin Physiol Funct Imaging 2002; 22(2): 145-52 <strong>9</strong> Bosco C et al: Hormonal responses to whole-body vibration in men. Eur J Appl Physiol 2000; 81(6): 449-54 <strong>10</strong> Ritzmann R et al: EMG activity during whole body vibration: motion artifacts or stretch reflexes? Eur J Appl Physiol 2010; 110(1): 143-51 <strong>11</strong> Rittweger J et al: Acute changes in neuromuscular excitability after exhaustive whole body vibration exercise as compared to exhaustion by squatting exercise. Clin Physiol Funct Imaging 2003; 23(2): 81-6 <strong>12</strong> Issurin VB et al: Effect of vibratory stimulation training on maximal force and flexibility. J Sports Sci 1994; 12(6): 561-6 <strong>13</strong> Gloeckl R et al: Effects of complementary whole-body vibration training in patients after lung transplantation: a randomized, controlled trial. J Heart Lung Transplant 2015; 34(11): 1455-61 <strong>14</strong> Gloeckl R et al: Cardiopulmonary response during whole-body vibration training in patients with severe COPD. ERJ Open Res 2017; 3(1). pii: 00101-2016 <strong>15</strong> From www.galileo-training.com, visited on 21. 12. 2016 <strong>16</strong> From www.powerplate.com, visited on 21. 12. 2016 <strong>17</strong> Gloeckl R et al: Effects of whole body vibration in patients with chronic obstructive pulmonary disease--a randomized controlled trial. Respir Med 2012; 106(1): 75-83 <strong>18</strong> Pleguezuelos E et al: Effects of whole body vibration training in patients with severe chronic obstructive pulmonary disease. Respirology 2013; 18(6): 1028-34 <strong>19</strong> Furness T et al: Benefits of whole-body vibration to people with COPD: a community-based efficacy trial. BMC Pulm Med 2014; 14: 38 <strong>20</strong> Greulich T et al: Benefits of whole body vibration training in patients hospitalised for COPD exacerbations - a randomized clinical trial. BMC Pulm Med 2014; 14: 60 <strong>21</strong> Braz J&uacute;nior DS et al: Whole-body vibration improves functional capacity and quality of life in patients with severe chronic obstructive pulmonary disease (COPD): a pilot study. Int J Chron Obstruct Pulmon Dis 2015; 10: 125-32 <strong>22</strong> Salhi B et al: Effects of whole body vibration in patients with COPD. COPD 2015; 12(5): 525-32 <strong>23</strong> Spielmanns M et al: Low-volume whole-body vibration training improves exercise capacity in subjects with mild to severe COPD. Respir Care 2017; 62(3): 315-23 <strong>24</strong> Gloeckl R et al: What's the secret behind the benefits of whole-body vibration training in patients with COPD? A randomized, controlled trial. Respir Med 2017; 126: 17-24 <strong>25</strong> Gloeckl R et al: Practical recommendations for exercise training in patients with COPD. Eur Respir Rev 2013; 22(128): 178-86 <strong>26</strong> Ritzmann R et al: The influence of vibration type, frequency, body position and additional load on the neuromuscular activity during whole body vibration. Eur J Appl Physiol 2013; 113(1): 1-11 <strong>27</strong> Gloeckl RI et al: Whole body vibration training in patients with COPD: a systematic review. Chron Respir Dis 2015; 12(3): 212-21</p> </div> </p>
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