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11. Österreichischer Infektionskongress

Generika: alle gleich oder doch nicht?

<p class="article-intro">Die öffentliche Diskussion zum Thema Generika wird immer noch sehr emotional geführt und ist nicht zuletzt auch von wirtschaftlichen Interessen einzelner Gruppierungen überlagert. In Österreich ist der Generikaanteil im europäischen Vergleich relativ niedrig und lag 2014 bei nur 38 % , für Antibiotika bei 58 % . Allerdings stößt das Bioäquivalenzkonzept an gewisse Grenzen.</p> <hr /> <p class="article-content"><p>Eine spannende Pro/Contra-Sitzung befasste sich mit der nicht unwesentlichen Frage, ob Generika wirklich das sind, was sie sein sollen: identisch mit dem Original und daher auch gleich wirksam.</p> <h2>Pro:</h2> <h2>Generika gleich Original</h2> <p>&bdquo;Man muss leider sagen, dass es &ndash; selbst unter Pharmazeuten &ndash; immer noch Vorurteile gegen Generika gibt. Wissenschaftliche Fakten bleiben da oft unber&uuml;cksichtigt und die aktuelle gesundheitspolitische Diskussion wird eher dazu gen&uuml;tzt, um von Eigeninteressen gepr&auml;gte Positionen zu unterst&uuml;tzen&ldquo;, mahnte Mag. pharm. Martina Jeske, MSc, aHPH, Leiterin der Anstaltsapotheke der &bdquo;Tirol Kliniken&ldquo;, Innsbruck. &bdquo;Generika stellen in &Ouml;sterreich eine sichere, wirksame und preisg&uuml;nstige Alternative zu seit Langem im Handel befindlichen Arzneimitteln dar und besitzen, bei nachgewiesener Bio&auml;quivalenz, weder Vor- noch Nachteile gegen&uuml;ber den Originatorprodukten&ldquo;, ist die Pharmazeutin &uuml;berzeugt. Daf&uuml;r spricht auch, dass in vielen europ&auml;ischen L&auml;ndern eine Aut-idem-Regelung verpflichtend oder wenigstens erlaubt ist. &Ouml;sterreich geh&ouml;rt zu den wenigen europ&auml;ischen L&auml;ndern, die dieses Vorgehen, also den Austausch eines verordneten Arzneimittels gegen ein anderes, wirkstoffgleiches, verbieten. Aus pharmazeutischer Sicht scheint es relevant, einen Pr&auml;paratewechsel bei Indikationen, die eine besonders gute Einstellung der Patienten und eine konstante medikament&ouml;se Therapie erfordern (&bdquo;critical dose drugs&ldquo;), sowie bei kritischen Darreichungsformen zu vermeiden.<br />Das Konzept der Bio&auml;quivalenzpr&uuml;fung f&uuml;hrt aufgrund von sachlicher Unkenntnis statistischer Basics oft zu Fehlinterpretationen und Missverst&auml;ndnissen. So kann man von der vielfach zitierten Schwankungsbreite von 80 bis 125 % nicht auf die therapeutische Breite oder auch auf die Wirksamkeit schlie&szlig;en. Dieses Kriterium ist f&uuml;r die meisten Produkte relativ eng; w&uuml;rde man es weiter reduzieren, w&auml;re oft f&uuml;r das gleiche Produkt &Auml;quivalenz nur mehr schwer nachweisbar.<br />F&uuml;r Pr&auml;parate mit niedriger therapeutischer Breite gilt seit 2010 ein engerer Schwankungsbereich, n&auml;mlich 90&minus;111 % (dieser wurde aber nicht r&uuml;ckwirkend eingef&uuml;hrt).<br />2014 lag der Generikaanteil in &Ouml;sterreich im europ&auml;ischen Vergleich relativ niedrig bei nur 38 % , f&uuml;r Antibiotika bei 58 % . &bdquo;Das gr&ouml;&szlig;ere Problem sind Lieferengp&auml;sse von Rohstoffen aus L&auml;ndern wie China&ldquo;, so Jeske abschlie&szlig;end.</p> <h2>Contra:</h2> <h2>Generika doch anders</h2> <p>&bdquo;Zun&auml;chst einmal muss man klar sagen, dass es bei der Verwendung von Generika ausschlie&szlig;lich ums Geld geht&ldquo;, so Univ.-Doz. Dr. Ernst Agneter, MBA, Pharmakologe und selbstst&auml;ndiger Pharmakonsulent.<br />Die sogenannte &bdquo;bezugnehmende Zulassung&ldquo;, die letztlich die Einf&uuml;hrung von Generika erlaubte, bedeutet, dass bei gleichem Wirkstoff in gleicher St&auml;rke, gleicher Dosierung und gleicher Indikation der Plasmaspiegelverlauf als Surrogatparameter f&uuml;r die gleiche Wirksamkeit verwendet werden darf.<br />&bdquo;Das bedeutet also, dass die gleiche Wirksamkeit eines Generikums gegen&uuml;ber dem Originator nicht bewiesen, sondern lediglich aufgrund des Plasmaspiegelverlaufs angenommen wird&ldquo;, kritisierte Agneter.<br />Laut Regelungen des Hauptverbands ist gegen&uuml;ber dem urspr&uuml;nglichen Originatorpreis ab dem dritten Generikum ein Preisverfall von ca. 60 % verpflichtend. &bdquo;Die Wirklichkeit schaut aber noch viel dramatischer aus&ldquo;, so Agneter, &bdquo;die Preisverf&auml;lle betragen bis zu 90 % , was nicht nur den Hersteller trifft, sondern nat&uuml;rlich auch Gro&szlig;handel und Apotheker.&ldquo;<br />&bdquo;Problematisch ist, dass laut EMA-Handlungsanweisung f&uuml;r den Zulassungsgutachter eines Generikums ausdr&uuml;cklich geschrieben steht, dass dieser normalerweise nicht mit den Daten des Originators vertraut ist, was schon etwas fragw&uuml;rdig erscheint&ldquo;, so Agneter, &bdquo;denn das Bio&shy;&auml;quivalenzkonzept hat nun einmal seine Grenzen.&ldquo;</p> <p>Quelle: <br />&bdquo;Generika versus Original: Wirken sie alle gleich?&ldquo;, Pro/Contra-Sitzung 1, 11. &Ouml;sterreichischer Infektionskongress, 30. M&auml;rz 2017, Saalfelden</p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p>bei den Vortragenden</p> </div> </p>
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