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11. Österreichischer Infektionskongress

Aufklärung bei Medikamentenverschreibung

<p class="article-intro">Die Zusammenhänge zwischen Aufklärung von Patienten, Körperverletzungen und Leitlinien erläuterte der Jurist Univ.-Prof. Dr. Helmut Ofner in einem gut besuchten Workshop.</p> <hr /> <p class="article-content"><p>Wer sich mit Patientenaufkl&auml;rung besch&auml;ftigt, kommt um das Thema Leit&shy;linien nicht herum&ldquo;, stellte Univ.-Prof. Dr. Helmut Ofner, LLM, Abteilung f&uuml;r Rechtsvergleichung, Juridische Fakult&auml;t der Universit&auml;t Wien, fest. &bdquo;Es geht ja in Haftungsverfahren immer um die zentrale Frage des geltenden medizinischen Standards.&ldquo;</p> <h2>Leitlinien und Gutachter</h2> <p>Laut dem Deutschen Bundesgerichtshof* fassen Leitlinien nicht nur das zusammen, was bereits vorher medizinischer Standard war. Handlungsanweisungen in Leitlinien medizinischer Fachgremien d&uuml;rfen nicht unbesehen mit dem medizinischen Standard gleichgesetzt werden. Dies gilt in besonderem Ma&szlig; f&uuml;r Leitlinien, die erst nach der zu beurteilenden medizinischen Behandlung ver&ouml;ffentlicht worden sind. Leitlinien ersetzen kein Sachverst&auml;ndigengutachten. Zwar k&ouml;nnen sie im Einzelfall den medizinischen Standard f&uuml;r den Zeitpunkt ihres Erlasses zutreffend beschreiben; sie k&ouml;nnen aber auch Standards &auml;rztlicher Behandlung fortentwickeln oder ihrerseits veralten. Entsprechendes gilt auch f&uuml;r Handlungsanweisungen in klinischen Leitf&auml;den oder Lehrb&uuml;chern. Sie geben nicht stets einen bereits zuvor bestehenden medizinischen Standard wieder.<br />&bdquo;Die Standards, die in Leitlinien dargelegt wurden, sind wichtig, wenngleich sie per se rechtlich keine Bedeutung haben. Wenn es zu einem Gerichtsverfahren kommt, ist der vom Richter bestimmte medizinische Gutachter von entscheidender Bedeutung. F&uuml;r diesen haben jedoch die Leitlinien sehr wohl Relevanz. Wenn es einen aktuellen, in Leitlinien von Fachgesellschaften festgeschriebenen Standard gibt, wird sich ein Gutachter schwertun, etwas anderes zu behaupten.&ldquo;</p> <h2>Aufkl&auml;rung</h2> <p>Die Einwilligung in eine Heilbehandlung setzt eine Aufkl&auml;rung des Patienten voraus. Die Aufkl&auml;rung &uuml;ber Nutzen und Risiken einer Heilbehandlung erm&ouml;glicht es dem Patienten erst, eine freie Entscheidung zu treffen.<br />&bdquo;Wenn eine Behandlung vollkommen lege artis durchgef&uuml;hrt wird, jedoch vergessen wurde, den Patienten &uuml;ber ein typisches Risiko, z.B. eine h&auml;ufige Medikamentennebenwirkung, aufzukl&auml;ren, so liegt die Haftung f&uuml;r diese Nebenwirkung beim behandelnden Arzt, auch wenn dieser sonst keinen Behandlungsfehler gemacht hat&ldquo;, warnte Ofner.<br />Der Patient k&ouml;nne dann n&auml;mlich behaupten, dass er, wenn ihm diese Nebenwirkung bekannt gewesen w&auml;re, nicht in die Behandlung eingewilligt und folglich den eingetretenen Schaden auch nicht erlitten h&auml;tte.<br />&bdquo;Urspr&uuml;nglich hat man unter dem Begriff ,Eingriff&lsquo; das Durchschneiden oder Durchstechen der Haut verstanden, wie etwa bei Injektionen oder Operationen&ldquo;, erl&auml;uterte Ofner. &bdquo;Seit einer h&ouml;chstgerichtlichen Entscheidung des Deutschen Bundesgerichtshofes werden jedoch auch Medikamentenverabreichung und sogar -verschreibung als K&ouml;rperverletzung gewertet&ldquo;, betonte der Jurist. &bdquo;Deshalb ist auch vor jeder Medikamentenverschreibung entsprechend aufzukl&auml;ren &ndash; die typischen Risiken m&uuml;ssen angesprochen werden.&ldquo; Eine schriftliche Dokumentation &uuml;ber die erfolgte m&uuml;ndliche Aufkl&auml;rung kann im Rahmen der Krankengeschichte erfolgen. &bdquo;Bei ,off-labelʻ Gebrauch ist eine besonders eingehende Aufkl&auml;rung erforderlich&ldquo;, so Ofner abschlie&szlig;end. * Entscheidungen des Deutschen Bundesgerichtshofs werden in &Ouml;sterreich h&auml;ufig &uuml;bernommen.</p> <p>Quelle: <br />&bdquo;Antiinfektiva-Therapie: rechtliche Aspekte&ldquo;, Workshop 4 des 11. &Ouml;sterreichischen Infektionskongresses, 30. M&auml;rz 2017, Saalfelden</p></p>
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