11. Österreichischer Infektionskongress

Highlights aus Infektiologie und Tropenmedizin

<p class="article-intro">Einer Tradition folgend, galt ein Symposium des Österreichischen Infektionskongresses auch heuer wieder den Highlights aus Infektiologie, Mikrobiologie und Tropenmedizin. Der Bogen spannte sich von Clostridium difficile über eine neue Pilzspezies bis hin zur Verbreitung des Dengue-Virus in Europa.</p> <hr /> <p class="article-content"><p>Gleich am Anfang des 11. &Ouml;sterreichischen Infektionskongresses befasste sich ein Symposium mit Highlights aus der Forschung und klinischen Praxis.</p> <h2>Infektiologie</h2> <p>F&uuml;r den Krankheitsverlauf bzw. f&uuml;r die Frage, ob eine Clostridium-difficile-Infektion (CDI) &uuml;berhaupt ausbricht oder ein asymptomatischer Carrierstatus vorliegt, d&uuml;rfte die H&ouml;he der Antik&ouml;rperspiegel gegen Toxin A entscheidend sein. &bdquo;Andererseits gibt es Daten, die zeigen, dass f&uuml;r das CDI-Rezidivrisiko vor allem Antik&ouml;rper gegen Toxin B von Bedeutung sind&ldquo;, erkl&auml;rte Univ.-Prof. Dr. G&uuml;nter Weiss, Universit&auml;tsklinik f&uuml;r Innere Medizin II, MedUni Innsbruck. Mittels eines monoklo&shy;nalen Antik&ouml;rpers gegen Toxin B, Bezlo&shy;toxumab, l&auml;sst sich das Rezidivrisiko um ca. die H&auml;lfte reduzieren.<br />Was die Stuhltransplantation angeht, so ist jetzt klar, dass ein tiefgefrorenes Transplantat gleich gut wirkt wie frisch zubereiteter Stuhl &ndash; was die Handhabung zweifellos erleichtert.<br />Eine kleine, praxisnahe Studie zeigte, dass die Rezidivrate nach Stuhltransplantation erheblich h&ouml;her ist als unter Vancomycin-Tapertherapie. Die Ergebnisse der Letzteren lassen sich eventuell durch Zugabe von Probiotika noch verbessern.<br />Eine der M&ouml;glichkeiten, CDI zu reduzieren, besteht in einer Reduktion der Verwendung von Fluorchinolonen, wie Daten aus Gro&szlig;britannien nahelegen. Isolationsma&szlig;nahmen bringen relativ wenig.<br />In Innsbruck erhobene Daten erbrachten den interessanten Befund, dass es m&ouml;glich ist, in einer Saison zwei Influenzainfektionen hintereinander zu haben (in diesem Fall waren es Kinder, die zun&auml;chst eine Influenza A und Wochen sp&auml;ter eine Influenza B durchlebten). Eine Kreuz&shy;protektion zwischen Influenza A und B existiert nicht (und auch nicht zwischen A/H1N1 und A/H3N2).<br />Eine Metaanalyse zeigte, dass die Effektivit&auml;t der zurzeit verf&uuml;gbaren Influenzaimpfungen vor allem gegen A/H3N2 relativ schlecht ist (35 % , bei &auml;lteren Personen sogar nur 24 % und saisonabh&auml;ngig zum Teil noch weniger). Im Gegensatz dazu liegt die Effektivit&auml;t gegen A/H1N1 und B doch immerhin bei 60&minus;70 % .<br />Eine Studie aus &Ouml;sterreich und Deutschland untersuchte, ob eine topische Applikation von Azithromycin ein Erythema migrans (EM) verhindern kann. Es zeigte sich, dass (beginnend ca. 10 Tage nach Zeckenstich) bei 8 von ca. 500 Patienten unter Placebo ein EM auftrat, aber keines unter Azithromycin.<br />Eine andere Arbeit evaluierte Personen mit anhaltenden Beschwerden &ndash; wie z.B. Arthralgien, muskuloskelettalen Schmerzen, Neuralgien etc. &minus; nach ad&auml;quater Therapie einer Lyme-Borreliose (2g Cef&shy;triaxon i.v. durch zwei Wochen). Diese Patienten wurden randomisiert und dann nochmals durch mehrere Wochen entweder mit Doxycyclin, mit Clarithromycin, mit Chloroquin oder mit Placebo behandelt. Es zeigte sich kein zus&auml;tzlicher &shy;Nutzen einer nochmaligen Antibiotika&shy;therapie.</p> <h2>Hygiene und Mikrobiologie</h2> <p>&bdquo;Als &sbquo;emerging pathogen&lsquo; erweist sich Candida auris&ldquo;, erkl&auml;rte Univ.-Prof. Dr. Cornelia Lass-Fl&ouml;rl, Leiterin der Sektion f&uuml;r Hygiene und medizinische Mikrobiologie, MedUni Innsbruck. C. auris ist h&auml;ufig resistent gegen&uuml;ber den &uuml;blichen gegen Candida eingesetzten Antimykotika. Die Identifikation von C. auris ist schwierig &ndash; Verwechslungen mit anderen Candidaspezies, wie C. haemulonii, C. &shy;famata, C. sake, Rhodotorula glutinis oder Saccharomyces cerevisiae sind m&ouml;glich und k&ouml;nnten zu inad&auml;quater Therapie f&uuml;hren. In Gro&szlig;britannien gab es &ndash; trotz aggressiver Eind&auml;mmungsma&szlig;nahmen &minus; einen Ausbruch auf einer ICU, der 40 Patienten betraf. Eine strikte Isolierung wird empfohlen. An Schl&uuml;sselstellen, wie etwa an der Eintrittsstelle ven&ouml;ser Kan&uuml;len, wird fallweise auch eine topische Therapie mit Nystatin oder Terbinafin empfohlen.<br />Manche Menschen haben S. aureus in der Nase, andere nicht. Dies k&ouml;nnte daran liegen, dass eine andere Staphylokokkenart, der koagulasenegative Staphylococcus lugdunensis, S. aureus t&ouml;tet, wie nun gezeigt wurde. S. lugdunensis erzeugt eine antimikrobiell wirksame Substanz, Lugdu&shy;nin, das S. aureus t&ouml;tet. M&ouml;gliche therapeutische Ans&auml;tze werden diskutiert.<br />Wie lang muss man ein Desinfektionsmittel in die H&auml;nde einreiben? Eine neuere Studie zeigte, dass bei alkoholischen Desinfektionsmitteln 30 Sekunden gen&uuml;gen, um die maximale desinfizierende Wirkung zu erreichen.<br />Die sauerstoffarmen, nekrotischen Kernzonen von Tumoren sind attraktive Umgebungen f&uuml;r anaerobe Bakterien wie Salmonellen, Clostridien und Listerien. Eine experimentelle Immuntherapie verwendete einen Stamm von Salmonella &shy;typhimurium, der ein Flagellin B aus &shy;Vibrio vulnificus sezernierte. Die Besiedelung von M&auml;usen mit diesem Stamm unterdr&uuml;ckte das Wachstum und die Metastasierung von Kolonkarzinomen. Dieser Effekt wird offenbar &uuml;ber Toll-like-Rezeptoren (TLR4 und TLR5) vermittelt. Nach der Besiedelung mit dem gentechnisch ver&auml;nderten Salmonellenstamm kam es &uuml;ber TLR4-Signalling zur Infiltration einer Vielzahl von Immunzellen (Mono&shy;zyten/Makrophagen und Neutrophile).<br />&Auml;hnliche Studien laufen auch mit Clostridienst&auml;mmen. Allerdings werden diese Versuche zum Teil auch sehr kritisch gesehen &ndash; Mutationen in vivo mit anschlie&szlig;enden schweren Clostridieninfektionen bei Probanden sind beschrieben.<br />Die Ausbreitung genetischen Materials zwischen Bakterien findet u.a. mittels Viren statt. Dabei scheint die Aktivit&auml;t der in bestimmten gramnegativen Bakterien vorhandenen Viren, die letztlich zum horizontalen Gentransfer f&uuml;hren, stark von der Immunreaktion des Wirts auf die Bakterien abzuh&auml;ngen &ndash; je st&auml;rker die Immunreaktion, desto st&auml;rker auch der horizontale Gentransfer.<br />Neu ist die Erkenntnis, dass &ndash; zumindest im Mausmodell &ndash; auch Pilze von Bakterien zum Gentransfer gen&uuml;tzt werden. Dieser Austausch findet vor allem in der Au&szlig;enschicht von Pilzhyphen statt. Humane Daten zur Beurteilung dieser Problematik fehlen derzeit noch.</p> <h2>Tropenmedizin</h2> <p>Reiset&auml;tigkeit, aber auch Flucht und Mi&shy;gration haben die tropenmedizinische Epidemiologie beeinflusst. Europa hat allerdings, entgegen manchen Wahrnehmungen, nur 4 % der weltweiten Flucht- und Migrationsbewegungen zu tragen.<br />&bdquo;Antibiotikaresistenzen sind nicht nur ein Problem der Industriel&auml;nder, sondern sie finden sich auch in L&auml;ndern, wie etwa Ruanda, wo man das vielleicht gar nicht erwarten w&uuml;rde&ldquo;, erkl&auml;rte Univ.-Prof. Dr. Erich Schmutzhard, Neuro-Intensivstation, Universit&auml;tsklinik f&uuml;r Neurologie, MedUni Innsbruck. Diese Resistenzraten m&uuml;ssen bei Patienten, die nach Aufenthalten in diesen L&auml;ndern oder auch bereits dort krank werden, unbedingt ber&uuml;cksichtigt werden.<br />Invasive Meningokokkenerkrankungen sind in der EU seit Anfang des Jahrtausends von 1,88/100 000/Jahr (1999) auf 0,52/100 000/Jahr (2015) zur&uuml;ckgegangen.<br />In Europa und Australien sind vor allem die Serotypen B und C heimisch, w&auml;hrend in Afrika A und W135, seltener auch C und X vorkommen, in Asien vor allem A und C, in Nordamerika sowie im tropischen Teil S&uuml;damerikas B, C und Y, in den gem&auml;&szlig;igten Regionen S&uuml;damerikas eher B, C und W135.<br />Im Jahr 2008 wurde mit Hilfe der &bdquo;Bill and Melinda Gates Foundation&ldquo; ein Meningokokkenimpfprogramm (gegen Serotyp A) in Burkina Faso, Mali und Niger gestartet und begeistert akzeptiert. Innerhalb eines einzigen Monats wurden fast 20 Millionen Menschen zwischen 1 und 29 Jahren geimpft, und die folgende Epidemiesaison zeigte ein drastisches Absinken der Zahl der Meningitisf&auml;lle durch Meningokokken Serotyp A. Bis 2014 wurden in 15 L&auml;ndern mehr als 217 Millionen Afrikaner geimpft. Die Impfung erwies sich als sicher und Herdenimmunit&auml;ts generierend, sodass die Meningokokkenmeningitis Gruppe A in den geimpften L&auml;ndern nahezu eliminiert werden konnte.<br />Allerdings ist nun in Afrika ein Anstieg der Meningokokken-Serotypen C, W135, X und Y zu verzeichnen. Ein polyvalenter, f&uuml;r diese L&auml;nder leistbarer Impfstoff, um auch diese Serotypen zu eliminieren, w&auml;re dringend erforderlich. &bdquo;Weiters muss auch die Surveillance besser werden&ldquo;, forderte Schmutzhard.<br />Eine Arbeit aus &Auml;thiopien zeigte, dass die Gabe von Dexamethason bei noch unbest&auml;tigter bakterieller Meningitis die Mortalit&auml;t und die Zahl der ung&uuml;nstigen Outcomes deutlich erh&ouml;ht und daher &ndash; jedenfalls in L&auml;ndern mit wenig Ressourcen &ndash; vermieden werden sollte.<br />Multiresistente Tuberkulosest&auml;mme sind in &Ouml;sterreich derzeit ein importiertes Problem &ndash; 100 % aller MDR-Tuberkulosen sind bei Migranten aufgetreten. In der Fr&uuml;hdiagnostik einer disseminierten Tbc bei HIV-Patienten sollte die Augenuntersuchung nicht vernachl&auml;ssigt werden.<br />Bestimmte virale Infektionen, die fr&uuml;her nur in den Tropen vorkamen, sind nun bereits in Europa heimisch. So hat sich z.B. das Dengue-Virus, zusammen mit seinem Vektor, Aedes albopictus, bereits in einigen D&eacute;partements im s&uuml;d&ouml;stlichen Frankreich etabliert, weiters auch auf Korsika. Dengue-F&auml;lle wurden aber aufgrund von Reiset&auml;tigkeit in ganz Frankreich beschrieben.</p> <p>Quelle: <br />&bdquo;Highlights aus Infektiologie und Tropenmedizin 2017&ldquo;, Symposium 2 des 11. &Ouml;sterreichischen Infektionskongresses, 30. M&auml;rz 2017, Saalfelden</p></p>
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